[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Formteilen aus pyrotechnischen
Treibsätzen mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 sowie ein Verfahren
zur Herstellung eines strangförmigen Gasgenerators mit einem solchen Formteil mit
den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 11. Die Erfindung ist ferner auf einen
nach diesem Verfahren hergestellten Gasgenerator gerichtet.
[0002] Polymergebundene Treibsätze finden als kompakte oder poröse Formkörper seit langem
Verwendung als verbrennbare Hülsen, hülsenlose Munition, Kompaktmunition, Gasgeneratoren
oder dergleichen. Als Polymermatrix werden hierbei wegen ihrer guten mechanischen
Eigenschaften vor allem thermoplastische oder thermoelastische Komponenten, z. B.
Copolymere oder Wachse, aber auch durch Polyaddition erhaltene Duroplaste eingesetzt.
[0003] Die JP 02-719 986 A beschreibt ein Verfahren zur Herstellung eines pyrotechnischen
Treibsatzes mit hoher Abbrandgeschwindigkeit aus einem Explosivstoff, z.B. HMX, und
einem duroplastischen Polymerbinder auf der Basis von Polyurethanharzen. Die flüssigen
Ausgangsstoffe des Polymerbinders (Dialkohole und Diisocyanate) werden mit dem Explosivstoff
sowie Zusatzstoffen bei Unterdruck und etwa 60°C gemischt und gegossen. Anschließend
wird der Treibsatz bei etwa 60°C über sechs Tage ausgehärtet.
[0004] Der JP 11-228 279 A ist ein Verfahren zur Herstellung eines Treibsatzes für Feuerwerkskörper
mit verminderter Empfindlichkeit gegen mechanische Beanspruchung entnehmbar. Es wird
eine erste Mischung aus einem Härter, einem flüssigen Kautschukprekursor und einem
Färbemittel hergestellt. Dieser Mischung wird ein Oxidator zugesetzt und die auf diese
Weise erhaltene zweite Mischung gegossen und unter Bildung einer duroplastischen Polymermatrix
ausgehärtet.
[0005] In der US 5 939 990 A geht es um einen Anzündmechanismus für Airbags mit einem Treibsatz
aus in duroplastische Kunstharze eindispergierten Explosivstoffen. Die Herstellung
des Treibsatzes geschieht durch Mischen flüssiger Kunstharze, z.B. Epoxyharze, mit
einem pyrotechnischen Material und Aushärten der Mischung unter UV-Strahlung.
[0006] Nachteilig beim Einsatz duroplastischer Polymerbinder ist insbesondere die Unmöglichkeit
einer nachträglichen Umformung, so daß im Falle eines herstellungsbedingten Ausschusses
die mangelhaften Formteile nicht rezykliert bzw. wiederverwertet werden können, sondern
entsorgt werden müssen, was aufgrund der in der Regel toxischen Treib- und Explosivstoffe
umweltbelastend und teuer ist. Auch die Herstellung von Treibsatz-Formteilen mit duroplastischer
Polymermatrix ist in zweierlei Hinsicht aufwendig und teuer. Einerseits führen die
verhältnismäßig langen Aushärtungszeiten zu einem großen Platz- und Materialbedarf,
so daß z.B. stets eine große Anzahl von Gießformen bereitgestellt werden muß. Andererseits
sind die eingesetzten Mono- oder Dimere in der Regel gesundheitsschädlich und erfordern
aufgrund ihrer hohen Flüchtigkeit weitere Sicherheitsmaßnahmen. Schließlich ist die
Lagerung und der Transport solcher flüssiger Komponenten aufwendiger und teurer als
bei zumeist partikel- oder granulatförmigen thermoplastischen Polymeren.
[0007] Die Vorteile eines thermoplastischen oder thermoelastischen Polymerbinders liegen
hingegen einerseits in der einfachen und schnellen Formgebung mittels beliebiger bekannter
thermoplastischer Verarbeitungsverfahren, wie Extrudieren, Spritzgießen, Pressen etc.,
soweit sie den hohen Sicherheitsanforderungen genügen, andererseits ist bei Bedarf
eine nachträgliche Umformung möglich.
