Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft ein Treibladungspulver, dessen Korn mindestens einen mit einer
Öffnung zu einer Aussenoberfläche des Korns mündenden Hohlraum hat, wobei die Öffnung
mit einem Zapfen verschlossen ist. Ferner bezieht sich die Erfindung auf ein Verfahren
zur Herstellung eines solchen Pulvers.
Stand der Technik
[0002] Treibladungspulver (TLP) für konventionelle Rohrwaffensysteme müssen dermassen beschaffen
sein, dass sie unter verschiedenen Umgebungsbedingungen (systemspezifische Faktoren)
einwandfrei und sicher funktionieren. Grosse Temperaturunterschiede beim Waffeneinsatz
sind eine der wichtigsten Einflüsse, die ein Treibladungshersteller bzw. ein Munitionshersteller
in Betracht zu ziehen hat. So kann es ohne weiteres vorkommen, dass lokale und/oder
globale Klimabedingungen sichere Antriebslösungen in einem Temperaturbereich von -
54°C bis +63°C/+71°C (und im Flugzeugeinsatz gar bis +100°C) erfordern.
[0003] Da TLP naturgemäss (physikalische Gesetzmässigkeiten) temperaturabhängig abbrennen,
kommt es beim Waffenbeschuss im genannten Temperaturbereich normalerweise zu erheblichen
Druckunterschieden.
[0004] Wie bei allen Waffensystemen besteht auch bei den Rohrwaffen eine ständige Nachfrage
nach Leistungssteigerung (z.B. höhere kinetische Energie des Geschosses beim Panzer,
grössere Reichweiten für Artilleriegranaten, kürzere Flugzeiten bei Flugabwehrgeschossen
[Maschinenkanone], höhere Erstschusstrefferwahrscheinlichkeit etc.).
[0005] Hierbei sind Leistungssteigerungen, welche mittels waffenseitigen Neuentwicklungen
realisiert werden müssen, sehr kostenintensiv.
[0006] Aus Kostengründen besteht daher in der Wehrtechnik ein grosses Interesse, die gewünschten
Leistungssteigerungen in bereits eingeführten, bestehenden Waffenplattformen zu bewerkstelligen
(Kampfwertsteigerung).
[0007] Die gewünschten Leistungsverbesserungen können nur durch Ausschöpfung aller Reserven
und durch eine Kombination geeigneter Massnahmen (Optimierung von innenballistischen
Vorgängen) erzielt werden, wobei die waffentechnischen Rahmenbedingungen unverändert
bleiben.
[0008] Solche Massnahmen sind:
- Bessere Leistungsfähigkeit der Grundrezeptur des Treibladungspulvers durch die Verwendung
von Rezepturen mit hoher Force (spezifische Energie bzw. Pulverkraft).
- Erreichen maximaler Schüttdichten (durch hohe Dichten bzw. optimale Oberflächeneigenschaften
des TLP) in den gegebenen Hülsenvolumen.
- Erhöhung der Progressivität beim TLP-Abbrand.
- Minimierung bzw. Eliminierung der Temperaturabhängigkeit des TLP-Abbrands
[0009] Das Problem bei der Bereitstellung dieser geforderten neuen Hochleistungs-TLP besteht
nun darin, unerwünschte Nebeneffekte zu vermeiden, d.h. auf dem geforderten erhöhten
Leistungsniveau trotzdem die volle erweiterte Systemverträglichkeit bezüglich Rohr
(Erosion, Korrosion), Waffe (Spitzengasdruck) und Umwelt (Vermeidung umweltproblematischer
Rezepturkomponenten) zu gewährleisten.
[0010] Schliesslich ist es wünschenswert, dass die geforderten Hochleistungs-TLP kostengünstig
herstellbar sind, d.h. mit leicht zugänglichen, kostengünstigen Startmaterialien und
mit einfachen Prozessen gefertigt werden können.
[0011] Gemäss den physikalischen Gesetzmässigkeiten hängt die Brenngeschwindigkeit von der
Selbstentzündungstemperatur und der Anfangstemperatur des Treibladungskörpers ab.
