[0001] Die Erfindung betrifft eine Gusslegierung vom Typ AlMgSi. Im Rahmen der Erfindung
liegen auch die Verwendung der Gusslegierung für das Druckgiessen, das Rheo- und das
Thixocasting, die Verwendung der Gusslegierung zur Herstellung grossflächiger und
dünnwandiger Bauteile mit hohem Aufnahmevermögen für kinetische Energie durch plastische
Verformung sowie die Verwendung der Gusslegierung zur Herstellung eines Bauteiles
als Sicherheitsbauteil im Fahrzeugbau.
[0002] Mit modernen Giessverfahren können heute hoch belastbare Formteile auch aus Aluminiumlegierungen
hergestellt werden. Die eingesetzten Aluminiumwerkstoffe müssen allerdings eine Reihe
von Anforderungen erfüllen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Eignung eines Werkstoffes
ist die Einhaltung bestimmter mechanischer Kennwerte. So bestimmen etwa Mindestwerte
von Streckgrenze und Festigkeit die Tragfähigkeit einer Konstruktion. Im Fahrzeugbau
kommt die Anforderung hinzu, dass die bei einem Zusammenstoss deformierten Bauteile
vor dem Bruch möglichst viel Energie durch plastische Verformung absorbieren sollen,
was eine hohe Duktilität des eingesetzten Werkstoffes erfordert. Das Druckgiessverfahren,
das Rheo- und das Thixocasting ermöglichen bei hohen Stückzahlen eine kostengünstige
Herstellung dünnwandiger Gussstücke, wie sie als crashrelevante Bauteile im Automobilbau
eingesetzt werden. Dünnwandige Teile stellen hohe Anforderungen an die Giessbarkeit.
Aluminiumlegierungen, welche die an das Fliessverhalten bzw. Formfüllungsvermögen
gestellten Anforderungen erfüllen können, sind heute vor allem Legierungen mit einem
Si-Eutektikum.
[0003] Aus der EP-A-0 792 380 ist eine zum Druckgiessen, für des Rheo- und das Thixocasting
von im Fahrzeugbau eingesetzten Sicherheitsbauteilen geeignete Legierung vom Typ AlMgSiMn
bekannt. Die Legierung weist gegenüber der dem quasi-binären Eutektikum entsprechenden
Zusammensetzung einen Magnesiumüberschuss auf. Durch den hohen Anteil an Mangan wird
das Kleben in der Form vermieden und eine gute Entformbarkeit gewährleistet. Daneben
weist die Legierung einen sehr geringen Eisengehalt auf.
[0004] Bauteile mit teilweise geringen Wandstärken, wie sie beispielsweise als Strukturbauteile
im Automobilbau eingesetzt werden, verziehen sich beim schroffen Abschrecken mit Wasser
und müssen daher nachträglich aufwendigen Richtoperationen unterzogen werden. Zudem
kann eine hohe Lösungsglühtemperatur infolge einer Restgasporosität zu Blasenbildung
an der Oberfläche der Bauteile führen. Zur Herstellung von Bauteilen der genannten
Art durch Druckgiessen, Rheo- und Thixocasting wurde deshalb nach Möglichkeiten gesucht,
die geforderten minimalen Festigkeits- und Dehungswerte auch ohne Durchführung einer
Hochtemperaturglühung mit nachfolgender Wasserabschreckung zu erzielen.
[0005] Für crashrelevante Bauteile im Automobilbau wird der Schwerpunkt auf die Duktilität,
also auf das Verformungsvermögen und auf den duktilen Bruch, ausgedrückt durch die
Bruchdehnung, gelegt. Die Festigkeit, ausgedrückt durch die Streckgrenze, kann dabei
relativ tiefe Werte annehmen.
[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Aluminiumlegierung anzugeben, mit
welcher eine hohe Bruchdehnung bei ausreichender Streckgrenze auch ohne Durchführung
einer Hochtemperaturglühung nachfolgender Wasserabschreckung erreicht werden kann.
