Stand der Technik:
[0001] Die Erfindung geht aus von einem keramischen Spritzgussverfahren nach der Gattung
des Hauptanspruches, bzw. der Nebenansprüche 8 und 11.
[0002] Aus dem Stand der Technik ist das keramische Spritzgussverfahren zur Herstellung
endkonturfertiger, keramischer Formteile mit geringen Taktzeiten und hohen Stückleistungen
bekannt. Bei diesen Verfahren wird der keramischen Masse ein thermoplastischer Kunststoff
beigemischt, sodass hierdurch die Formgebung der keramischen Spritzgussteile im Wesentlichen
der Formgebung von Kunststoff-Spritzgussteilen entspricht. Die so hergestellte Mischung
aus Kunststoff und Keramik wird zunächst auf 150 °C bis 250 °C aufgeheizt, sodass
der Kunststoffanteil der Mischung flüssig wird, bevor sie unter hohem Druck in eine
gekühlte Spritzgussform eingespritzt wird. Nach dem Spritzvorgang erstarrt der Kunststoff,
und der abgekühlte Formling hat eine ausreichende Festigkeit, um problemlos entformt
und weiterbehandelt zu werden. Hierbei ist nun aber erforderlich, dass die so hergestellten
Formlinge in einem langwierigen thermischen, katalytischen oder lösungsmittelgestützten
Entbindungsprozess vom Kunststoff befreit werden. Da sich zur Bindung der feinkörnigen
keramischen Massebestandteile ein sehr hoher Volumenanteil an Kunststoff in der Kunststoff-Keramik-Mischung
befindet, entstehen bei der Entbinderung hochporöse Formteile, deren Volumen sich
deshalb beim nachfolgenden Sinterprozess stark verkleinert, sodass im Material der
Formteile Spannungen entstehen, die zu Rissen und inneren Gefügeschäden führen können.
Zur Vermeidung solcher Schädigungen sind schonende und sehr viel Zeit in Anspruch
nehmende Entbindungs- und Brennintervalle erforderlich. Bspw. kann bei dickwandigen
Formteilen eine solche Entbindung zur Vermeidung von Schwindungsrissen mehrere Wochen
dauern. Zudem ist es erforderlich, die dabei ausgasenden und unverbrannten Kunststoffe,
die mit den Rauchgasen den Ofen verlassen, mit Hilfe einer Nachbrennung zu beseitigen.
[0003] Bei einem anderen aus dem Stand der Technik bekannten keramischen Spritzgussverfahren
wird der keramischen Masse ein wasserlösliches Bindemittel beigemischt, das im Anschluss
an den Spritzgießvorgang teilweise mit Wasser aus dem Formling herausgewaschen werden
kann. In den Bereichen des ausgewaschenen Bindemittels ergeben sich hierbei Kanalstrukturen,
die beim folgenden Sintern der Keramik eine verbesserte Sauerstoffzufuhr ins Bauteilgefüge
ermöglichen und ebenfalls zu einer starken Verkleinerung des Keramikteiles und zu
Spannungen im Keramikmaterial führen. Reste des Bindemittels führen beim sich anschließenden
keramischen Brand zudem zur Bildung von Schwelgasen mit Anteilen an unverbrannten
Kohlenwasserstoffen, die eine zusätzliche Reinigung dieser beim Brennprozess austretenden
Rauchgase erforderlich machen.
Die Erfindung und ihre Vorteile:
[0004] Das keramische Spritzgussverfahren gemäß der Erfindung mit den kennzeichnenden Merkmalen
des Hauptanspruches und der Nebenansprüche 8 und 11 hat demgegenüber die Vorteile,
dass beim Sintern der keramischen Formteile der Prozess der Entbinderung vollkommen
entfällt und beim Sintervorgang keine Poren und Kanäle wie beim konventionellen Spritzguss
mit Thermoplasten auftreten, die zu einer starken Verringerung der Volumens der Keramikteile
und damit zu erhöhten Spannungen im Keramikmaterial führen. Beim erfindungsgemäßen
Spritzgussverfahren entfällt zudem eine Reinigung der Rauchgase wegen fehlender ausgasender
Kunststoffe und der damit verbundenen Bildung von Schwelgasen.
