[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines kaltgewalzten, gut verformbaren
Bandes oder Bleches aus Stahl, das nach einem Warmwalzen, Aufhaspeln und Kaltwalzen
einem rekristallisierenden Glühen und ggf. einem Dressiervorgang unterzogen wird und
ein Bake-Hardening-Potential nach einer anschließenden Verformung für eine anschließende
Temperaturbehandlung aufweist.
[0002] Die Erfindung betrifft ferner ein nach dem Verfahren herstellbares gut verformbares,
kaltgewalztes Band oder Blech mit einem Bake-Hardening-Potential nach einer anschließenden
Verformung und für eine anschließende Temperaturbehandlung (BH
2-Potential).
[0003] Beispielsweise im Automobilbau werden leicht verformbare Bleche benötigt, die relativ
dünn ausgebildet sein müssen, um das Gewicht des Fahrzeugs nicht zu hoch werden zu
lassen. Derartige Bleche aus Stahl werden im Allgemeinen in Form eines Bandes hergestellt,
indem eine Stahlbramme gegossen, warmgewalzt und bei einer bestimmten Zwischentemperatur
gehaspelt wird. Nach dem Abkühlen des gehaspelten Bandes auf im wesentlichen Umgebungstemperatur
wird das Blech auf die Enddicke kaltgewalzt. Zur Beseitigung der dabei entstandenen
Spannungen innerhalb des Materials wird ein rekristallisierendes Glühen durchgeführt.
Anschließend wird das Band im Allgemeinen nochmals schwach mit einem Verformungsgrad
zwischen etwa 0,5 und 2 % gewalzt (Dressieren).
[0004] Die leichte Verformbarkeit der Stähle steht einer Erhöhung der Festigkeitswerte der
Stahlsorte grundsätzlich entgegen, da die erhöhte Festigkeit prinzipiell mit einer
Beeinträchtigung der leichten Verformbarkeit einher geht. Es sind höherfeste Stahlsorten
entwickelt worden (z. B. ZStE und ZStEi), die trotz höherer Festigkeitswerte relativ
gut verformbar sind. Derartige Stahlgüten sind beispielsweise als ZStE Stahleisen-Werkstoffblatt
SEW093 und 094 und als isotroper Stahl ZStEi bekannt, während die herkömmlichen "weichen"
Stahlgüten als St12 bis St15 (entsprechend DC01, DC03, DC04, DC05 gemäß DIN EN 10130)
bekannt sind. Die Stahltypen unterscheiden sich dabei hinsichtlich der Zugabe von
Mikrolegierungselementen und hinsichtlich der Verfahrensführung. Ein besonderer Stahl
dieser Art ist beispielsweise der isotrope Stahl ZstEi, wie er in DE 38 03 064 C2,
EP 0 400 031 B1 oder DD 285 298 B5, deren Offenbarung zum Bestandteil dieser Beschreibung
gemacht wird, beschrieben ist.
[0005] Für viele Stahlsorten besteht eine Möglichkeit, eine gute Verformbarkeit mit einer
erhöhten Streckgrenze nach der Fertigstellung zu kombinieren, darin, den Stahl mit
einem sogenannten Bake-Hardening-Potential zu produzieren. Der Bake-Hardening-Effekt
bewirkt, dass bei einer Temperaturbehandlung des Stahls, wie sie beispielsweise beim
Einbrennlackieren von Karosserieblechen vorgenommen wird, eine Verfestigung, also
eine Erhöhung der Streckgrenze, hervorgerufen wird. Es handelt sich dabei um eine
künstliche Alterung des Stahls, die die zusätzliche Festigkeitssteigerung bewirkt.
Die Festigkeitssteigerung wird also nach der durchgeführten Verformung des Bleches
zur Erstellung des gewünschten Bauteils erreicht, sodass die Festigkeitserhöhung nicht
die Verformung des Bleches stört. Es hat sich herausgestellt, dass die vorherige Verformung
des Bleches den Bake-Hardening-Effekt beeinflusst. Der nur durch die Temperaturbehandlung
bewirkte Bake-Hardening-Effekt ohne vorherige Verformung wird als BH
0-Wert angegeben, während ein Maß für den Bake-Hardening-Effekt nach einer vorgenommenen
Verformung der BH
2-Wert ist, der nach einer Verformung des Bleches um 2 % die Festigkeitserhöhung aufgrund
einer anschließenden Temperaturbehandlung - genormt bei 170 °C für 20 Min. - angibt.