[0007] Zur erfindungsgemässen Lösung der Aufgabe führt eine Gusslegierung vom Typ AlMgSi,
welche
Magnesium |
3,0 bis 7,0 Gew.-% |
Silizium |
1,7 bis 3,0 Gew.-% |
Mangan |
0,2 bis 0,48 Gew.-% |
Eisen |
0,15 bis 0,35 Gew.-% |
Titan |
max. 0,2 Gew.-% |
wahlweise noch |
|
Nickel |
0,1 bis 0,4 Gew.-% |
sowie Aluminium als Rest und herstellungsbedingte Verunreinigungen einzeln max. 0,02
Gew.-%, insgesamt max. 0,2 Gew.-% enthält, mit der weiteren Massgabe, dass Magnesium
und Silizium in der Legierung in einem Gewichtsverhältnis Mg : Si von 1,7 : 1 entsprechend
der Zusammensetzung des quasi-binären Eutektikums mit den festen Phasen A1 und Mg
2Si vorliegen, wobei die Abweichung von der exakten, dem quasi-binären Eutektikum entsprechenden
Zusammensetzung für Magnesium max. -0,5 bis +0,3 Gew.-% und für Silizium - 0,3 bis
+ 0,5 Gew.-% beträgt.
[0008] Die erfindungsgemässe Legierung führt durch die besondere Wahl des Gewichtsverhältnisses
Mg : Si zu einem für die Duktilität äusserst günstigen Ausscheidungsverhalten der
eutektischen Phase Mg
2Si, welche äusserst fein ausgebildet und gleichmässig verteilt ist, was sich letztlich
in einer gegenüber vergleichbaren Legierungen nach dem Stand der Technik verbesserten
Duktilität niederschlägt. Durch den höheren Eisengehalt kann zudem als Legierungsbasis
Aluminium von geringerer Reinheit verwendet werden, wodurch sich die Gestehungskosten
für die Legierung reduzieren. Der erhöhte Eisengehalt erlaubt es auch, den zur Verminderung
der Klebeneigung der Legierung in der Druckgiessform verwendeten Manganzusatz herabzusetzen.
Zur Erzielung optimaler mechanischer Eigenschaften sollte darauf geachtet werden,
dass die Abweichung von der exakten, dem quasi-binären Eutektikum entsprechenden Zusammensetzung
für Magnesium max. - 0,2 bis + 0,1 Gew.-% und für Silizium max.- 0,1 bis + 0,2 Gew.-%
beträgt.
[0009] Bei einer optimal zusammengesetzten Gusslegierung liegen Magnesium und Silizium in
der Legierung im wesentlichen in einem Gewichtsverhältnis Mg : Si von 1,7 : 1 entsprechend
der Zusammensetzung des quasi-binären Eutektikums vor.
[0010] Der optionale Zusatz von 0,1 bis 0,4 Gew.-% Nickel führt zu einer weiteren Verbesserung
der Ausformeigenschaften bzw. Verminderung der Klebeneigung, wodurch der Mangangehalt
der Legierung an der unteren Bereichsgrenze gehalten werden kann.
[0011] Der höhere Eisen- und ggf. Nickel-Gehalt im Vergleich zu der aus der EP-A-0 792 380
vorbekannten Legierung hat einen positiven Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften,
da die bei diesen Legierungen auftretenden Al
12(Mn,Fe)
3Si-Phasen deutlich feiner ausgebildet und gleichmässiger im Gefüge verteilt sind.
[0012] Mit der erfindungsgemässen Legierung können alle bezüglich Festigkeit und Duktilität
eines Sicherheitsbauteiles im Fahrzeugbau gestellten Anforderungen nach Durchführung
der folgenden drei Wärmebehandlungs-Typen A, B und C erfüllt werden:
- Typ A:
- Gusszustand, mittlere Festigkeit und gute Duktilität, keine Wärmebehandlung erforderlich
- Typ B:
- Höchste Festigkeit und mittlere Duktilität, zwei Wärmebehandlungen erforderlich
- Typ C:
- Mittlere Festigkeit und höchste Duktilität, eine Wärmebehandlung erforderlich
[0013] Eine Wärmebehandlung vom Typ A führt zu einer Streckgrenze Rp
0,2 von bis zu 180 MPa und einer Bruchdehnung A5 von bis zu 13%. Diese Festigkeits- und
Duktilitätseigenschaften können mit den üblichen Druckguss-, Rheo- und Thixocasting-Legierungen
im Gusszustand, also ohne Wärmebehandlung, nicht erreicht werden.