Dieses Verhalten führt zu der bestens bekannten Eigenschaft solcher klassischen Treibmittel,
dass deren lineare Brenngeschwindigkeit mehr oder weniger von der Anfangstemperatur
abhängt. Daraus ergibt sich zwangsläufig auch, dass Spitzengasdruck und Mündungsgeschwindigkeit
einen mehr oder weniger steilen Temperatur-Gradienten aufweisen. Diese temperaturabhängige
Leistung solcher Treibmittel hat erhebliche Nachteile, z.B. kleine Erstschusstrefferwahrscheinlichkeit
und wesentlich tiefere Geschossenergie bei Normal- und vor allem bei tiefen Einsatztemperaturen.
Der begrenzende Faktor ist immer der bei hohen Temperaturen auftretende maximale Spitzengasdruck.
[0012] In der Literatur finden sich nur wenige Arbeiten, die sich mit Waffensystemmodifikationen
oder mit Treibladungspulvern befassen, die gleichbleibende, temperaturunabhängige
Leistungen erbringen.
[0013] So wird im US Patent 4,106,960 eine Oberflächenbeschichtung erwähnt, bei welcher
ein dreibasiges 19 - Loch Treibladungspulver mit 18% Polymethylmethacrylat (Mol.Gewicht
> 100'000), 3.4% Titanoxid, 1.9% Diphenylcresylphosphat und 100% Toluol (alle Prozentangaben
bezogen auf das TLP) in 20 Auftragungs- und Trocknungszyklen beschichtet wird. Bevorzugt
werden dabei etwa 10 bis 20 Gewichtsanteile (bezogen auf die Menge TLP) an inertem
Material auf das TLP aufgezogen. Das entspricht einer inerten Umhüllungsschicht von
100 bis 200 Mikron. Damit wird die Anzündung des TLP stark verzögert. Mischt man dieses
stark behandelte TLP mit unbehandeltem TLP, das eine unverzögerte Anzündung aufweist,
gelingt es, die Temperaturabhängigkeit des Treibladungspulvers zu invertieren. Eine
Mischung aus behandeltem Korn und unbehandeltem Korn zeigte in der Druckbombe (wo
alles Material abbrennt) ein temperaturunabhängiges Verhalten, wobei die Brenndauer
nicht angegeben wurde. Das temperaturunabhängige Verhalten wurde im Waffenbeschuss
nicht geprüft.
[0014] In einem Übersichtsartikel von D. L. Kruczynski, J. R. Hewitt, Technical Report BRL-TR-3283
(1991) werden Temperaturkompensationstechniken und Technologien erwähnt, bei welchen
Phlegmatisatoren einen gewissen Einfluss auf die Reduktion des Temperaturkoeffizienten
haben sollen. Der Mechanismus scheint aber noch unklar zu sein. Weiter wird die Herstellung
von TLP vorgeschlagen, welches Sprödbruch (Oberflächenvergrösserung) bei tiefen Beschusstemperaturen
für eine Lebhaftigkeitssteigerung und das Zusammendrücken des weichen Korns und somit
der Löcher (Oberflächenverkleinerung) bei hohen Beschusstemperaturen für eine Reduktion
der Lebhaftigkeit ausnutzt. Solche Prozesse sind aber nur schwer zu kontrollieren
und beinhalten ein immenses Sicherheitsrisiko.
[0015] Ein weiterer Vorschlag zur Reduktion der Temperaturabhängigkeit betrifft das Anpassen
des Patronenlagervolumens in Abhängigkeit der Pulvertemperatur.
[0016] Eine weitere Publikation, die sich ebenfalls mit der Reduktion der Temperatursensitivität
von Treibladungspulvern, insbesondere für den Artillerieeinsatz, befasst und ähnliche
Argumente verwendet, stammt von T. T. Nguyen, R. J. Spear, Department of Defense,
Australia, DSTO-TR-0102 (1994). Es wird dort vermerkt, dass kein Zusatz gefunden werden
konnte, um die Temperaturabhängigkeit des Pulverabbrandes zu reduzieren.
Darstellung der Erfindung
[0017] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Treibladungspulver der eingangs genannten Art anzugeben,
das ein weitgehend temperaturunabhängiges Abbrandverhalten zeigt, ohne dass wesentliche
Einbussen bei anderen Eigenschaften hingenommen werden müssen. Insbesondere sollen
weder das Anzündverhalten noch die chemische und ballistische Stabilität des Treibladungspulvers
verschlechtert werden.
