(19)
(11) EP 1 234 893 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.08.2002  Patentblatt  2002/35

(21) Anmeldenummer: 01810183.2

(22) Anmeldetag:  21.02.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C22C 21/08
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(71) Anmelder: Alcan Technology & Management AG
8212 Neuhausen am Rheinfall (CH)

(72) Erfinder:
  • Winkler, Reinhard
    78234 Engen (DE)
  • Höllrigl, Günther
    8200 Schaffhausen (CH)
  • Wüst, Jürgen
    85435 Erding (DE)
  • Währisch, Klaus
    45327 Essen (DE)

   


(54) Gusslegierung vom Typ AIMgSi


(57) Eine Gusslegierung vom Typ AlMgSi enthält
Magnesium 3,0 bis 7,0 Gew.-%
Silizium 1,7 bis 3,0 Gew.-%
Mangan 0,2 bis 0,48 Gew.-%
Eisen 0,15 bis 0,35 Gew.-%
Titan max. 0,2 Gew.-%
wahlweise noch  
Nickel 0,1 bis 0,4 Gew.-%
sowie Aluminium als Rest und herstellungsbedingte Verunreinigungen einzeln max. 0,02 Gew.-%, insgesamt max. 0,2 Gew.-%, mit der weiteren Massgabe, dass Magnesium und Silizium in der Legierung in einem Gewichtsverhältnis Mg : Si von 1,7 : 1 entsprechend der Zusammensetzung des quasi-binären Eutektikums mit den festen Phasen Al und Mg2Si vorliegen, wobei die Abweichung von der exakten, dem quasi-binären Eutektikum entsprechenden Zusammensetzung für Magnesium max. -0,5 bis +0,3 Gew.-% und für Silizium - 0,3 bis + 0,5 Gew.-% beträgt.
Die feindisperse Ausscheidung der intermetallischen Phase Mg2Si führt zu einer hohen Duktilität. Eine gute Einformung der Mg2Si-Ausscheidungspartikel ergibt sich schon bei Temperaturen von weniger als 400°C.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Gusslegierung vom Typ AlMgSi. Im Rahmen der Erfindung liegen auch die Verwendung der Gusslegierung für das Druckgiessen, das Rheo- und das Thixocasting, die Verwendung der Gusslegierung zur Herstellung grossflächiger und dünnwandiger Bauteile mit hohem Aufnahmevermögen für kinetische Energie durch plastische Verformung sowie die Verwendung der Gusslegierung zur Herstellung eines Bauteiles als Sicherheitsbauteil im Fahrzeugbau.

[0002] Mit modernen Giessverfahren können heute hoch belastbare Formteile auch aus Aluminiumlegierungen hergestellt werden. Die eingesetzten Aluminiumwerkstoffe müssen allerdings eine Reihe von Anforderungen erfüllen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Eignung eines Werkstoffes ist die Einhaltung bestimmter mechanischer Kennwerte. So bestimmen etwa Mindestwerte von Streckgrenze und Festigkeit die Tragfähigkeit einer Konstruktion. Im Fahrzeugbau kommt die Anforderung hinzu, dass die bei einem Zusammenstoss deformierten Bauteile vor dem Bruch möglichst viel Energie durch plastische Verformung absorbieren sollen, was eine hohe Duktilität des eingesetzten Werkstoffes erfordert. Das Druckgiessverfahren, das Rheo- und das Thixocasting ermöglichen bei hohen Stückzahlen eine kostengünstige Herstellung dünnwandiger Gussstücke, wie sie als crashrelevante Bauteile im Automobilbau eingesetzt werden. Dünnwandige Teile stellen hohe Anforderungen an die Giessbarkeit. Aluminiumlegierungen, welche die an das Fliessverhalten bzw. Formfüllungsvermögen gestellten Anforderungen erfüllen können, sind heute vor allem Legierungen mit einem Si-Eutektikum.

[0003] Aus der EP-A-0 792 380 ist eine zum Druckgiessen, für des Rheo- und das Thixocasting von im Fahrzeugbau eingesetzten Sicherheitsbauteilen geeignete Legierung vom Typ AlMgSiMn bekannt. Die Legierung weist gegenüber der dem quasi-binären Eutektikum entsprechenden Zusammensetzung einen Magnesiumüberschuss auf. Durch den hohen Anteil an Mangan wird das Kleben in der Form vermieden und eine gute Entformbarkeit gewährleistet. Daneben weist die Legierung einen sehr geringen Eisengehalt auf.