[0006] Der Bake-Hardening-Effekt beruht auf einem Gehalt an gelöstem Kohlenstoff im Stahl,
der über dem Gleichgewichtszustand liegt. Zur Herstellung dieser Übersättigung des
Stahls mit gelösten C-Atomen wird das Rekristallisationsglühen im Anschluss an das
Kaltwalzen mit einer Durchlaufglühe durchgeführt. Durch die Temperaturerhöhung in
der Durchlaufglühe geht Kohlenstoff in Lösung. Da in der Durchlaufglühe das Blech
nur kurzzeitig aufgeheizt wird, wird für die Rekristallisation eine deutlich über
A
1 liegende Temperatur verwendet. In Verbindung mit dem schnellen Abkühlen des Stahlbandes
entsteht der Anteil an gelösten C-Atomen, der einige Größenordnungen über dem Gleichgewichtszustand
liegt.
[0007] Wird hingegen das Glühen des gewickelten Stahlbandes im Haubenofen, d.h. für eine
vergleichsweise lange Zeit, durchgeführt und die dazugehörige langsame Abkühlung an
Luft vorgenommen, verbleibt das Stahlband im Gleichgewichtszustand, sodass kein Alterungspotential
(Bake-Hardening-Potential) entsteht, wenn der Gehalt an Kohlenstoff ≥ 0,02 % ist.
Nur bei geringeren Kohlenstoffgehalten, die nur durch eine aufwändige Vakuumbehandlung
einstellbar sind, lässt sich ein Alterungspotential herstellen, da die in Lösung befindlichen
C-Atome aufgrund ihrer geringen Dichte und der damit verbundenen längeren Diffusionswege
nur erschwert zu einer Eisenkarbidausscheidung (Zementit) gelangen und daher ein Teil
übersättigt in Lösung bleibt. Für C-Gehalte ≥ 0,02 % findet beim langsamen Abkühlen
die Ausscheidung des Kohlenstoffs statt, sodass kein gelöster Kohlenstoff für das
Alterungspotential zur Verfügung steht. Durch die Temperaturbehandlung diffundieren
die in der Lösung befindlichen Kohlenstoffatome in Versetzungbereiche der Matrix.
Die Versetzungen werden dadurch blockiert, sodass ein erhöhter Spannungsbetrag erforderlich
ist, um erneut ein plastisches Fließen im Werkstoff zu erzeugen. Dieser Effekt wird
erheblich vergrößert durch eine vorherige Verformung des mit gelöstem C übersättigten
Stahlbandes. Der Verformungsvorgang, beispielsweise durch Tiefziehen, führt zu einer
signifikanten Erhöhung der Versetzungsdichte. Bei der Temperaturbehandlung, wie sie
beispielsweise beim Einbrennlackieren vorgenommen wird, diffundieren die Kohlenstoffatome
in die dilatierten Bereiche der Versetzungen. In der Praxis ist daher der Bake-Hardening-Effekt
nach einer vorherigen Verformung (charakterisiert durch BH
2) relevant.
[0008] Die Umformung der Bleche führt in Abhängigkeit vom Verformungsgrad zu einer Kaltverfestigung
(Work-Hardening). Für die Anwendung der Bake-Hardening-Stähle ist die Gesamtfestigkeit,
die sich aus der Kaltverformung durch die Umformung und Bake-Hardening aus der Temperaturbehandlung
ergibt, relevant. Die bekannten Bake-Hardening-Stähle, die mit einer Durchlaufglühe
hergestellt werden, weisen über den Grad der Vordehnung als Variable einen annähernd
konstanten Streckgrenzenverlauf für die Summe aus Work-Hardening und Bake-Hardening
auf. Der Bake-Hardening-Effekt ist daher bei größeren Dehnungen aufgrund des stark
überwiegenden Anteils der Kaltverfestigung kaum relevant. Es ist daher bekannt, dass
die Anwendung von Bake-Hardening-Stählen vorwiegend für großflächige Bauteile interessant
ist, die nur schwach umgeformt werden, wie beispielsweise Kotflügel, Motorhauben,
PKW-Türen und -Dächer.
