(19)
(11) EP 1 223 229 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.07.2002  Patentblatt  2002/29

(21) Anmeldenummer: 01129921.1

(22) Anmeldetag:  15.12.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C22C 19/05, C30B 29/52, C30B 11/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 10.01.2001 DE 10100790

(71) Anmelder: MTU Aero Engines GmbH
80995 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Glatzel, Uwe, Prof. Dr.
    12207 Berlin (DE)
  • Mack, Thomas, Dr.
    86609 Donauwörth (DE)
  • Wöllmer, Silke, Dr.
    92284 Poppenricht (DE)
  • Wortmann, Jürgen, Dr.
    85258 Weichs (DE)

(74) Vertreter: Brückner, Ingo, Dipl.-Ing. 
DaimlerChrysler AG, Intellectual Property Management, FTP - C 106
70546 Stuttgart
70546 Stuttgart (DE)

   


(54) Nickel-Basislegierung für die giesstechnische Herstellung einkristallin erstarrter Bauteile


(57) Nickel-Basislegierung für die gießtechnische Herstellung einkristallin erstarrter Bauteile, welche die Elemente Rhenium und Wolfram sowie weitere Elemente wie Aluminium, Chrom und Kobalt enthält.
Der Anteil an Rhenium beträgt mindestens 2,3 Gewichtsprozent, das Gewichtsverhältnis des Anteils an Wolfram zu dem Anteil an Rhenium beträgt mindestens 1,1 bis höchstens 1,6.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Nickel-Basislegierung für die gießtechnische Herstellung einkristallin erstarrter Bauteile, gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruches 1.

[0002] Legierungen dieser Art gehören zu einer Gruppe von sogenannten Superlegierungen, die unter hohen Temperaturen und unter hohen mechanischen Spannungen einsetzbar sind und daher insbesondere als Turbinenschaufelwerkstoffe in Gasturbinen verwendet werden.

[0003] Die zukünftige Generation der Luftfahrttriebwerke mit hohem Nebenstromverhältnis und schnelldrehender Niederdruckturbine verspricht signifikante Verbesserungen hinsichtlich spezifischen Kraftstoffverbrauchs und Emissionen. Das Gewicht des Triebwerks, seine Größe und die Unterhaltskosten fallen ebenso unter die heutigen Werttreiber.
Triebwerke mit hohem Nebenstromverhältnis sind mit einem Untersetzungsgetriebe ausgerüstet, das zwischen den Fan auf der einen Seite und den Niederdruckverdichter und die Niederdruckturbine auf der anderen Seite geschaltet ist. Das Getriebe ermöglicht den Betrieb des Fans im optimalen Bereich bei langsamen Drehzahlen und bietet das Potenzial, den Verdichter und die Turbine bei höheren Drehzahlen und damit höheren Druckverhältnissen zu betreiben, als dies bei konventionellen Turbinen der Fall ist. Durch die höheren Umfangsgeschwindigkeiten steigen jedoch auch die mechanischen Lasten der Beschaufelung und der Scheiben der Niederdruckturbine.

[0004] Ni-Basislegierungen der 2. und 3. Generation für einkristalline Bauteile enthalten etwa 3 Gew.-% bzw. 6 Gew.-% des Refraktärelementes Rhenium und besitzen bessere Kriecheigenschaften als entsprechende Legierungen der ersten Generation ohne Re-Gehalt. Das Refraktärelement Re wirkt sich in unterschiedlicher Weise auf die Eigenschaften von Superlegierungen aus. Re besitzt einen großen Atomradius, diffundiert aufgrund dessen sehr langsam und seigert in die Matrix. Zusätzlich zum Effekt der Mischkristallhärtung der Matrix, neigen die Rhenium-Atome zur Bildung von Clustern, die eine Versetzungsbewegung behindern.
Wolfram trägt erheblich zur Mischkristallverfestigung bei. Der W-Gehalt beeinflusst die Verteilung des Re auf die Matrix und die γ'-Ausscheidungsphase.

[0005] Der hohe Schmelzpunkt und der geringe Diffusionskoeffizient sowohl von Re als auch von W führen zu einem Ansteigen der Solidustemperatur der Superlegierungen. Darüber hinaus wird die Morphologieänderung der Ausscheidungsphase γ' unter Last verzögert.

[0006] Das Legierungselement Tantal (Ta) trägt zwar zur Mischkristallverfestigung bei und verbessert das zyklische Oxidationsverhalten, wird aber in erster Linie in W- und Re-haltige Ni-Basislegierungen zugegeben, um bei gerichteter Erstarrung der sogenannten Freckle-Bildung entgegenzuwirken.