[0004] Bauteile mit teilweise geringen Wandstärken, wie sie beispielsweise als Strukturbauteile im Automobilbau eingesetzt werden, verziehen sich beim schroffen Abschrecken mit Wasser und müssen daher nachträglich aufwendigen Richtoperationen unterzogen werden. Zudem kann eine hohe Lösungsglühtemperatur infolge einer Restgasporosität zu Blasenbildung an der Oberfläche der Bauteile führen. Zur Herstellung von Bauteilen der genannten Art durch Druckgiessen, Rheo- und Thixocasting wurde deshalb nach Möglichkeiten gesucht, die geforderten minimalen Festigkeits- und Dehungswerte auch ohne Durchführung einer Hochtemperaturglühung mit nachfolgender Wasserabschreckung zu erzielen.

[0005] Für crashrelevante Bauteile im Automobilbau wird der Schwerpunkt auf die Duktilität, also auf das Verformungsvermögen und auf den duktilen Bruch, ausgedrückt durch die Bruchdehnung, gelegt. Die Festigkeit, ausgedrückt durch die Streckgrenze, kann dabei relativ tiefe Werte annehmen.

[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Aluminiumlegierung anzugeben, mit welcher eine hohe Bruchdehnung bei ausreichender Streckgrenze auch ohne Durchführung einer Hochtemperaturglühung nachfolgender Wasserabschreckung erreicht werden kann.

[0007] Zur erfindungsgemässen Lösung der Aufgabe führt eine Gusslegierung vom Typ AlMgSi, welche
Magnesium 3,0 bis 7,0 Gew.-%
Silizium 1,7 bis 3,0 Gew.-%
Mangan 0,2 bis 0,48 Gew.-%
Eisen 0,15 bis 0,35 Gew.-%
Titan max. 0,2 Gew.-%
wahlweise noch  
Nickel 0,1 bis 0,4 Gew.-%
sowie Aluminium als Rest und herstellungsbedingte Verunreinigungen einzeln max. 0,02 Gew.-%, insgesamt max. 0,2 Gew.-% enthält, mit der weiteren Massgabe, dass Magnesium und Silizium in der Legierung in einem Gewichtsverhältnis Mg : Si von 1,7 : 1 entsprechend der Zusammensetzung des quasi-binären Eutektikums mit den festen Phasen A1 und Mg2Si vorliegen, wobei die Abweichung von der exakten, dem quasi-binären Eutektikum entsprechenden Zusammensetzung für Magnesium max. -0,5 bis +0,3 Gew.-% und für Silizium - 0,3 bis + 0,5 Gew.-% beträgt.

[0008] Die erfindungsgemässe Legierung führt durch die besondere Wahl des Gewichtsverhältnisses Mg : Si zu einem für die Duktilität äusserst günstigen Ausscheidungsverhalten der eutektischen Phase Mg2Si, welche äusserst fein ausgebildet und gleichmässig verteilt ist, was sich letztlich in einer gegenüber vergleichbaren Legierungen nach dem Stand der Technik verbesserten Duktilität niederschlägt. Durch den höheren Eisengehalt kann zudem als Legierungsbasis Aluminium von geringerer Reinheit verwendet werden, wodurch sich die Gestehungskosten für die Legierung reduzieren. Der erhöhte Eisengehalt erlaubt es auch, den zur Verminderung der Klebeneigung der Legierung in der Druckgiessform verwendeten Manganzusatz herabzusetzen. Zur Erzielung optimaler mechanischer Eigenschaften sollte darauf geachtet werden, dass die Abweichung von der exakten, dem quasi-binären Eutektikum entsprechenden Zusammensetzung für Magnesium max. - 0,2 bis + 0,1 Gew.-% und für Silizium max.- 0,1 bis + 0,2 Gew.-% beträgt.

[0009] Bei einer optimal zusammengesetzten Gusslegierung liegen Magnesium und Silizium in der Legierung im wesentlichen in einem Gewichtsverhältnis Mg : Si von 1,7 : 1 entsprechend der Zusammensetzung des quasi-binären Eutektikums vor.

[0010] Der optionale Zusatz von 0,1 bis 0,4 Gew.-% Nickel führt zu einer weiteren Verbesserung der Ausformeigenschaften bzw. Verminderung der Klebeneigung, wodurch der Mangangehalt der Legierung an der unteren Bereichsgrenze gehalten werden kann.