[0009] Bekannt ist ferner, dass der Bake-Hardening-Effekt mit dem Gehalt gelöster Atome
bis zu einem Sättigungswert ansteigt. Ein zu großer Gehalt gelöster C-Atome führt
zu einer fehlenden Alterungsbeständigkeit des Stahlbleches bei Auslagerung. Für Bake-Hardening-Stähle
wird daher ein Gehalt an gelöstem Kohlenstoff zwischen 5 und 10 ppm als optimal angesehen.
[0010] Die Beschränkung der Ausnutzung des Bake-Hardening-Effektes auf Nicht-Vakuumstähle,
die in einer Durchlaufglühe rekristallisierend geglüht worden sind, führt zu erheblichen
Restriktionen für die Herstellung geeigneter Stahlbleche. Vorteilhafte Eigenschaften
von Stahlblechen, die vorzugsweise die rekristallisierende Glühung in Haubenglühöfen
benötigen, wie beispielsweise die Herstellung von Stahlblechen mit einer planaren
Isotropie oder Quasi-lsotropie, lassen sich daher bisher nicht mit einem Bake-Hardening-Effekt
erstellen.
[0011] Der Erfindung liegt daher die Problemstellung zugrunde, die Herstellung von Bändern
oder Blechen aus Stahl der eingangs erwähnten Art mit einem Bake-Hardening-Potential
zu ermöglichen, die die herkömmlichen Restriktionen nicht aufweist.
[0012] Zur Lösung dieser Aufgabe ist erfindungsgemäß ein Verfahren der eingangs erwähnten
Art dadurch gekennzeichnet, dass das rekristallisierende Glühen in einem Haubenofen
im Bund durchgeführt wird und dass das Band oder Blech nach dem rekristallisierenden
Glühen von einer Temperatur T mit 200° C ≤ T ≤ A
1 einer Abkühlung mit einer Abkühlgeschwindigkeit ≥ 1° C/s unterzogen wird.
[0013] Dieses erfindungsgemäße Verfahren erlaubt somit die Herstellung eines Bake-Hardening-Stahlbandes
oder -bleches, das in einem Haubenofen, vorzugsweise im Festbund, rekristallisierend
geglüht worden ist, und zwar auch dann, wenn der C-Gehalt in dem Stahl ≥ 0,02 % ist.
[0014] Überraschender Weise ist es durch das erfindungsgemäße kurzzeitige Glühen nach der
Abkühlung des rekristallisierend geglühten Bandes oder Bleches auf ≤ 150 °C, vorzugsweise
auf etwa Raumtemperatur, möglich, als Karbide ausgeschiedenes C wieder in Lösung zu
bringen. Da die Temperatur des kurzzeitigen Glühens unter der A
1-Temperatur des Stahles liegt, werden durch dieses Glühen die technologischen Eigenschaften
des Stahls im Übrigen, insbesondere seine Textur, nicht wesentlich geändert. Aufgrund
des kurzzeitigen Glühens und der anschließenden Abkühlung, die in üblicher Weise mit
Luft, aber auch mit Wasser erfolgen kann, verbleibt ein Teil des gelösten C in Lösung
und führt zu dem Alterungspotential für die nachfolgende Temperaturbehandlung, beispielsweise
während eines Einbrennlackierens.
[0015] Das kurzzeitige Glühen wird vorzugsweise in einem Durchlaufglühofen bewirkt. Für
die Erzeugung eines ausreichenden Bake-Hardening-Effektes muss bei einer niedrigen
Glühtemperatur T eine relativ lange Glühdauer eingehalten werden, während höhere Glühtemperaturen
die erforderliche Glühdauer erheblich herabsetzen. Es ist daher bevorzugt, eine Temperatur
T des kurzzeitigen Glühens ≥ 450 °C zu verwenden. Bevorzugt ist ferner, die Glühdauer
des kurzzeitigen Glühens zwischen 2 Min. und 5 Min. einzustellen.