[0018] Die Lösung dieser Aufgabe ist durch die Merkmale des Anspruchs 1 definiert. Gemäss
der Erfindung zeichnet sich ein Treibladungspulver der eingangs genannten Art dadurch
aus, dass der Zapfen eine temperaturabhängige Mobilität besitzt, die derart ist, dass
bei niedrigerer Anwendungstemperatur eine höhere Mobilität gegeben ist, als bei höherer
Anwendungstemperatur, so dass der Zapfen bei niedrigerer Anwendungstemperatur einen
stärkeren Lochabbrand zulässt als bei höherer Anwendungstemperatur.
[0019] Durch eine geeignete Oberflächenbehandlung an perforierten Treibladungskörnern werden
Zapfen in den Lochkanälen ausgebildet. In der Folge brennen die so behandelten Pulverkörner
praktisch unabhängig von der Pulvertemperatur ab. Ein solches Verhalten wird als SCDB®-Effekt
bezeichnet.
[0020] Der genannte Effekt beruht auf der temperaturabhängigen Zapfenmobilität beim Anzündvorgang
des TLP. Dabei verbleiben die Zapfen bei hoher Pulvertemperatur (und somit bei schneller
Abbrandgeschwindigkeit) in den Lochkanälen. Es steht somit eine minimale Oberfläche
für den Abbrand zur Verfügung. Bei tiefer Temperatur (mit langsamer Abbrandgeschwindigkeit)
werden die Zapfen allesamt durch die Anzündschockwelle entfernt und es steht eine
maximale Oberfläche für den Abbrand zur Verfügung. Idealerweise ist das Produkt aus
Abbrandgeschwindigkeit mal Oberfläche bei allen Beschusstemperaturen konstant, was
einem temperaturunabhängigen Abbrandverhalten gleichkommt.
[0021] Die temperaturabhängige Zapfenmobilität wird durch das Abstimmen der relevanten Parameter
bei der Oberflächenbehandlung und durch die temperaturabhängige Ausdehnung der Treibladungskorn-Matrix
bzw. der Zapfen gesteuert. Zwei wichtige Parameter sind in diesem Zusammenhang die
verwendete Graphitmenge und die Behandlungszeit. Je länger behandelt wird, desto stärker
werden die Zapfen. Dabei ist zu beachten, dass der erfindungsgemässe Effekt nicht
allein durch das Einbringen von Graphit erzeugt werden kann. Der Graphit muss auch
zu einer Art Festkörper verdichtet bzw. verklebt sein. Dazu trägt z.B. die Verwendung
von Lösungsmitteln oder von Phlegmatisatoren bei. (Ist das Korn weich, kann z.B. auf
Phlegmatisatoren auch verzichtet werden.)
[0022] Allgemein gilt, dass Elastomere, wie z.B. die zwei- oder mehrbasige Nitrocellulose,
sich oberhalb ihrer Glasübergangstemperatur (> -40°C) mehr oder weniger proportional
mit steigender Temperatur ausdehnen.
[0023] Die Oberflächenbehandlung zur Erzielung eines SCDB®-Effektes wird normalerweise bei
30 °C durchgeführt. Das bedeutet, dass die Lochdurchmesser solcher Treibladungskörner
bei 63 °C wegen der Materialausdehnung kleiner sind als bei 30 °C. Da auch das Zapfenmaterial,
das in den Lochkanälen sitzt, sich mit steigender Temperatur ausdehnt, haben diese
bei 63 °C einen grösseren Durchmesser. Somit sitzen die Zapfen bei 63 °C stark fest.
Dazu kommt, dass Treibladungskörner und auch die Zapfen (bei denen der Feststoff durch
geringe Mengen an Sprengöl und Nitrocellulose verklebt wird) bei hohen Temperaturen
ein verstärktes Klebeverhalten aufweisen. Die Zapfen lassen sich somit beim Anzündvorgang
durch die Schockwelle kaum verschieben.
[0024] Erst mit fortschreitendem Abbrand (um die Zapfen herum) werden die Zapfen allmählich
durch den enormen Gasdruck langsam ins Lochinnere geschoben.
[0025] Bei einer Temperatur von -40 °C sind die Lochdurchmesser durch das Zusammenziehen
des Kornmaterials grösser als bei 30 °C. Der Zapfendurchmesser nimmt bei dieser Temperatur
wegen der Materialkontraktion ab. Die Zapfen sitzen also recht locker in den Lochkanälen.
Die Klebewirkung des kalten Kornmaterials ist ebenfalls herabgesetzt. Der Anzündschock
treibt die Zapfen daher sofort ins Lochinnere bzw. pulverisiert diese, da die Sprödigkeit
der mehrheitlich aus Feststoff zusammengesetzten Zapfen bei tiefen Temperaturen doch
deutlich zunimmt.