[0014] Mit einer Wärmebehandlung vom Typ B, d.h. mit einer Lösungsglühung und Ausscheidungshärtung,
können Festigkeitswerte, ausgedrückt durch die Streckgrenze Rp
0,2, von bis zu 380 MPa erreicht werden, was mit handelsüblichen Druckgruss-, Rheo- und
Thixocasting-Legierungen nicht möglich ist.
[0015] Mit einer Wärmebehandlung gemäss Typ C kann durch eine Glühung zwischen 380 und 460°C
mit anschliessender Abkühlung an Luft auf eine weitere Aushärtungsglühung verzichtet
werden. Durch die feindisperse Ausscheidung der Mg
2Si-Phase erfolgt eine Duktilisierung bzw. Einformung bereits bei einer Glühtemperatur
von weniger als 400°C. Die erfindungsgemässe Gusslegierung in einem Wärmebehandlungszustand
gemäss Typ C ist demzufolge insbesondere für Bauteile mit sehr hohen Anforderungen
an das Crashverhalten eine bevorzugte Variante. Neben der Tatsache, dass die Bauteile
bei einer Glühung unterhalb von 400°C in Kombination mit einer Abkühlung an ruhender
Luft nur wenig Verzug aufweisen, kann eine Blasenbildung infolge von Gasporosität
durch diese Glühung bei verhältnismässig tiefer Temperatur verhindert werden.
[0016] Eine Einformungsglühung des Eutektikums bei Temperaturen um 500°C, wie dies derzeit
bei Druckguss-, Rheo- und Thixocasting-Legierungen vom Typ AlSi üblich ist, kann zur
Erzielung crashrelevanter Bauteileigenschaften entfallen.
[0017] Wie bereits erwähnt, wird die erfindungsgemässe Gusslegierung vorzugsweise für das
Druckgiessen, das Rheo- und das Thixocasting eingesetzt.
[0018] Das bevorzugte Anwendungsgebiet für die erfindungsgemässe Gusslegierung liegt in
der Herstellung grossflächiger und dünnwandiger Bauteile mit hohem Aufnahmevermögen
für kinetische Energie durch plastische Verformung. Diese Eigenschaften entsprechen
den an ein als Sicherheitsbauteil im Fahrzeugbau gestellten Anforderungen, weshalb
die Legierung insbesondere zur Herstellung der genannten Sicherheitsbauteile geeignet
ist.
[0019] Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden
Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele sowie anhand der Zeichnung; diese zeigt
in vereinfachter Darstellung in
- Fig. 1 das Verhältnis Mg : Si in der erfindungsgemässen Legierung mit Toleranzgrenzen.
[0020] In der Darstellung gemäss Fig. 1 ist das optimale Gewichtsverhältnis Mg : Si von
1,7 : 1 entsprechend der Zusammensetzung des quasi-binären Eutektikums Al/Mg
2Si durch die Gerade E dargestellt, wobei der hier interessierende Bereich für den
Magnesiumgehalt 3,0 bis 7,0 Gew.-%, für den Siliziumgehalt 1,7 bis 3,0 Gew.-% beträgt.
Die höchstzulässigen Toleranzwerte für Magnesium bzw. Silizium sind durch die beiden
Geraden A1 und A2, die bevorzugten Toleranzgrenzwerte durch die Geraden B1 und B2
definiert, wobei A1 und B1 bezüglich der eutektischen Zusammensetzung der Phasen A1
und Mg
2Si auf der Magnesium-Überschussseite, A2 und B2 auf der Silizium-Überschussseite liegen.