[0008] Ein spezielles Anwendungsgebiet von Formteilen dieser Art findet sich bei schlauchförmigen
Gasgeneratoren, welche beispielsweise als Zündschnur oder als Gasgenerator für Airbags
Verwendung finden. Derartige Gasgeneratoren sind z. B. aus DE-PS 1 771 851 und US
4 220 087 A bekannt. Sie bestehen aus einer schlauchförmigen Hülle, einer an deren
Innenseite angeordneten Beschichtung aus einem Anzündmittel und einem den Kern des
Gasgenerators bildenden Formteil aus einem pyrotechnischen Treibsatz, wobei zwischen
der Hülle und dem Formteil durchgehende Gaskanäle ausgespart sind. Die bekannten Gasgeneratoren
zeichnen sich durch hohe Abbrandgeschwindigkeiten aus. Mit einer Zündpille oder dergleichen
wird eine den Gaskanal durchlaufende Stoßwelle erzeugt. Durch die Stoßwelle wird der
Treibsatzkern gezündet, der das gewünschte Gas liefert. Die auf der Innenseite der
Hülle angeordnete Beschichtung mit dem Anzündmittel dient zur Aufrechterhaltung der
Stoßwelle und damit zur Reaktion des Treibsatzes und gewährleistet einen vollständigen
Abbrand desselben. Die den Treibsatz umgebenden Hülle verhindert beim Zünden desselben
jede nennenswerte Einwirkung der im Innern des Gasgenerators laufenden Druckwelle
auf die Umgebung. Sie schützt den Gasgenerator ferner vor äußeren Einflüssen.
[0009] Ein Nachteil von Formteilen aus pyrotechnischen Treibsätzen mit einem thermoplastischen
oder thermoelastischen Polymerbinder besteht jedoch in der für viele Verwendungszwecke
unzureichenden Temperaturbeständigkeit. So sind aus Gründen einer kostengünstigen
und schnellen Verarbeitbarkeit einerseits Polymerbinder mit einer möglichst niedrigen
Erweichungstemperatur erwünscht, während andererseits eine Temperaturbeständigkeit
der fertigen Formteile von wenigstens 130°C gefordert wird. Entsprechendes gilt auch
für strangförmige Gasgeneratoren der vorgenannten Art, deren Hülle aus Polymeren besteht,
die zur Erhöhung der mechanischen Festigkeit mit Verstärkungsfasern versetzt sein
können.
[0010] Die DE 35 35 281 C2 beschreibt ein gattungsgemäßes Verfahren zur Herstellung eines
thermoplastgebundenen Treibsatzes durch Extrusion, wobei der Polymerbinder innerhalb
des Extruders mittels UV/VIS- oder Röntgenstrahlung vernetzt wird. Die Steuerung der
Strahlungsenergie geschieht in Abhängigkeit von dem Druckverlauf in einem endständigen
Verdichtungsbereich des Extruders. Die Strahlung wird über strahlungsdurchlässige
Wandsegmente des Extruders in das Plastifikat eingekoppelt. Ein Extruder zur Durchführung
eines solchen Verfahrens ist ferner der DE 34 12 410 A1 entnehmbar.
[0011] Nachteilig ist, daß bei dem bekannten Verfahren allenfalls eine geringfügige Vernetzung
des Treibsatz-Formteils erreicht wird, da das Plastifikat hinreichend plastisch bleiben
muß, um mittels der Extruderschnecke in Richtung der Austrittsöffnung gefördert werden
zu können. Auch im Falle einer Einkopplung der Strahlung in einem hinter der Extruderschnecke
angeordneten Gehäuseabschnitt des Extruders ist eine hinreichende Vernetzung des Polymerbinders,
welche dem Formteil die erwünschte Temperaturbeständigkeit verleihen könnte, nicht
möglich, da aufgrund des Vorschubs der Extruderschnecke die Bestrahlungsdauer zu kurz
ist, um bei einer hinreichenden Plastizität beim Austritt aus der Extruderdüse eine
hinreichende Vernetzung des Polymerbinders sicherzustellen. Im Falle eines Einsatzes
von die Vernetzung beschleunigenden Initiatoren, welche durch die Strahlung, z.B.
unter Bildung von Radikalen, aktiviert werden, ist eine Steuerung der Vernetzung nicht
möglich, da die durch die Aktivierung der Initiatoren einmal ausgelöste Vernetzungsreaktion
nicht mehr gestoppt werden kann. Ferner besteht die Gefahr einer Beeinträchtigung
des Abbrandes. Überdies ist auch hier eine Wiederverwertung von Formteilen, die den
Qualitätsanforderungen nicht genügen, je nach Vernetzungsgrad des Polymerbinders nicht
oder nur bedingt möglich und bestehen insoweit dieselben Probleme wie beim Einsatz
duroplastischer Kunstharze.