[0026] Bei der erfindungsgemässen Oberflächenbehandlung gibt es diverse Parameter (TLP-Zusammensetzung
und -menge, Menge und Korngrösse des Feststoffs, Polarität und Menge des Lösungsmittels,
Menge und Polarität des Phlegmatisators bzw. Moderators, Behandlungsdauer und -temperatur)
die variiert werden können, um die Zapfenmobilität anzupassen, so dass sie tatsächlich
von der tiefsten zur höchsten Beschusstemperatur stetig abnimmt.
[0027] Es ist zu beachten, dass die oben beschriebene Zapfenstabilität in den Lochkanälen
eine statistische Grösse darstellt. Nicht jeder Zapfen zeigt das gleiche Verhalten
auf die Anzünddruckwelle.
[0028] Die physikalischen Bedingungen, die bei einer niedrigen Anwendungstemperatur gegeben
sind, sorgen dafür, dass die Zapfen schon bei der ersten Druckwelle aus ihrer Position
gerissen werden und die Löcher freigeben. Die Kontaktstelle, die zwischen Zapfen und
Lochwand gegeben ist, ist also bei niedriger Temperatur quasi brüchig. Bei höherer
Temperatur dagegen ist sie quasi zäh und hält der Anzünddruckwelle besser Stand. Dabei
ist zu beachten, dass die "Brüchigkeit" bzw. "Zähigkeit" der Verankerung statistische
Parameter sind. Es geht nicht darum, dass jeder Zapfen genau das gleiche Verhalten
auf die Druckwelle zeigt. Vielmehr reicht es aus, wenn die Gesamtheit der Zapfen aller
Pulverkörner in der Munition statistisch gesehen dieses charakteristische Verhalten
zeigen. Selbstverständlich ist es erforderlich, in einem gewissen Umfang Versuche
zu machen, um für eine bestimmte Munition die gewünschte Temperaturunabhängigkeit
zu erreichen. Aufgrund der erfindungsgemässen Aussage, in welcher Weise die Mobilität
der Zapfen zu wählen ist, kann der Fachmann jedoch erkennen, welche Optimierung er
im Einzelfall vornehmen muss.
[0029] Mit dem Lochabbrand wird charakterisiert, in welchem Mass die in den Löchern ablaufenden
Verbrennungsprozesse zur Gasbildungsrate beitragen. Je mehr Löcher freigegeben werden,
desto mehr Oberfläche steht für den Abbrand zur Verfügung. Entsprechend wird vom Korn
pro Zeiteinheit mehr Gas produziert.
[0030] Es ist zu erwähnen, dass im Rahmen der vorliegenden Erfindung nur der verdichtete
und verankerte Teil des im Loch befindlichen Materials als Zapfen verstanden wird.
Das relativ lockere Material, das sich unter dem verdichteten Teil der Füllung befindet,
wirkt nicht als Zapfen im Sinne der Erfindung und wird folglich auch nicht als solchen
benannt. Es versteht sich, dass es in der Praxis nicht unbedingt eine klare Grenze
gibt, die den Zapfen abgrenzt. Der Zapfen kann auch "fliessend" in den übrigen Teil
der Lochfüllung übergehen. Soweit die Erfindung betroffen ist, wird es aber in jedem
Fall einen Abschnitt ausreichend hoher Dichtigkeit geben, welcher einer Anzünddruckwelle
in kontrollierter Weise standhalten kann.
[0031] Die Erfindung hat gegenüber den im Stand der Technik vorgeschlagenen Ansätzen diverse
Vorteile. Zunächst ist festzuhalten, dass sie sich grundsätzlich für zwei- und mehrbasige,
perforierte Treibladungspulver (TLP) für Rohrwaffenanwendungen eignet. Es lassen sich
Treibladungspulver herstellen, welche ein temperaturunabhängiges Abbrandverhalten
aufweisen, sich durch herkömmliche Anzündmittel gut initiieren lassen und zudem über
eine hohe ballistische Stabilität (Einsatzlebensdauer) verfügen. Durch die Temperaturunabhängigkeit
(mehr oder weniger gleichbleibende Gasbildungsrate) lässt sich die Pulverenergie über
den ganzen Temperaturbereich optimal ausnutzen.