[0005] Nach einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird der Formling nach der Formgebung
in der Spritzgussform in einem konventionellen Trockner auf einen Restfeuchtegehalt
von weniger als 1% getrocknet. Das Auftreten von Schwelgasen beim nachfolgenden Sinterprozess
wird durch die nicht vorhandene Organik im zu brennenden Spritzgussteil vollständig
vermieden.
[0006] Nach einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird die Spritzgussform
zur Beschleunigung des Aushärtens der Mischung aufgeheizt.
[0007] Nach einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung werden das Wasserglas
und die keramische Masse in einem Volumenverhältnis von 1 bis 12 Teilen Wasserglas
auf 100 Teile keramische Masse insb. in einem Volumenverhältnis von 5 Teilen Wasserglas
auf 100 Teile keramische Masse gemischt. Erfahrungsgemäß ergeben sich mit diesen Volumenverhältnissen
die qualitativ besten Keramikprodukte.
[0008] Nach einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird als Aushärtmedium
CO
2-Gas bzw. eine gasförmige oder eine flüssige Säure verwendet. Das Aushärten findet
hiermit vor dem Sinterprozess und ohne Materialschwund statt.
[0009] Nach einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung werden Alkylsilikonharze
und die keramische Masse in einem Volumenverhältnis von 1 bis 11 Teilen Alkylsilikonharz
auf 100 Teile keramische Masse insb. in einem Volumenverhältnis von 7 Teilen Alkylsilikonharz
auf 100 Teile keramische Masse gemischt. Dies ermöglicht ein sehr schnelles Aushärten
bei einer problemlos realisierbaren Temperatur der Spritzgussform.
[0010] Nach einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird ein Geliermittel
und die keramische Masse in einem Volumenverhältnis von 0,5 bis 13 Teilen Geliermittel
auf 100 Teile keramische Masse, vorzugsweise in einem Volumenverhältnis von 8 Teilen
Geliermittel auf 100 Teile keramische Masse gemischt. Bei der nachfolgenden Temperaturbehandlung
einer Mischung mit diesem Volumenverhältnis ergeben sich erfahrungsgemäß die besten
Resultate.
[0011] Nach einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird die Spritzgussform
während- oder nach dem Spritzgussvorgang unter elektrische Spannung gesetzt, was ein
Ablösen der Formteile aus der Spritzgussform sehr erleichtert.
[0012] Nach einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung weist die Spritzgussform
durchgehende Kanäle in ihren materialberührenden Flächen auf, wodurch diese Innenflächen
der Spritzgussform zur schnellen Kontaktierung und Aushärtung der Spritzgussteile
mit Gas belüftet oder mit einer Säure benetzten werden können, wodurch dann die Verfestigungsreaktion
mit der Spritzgussmasse stattfindet und mit denen ebenfalls nach der Verfestigung
der Spritzgussteile durch eine Belüftung der Kanäle mit Luft ein Ausstoß der Formteile
aus der geöffneten Spritzgussform erfolgen kann.
[0013] Nach weiteren vorteilhaften Ausgestaltungen der Erfindung sind die produktberührenden
Flächen in der Spritzgussform aus Gips oder aus Kunststoff mit einer porösen Materialstruktur
oder aus einem Gips-Metallverbund oder aus einem Kunststoff-Metallverbund hergestellt,
durch welche die Spritzgussformen belüftbar werden.
[0014] Weitere Vorteile und vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind der nachfolgenden
Beschreibung und den Ansprüchen entnehmbar.
Beschreibung der Ausführungsbeispiele:
[0015] Einige Ausführungsbeispiele des erfindungsgemäßen Spritzgussverfahrens werden im
Folgenden näher beschrieben.
[0016] Bei jedem der im Folgenden näher erläuterten Spritzgussverfahren liegt zunächst Anmachwasser
vor, in das das Binde- oder Reaktionsmittel eingemischt wird und das dann anschließend
mit den keramischen Rohstoffen homogen vermischt wird und dann als fertige Spritzgussmasse
nach dem Einspritzen in die Spritzgussform durch thermische- oder Fällungsreaktionen
verfestigt. Diese bei der Verfestigung ablaufende anorganische Polymerisation oder
Fällungsreaktion findet innerhalb der Materialmatrix statt, ohne dass dabei der Einsatz
von thermisch zu schmelzenden Bindemitteln, wie bspw. von Trägerkunststoffen, erforderlich
wäre. Der auf diese Weise hergestellte Formling weist eine ausreichende Festigkeit
auf, um zur Herstellung eines Endproduktes weiterverarbeitet zu werden.