[0007] Negative Eigenschaften von Ta: starke Erhöhung der Dichte; es fördert die unerwünschte TCP-Phasenbildung und erhöht die γ'-Lösungsglühtemperatur.

[0008] Der Anstieg der Kriechfestigkeit geht einher mit einer gleichzeitigen Steigerung der Dichte bis auf 9 g cm-3 für gewisse Legierungen mit 6 Gew.-% Re. Bei Re-freien Legierungen kann die Dichte bis auf 8 g cm-3 abgesenkt werden. Ni-Basislegierungen mit einem hohen spezifischen Gewicht sind jedoch nur bedingt geeignet für den Einsatz in modernen, schnelldrehenden Flugturbinen.

[0009] Eine Re-freie Superlegierung mit niedriger Dichte ist beispielsweise aus der US-Patentschrift 4,721,540 bekannt, die Handelsbezeichnung dieses Werkstoffes ist "CMSX-6". Abgesehen von dem mechanischen Vorteil einer relativ niedrigen Dichte von 7,98 g cm-3 weist diese Legierung aber auch Nachteile auf, wie ein kleines Wärmebehandlungsfenster und starke Rekristallisationsneigung.

[0010] Aus der internationalen Offenlegungsschrift WO 93/24683 sind einkristalline Gussteile bekannt, deren Legierung 0 bis 8 Gewichtsprozent Rhenium, 3 bis 10 Gewichtsprozent Wolfram (tungsten) sowie u.a. Magnesium oder Kalzium zur Erhöhung der Oxidationsbeständigkeit enthält. Bei einer speziellen Legierungszusammensetzung soll der Re-Anteil bei 2,8 bis 3,2 Gewichtsprozent, der W-Anteil bei 5,6 bis 6,2 Gewichtsprozent liegen. Da Rhenium und Wolfram schwere Metalle sind, ist hier mit einer relativ hohen Bauteildichte zu rechnen, insbesondere dann, wenn die oberen Grenzwerte von 8 Gewichtsprozent Rhenium und 10 Gewichtsprozent Wolfram benutzt werden. Rhenium ist außerdem ein sehr teueres Element, das sich spürbar auf den Bauteilpreis auswirkt. Die untere Grenze für Re ist hier mit 0 Gewichtsprozent angegeben. Kleine Re-Anteile reduzieren zwar Gewicht und Preis, führen aber auch zu einer deutlichen Verschlechterung wichtiger Werkstoffeigenschaften.

[0011] Angesichts dieser Nachteile besteht die Aufgabe der Erfindung darin, Nickel-Basislegierungen für die gießtechnische Herstellung einkristallin erstarrter Bauteile anzugeben, die durch Optimierung der Anteile an Rhenium und Wolfram besonders günstige Werkstoff- und somit Bauteileigenschaften ermöglichen, wie niedrige Dichte, hohe mechanische Festigkeit einschließlich geringer Kriechneigung sowie hohe Temperaturbeständigkeit. Darüber hinaus ist eine leichte Vergießbarkeit und günstige Wärmebehandlungseigenschaften der Legierung gefordert.

[0012] Diese Aufgabe wird durch die in Anspruch 1 gekennzeichneten Merkmale gelöst, in Verbindung mit den gattungsbildenden Merkmalen in dessen Oberbegriff.

[0013] Erfindungsgemäß soll der Rheniumanteil mindestens 2,3 Gewichtsprozent betragen, das Gewichtsverhältnis Wolfram zu Rhenium soll mindestens 1,1 und höchstens 1,6 sein. Somit enthält die jeweilige Legierung stets mehr Wolfram als Rhenium und dies in einem definierten Verhältnisbereich.

[0014] Im Unteranspruch 2 wird zusätzlich eine Obergrenze für den Rheniumanteil angegeben im Hinblick auf Gewichts- und Kostenbegrenzung bei sehr guten Werkstoffeigenschaften. Der Gewichtsverhältnisbereich W zu Re aus Anspruch 1 wird beibehalten.

[0015] In Unteranspruch 3 ist eine konkrete Legierung mit allen relevanten Elementen und deren Anteilsbereichen gekennzeichnet. Das Verhältnis W zu Re ist hier in Relation zu den vorgenannten Ansprüchen 1 und 2 eingeschränkt, d.h. noch enger begrenzt.