[0032] Versuche haben gezeigt, dass es durch die Kombination der nachfolgend beschriebenen
innenballistischen Optimierungs- und Verbesserungsmassnahmen möglich ist, bei eingeführten
Waffensystemen eine Leistungssteigerung (Mündungsenergie) von 10% und mehr zu erzielen.
[0033] Der Zapfen soll möglichst aus einer Substanz bestehen, die im Grünkorn (d.h. dem
unbehandelten perforierten TLP), nicht löslich ist. Auf diese Weise ist sichergestellt,
dass sich die Verankerung des Zapfens in der Öffnung und damit die Mobilität des Zapfens
nicht durch Diffusionsprozesse verändern kann. Die Verankerung wird also im Wesentlichen
durch Oberflächenparameter auf der Ebene der Korn- bzw. Zapfenstruktur bestimmt.
[0034] Vorzugsweise besteht der Zapfen im Wesentlichen aus einem inerten Feststoff. Je nach
Pulvertemperatur wird er durch die Druckwelle der Zündung mehr oder weniger stark
in den Hohlraum hinein gedrückt. Durch die Verschiebung des Zapfens wird die aktive
Oberfläche vergrössert und infolgedessen die Gasentwicklung pro Zeiteinheit. Bei relativ
tiefer Anfangstemperatur löst sich der Zapfen sehr schnell aus seiner Verankerung.
Dadurch wird quasi schlagartig die brennbare TLP-Oberfläche vergrössert. Bei relativ
hoher Pulvertemperatur ist die Verankerung des Zapfens dagegen ziemlich widerstandsfähig
und die brennbare TLP-Oberfläche wird auf ein Minimum reduziert.
[0035] Es kann ein Feststoff mit einer Korngrösse im Bereich von 0,01 bis 100 Mikrometer
verwendet werden. Dabei wird die Korngrösse auf die Grösse der Öffnung abzustimmen
sein. Sind nämlich die Körner des Feststoffes relativ gross, können Sie nur erschwert
in die Öffnung eingebracht werden. Typischerweise wird die Korngrösse im Bereich von
0,1 bis 50 Mikrometer liegen.
[0036] Es ist jedoch nicht zwingend, dass der Feststoff inert ist. Er kann auch energiehaltig
sein. Allerdings muss er weniger schnell an- und abbrennen als das Grünkorn.
[0037] Als inerte Feststoffe eignen sich z.B. Graphit, Talk, Titanoxid, Russ, Kaliumsulfat,
Kaliumkryolith und/oder Calciumcarbonat. Es sind auch andere Substanzen verwendbar,
die keine Reaktion mit dem Grünkorn eingehen. Die genannten Substanzen können sowohl
einzeln als auch in Verbindung mit einander eingesetzt werden.
[0038] Die Erfindung ist nicht darauf beschränkt, dass der Zapfen ausschliesslich aus inerten
Substanzen besteht. Es ist durchaus möglich, geringe Anteile eines energetischen Feststoffs
beizufügen insbesondere Nitrocellulose Hexogen Octogen Nitroguanidin Nitrotriazol
Ethylendinitramin, Ethyltetryl, Ammoniumpikrat, Trinitrotoluol, Trinitrobenzol, Tetranitroanilin
etc., es dürfen auch starke Oxydationsmittel dazu gerechnet werden, wie Ammoniumnitrat,
Kaliumnitrat, Ammoniumperchlorat, Kaliumperchlorat etc., sofern diese mit der gewählten
Rezeptur keine Unverträglichkeiten aufweisen. Dabei soll darauf geachtet werden, dass
die Stabilität bzw. die Resistenz der gebildeten Zapfen in den Öffnungen (Perforationen)
gegenüber der Anzündstosswelle bei höheren Pulvertemperaturen nicht verloren geht.
[0039] Als zumischbare energetische Feststoffe eignen sich Verbindungen mit einem Schmelzpunkt
oberhalb etwa 80°C. Diese Feststoffe dürfen keine hohen Schlag- bzw. Reibempfindlichkeiten
aufweisen. Eine Auswahl stark explosionsgefährlicher und somit nur sehr beschränkt
geeigneter Stoffe sind in R. Meyer, Explosivstoffe, Verlag Chemie 1979, Seite 121
ff. aufgelistet.
[0040] Vorzugsweise hat der Zapfen eine Schmelztemperatur, die oberhalb einer Herstellungs-,
Lagerungs- und/oder Anwendungstemperatur, insbesondere oberhalb 90 °C liegt.