Beispiel 1:
[0017] Der keramischen Masse wird als Bindemittel Wasserglas beigemischt, sodass das Volumenverhältnis
von Wasserglas zur restlichen keramischen Masse 1 % bis 12 %, vorzugsweise 5 % beträgt.
Wasserglas ist eine wässrige Alkalisilikat-Lösung im vorliegenden Fall bevorzugterweise
auf der Basis von Natrium oder Kalzium, dass es sich in die keramischen Masse gut
einmischen lässt.
[0018] Im weiteren Verlauf des Verfahrens wird die Mischung aus keramischer Masse und Wasserglas
einer Spritzgussmaschine zugeführt, wobei diese Mischung bereits während der Einspritzens
in die Spritzgussform, oder in der Spritzgussform selber einem CO
2-Gas oder einer gasförmigen oder flüssigen Säure ausgesetzt wird, was zu einer weitgehenden
Aushärtung der Mischung führt. Chemisch ist dieser Aushärteprozss mit einer Ausfällung
von SiO
2 verbunden. Hierbei kann noch eine erhebliche Beschleunigung des Aushärteprozesses
bewirkt werden, wenn der Mischung in der Spritzgussform noch zusätzlich Wärme zugeführt
wird, indem die Spritzgussform beheizt wird.
[0019] Vor dem nachfolgenden Brand wird der aus Keramik und Wasserglas bestehende Formling
insoweit getrocknet, dass sich ein Restfeuchtegehalt von weniger als 1% ergibt.
Beispiel 2:
[0020] Der keramischen Masse wird als Bindemittel Alkylsilikonharz beigemischt, sodass das
Volumenverhältnis von Alkylsilikonharz zur restlichen keramischen Masse 1% bis 11%,
vorzugsweise 7% beträgt.
[0021] Im weiteren Verlauf des Verfahrens wird diese letztere Mischung in eine auf 100 °C
bis 200 °C aufgeheizte Spritzgussform gespritzt, wodurch eine sehr schnelle Verfestigung
des Harzanteiles dieser Mischung eintritt, sodass der Formling problemlos der Spritzgussform
entnommen und weiterverarbeitet werden kann.
Beispiel 3:
[0022] Als Bindemittel wird der keramischen Masse ein wasserlösliches Geliermittel, wie
bspw. Agarose, ein aus Algen hergestelltes Polymer, beigemischt, sodass das Volumenverhältnis
von Geliermittel zur keramischen Masse 0,5% bis 13%, vorzugsweise 8% beträgt.
[0023] Im weiteren Verlauf der Verfahrens wird diese letztere Mischung erhitzt, um anschließend
in eine abgekühlte Spritzgussform eingespritzt zu werden.
[0024] Der eigentliche Spritzgießvorgang kann hierbei dadurch verbessert werden, dass die
Spritzgussform unter elektrische Spannung gesetzt wird, was bewirkt, dass der Formling
leichter aus der Spritzgussform abgelöst werden kann. Dieser Effekt wird auch erreicht,
wenn die Spritzgussform belüftbare Flächen aus porösen Material, wie bspw. einem Sintermetall
aufweist, um die Innenfläche der Form mit Luft zu belüften.
[0025] Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Spritzgussform außer aus Metall auch aus Gips,
aus einem Kunststoff mit poröser Materialstruktur, aus einem Gips-Metallverbund oder
aus einem Kunststoff-Metallverbund herzustellen, was zu einer Verbesserung des erfindungsgemäßen
Spritzgussverfahrens beiträgt.
[0026] Die nach den obigen Verfahren hergestellten Formlinge werden anschließend auf die
gleiche Weise gesintert, wie es bei konventioneller Silikatkeramik üblich ist, sodass
hier nicht näher darauf eingegangen wird.
[0027] Alle in der Beschreibung und in den nachfolgenden Ansprüchen dargestellten Merkmale
können sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination miteinander erfindungswesentlich
sein.
