(19)
(11) EP 1 211 232 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
05.06.2002  Patentblatt  2002/23

(21) Anmeldenummer: 01124918.2

(22) Anmeldetag:  19.10.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C06B 21/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 25.11.2000 DE 10058705

(71) Anmelder: Rheinmetall W & M GmbH
29345 Unterlüss (DE)

(72) Erfinder:
  • Wanninger, Paul, Dr.
    29320 Hermannsburg (DE)

   


(54) Verfahren zur Herstellung giessfähiger kunststoffgebundener Sprengladungen


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung gießfähiger kunststoffgebundener Sprengladungen, wobei ein kristalliner Explosivstoff in eine Polymermatrix aus einem Binder, einem Weichmacher und weiteren Hilfsstoffen eingebettet wird.
Um zu erreichen, daß die Sprengladung trotz eines hohen (z.B. 90 %-igen) Feststoffanteils gießfähig bleibt und daher eine ausreichend niedrige Viskosität aufweist, ohne daß vorher ein Aussieben der Kornfraktion der Explosivstoffkristalle erforderlich ist, schlägt die Erfindung vor, der Sprengladung 0,1 bis 10 Gew.-% feinstkörniges Vanadin-, Niob-, Tantal-, Chrom-, Molybdän- oder Wolfram-Pulver oder eine Mischung aus zwei oder mehreren derartigen Pulvern zuzusetzen, wobei die Pulverkörner des jeweiligen Metallpulvers eine im wesentlichen sphärische Form aufweisen sollen. Überraschenderweise hat sich gezeigt, daß derartige Metallpulver wie flüssige Schmiermittel zwischen den grobkörnigeren Sprengstoffpartikeln wirken und eine Reduzierung der Viskosität der entsprechenden Sprengladung bewirken.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung gießfähiger kunststoffgebundener Sprengladungen nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

[0002] Kunststoffgebundene Sprengladungen weisen trotz einer hohen Wirkleistung eine relativ hohe Unempfindlichkeit auf. Sie bestehen aus Reaktionspolymeren, in die vor der Aushärtung kristalline Explosivstoffe, wie Octogen, Hexogen, Pentaerythrittetranitrat etc., eingearbeitet werden. Dabei beträgt der Polymeranteil etwa 10 bis 20 Gew.-%.

[0003] Ein Problem bei der Herstellung kunststoffgebundener Sprengladungen besteht darin, daß mit steigendem Feststoffanteil, d.h. mit zunehmendem Anteil an Explosivstoff, die Viskosität der Mischung so zunehmen kann, daß ein Gießen dieser Mischung unmöglich wird. Die theoretische Grenze für ein fließfähiges Gemisch liegt bei 92 Gew.-%. Es hat sich allerdings gezeigt, daß die praktische Grenze für fließfähige Gemische bei ca. 90 Gew.-% liegt. Außerdem sind Sprengladungen mit einem derart hohen Feststoffanteil nur dann gießbar, wenn die Korngrößen der für die Sprengladung verwendeten Explosivstoffkristalle innerhalb eines vorgegebenen Durchmesserintervalles liegen, so daß ein relativ kostenintensives Aussieben von Kornfraktionen erforderlich ist.

[0004] Es ist bereits bekannt, kunststoffgebundenen Sprengladungen Aluminiumpulver zuzusetzen (vgl. J. Köhler, R. Meyer "Explosivstoffe", 7. Auflage, Weinheim, Basel, Cambridge, New York, VCH 1991, Seiten 9 und 185). Durch die hohe Bildungswärme von Aluminiumoxid kann man durch diese Beimischung einen erheblichen Zuwachs an Kalorien erreichen. Einen Hinweis auf eine Verbesserung der Viskosität der Sprengladung läßt sich der vorstehend erwähnten Literatur nicht entnehmen.

[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung unempfindlicher gießfähiger kunststoffgebundener Sprengladungen mit einem hohen (z.B. 90 %-igen) Feststoffanteil anzugeben, welche eine zum Gießen des Sprengstoffes ausreichend niedrige Viskosität aufweisen, ohne daß vorher ein Aussieben der Kornfraktion erforderlich ist.