[0016] Es wird im Allgemeinen sinnvoll sein, das Band oder Blech nach dem kurzzeitigen Glühen
zu dressieren, also in üblicher Weise schwach zu verformen. Es kann auch sinnvoll
sein, wenn das Band oder Blech vor dem kurzzeitigen Glühen bereits dressiert worden
ist, obwohl dies nicht immer erforderlich erscheint.
[0017] Für die Herstellung von verzinkten Blechen oder Bändern ist es besonders zweckmäßig,
eine Feuerverzinkung des Bleches oder Bandes zumindest als Teil des kurzzeitigen Glühens
zu benutzen. Allerdings kann das erfindungsgemäße Verfahren auch für gar nicht oder
elektrolytisch, d.h. ohne Wärmeeinwirkung, zu verzinkende Bleche eingesetzt werden.
[0018] Das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Band oder Blech unterscheidet
sich von herkömmlichen Bändern oder Blechen mit einem Bake-Hardening-Potential dadurch,
dass die Gesamtverfestigung des Stahls (Work-Hardening + Bake-Hardening) mit größerer
vorheriger Verformung des Bleches zunimmt. Ferner enthält der erfindungsgemäße Stahl
Zementitausscheidungen in der Matrix und an den Korngrenzen. Herkömmliche, durchlaufgeglühte
Bake-Hardening-Stähle sind praktisch zementitfrei. Werden diese Stähle einer Überalterungsbehandlung
ausgesetzt, bildet sich zwar Zementit, allerdings unter Verlust des Bake-Hardening-Effekts.
Demgegenüber weist der erfindungsgemäße Stahl Zementitausscheidungen und einen Bake-Hardening-Effekt
auf. Dies gilt auch dann, wenn der Stahl einen C-Gehalt ≥ 0,02 % aufweist. Nach dem
Einbrennlackieren weist das Blech eine durch den Bake-Hardening-Effekt deutlich, d.h.
um mindestens 15 MPa, vorzugsweise um mindestens 30 MPa, erhöhte Streckgrenze auf.
[0019] Der erfindungsgemäße Stahl kann beliebige Analysen aufweisen, die für gut verformbare,
kaltgewalzte Bänder oder Bleche bekannt sind. Das erfindungsgemäße Band oder Blech
kann daher aus einem Stahl der Stahlsorte St12 bis St15, ZStE oder ZStEi hergestellt
sein.
[0020] Der erfindungsgemäße Stahl ist vorzugsweise wie folgt zusammengesetzt:
C 0,02 bis 0,12 %, vorzugsweise 0,03 bis 0,08 %
Si max. 0,50 %, vorzugsweise max. 0,40 %
Mn 0,1 bis 1,2 %, vorzugsweise 0,1 bis 1,0 %
P max. 0,1 %, vorzugsweise max. 0,08 %
S max. 0,025 %, vorzugsweise max. 0,02 %
N max. 0,009 %
Al 0,01 bis 0,08 %, vorzugsweise 0,015 bis 0,08 %
ggf. zusätzlich:
Ti 0,005 bis 0,06 %, vorzugsweise 0,01 bis 0,04 %
und ggf. zusätzlich:
Nb 0,005 bis 0,06 %, vorzugsweise 0,01 bis 0,04 %
- für isotrope Stähle -;
ggf. zusätzlich:
Ti max. 0,22 % und ggf. zusätzlich
Nb max. 0,22 %
- für ZStE Stähle -;
Rest Eisen und nicht vermeidbare Verunreinigungen.
[0021] Soweit untere Grenzen für die o.a. Bestandteile nicht angegeben worden sind, ergeben
sich diese aus nicht vermeidbaren Verunreinigungen mit diesen Elementen.
[0022] Der erfindungsgemäße Stahl kann eine feuerverzinkte Oberfläche aufweisen und nach
der Feuerverzinkung dressiert worden sein.
[0023] Die erfindungsgemäße kurzzeitige Glühung kann bei einer konstanten Temperatur über
die Glühzeit erfolgen, aber auch mit unterschiedlichen Glühtemperaturen während der
Glühdauer.
[0024] Die Erfindung soll im Folgenden anhand einiger Beispiele näher erläutert werden.
[0025] Entsprechende Versuche sind durchgeführt worden mit Stählen der Güten St15, St14,
zwei Varianten der Güte ZStE220i und der Güte ZStE340, deren chemische Zusammensetzungen
der beigefügten
Tabelle 1 zu entnehmen sind.