Die erfindungsgemässe Gusslegierung hat ihren grösseren Toleranzbereich auf der Silizium-Überschussseite.
Beispiele
[0021]
Aus einer Legierung mit der Zusammensetzung (Gew.-%) |
Mg |
Si |
Mn |
Ni |
Fe |
Ti |
3,25 |
1,91 |
0,25 |
0,19 |
0,19 |
0,08 |
sowie Aluminium als Rest und herstellungsbedingte Verunreinigungen einzeln max. 0,02,
insgesamt max. 0,2 wurde auf einer Druckgussmaschine ein Gussteil mit einer Wanddicke
von 2,5 mm gegossen. Aus dem Gussteil wurden Probestäbe gefertigt und an diesen nach
Durchführung von Wärmebehandlungen entsprechend den Typen A, B und C die mechanischen
Eigenschaften ermittelt. Die folgenden Wärmebehandlungen wurden durchgeführt:
- Typ A:
- Gusszustand, keine Wärmebehandlung
- Typ B:
- Lösungsglühung bei 540°C während 3 h, abgeschreckt mit Wasser, Ausscheidungshärtung
bei 170°C während 8 h
- Typ C:
- Glühung bei 390°C während 50 min, Abkühlung an ruhender Luft.
[0022] Die Ergebnisse sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt. Hierbei bedeuten
Rp0,2 die Dehngrenze, Rm die Zugfestigkeit und A5 die Bruchdehnung. Bei den angegebenen
Messwerten handelt es sich um Mittelwerte aus fünf Einzelmessungen.
Wärmebehandlung |
Rp0,2 [MPa] |
Rm [MPa] |
A5 [%] |
Typ A |
186,2 |
324,6 |
12,0 |
Typ B |
355,8 |
430,2 |
4,1 |
Typ C |
110,3 |
240,2 |
16,5 |
1. Gusslegierung vom Typ AlMgSi,
dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung
Magnesium |
3,0 bis 7,0 Gew.-% |
Silizium |
1,7 bis 3,0 Gew.-% |
Mangan |
0,2 bis 0,48 Gew.-% |
Eisen |
0,15 bis 0,35 Gew.-% |
Titan |
max. 0,2 Gew.-% |
wahlweise noch |
|
Nickel |
0,1 bis 0,4 Gew.-% |
sowie Aluminium als Rest und herstellungsbedingte Verunreinigungen einzeln max. 0,02
Gew.-%, insgesamt max. 0,2 Gew.-% enthält, mit der weiteren Massgabe, dass Magnesium
und Silizium in der Legierung in einem Gewichtsverhältnis Mg : Si von 1,7 : 1 entsprechend
der Zusammensetzung des quasi-binären Eutektikums mit den festen Phasen Al und Mg
2Si vorliegen, wobei die Abweichung von der exakten, dem quasi-binären Eutektikum entsprechenden
Zusammensetzung für Magnesium max. -0,5 bis +0,3 Gew.-% und für Silizium- 0,3 bis
+ 0,5 Gew.-% beträgt.
2. Gusslegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Abweichung von der exakten, dem quasi-binären Eutektikum entsprechenden Zusammensetzung
für Magnesium max. - 0,2 bis + 0,1 Gew.-% und für Silizium max. - 0,1 bis + 0,2 Gew.-%
beträgt.
3. Gusslegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Magnesium und Silizium in der Legierung im wesentlichen in einem Gewichtsverhältnis
Mg : Si von 1,7 : 1 entsprechend der Zusammensetzung des quasi-binären Eutektikums
vorliegen.
4. Verwendung einer Gusslegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 3 für das Druckgiessen,
dass Rheo- und das Thixocasting.
5. Verwendung einer Gusslegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 3 zur Herstellung grossflächiger
und dünnwandiger Bauteile mit hohem Aufnahmevermögen für kinetische Energie durch
plastische Verformung.
6. Verwendung einer Gusslegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 3 zur Herstellung eines
Bauteiles als Sicherheitsbauteil im Fahrzeugbau.