[0012] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art
dahingehend weiterzubilden, daß es unter Vermeidung der vorgenannten Nachteile eine
einfache und kostengünstige Herstellung von Formteilen aus pyrotechnischen Treibsätzen
bzw. solche enthaltenden Gasgeneratoren mit einer gegenüber dem Stand der Technik
erhöhten Temperaturbeständigkeit ermöglicht.
[0013] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe bei einem Verfahren der eingangs genannten Art
dadurch gelöst, daß die Strahlungsenergie zur Vernetzung des Polymerbinders in das
fertige Formteil mit dem Treibsatz eingekoppelt wird.
[0014] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren werden die Formteile durch bekannte Formgebungsprozesse,
z. B. thermoplastische Verarbeitungsverfahren, wie Extrudieren, Pressen, Spritzgießen
oder dergleichen, oder auch im Lösungsmittelverfahren vorgeformt, wobei insbesondere
im Falle eines Plastifizierens des Polymerbinders ein Binder mit einer niedrigen Plastifizierungstemperatur
gewählt werden kann. Anschließend wird dann der im fertigen Formteil vorhandene Polymerbinder
unter Einsatz von Strahlung vernetzt, um die Temperaturbeständigkeit des Formteils
zu erhöhen. So wird auf einfache und kostengünstige Weise die geforderte Maßhaltigkeit
der erzeugten Formteile auch bei verhältnismäßig hohen Temperaturen sichergestellt.
Durch den von dem eigentlichen Formgebungsprozeß getrennten nachträglichen Vernetzungsprozeß
ist einerseits der Einsatz von Polymerbindern mit niedriger Plastifizierungstemperatur
möglich, andererseits können je nach Art und Intensität der eingesetzten Strahlung
die gewünschten elastischen Eigenschaften der Formteile innerhalb gewisser Grenzen
aufrechterhalten werden. Ferner ist eine Wiederverwertung der im thermoplastischen
oder lösungsmittelhaltigen Formgebungsprozeß anfallenden Abfälle möglich, wie beispielsweise
solcher, bislang als Ausschuß anfallender Formteile, die den geforderten Qualitätsansprüchen
nicht genügen. Das erfindungsgemäße Verfahren erfordert überdies keinerlei zusätzliche
Initiatoren oder Vernetzungsmittel und ermöglicht eine breite Steuerung des Vernetzungsgrades
in Abhängigkeit der Strahlungsintensität, -art oder -dauer, ohne die Zusammensetzung
der Ausgangsmischung zu verändern.
[0015] Die Vernetzung des Polymerbinders des Formteils kann z. B. mittels β-Strahlung (Elektronenstrahlung),
oder mittels elektromagnetischer Strahlung erfolgen, wobei insbesondere der Einsatz
hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung mit einer Frequenz zwischen 10
6 Hz (Mikrowellenstrahlung) und 10
22 Hz (γ-Strahlung) zweckmäßig ist.
[0016] Das fertige Formteil wird zweckmäßig zwischen 3 und 20 Minuten, insbesondere zwischen
5 und 15 Minuten bestrahlt, um je nach eingesetztem Polymerbinder eine homogene Vernetzung
desselben sicherzustellen.
[0017] Wie bereits angedeutet, wird bevorzugt der Vernetzungsgrad durch die Strahlungsintensität,
die Strahlungsart und/oder die Bestrahlungsdauer gesteuert, so daß eine gezielte Einstellung
der thermischen und mechanischen Eigenschaften des Formteils über die vorgenannten
Parameter der eingesetzten Strahlung bzw. über die Strahlungsdosis möglich ist. Im
Gegensatz zum Einsatz von die Vernetzung aktivierenden Initiatoren geschieht erfindungsgemäß
also eine Vernetzung des Polymerbinders nur dann, solange eine Strahlungsexposition
des Formteils stattfindet. Auf diese Weise ist es möglich, einem aus ein und derselben
Ausgangsmischung hergestellten Formteil die individuell gewünschte Temperaturbeständigkeit
zu verleihen, wobei letztere in weiten Bereichen variert werden kann. Die Strahlungsdosis
wird z. B. zweckmäßig zwischen ca. 200 kGy und 300 kGy variiert.