[0026] Für die Versuche sind somit Stahlsorten verwendet worden, die alle einen C-Gehalt
von ≥ 0,02 % aufweisen. Im Falle des Stahls ZStE340 beträgt der C-Gehalt sogar 0,075
%.
[0027] Die "weichen" Güten St15 und St14 weisen keine relevanten Mengen an Mikrolegierungselementen
(Ti, V, Nb, Mo) auf. Demgegenüber ist die isotrope Stahlsorte ZSt220 gekennzeichnet
durch einen Titangehalt, der zwischen 0,01 und 0,04 % liegen kann und in den Versuchsbeispielen
auf etwa 0,02 % eingestellt ist. Die höherfeste Güte ZSt340 weist einen ähnlichen
Titangehalt und darüber hinaus einen deutlichen Niobgehalt auf.
[0028] Die Untersuchung der Stahlgüten St14 und St15 haben für die hier interessierenden
Parameter keine relevanten Unterschiede ergeben. Gleiches gilt für die Versuche mit
den beiden Kaltbändern der Sorte ZStE220i. Im Folgenden wird daher jeweils das Ergebnis
nur eines Vertreters dieser Güten angegeben und diskutiert.
[0029] Da die verwendeten Stahlsorten im Markt geläufig und daher dem Fachmann hinlänglich
bekannt sind, kennt der Fachmann die für die Herstellung der Stahlsorten erforderlichen
Verfahrensschritte und deren Besonderheiten zur Erzielung der gewünschten Stahlgüten.
Auf eine detaillierte Beschreibung kann daher hier verzichtet werden. Für die isotropen
Stahlsorten wird auf die in DE 38 03 064 C2, EP 0 400 031 B1 und DD 285 298 B5 beschriebenen
Herstellungsverfahren verwiesen, deren Verfahrensparameter zum Gegenstand der Offenbarung
dieser Beschreibung gemacht werden.
[0030] Alle verwendeten Stahlgüten sind in üblicher Weise bei den erforderlichen Temperaturen
zur Bramme gegossen und anschließend warmgewalzt worden. Nach einem Haspeln bei einer
geeigneten Zwischentemperatur ist eine Abkühlung an Luft vorgenommen worden. Anschließend
sind die Kaltwalzschritte durchgeführt worden. Danach ist das Stahlband im Haubenofen
rekristallisierend geglüht worden, wobei die übliche Glühdauer zwischen 20 und 70
Stunden liegt.
[0031] Das auf etwa Raumtemperatur abgekühlte Stahlband ist für die hier durchgeführten
Versuche teilweise dressiert und teilweise undressiert verwendet worden, bevor das
erfindungsgemäße kurzzeitige Glühen, vorzugsweise in einem Durchlaufofen, vorgenommen
wird. Um den BH
2-Effekt, der in der Praxis allein von Bedeutung ist, feststellen zu können, ist das
Material vorgereckt worden.
[0032] In allen Fällen ist nach dem kurzzeitigen Glühen das abgekühlte Material dressiert
worden.
[0033] Figur 1 zeigt die Messergebnisse für den BH
2-Effekt für den Stahl St15 in Abhängigkeit von der Glühtemperatur und der Glühdauer,
die jeweils mit 0,5 Min., 2 Min. und 5 Min. eingestellt worden ist. Die vor dem Glühen
nicht dressierten Proben sind wegen des Dressierens nach dem Glühen als "1 x dressiert",
die vordressierten Proben als "2 x dressiert" bezeichnet worden.
[0034] Es zeigt sich, dass bereits bei der Glühtemperatur von 200 °C und einer geringen
Glühdauer ein erhöhtes BH
2-Potential vorliegt, das für alle Proben mit zunehmender Glühtemperatur und zunehmender
Glühdauer ansteigt, wobei bei der Glühtemperatur von 700 °C durch eine Verlängerung
der Glühdauer über 2 Min. keine oder keine wesentliche Erhöhung des BH
2-Potentials mehr erreicht wird.