[0016] Dieser Werkstoff, der intern auch als "Leichter Einkristall 94"(LEK94) bezeichnet wird, hat somit folgende Zusammensetzung in Gewichtsprozent:
Al von 6,2 bis 6,8
Co von 7,2 bis 7,8
Cr von 5,8 bis 6,4
Hf von 0,05 bis 0,15
Mo von 1,7 bis 2,3
Re von 2,3 bis 2,6
Ta von 2,0 bis 2,6
Ti von 0,9 bis 1,1
W von 3,0 bis 3,7
Ni Rest, das bedeutet
  von 66,55 bis 70,85


[0017] Etwaige Verunreinigungen in Form weiterer Elemente bzw. Verbindungen sind hier nicht berücksichtigt und können einzelne Zahlenwerte, wie z.B. den Ni-Anteil, noch geringfügig verändern. Ebenso können die Anteile der obengenannten Elemente z.B. zwei Stellen hinter dem Komma (hundertstel Prozent) Abweichungen aufweisen, die für den Fachmann selbstverständlich sind und keinen relevanten Einfluss auf die Werkstoffeigenschaften haben.

[0018] Dieser spezielle Werkstoff "LEK94" ist eine hochlegierte Einkristalllegierung geringer Dichte, die für den Einsatz in schnelldrehenden Turbinen entwickelt wurde. Zur Optimierung der detrimentalen Anforderungen Hochwarmfestigkeit und geringe Dichte wurden die Legierungsgehalte der Elemente Re und W variiert.

[0019] Die Entwicklung des "LEK94" erfolgte mit folgenden Zielsetzungen (Ausgangspunkt CMSX-6 gemäß US-Patent 4,721,540)

1. verbessertes Rekristallisationsverhalten

2. Low Density Alloy mit Dichte ρ≈8 g/cm3

3. Vermeidung einer niedrig schmelzenden Diffusionszone bei Beschichtung

4. Verbessertes Kriechverhalten

5. Erfüllung allgemeiner Vergießbarkeitskriterien und ausreichendes Lösungsglühfenster

6. geringe Neigung zur TCP-Phasenbildung (Sprödphasen, Nv-Kriterium)


Ansatz:



[0020] 

Zugabe von W und Re

aber in geringeren Gehalten als in bekannten Ni-Basislegierungen der 2. Generation

Optimierung des W- und Re-Gehaltes (i.e. Minimierung, aber Bestimmung eines Mindestwertes)


Verbesserung gegenüber dem Stand der Technik



[0021] "LEK94" ist eine Re-haltige Einkristalllegierung geringer Dichte im Bereich von 8,1 bis 8,3 g cm-3 und hoher Warmfestigkeit. Gute Vergießbarkeit und ein signifikant großes Wärmebehandlungsfenster zeichnen diesen Werkstoff aus.


Ansprüche

1. Nickel-Basislegierung für die gießtechnische Herstellung einkristallin erstarrter Bauteile, insbesondere von Schaufeln für schnelllaufende Turbinenstufen in Gasturbinen, welche die Elemente Rhenium (Re) und Wolfram (W) sowie weitere Elemente wie Aluminium, Chrom und Kobalt enthält, gekennzeichnet durch
einen Anteil an Rhenium (Re) von mindestens 2,3 Gewichtsprozent sowie ein Gewichtsverhältnis des Anteils an Wolfram (W) zu dem Anteil an Rhenium (Re) von mindestens 1,1 bis höchstens 1,6.
 
2. Nickel-Basislegierung nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch einen Anteil an Rhenium (Re) von mindestens 2,3 bis höchstens 2,6 Gewichtsprozent.
 
3. Nickel-Basislegierung nach Anspruch 2, gekennzeichnet durch einen Anteil an Wolfram (W) von mindestens 3,0 bis höchstens 3,7 Gewichtsprozent sowie folgende Anteile an weiteren Legierungselementen neben Nickel, Rhenium und Wolfram:
Aluminium (Al) von mindestens 6,2 bis höchstens 6,8 Gewichtsprozent; Kobalt (Co) von mindestens 7,2 bis höchstens 7,8 Gewichtsprozent; Chrom (Cr) von mindestens 5,8 bis höchstens 6,4 Gewichtsprozent; Hafnium (Hf) von mindestens 0,05 bis höchstens 0,15 Gewichtsprozent; Molybdän (Mo) von mindestens 1,7 bis höchstens 2,3 Gewichtsprozent; Tantal (Ta) von mindestens 2,0 bis höchstens 2,6 Gewichtsprozent; Titan (Ti) von mindestens 0,9 bis höchstens 1,1 Gewichtsprozent.
 





Recherchenbericht