[0041] Das Treibladungspulver ist typischerweise ein zwei- oder mehrbasiges Ein- oder Mehrlochpulver.
D. h., das Korn ist zylindrisch (mit einem Aussendurchmesser von z. B. 1 mm bis 20
mm bzw. bevorzugt 3 mm bis 15 mm) und hat vorzugsweise 7 bis 19 axial durchgehende
Löcher. Das Verhältnis Korndurchmesser zu Kornlänge liegt üblicherweise im Bereich
zwischen 0.3-2.0, bevorzugt 0.8-1.2. Andere Pulvergeometrien, wie z.B. Rosettenform,
Hexagonform sind ebenfalls möglich.
[0042] Der Durchmesser der Löcher liegt z. B. in einem Bereich von 0,03 bis 0,5 mm insbesondere
0,1 bis 0,3 mm. Feinere Löcher sind im Rahmen der Erfindung von Vorteil. Es kann dann
mit geringeren Mengen an inertem Material gearbeitet werden. Zudem lässt sich die
Qualität der Verankerung der Zapfen besser steuern. Typischerweise haben die kompakten
(verdichteten) Zapfen ein Verhältnis von Länge zu Durchmesser im Bereich von 5 bis
60.
[0043] Das Grünkorn kann auf bekannte Weise durch Verpressung eines lösungsmittelhaltigen
oder lösungsmittelfreien Pulverteigs oder Wickels mit oder ohne Sprengölzusätzen in
einer Strangenpresse oder mittels Extrusion erhalten werden.
[0044] Die durch die Zapfen abgeschlossenen Hohlräume sind axial durchgehende Kanäle mit
einem Hohlraumvolumen, das ein Mehrfaches eines Volumens eines kompakten Zapfens ist.
[0045] Zur Herstellung des temperaturunabhängig abbrennenden Treibladungspulvers wird in
die Öffnung ein Feststoff eingebracht und in Form eines Zapfens derart verfestigt
und fixiert, dass der Zapfen eine temperaturabhängige Mobilität besitzt, die derart
ist, dass bei niedrigerer Anwendungstemperatur eine höhere Mobilität (Verschiebbarkeit
im Loch) gegeben ist, als bei höherer Anwendungstemperatur, so dass der Zapfen bei
niedrigerer Anwendungstemperatur einen schnelleren Lochabbrand zulässt als bei höherer
Temperatur.
[0046] Der Feststoff wird vorzugsweise mit Hilfe eines Moderators, insbesondere eines im
Korn unlöslichen Moderators, und einer leichtflüchtigen Flüssigkeit in die Öffnung
eingebracht. Das Ganze findet in einer Mischapparatur, z. B. einer Trommel statt.
Bei der Rotation wird das Gemisch aus Moderator, Flüssigkeit und Feststoff durch den
Pulvermassedruck sukzessive in die Löcher des Korns gestopft bzw. die feuchte Mischung
arbeitet sich unter Einwirkung des Pulvermassedrucks in die Löcher hinein. Es lässt
sich feststellen, dass sich die Löcher des TLP relativ schnell mit dem trockenen Feststoff
locker füllen. Für den erfindungsgemässen Effekt ist es dagegen wichtig, dass am Eingang
des Loches ein verdichteter Abschnitt aus Feststoff gebildet wird, welcher der Anzünddruckwelle
unter den spezifisch gewünschten Bedingungen auch standhalten kann. Es hat sich gezeigt,
dass beim fertig behandelten Korn die Dichte des Feststoffs in den Löchern von aussen
gegen innen abnimmt, wobei die unter dem verdichteten Zapfen befindliche, relativ
lockere Masse, für die Steuerung des Lochabbrandes keine wesentliche Bedeutung hat.
[0047] Das Grünkorn, der Feststoff und der Moderator werden zusammen mit einer Flüssigkeit
in einer Mischapparatur bei einer Temperatur im Bereich von 0°C bis 90°C während einer
Behandlungsdauer zwischen 10 Minuten und 3 Stunden und mit einer Rotationsgeschwindigkeit
der Mischapparatur zwischen 2 und 30 Umdrehungen pro Minute verarbeitet.
[0048] Gemäss einer bevorzugten Ausführungsform wird ein Moderator verwendet, der radikalisch
vernetzbar ist. Um den Feststoff zu vernetzen wird zusätzlich ein Radikalbildner eingesetzt.