[0035] Für alle Proben erbringt das Dressieren des Materials vor dem kurzzeitigen Glühen
keine merkliche Erhöhung des BH
2-Effektes, in einigen Fällen ist sogar eine merkliche Erniedrigung festzustellen.
[0036] Figur 2 zeigt die Ergebnisse für die gleichen Untersuchungen bei dem Stahl ZStE220i. Ein
sehr großer BH
2-Effekt wird bei einer Glühtemperatur von 700 °C und einer Glühdauer von 2 Min. erzielt.
Eine Verlängerung der Glühdauer bei dieser Temperatur führt zu einer Verringerung
des BH
2-Effektes. Auch hier ist das Dressieren vor dem vorzeitigen Glühen für die Größe des
BH
2-Effektes eher schädlich.
[0037] Die in
Figur 3 dargestellten Ergebnisse für die Stahlgüte ZStE340 verdeutlicht, dass für diesen
Fall das Dressieren vor dem kurzzeitigen Glühen, jedenfalls für mittlere Glühtemperaturen
günstig ist. Bei der niedrigen Glühtemperatur von 200 °C bildet sich ein Maximum bei
der Glühtemperatur von 2 Min. für den 1 x dressierten Stahl aus. Für kürzere und längere
Glühdauern geht der BH
2-Effekt sogar auf O zurück.
[0038] Die
Figuren 4 bis
6 verdeutlichen die Abhängigkeit des BH-Wertes von dem Grad der vorherigen Reckung
des Materials. In allen Fällen stellt sich ein mehr oder weniger deutlich ausgeprägtes
Maximum bei etwa 2 % Reckgrad ein, während herkömmliche Bake-Hardening-Stähle einen
mit zunehmenden Reckgrad abfallenden BH-Wert aufweisen.
[0039] Figur 4 zeigt die Ergebnisse für undressierte Proben der Güten ZSt220i, St14 und ZSt340,
die 5 Min. bei 500 °C geglüht und in Abhängigkeit von der Stahlgüte beim Dressieren
zwischen 0,5 und 1 % verformt worden sind. Die Bake-Hardening-Glühung hat gemäß den
Prüfvorschriften bei 170° für 20 Min. stattgefunden.
[0040] Die in
Figur 5 dargestellten Ergebnisse beziehen sich auf die gleichen Stähle mit gleichen Dressiergraden,
wobei jedoch die kurzfristige Glühung bei 500 °C für eine Glühdauer von 15 Min. vorgenommen
worden ist.
[0041] Die in
Figur 6 dargestellten Ergebnisse betreffen die in gleicher Weise behandelten Stahlgüten,
die bei 700 °C für 5 Min. geglüht worden sind. Auffallend ist dabei das hohe Bake-Hardening-Potential
für die isotrope Stahlgüte ZStE220i, die mit einem Verformungsgrad zwischen 2 und
3 % vorgereckt worden ist.
[0042] In
Figur 7 ist für die drei Stahlgüten die Summe aus der Verformungsverfestigung (Work-Hardening
WH) und der Bake-Hardening-Verfestigung (BH) in Abhängigkeit vom Reckgrad angegeben.
Während herkömmliche Bake-Hardening-Stahlgüten eine im Wesentlichen konstante Summe
des Streckgrenzenanstiegs über die unterschiedlichen Reckgrade zeigen, weisen die
erfindungsgemäßen Stahlsorten einen mit dem Reckgrad wachsenden Streckgrenzenanstieg
auf. Die erfindungsgemäß behandelten Stähle unterscheiden sich daher in ihren mechanischen
Eigenschaften erkennbar von den herkömmlich produzierten Bake-Hardening-Stählen.
[0043] Die
Figuren 8 bis
10 verdeutlichen den Verlauf der Work-Hardening-Kurve und der Bake-Hardening-Kurve in
Abhängigkeit vom Vordehnungsgrad für die Stahlsorten St 15 (Figur 8), ZStE 220i (Figur
9) und ZStE 340 (Figur 10). Während der reine Bake-Hardening-Effekt mit zunehmender
Vordehnung eher wieder abnimmt, nimmt der Work-Hardening-Effekt überproportional zu,
woraus sich die ansteigende Summenkurve für den erfindungsgemäßen Stahl ergibt.