1. Keramisches Spritzgussverfahren mit folgenden Verfahrensschritten:
- Herstellung einer flüssigen oder plastischen keramischen Masse mit einem Bindemittel;
- Einspritzen der Mischung in die Spritzgussform einer Spritzgießmaschine und Herstellung
eines Formlings;
- Sintern des Formlings in einem Sinterofen;
dadurch gekennzeichnet,
- dass als Bindemittel Wasserglas, d.h., eine wässrige Alkalisilikat-Lösung auf Natrium-
oder Kalziumbasis verwendet wird;
- dass die Mischung zum Zweck des Aushärtens beim Einspritzen in die Spritzgussform und/oder
bei der Formgebung in der Spritzgussform einem Aushärtmedium ausgesetzt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Formling nach der Formgebung in der Spritzgussform konventionell wie Silikatkeramik
auf einen Feuchtegehalt von weniger als 1% getrocknet wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Spritzgussform zur Beschleunigung des Aushärtens der Mischung aufgeheizt wird.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Wasserglas und die keramische Masse in einem Volumenverhältnis von 1 bis 12 Teilen
Wasserglas auf 100 Teile keramische Masse gemischt werden.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Wasserglas und die keramische Masse in einem Volumenverhältnis von 5 Teilen Wasserglas
auf 100 Teile keramische Masse gemischt werden.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass als Aushärtmedium CO2-Gas verwendet wird.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass als Aushärtmedium eine gasförmige oder eine flüssige Säure verwendet wird.
8. Keramisches Spritzgussverfahren mit folgenden Verfahrensschritten:
- Herstellung einer flüssigen oder plastischen keramischen Masse;
- Herstellung einer Mischung aus der keramischen Masse und einem Bindemittel;
- Einspritzen der Mischung in die Spritzgussform einer Spritzgießmaschine und Herstellung
eines Formlings;
- Sintern des Formlings in einem Sinterofen;
dadurch gekennzeichnet,
- dass als Bindemittel Alkylsilikonharz verwendet wird;
- dass die Mischung zum Zweck des Aushärtens in eine auf 100°C bis 200°C aufgeheizte Spritzgussform
eingespritzt wird.
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Alkylsilikonharz und die keramischen Masse in einem Volumenverhältnis von 1 bis
11 Teilen Alkylsilikonharz auf 100 Teile keramische Masse gemischt werden.
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass das Alkylsilikonharz und die keramische Masse in einem Volumenverhältnis von 7 Teilen
Alkylsilikonharz auf 100 Teile keramische Masse gemischt werden.
11. Keramisches Spritzgussverfahren mit folgenden Verfahrensschritten:
- Herstellung einer flüssigen oder plastischen keramischen Masse;
- Herstellung einer Mischung aus der keramischen Masse und einem Bindemittel;
- Einspritzen der Mischung in die Spritzgussform einer Spritzgießmaschine und Herstellung
eines Formlings;
- Sintern des Formlings in einem Sinterofen;
dadurch gekennzeichnet,
- dass als Bindemittel ein Geliermittel, wie bspw. Agarose verwendet wird;
- dass die Mischung zum Zweck des Aushärtens zunächst aufgeheizt wird und anschließend in
eine gekühlte Spritzgussform eingespritzt wird.
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass das Geliermittel und die keramische Masse in einem Volumenverhältnis von 0,5 bis
13 Teilen Geliermittel auf 100 Teile keramische Masse gemischt werden.
13. Verfahren nach Anspruch 11 oder 12, dadurch gekennzeichnet, dass das Geliermittel und die keramische Masse in einem Volumenverhältnis von 8 Teilen
Geliermittel auf 100 Teile keramische Masse gemischt werden.
14. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Spritzgussform während des Spritzgießvorganges unter elektrische Spannung gesetzt
wird.
15. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Spritzgussform durchgehende Kanäle in ihren produktberührenden Flächen aufweist.
16. Verfahren nach einem der vorgehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Spritzgussform aus Gips hergestellt ist.
17. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Spritzgussform aus Kunststoff mit einer porösen Materialstruktur hergestellt
ist.
18. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Spritzgussform aus einem Gips- oder Kunststoff-Metallverbund hergestellt ist.
19. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Spritzgussform aus einem gehärteten Stahl hergestellt ist.