[0011] Der höhere Eisen- und ggf. Nickel-Gehalt im Vergleich zu der aus der EP-A-0 792 380 vorbekannten Legierung hat einen positiven Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften, da die bei diesen Legierungen auftretenden Al12(Mn,Fe)3Si-Phasen deutlich feiner ausgebildet und gleichmässiger im Gefüge verteilt sind.

[0012] Mit der erfindungsgemässen Legierung können alle bezüglich Festigkeit und Duktilität eines Sicherheitsbauteiles im Fahrzeugbau gestellten Anforderungen nach Durchführung der folgenden drei Wärmebehandlungs-Typen A, B und C erfüllt werden:
Typ A:
Gusszustand, mittlere Festigkeit und gute Duktilität, keine Wärmebehandlung erforderlich
Typ B:
Höchste Festigkeit und mittlere Duktilität, zwei Wärmebehandlungen erforderlich
Typ C:
Mittlere Festigkeit und höchste Duktilität, eine Wärmebehandlung erforderlich


[0013] Eine Wärmebehandlung vom Typ A führt zu einer Streckgrenze Rp0,2 von bis zu 180 MPa und einer Bruchdehnung A5 von bis zu 13%. Diese Festigkeits- und Duktilitätseigenschaften können mit den üblichen Druckguss-, Rheo- und Thixocasting-Legierungen im Gusszustand, also ohne Wärmebehandlung, nicht erreicht werden.

[0014] Mit einer Wärmebehandlung vom Typ B, d.h. mit einer Lösungsglühung und Ausscheidungshärtung, können Festigkeitswerte, ausgedrückt durch die Streckgrenze Rp0,2, von bis zu 380 MPa erreicht werden, was mit handelsüblichen Druckgruss-, Rheo- und Thixocasting-Legierungen nicht möglich ist.

[0015] Mit einer Wärmebehandlung gemäss Typ C kann durch eine Glühung zwischen 380 und 460°C mit anschliessender Abkühlung an Luft auf eine weitere Aushärtungsglühung verzichtet werden. Durch die feindisperse Ausscheidung der Mg2Si-Phase erfolgt eine Duktilisierung bzw. Einformung bereits bei einer Glühtemperatur von weniger als 400°C. Die erfindungsgemässe Gusslegierung in einem Wärmebehandlungszustand gemäss Typ C ist demzufolge insbesondere für Bauteile mit sehr hohen Anforderungen an das Crashverhalten eine bevorzugte Variante. Neben der Tatsache, dass die Bauteile bei einer Glühung unterhalb von 400°C in Kombination mit einer Abkühlung an ruhender Luft nur wenig Verzug aufweisen, kann eine Blasenbildung infolge von Gasporosität durch diese Glühung bei verhältnismässig tiefer Temperatur verhindert werden.

[0016] Eine Einformungsglühung des Eutektikums bei Temperaturen um 500°C, wie dies derzeit bei Druckguss-, Rheo- und Thixocasting-Legierungen vom Typ AlSi üblich ist, kann zur Erzielung crashrelevanter Bauteileigenschaften entfallen.

[0017] Wie bereits erwähnt, wird die erfindungsgemässe Gusslegierung vorzugsweise für das Druckgiessen, das Rheo- und das Thixocasting eingesetzt.

[0018] Das bevorzugte Anwendungsgebiet für die erfindungsgemässe Gusslegierung liegt in der Herstellung grossflächiger und dünnwandiger Bauteile mit hohem Aufnahmevermögen für kinetische Energie durch plastische Verformung. Diese Eigenschaften entsprechen den an ein als Sicherheitsbauteil im Fahrzeugbau gestellten Anforderungen, weshalb die Legierung insbesondere zur Herstellung der genannten Sicherheitsbauteile geeignet ist.

[0019] Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele sowie anhand der Zeichnung; diese zeigt in vereinfachter Darstellung in
  • Fig. 1   das Verhältnis Mg : Si in der erfindungsgemässen Legierung mit Toleranzgrenzen.