[0018] Vorzugsweise werden Doppelbindungen aufweisende Polymerbinder eingesetzt und diese
unter Einsatz von Strahlung intermolekular miteinander vernetzt, wobei durch die Auswahl
des eingesetzten Polymerbinders bzw. die Anzahl seiner Doppelbindungen der gewünschte
Vernetzungsgrad vorgegeben werden kann. Durch die Strahlungsvernetzung der Doppelbindungen
wird ferner die Alterungsbeständigkeit des Polymerbinders gegen oxidativen Abbau der
Polymerketten erhöht. Grundsätzlich ist selbstverständlich auch eine radikalische
Vernetzung eines gesättigten Polymerbinders durch Einkopplung von Strahlungsenergie
in das Formteil mit dem Treibsatz möglich, wobei dann einer möglichen Zersetzung des
jeweiligen Treib-, Explosivstoffs bzw. Oxidators Rechnung getragen werden muß.
[0019] In Weiterbildung ist vorgesehen, daß Zusatzstoffe, wie Verarbeitungshilfsmittel oder
dergleichen, zugesetzt und diese zumindest teilweise unter Einsatz von Strahlung mit
dem Polymerbinder vernetzt werden. Auf diese Weise können die zur Einstellung der
gewünschten Werkstoffeigenschaften gegebenenfalls erforderlichen Verarbeitungshilfsmittel,
wie Weichmacher etc., mit dem Polymerbinder vernetzt werden, um eine Migration derselben
aus dem Binder und eine damit verbundene mögliche Beeinträchtigung der Abbrandeigenschaften
des pyrotechnischen Treibsatzes zuverlässig zu vermeiden.
[0020] In bevorzugter Ausführung ist vorgesehen, daß der Polymerbinder aus der Gruppe Polyolefine,
insbesondere Polyethylen und/oder Polypropylen und/oder deren Derivate, Polyamide,
Polyester, Polyether, Polytetrahydrofurane, Alkylenvinylacetate, insbesondere Ethylenvinylacetate,
Cellulose und/oder deren Derivate, Copolymere aus den vorgenannten Komponenten gewählt
wird. Von vorrangigem Interesse sind insbesondere thermoplastische Elastomere, wie
Triblockcopolymere aus Styrol/Butadien/Styrol (SBS), Styrol/Isopren/Styrol (SIS),
Styrol/Isopren/Butadien/Styrol (SIBS), Styrol/Ethylen/Butadien/Styrol (SEBS) etc.
[0021] Das Massenverhältnis der Treib-, Explosivstoffe und/oder Oxidatoren bezogen auf den
Polymerbinder wird zweckmäßig zwischen 50:50 und 95:5, vorzugsweise zwischen 75:25
und 90:10, eingestellt.
[0022] Bei einem Verfahren zur Herstellung eines strangförmigen Gasgenerators mit einer
schlauchförmigen Hülle aus wenigstens einem gegebenenfalls faserverstärkten Polymer
und wenigstens einem innenseitig der Hülle angeordneten Formteil aus einem pyrotechnischen
Treibsatz, indem Treib-, Explosivstoffe und/oder Oxidatoren mit wenigstens einem thermoplastischen
und/oder thermoplastischen Polymerbinder in plastifizierter oder gelöster Form gemischt,
die Mischung zu dem Formteil geformt und das Formteil unter Bildung zumindest eines
zwischen Hülle und Formteil angeordneten durchgehenden Gaskanals in der Hülle angeordnet
wird, sieht die Erfindung vor, daß in das fertige Formteil mit dem Treibsatz Strahlungsenergie
zur Vernetzung des Polymerbinders eingekoppelt wird.