[0044] Figur 11 verdeutlicht die Abhängigkeit der Summe des Streckgrenzenanstiegs von den Glühtemperaturen
und den Glühdauern. Für alle Stahlsorten wird der höchste Streckgrenzenanstieg bei
der höchsten (zulässigen) Glühtemperatur von ca. 700 °C bei langer Glühdauer (5 Min.)
erzielt. Eine weitere Erhöhung der Glühtemperatur ist nicht möglich, da der A
1-Wert (ca. 720 °C) während des Glühvorganges nicht überschritten werden darf. Eine
Überschreitung der A
1-Temperatur würde Umwandlungen verursachen, die die Eigenschaften des Stahls negativ
verändern würden.
[0045] In
Tabelle 2 sind die wesentlichen mechanischen Werte für erfindungsgemäß behandelte Stähle mit
BH
2-Effekt verglichen mit den mechanischen Eigenschaften der Stahlsorten, wie sie in
der Euronorm EN 10 130, in einem Werkstoffblatt W5/94 der Anmelderin oder in den Stahleisenwerkstoffblättern
SEW 093 und SEW 094 dargestellt sind.
[0046] Alle Prozentangaben betreffen Gew.%.

1. Verfahren zur Herstellung eines kaltgewalzten, gut verformbaren Bandes oder Bleches
aus Stahl, das nach einem Warmwalzen, Aufhaspeln und Kaltwalzen einem rekristallisierenden
Glühen und ggf. einem Dressiervorgang unterzogen wird und ein Bake-Hardening-Potential
nach einer anschließenden Verformung und für eine anschließende Temperaturbehandlung
aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass das rekristallisierende Glühen in einem Haubenofen im Bund durchgeführt wird und
dass das Band oder Blech nach dem rekristallisierenden Glühen von einer Temperatur
T mit 200° C ≤ T ≤ A1 einer Abkühlung mit einer Abkühlgeschwindigkeit ≥ 1° C/s unterzogen wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Temperatur T≥ 450 ° C ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Band nach dem rekristallisierenden Glühen im Bund auf ≤ 150 °C abgekühlt und
anschließend durch Wiedererwärmung des abgehaspelten Bandes einem kurzzeitigen Glühen
mit der Temperatur T für eine Glühdauer ≤ 20 Min. unterzogen wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Glühdauer des kurzzeitigen Glühens zwischen 2 Min. und 5 Min. gewählt wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Abkühlung von der Temperatur T mit einer Abkühlgeschwindigkeit ≥ 2° C/s vorgenommen
wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Band oder Blech vor dem kurzzeitigen Glühen dressiert wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Band oder Blech nach dem kurzzeitigen Glühen dressiert wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass eine Feuerverzinkung des Bleches oder Bandes als Teil des kurzzeitigen Glühens benutzt
wird.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass ein Stahl mit C-Gehalt ≥ 0,02 % verwendet wird.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, gekennzeichnet durch die Verwendung einer Stahlsorte, die aus den Stahlsorten St12 bis St15, ZStE und
ZStEi ausgewählt worden ist.
11. Gut verformbares, kaltgewalztes Band oder Blech , herstellbar nach dem Verfahren nach
einem der Ansprüche 1 bis 9, mit einem Bake-Hardening-Potential nach einer anschließenden
Verformung und für eine anschließende Temperaturbehandlung sowie mit einem C-Gehalt
≥ 0,02 % und mit Zementitausscheidungen in der Matrix und an den Korngrenzen.
12. Band oder Blech nach Anspruch 11, hergestellt aus einem Stahl der Stahlsorte St12,
St13, St14 oder St15.
13. Band oder Blech nach Anspruch 11, hergestellt aus einem Stahl der Stahlsorte ZStEi.
14. Band oder Blech nach Anspruch 11, hergestellt aus einem Stahl der Stahlsorte ZStE.
15. Band oder Blech nach einem der Ansprüche 11 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass es eine feuerverzinkte Oberfläche aufweist.
16. Band oder Blech nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, dass es nach der Feuerverzinkung der Oberfläche dressiert ist.
17. Einbrennlackiertes Blech, hergestellt aus einem Band oder Blech nach einem der Ansprüche
11 bis 16, mit einer durch das Einbrennlackieren deutlich erhöhten Streckgrenze.