[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Weitere, besonders vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung offenbaren die Unteransprüche.

[0007] Die Erfindung beruht im wesentlichen auf dem Gedanken, der jeweiligen Sprengladung 0,1 bis 10 Gew.-% feinstkörniges Vanadin-, Niob-, Tantal-, Chrom-, Molybdän- oder Wolfram-Pulver oder eine Mischung aus zwei oder mehreren derartigen Pulvern zuzusetzen, wobei die Pulverkörner eine im wesentlichen sphärische Form aufweisen sollen. Bei Verwendung dieser Metallpulver, die aufgrund der sphärischen Form der Pulverkörner eine sehr kleine spezifische Oberfläche aufweisen, hat sich überraschenderweise gezeigt, daß sie wie flüssige Schmiermittel zwischen den grobkörnigeren Sprengstoffpartikeln wirken (Tribologischer Effekt), so daß sich relativ niedrige Viskositäten zwischen 400 und 1200 Pas bei 50°C ergeben.

[0008] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren lassen sich problemlos Sprengladungen herstellen, die trotz eines 90 %-igen Feststoffanteiles eine Viskosität besitzen, die ohne Verwendung entsprechender Metallpulver bereits bei einem Feststoffanteil von 85 % erreicht wird.

[0009] Die Verwendung von sphärischem Aluminiumpulver zur Verringerung der Viskosität hat sich in der Praxis hingegen nicht bewährt, weil derartiges Pulver einerseits sehr schwer erhältlich und andererseits sehr leicht entzündbar ist und es daher bei der Verarbeitung leicht zu Staubexplosionen kommen kann.

[0010] Ähnlich den Sprengladungen, denen Aluminiumpulver zugesetzt wird, zeigen auch die erfindungsgemäßen Sprengladungen eine durch die exotherme Reaktion des Metallpulvers mit dem Luftsauerstoff bewirkte erhöhte Druckstoßwirkung (blast effect). Dieser Effekt trägt zur Zerstörung von Strukturen und Bauten durch Überdruck bei. Die entstehenden Metalloxide sublimieren, d.h. sie gehen von der festen Phase direkt in die Gasphase über.

[0011] Der Prozentsatz des Metallpulvers ist abhängig von der speziellen Oberfläche des Metallpulvers und der Korngröße und liegt erfahrungsgemäß vorzugsweise zwischen 2 und 5 Gew.-%, während die Korngröße vorzugsweise zwischen 0,1 und 5 µm liegt.

[0012] Als Explosivstoffe haben sich vorzugsweise Octogen (HMX), Hexogen (RDX) und Pentaerythrittetranitrat (PETRIN) als vorteilhaft erwiesen.

[0013] Die Herstellung der erfindungsgemäßen Sprengladungen erfolgt mittels der nachfolgenden typischen Rezepturen:
80-88 Gew.-% Kristalliner Sprengstoff, z.B. RDX oder HMX
10-20 Gew.-% Binder, z.B. HTPB
5-10 Gew.-% Weichmacher
0,01-02 Gew.-% Haftvermittler
0,05-05 Gew.-% Gießhilfen
0,1-1,0 Gew.-% Antioxidans
0,1-10 Gew.-% Metallpulver



Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung gießfähiger kunststoffgebundener Sprengladungen, wobei ein kristalliner Explosivstoff in eine Polymermatrix aus einem Binder, einem Weichmacher und weiteren Hilfsstoffen eingebettet wird, dadurch gekennzeichnet, daß als weiterer Hilfsstoff der Sprengladung 0,1 bis 10 Gew.-% eines Metallpulvers eines oder mehrerer der folgenden Metalle: Vanadin, Niob, Tantal, Chrom, Molybdän oder Wolfram zugesetzt wird, wobei Metallpulver verwendet werden, deren Pulverkörner eine im wesentlichen sphärische Form aufweisen.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Sprengladung 2 bis 5 Gew.-% Metallpulver zugesetzt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Korngröße des jeweiligen Metallpulvers derart gewählt wird, daß sie zwischen 0,1 bis 5 µm liegt.