[0023] In Weiterbildung ist vorgesehen, daß der Polymerbinder des Formteils zugleich mit
dem Polymer der Hülle durch Einkopplung von Strahlungsenergie vernetzt wird, wobei
auch in diesem Fall vorzugsweise β-Strahlung oder elektromagnetische Strahlung, insbesondere
mit einer Frequenz zwischen 10
6 Hz und 10
22 Hz, eingesetzt wird. Während alternativ selbstverständlich auch ein bereits vernetztes
Formteil aus einem thermoplastischen und/oder thermoelastischen Polymerbinder mit
in diesen eindispergierten Treib-, Explosivstoffen und/oder Oxidatoren in der Hülle
des Gasgenerators angeordnet werden kann, besteht der Vorteil einer gemeinsamen Vernetzung
von Polymerbinder des Formteils mit dem Treibsatz und Polymer der Hülle darin, in
einem einzigen Verfahrensschritt sowohl die Temperaturbeständigkeit des Formteils
als auch der Hülle signifikant zu verbessern, was mit einer erheblichen Kostenersparnis
einhergeht.
[0024] In vorteilhafter Ausführung werden einerseits für den Polymerbinder des Formteils,
andererseits für das Polymer der Hülle Doppelbindungen aufweisende Polymere eingesetzt
und diese unter Einsatz von Strahlung intermolekular miteinander vernetzt. Sowohl
dem Polymerbinder des Formteils als auch dem Polymer der Hülle zugesetzte Zusatzstoffe,
wie Verarbeitungshilfsmittel oder dergleichen, können zweckmäßig mit der jeweiligen
Polymermatrix unter Einsatz von Strahlung vernetzt werden, so daß ein Austreten derselben
aus der Polymermatrix zuverlässig vermieden wird.
[0025] Als Treib-, Explosivstoffe bzw. Oxidatoren kommen beliebige bekannte Vertreter derselben
in Frage, z. B. Hexogen (Cyclotrimethylentrinitramin, RDX), Oktogen (Cyclotetramethylentetranitramin,
HMX), Nitrotriazol (NTO), Nitroguanidin (NQ), Nitropenta (Pentaerythritoltetranitrat,
PETN), Triaminoguanidinnitrat (TAGN), Amino- und/oder Nitrobenzole bzw. -toluole,
wie 2,4,6-Trinitrotoluol (TNT) oder dergleichen, Ammoniumnitrat, Natriumnitrat, Kaliumnitrat,
Ammoniumperchlorat, Kaliumperchlorat etc.
[0026] Die Erfindung betrifft schließlich auch einen Gasgenerator mit einer schlauchförmigen
Hülle aus wenigstens einem gegebenenfalls faserverstärkten Polymer und wenigstens
einem innenseitig der Hülle angeordneten Formteil aus einem pyrotechnischen Treibsatz
mit wenigstens einem thermoplastischen und/oder thermoelastischen Polymerbinder und
in diesen eingemischten Treib-, Explosivstoffen und/oder Oxidatoren, wobei das Formteil
unter Bildung zumindest eines zwischen Hülle und Formteil angeordneten durchgehenden
Gaskanals in der Hülle angeordnet ist. Ein solcher Gasgenerator zeichnet sich erfindungsgemäß
dadurch aus, daß der Polymerbinder des Formteils und vorzugsweise auch das Polymer
der Hülle unter Einsatz von Strahlung vernetzt sind, um die Temperaturbeständigkeit
derselben zu erhöhen. Selbstverständlich kann im Falle einer Hülle aus einem thermoplastischen
Polymer mit einer gegenüber dem vernetzten Polymerbinder des Formteils höheren Plastifizierungstemperatur
oder einer Hülle aus einem duroplastischen Polymer, Keramik, Metall oder dergleichen
auch lediglich der Polymerbinder des den Kern des Gasgenerators bildenden Formteils
aus einem pyrotechnischen Treibsatz vernetzt sein.
[0027] Im Falle eines Einsatzes von Zusatzstoffen, wie Verarbeitungshilfsmitteln oder dergleichen,
sind diese mit Vorteil zumindest teilweise mit dem Polymerbinder und/oder dem Polymer
der Hülle vernetzt.
[0028] Nachstehend ist die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert.
Beispiel 1:
[0029] Zur Herstellung eines Formteils aus einem pyrotechnischen Treibsatz mit 70 Mass.-%
Ammoniumperchlorat, 10 Mass.-% Zusatzstoffen, z. B. Weichmachern, Pigmenten etc.,
und 20 Mass.-% eines Polymerbinders aus einem Blockcopolymer (Styrol-Copolymer auf
der Basis von SEBS, Kraton® D1161, Shell) wird der Polymerbinder plastifiziert und
mit dem Ammoniumperchlorat und den Zusatzstoffen vermischt. Die Mischung wird zu dem
Formteil extrudiert, gepreßt oder spritzgegossen. Anschließend wird das fertige Formteil
mit einer Strahlungsdosis von 165 kGy etwa 10 min bestrahlt, um die Polymermatrix
zu vernetzen. Hierbei wird die durch thermisch/mechanische Analyse ermittelte 50%-Erweichungstemperatur
von 110°C auf 230°C erhöht.