[0020] In der Darstellung gemäss Fig. 1 ist das optimale Gewichtsverhältnis Mg : Si von 1,7 : 1 entsprechend der Zusammensetzung des quasi-binären Eutektikums Al/Mg2Si durch die Gerade E dargestellt, wobei der hier interessierende Bereich für den Magnesiumgehalt 3,0 bis 7,0 Gew.-%, für den Siliziumgehalt 1,7 bis 3,0 Gew.-% beträgt. Die höchstzulässigen Toleranzwerte für Magnesium bzw. Silizium sind durch die beiden Geraden A1 und A2, die bevorzugten Toleranzgrenzwerte durch die Geraden B1 und B2 definiert, wobei A1 und B1 bezüglich der eutektischen Zusammensetzung der Phasen A1 und Mg2Si auf der Magnesium-Überschussseite, A2 und B2 auf der Silizium-Überschussseite liegen. Die erfindungsgemässe Gusslegierung hat ihren grösseren Toleranzbereich auf der Silizium-Überschussseite.

Beispiele



[0021] 
Aus einer Legierung mit der Zusammensetzung (Gew.-%)
Mg Si Mn Ni Fe Ti
3,25 1,91 0,25 0,19 0,19 0,08
sowie Aluminium als Rest und herstellungsbedingte Verunreinigungen einzeln max. 0,02, insgesamt max. 0,2 wurde auf einer Druckgussmaschine ein Gussteil mit einer Wanddicke von 2,5 mm gegossen. Aus dem Gussteil wurden Probestäbe gefertigt und an diesen nach Durchführung von Wärmebehandlungen entsprechend den Typen A, B und C die mechanischen Eigenschaften ermittelt. Die folgenden Wärmebehandlungen wurden durchgeführt:
Typ A:
Gusszustand, keine Wärmebehandlung
Typ B:
Lösungsglühung bei 540°C während 3 h, abgeschreckt mit Wasser, Ausscheidungshärtung bei 170°C während 8 h
Typ C:
Glühung bei 390°C während 50 min, Abkühlung an ruhender Luft.


[0022] Die Ergebnisse sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt. Hierbei bedeuten Rp0,2 die Dehngrenze, Rm die Zugfestigkeit und A5 die Bruchdehnung. Bei den angegebenen Messwerten handelt es sich um Mittelwerte aus fünf Einzelmessungen.
Wärmebehandlung Rp0,2 [MPa] Rm [MPa] A5 [%]
Typ A 186,2 324,6 12,0
Typ B 355,8 430,2 4,1
Typ C 110,3 240,2 16,5



Ansprüche

1. Gusslegierung vom Typ AlMgSi, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung
Magnesium 3,0 bis 7,0 Gew.-%
Silizium 1,7 bis 3,0 Gew.-%
Mangan 0,2 bis 0,48 Gew.-%
Eisen 0,15 bis 0,35 Gew.-%
Titan max. 0,2 Gew.-%
wahlweise noch  
Nickel 0,1 bis 0,4 Gew.-%
sowie Aluminium als Rest und herstellungsbedingte Verunreinigungen einzeln max. 0,02 Gew.-%, insgesamt max. 0,2 Gew.-% enthält, mit der weiteren Massgabe, dass Magnesium und Silizium in der Legierung in einem Gewichtsverhältnis Mg : Si von 1,7 : 1 entsprechend der Zusammensetzung des quasi-binären Eutektikums mit den festen Phasen Al und Mg2Si vorliegen, wobei die Abweichung von der exakten, dem quasi-binären Eutektikum entsprechenden Zusammensetzung für Magnesium max. -0,5 bis +0,3 Gew.-% und für Silizium- 0,3 bis + 0,5 Gew.-% beträgt.
 
2. Gusslegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Abweichung von der exakten, dem quasi-binären Eutektikum entsprechenden Zusammensetzung für Magnesium max. - 0,2 bis + 0,1 Gew.-% und für Silizium max. - 0,1 bis + 0,2 Gew.-% beträgt.
 
3. Gusslegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Magnesium und Silizium in der Legierung im wesentlichen in einem Gewichtsverhältnis Mg : Si von 1,7 : 1 entsprechend der Zusammensetzung des quasi-binären Eutektikums vorliegen.
 
4. Verwendung einer Gusslegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 3 für das Druckgiessen, dass Rheo- und das Thixocasting.
 
5. Verwendung einer Gusslegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 3 zur Herstellung grossflächiger und dünnwandiger Bauteile mit hohem Aufnahmevermögen für kinetische Energie durch plastische Verformung.
 
6. Verwendung einer Gusslegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 3 zur Herstellung eines Bauteiles als Sicherheitsbauteil im Fahrzeugbau.
 




Zeichnung







Recherchenbericht