Beispiel 2:
[0030] Zur Herstellung eines Formteils aus einem pyrotechnischen Treibsatz mit 70 Mass.-%
Ammoniumperchlorat, 10 Mass.-% Zusatzstoffen und 20 Mass.-% eines Polymerbinders,
bestehend aus 60 Mass.-% des Blockcopolymers gemäß Beispiel 1 und 40 Mass.-% eines
vollhydrierten Kolophoniumharzes (Regalite® R1010, Herkules), wird der Polymerbinder
plastifiziert und mit dem Ammoniumperchlorat und den Zusatzstoffen vermischt. Die
Mischung wird zu dem Formteil extrudiert, gepreßt oder spritzgegossen. Anschließend
wird das fertige Formteil mit einer Strahlungsdosis von 165 kGy etwa 10 min bestrahlt,
um die Polymermatrix zu vernetzen. Hierbei wird die durch thermisch/ mechanische Analyse
ermittelte 50%-Erweichungstemperatur von 83°C auf 112°C erhöht.
Beispiel 3:
[0031] Zur Herstellung eines Formteils aus einem pyrotechnischen Treibsatz mit 35 Mass.-%
Ammoniumperchlorat und 35 Mass.-% Natriumnitrat, 10 Mass.-% Zusatzstoffen und 20 Mass.-%
eines Polymerbinders aus einem Polyetherblockamid mit Polyamid- und Polyethersegmenten
(PEBAX®, Elf Atochem) wird der Polymerbinder plastifiziert und mit dem Ammoniumperchlorat,
dem Natriumnitrat und den Zusatzstoffen vermischt. Die Mischung wird zu dem Formteil
extrudiert, gepreßt oder spritzgegossen. Anschließend wird das fertige Formteil mit
einer Strahlungsdosis von 165 kGy etwa 10 min bestrahlt, um die Polymermatrix zu vernetzen.
Hierbei wird die durch thermisch/ mechanische Analyse ermittelte 50%-Erweichungstemperatur
von 110°C auf 250°C erhöht.
Beispiel 4:
[0032] Zur Herstellung eines Formteils aus einem pyrotechnischen Treibsatz mit 35 Mass.-%
Kaliumperchlorat, 35 Mass.-% Kaliumnitrat, 10 Mass.-% Zusatzstoffen und 20 Mass.-%
eines Polymerbinders aus einem Ethylen-Vinylacetat-Copolymer (EVA®, Elf Atochem) wird
der Polymerbinder plastifiziert und mit dem Kaliumperchlorat, dem Kaliumnitrat und
den Zusatzstoffen vermischt. Die Mischung wird zu dem Formteil extrudiert, gepreßt
oder spritzgegossen. Anschließend wird das fertige Formteil mit einer Strahlungsdosis
von 165 kGy etwa 10 min bestrahlt, um die Polymermatrix zu vernetzen. Hierbei wird
die durch thermisch/mechanische Analyse ermittelte 50%-Erweichungstemperatur von 80°C
auf 130°C erhöht.
[0033] Nachstehend ist die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels unter Bezugnahme
auf die Zeichnung näher erläutert. In der Zeichnung zeigen:
- Fig. 1
- eine perspektivische Ansicht eines Formteils aus einem pyrotechnischen Treibsatz und
- Fig.2
- eine Schnittansicht eines Gasgenerators mit einem von dem Formteil gemäß Fig. 1 gebildeten
Treibsatz.
[0034] Fig. 1 zeigt ein z. B. mittels eines Verfahrens gemäß Beispiel 1 bis 4 hergestelltes
Formteil 1 aus einem pyrotechnischen Treibsatz. Es weist im vorliegenden Ausführungsbeispiel
einen etwa kreuzförmigen Querschnitt auf. Der Polymerbinder ist unter Einsatz von
Strahlung am fertigen Formteil 1 vernetzt, was ihm im Vergleich zu einem Formteil
mit einem unvernetzten, aber ansonsten identischen Polymerbinder eine erhöhte Temperaturbeständigkeit
verleiht.
[0035] In Fig. 2 ist ein strangförmiger Gasgenerator dargestellt, dessen Treibsatz von dem
Formteil 1 gemäß Fig. 1 gebildet ist und welcher z. B. als Zündschnur oder als Gasgenerator
für Gaskissen (Airbags) Verwendung findet. Der Treibsatz 1 besteht aus einer nicht
detonierenden Mischung aus partikulären Treib-, Explosivstoffen und/oder Oxidatoren
und einem vernetzten Polymerbinder. Der Gasgenerator weist eine den Treibsatz 1 umgebende
Folie 2 auf, die an ihrer dem Treibsatz 1 zugewandten Seite mit einem Anzündmittel
beschichtet ist. Die Folie 2 ist von einer schlauchförmigen Hülle 3 aus einer vernetzten
Polymermatrix umgeben, die mit Verstärkungsfasern versetzt sein kann. Durch den etwa
kreuzförmigen Querschnitt des Treibsatzes 1 sind im Innern der Hülle 3 durchgängige
Gaskanäle 4 für die beim Zünden des Gasgenerators erzeugte Stoßwelle gebildet.
[0036] Zur Herstellung des Gasgenerators wird die Hülle 3 beispielsweise extrudiert und
abgelängt. Anschließend wird eine Folienbahn 2 mit einem Klebstoffilm beschichtet
und ein feinpartikuläres Anzündmittel aufgebracht. Der Treibsatz 1 wird auf die mit
dem Anzündmittel beschichtete Seite der Folienbahn 2 aufgelegt und mit der Folienbahn
unter Bildung eines den Treibsatz umschließenden und die Gaskanäle 4 bildenden Hohlzylinders
umhüllt, wobei die Längsränder der Folie 2 miteinander verbunden, z. B. verklebt werden.
Sodann wird der Treibsatz 1 mit der Folie 3 in der schlauchförmigen Hülle 3 angeordnet
und endseitig fixiert. Schließlich werden sowohl der Polymerbinder des Treibsatzes
1 als auch die Polymermatrix der Hülle mittels Elektronenstrahlen oder hochfrequenter
elektromagnetischer Strahlung vernetzt. Alternativ kann der Treibsatz 1 auch unmittelbar
in der insbesondere innenseitig mit einem Anzündmittel beschichteten Hülle 3 angeordnet
und der derart gebildete Gasgenerator anschließend bestrahlt werden.
1. Verfahren zur Herstellung von Formteilen (1) aus pyrotechnischen Treibsätzen, indem
Treib-, Explosivstoffe und/oder Oxidatoren mit wenigstens einem thermoplastischen
und/oder thermoelastischen Polymerbinder in plastifizierter oder gelöster Form gemischt
und die Mischung zu dem Formteil (1) geformt wird, wobei der Polymerbinder unter Einsatz
von Strahlungsenergie vernetzt wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Strahlungsenergie zur Vernetzung des Polymerbinders in das fertige Formteil (1)
mit dem Treibsatz eingekoppelt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Polymerbinder des Formteils (1) mittels β-Strahlung vernetzt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Polymerbinder des Formteils (1) mittels elektromagnetischer Strahlung vernetzt
wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Frequenz der elektromagnetischen Strahlung zwischen 106 Hz und 1022 Hz gewählt wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das fertige Formteil zwischen 3 und 20 min bestrahlt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß das fertige Formteil zwischen 5 und 15 min bestrahlt wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Vernetzungsgrad durch die Strahlungsintensität und/oder die Strahlungsart und/oder
die Bestrahlungsdauer gesteuert wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß Doppelbindungen aufweisende Polymerbinder eingesetzt und diese unter Einsatz von
Strahlung intermolekular miteinander vernetzt werden.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß Zusatzstoffe, wie Verarbeitungshilfsmittel oder dergleichen, zugesetzt und diese
zumindest teilweise unter Einsatz von Strahlung mit dem Polymerbinder vernetzt werden.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß der Polymerbinder aus der Gruppe Polyolefine, insbesondere Polyethylen und/oder Polypropylen
und/oder deren Derivate, Polyamide, Polyester, Polyether, Polytetrahydrofurane, Alkylenvinylacetate,
insbesondere Ethylenvinylacetate, Cellulose und/oder deren Derivate, Copolymere aus
den vorgenannten Komponenten gewählt wird.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß ein Massenverhältnis der Treib-, Explosivstoffe und/oder Oxidatoren zu dem Polymerbinder
zwischen 50:50 und 95:5 eingestellt wird.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß ein Massenverhältnis der Treib-, Explosivstoffe und/oder Oxidatoren bezogen auf den
Polymerbinder zwischen 75:25 und 90:10 eingestellt wird.
13. Verfahren zur Herstellung eines strangförmigen Gasgenerators mit einer schlauchförmigen
Hülle (3) aus wenigstens einem gegebenenfalls faserverstärkten Polymer und wenigstens
einem innenseitig der Hülle (3) angeordneten Formteil (1) aus einem pyrotechnischen
Treibsatz, indem Treib-, Explosivstoffe und/oder Oxidatoren mit wenigstens einem thermoplastischen
und/oder thermoplastischen Polymerbinder in plastifizierter oder gelöster Form gemischt,
die Mischung zu dem Formteil (1) geformt und das Formteil (1) unter Bildung zumindest
eines zwischen Hülle (3) und Formteil (1) angeordneten durchgehenden Gaskanals (4)
in der Hülle angeordnet wird, dadurch gekennzeichnet, daß in das fertige Formteil (1) mit dem Treibsatz Strahlungsenergie zur Vernetzung des
Polymerbinders eingekoppelt wird.
14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, daß der Polymerbinder des Formteils (1) zugleich mit dem Polymer der Hülle (3) durch
Einkopplung von Strahlungsenergie vernetzt wird.
15. Verfahren nach Anspruch 13 oder 14, dadurch gekennzeichnet, daß der Polymerbinder des Formteils (1) und gegebenenfalls das Polymer der Hülle (3)
mittels β-Strahlung vernetzt wird.
16. Verfahren nach Anspruch 13 oder 14, dadurch gekennzeichnet, daß der Polymerbinder des Formteils (1) und gegebenenfalls das Polymer der Hülle (3)
mittels elektromagnetischer Strahlung vernetzt wird.
17. Verfahren nach Anspruch 16, dadurch gekennzeichnet, daß die Frequenz der elektromagnetischen Strahlung zwischen 106 Hz und 1022 Hz gewählt wird.
18. Verfahren nach einem der Ansprüche 13 bis 17, dadurch gekennzeichnet, daß Doppelbindungen aufweisende Polymerbinder und/oder Doppelbindungen aufweisende Polymere
der Hülle (3) eingesetzt werden und diese unter Einsatz von Strahlung intermolekular
miteinander vernetzt werden.
19. Verfahren nach einem der Ansprüche 13 bis 18, dadurch gekennzeichnet, daß Zusatzstoffe, wie Verarbeitungshilfsmittel oder dergleichen, zugesetzt und diese
zumindest teilweise unter Einsatz von Strahlung mit dem Polymerbinder und/oder mit
dem Polymer der Hülle (3) vernetzt werden.
20. Gasgenerator mit einer schlauchförmigen Hülle (3) aus wenigstens einem gegebenenfalls
faserverstärkten Polymer und wenigstens einem innenseitig der Hülle (3) angeordneten
Formteil (1) aus einem pyrotechnischen Treibsatz mit wenigstens einem thermoplastischen
und/oder thermoelastischen Polymerbinder und in diesen eingemischten Treib-, Explosivstoffen
und/oder Oxidatoren, wobei das Formteil (1) unter Bildung zumindest eines zwischen
Hülle (3) und Formteil (1) angeordneten durchgehenden Gaskanals (4) in der Hülle angeordnet
ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Polymerbinder des Formteils (1) strahlungsvernetzt ist.
21. Gasgenerator nach Anspruch 20, dadurch gekennzeichnet, daß das Polymer der Hülle (3) strahlungsvernetzt ist.
22. Gasgenerator nach Anspruch 20 oder 21, dadurch gekennzeichnet, daß Zusatzstoffe, wie Verarbeitungshilfsmittel oder dergleichen, zumindest teilweise
mit dem Polymerbinder und/oder dem Polymer der Hülle (3) vernetzt sind.