[0049] Der Feststoff und der Moderator werden in der Mischapparatur in einer möglichst kleinen
Menge von z. B. 0.001 Gew.% bis 4 Gew.% bezogen auf das Gewicht des unbehandelten
Grünkorns eingesetzt. Typischerweise wird der Feststoff und der Moderator in einer
Menge von deutlich weniger als 1 Gew.% in die Trommel der Mischapparatur gegeben.
[0050] In einer ähnlichen Menge wird in der Mischapparatur auch die niederviskose Flüssigkeit
zugegeben: 0.1 Gew.% bis 5 Gew.% bezogen auf das Gewicht des unbehandelten Korns.
Niederviskos ist eine Flüssigkeit im vorliegenden Zusammenhang dann, wenn sie mit
dem gelösten Moderator bei Raumtemperatur gut beförderbar ist. Es können niedermolekulare
gängige Lösungsmittel wie Wasser, Alkohol, Toluol, Cyclohexan etc. verwendet werden.
[0051] Ein Radikalbildner kann z. B. in einer Menge von 0.1 Mol% bis 5 Mol% bezogen auf
die Mol-Menge des vernetzbaren Moderators eingesetzt werden, wobei der Radikalbildner
bei der Oberflächenbehandlungstemperatur in der Mischapparatur eine hohe Zerfallsstabilität
aufweist. Die Zerfallszeit während der Oberflächenbehandlung ist für die Hälfte des
Radikalbildners beispielsweise grösser als 10 Stunden. Bei der Polymerisationstemperatur
dagegen soll der Radikalbildner schnell in Radikale zerfallen. Hier kann die Zerfallszeit
für die Hälfte des Radikalbildners kleiner als 1 Stunde sein.
[0052] Das Treibladungspulver muss mittels Spülung mit Inertgas oder mittels Vakuum/Spülung
mit Inertgas bei Raumtemperatur von Luftsauerstoff befreit werden, nachdem es mit
dem vernetzbaren Moderator und mit einem Initiator behandelt worden ist.
[0053] Die Vernetzung des Moderators wird typischerweise unter Inertgas bei Normaldruck,
bei einer Temperatur von weniger als 90°C und während einer Dauer von weniger als
der sechsfachen Zerfallhalbwertszeit des Radikalbildners bei dieser Temperatur durchgeführt.
[0054] Als unvernetzte Moderatoren eignen sich insbesondere, Polyvinylalkohol, Poly(α-methylstyrol)
Poly(vinylalkohol-co-vinylacetat), Poly(vinylalkohol-co-ethylen), Polybutadiendiol,
Polybutadiendioldimethacrylat Polybutadiendioldiacrylat oder längerkettige Kohlenwasserstoffe
wie Wachse. Weil diese Moderatoren in der TLP-Matrix nicht löslich sind, bleiben sie
im Zapfen und an der TLP-Oberfläche. Eine Diffusion ins TLP-Korn oder von der TLP-Oberfläche
weg findet nicht statt.
[0055] Als Flüssigkeit ist Wasser, Hexan, Cyclohexan, Toluol oder ein Gemisch aus Wasser/Ethanol,
Wasser/Methanol, Wasser/Aceton, Ethanol/Cyclohexan oder Toluol/Hexan einsetzbar.
[0056] Als vernetzbare Moderatoren sind z. B. folgende Stoffe anwendbar: Hexandioldiacrylat,
Dipropylenglykoldiacrylat, Ethylenglykoldimethacrylat, Tetraethylenglykoldiacrylat,
Trimethylolpropantriacrylat, Triethylenglykoldiacrylat, propoxyliertes Glycerintriacrylat,
Pentaerythritoltetraacrylat, ethoxyliertes Bisphenol A-diacrylat, propoxyliertes Neopentylglykol-diacrylat,
ethoxyliertes Neopentyl-glykol-diacrylat, Polyethylenglykoldiacrylat, Polybutadiendioldiacrylat,
Polybutadiendioldimethacrylat, Polyethylenglykoldimethacrylat, Polypropylenoxiddiacrylat.
[0057] Die Flüssigkeit kann durch Abdampfen unter Rotation aus der geöffneten Mischapparatur
entfernt werden. Das fertig behandelte Treibladungspulver wird anschliessend während
mehreren Tage bei erhöhter Temperatur (z.B. 3 Tage bei 60°C) gelagert, um restliches
Lösungsmittel und andere flüchtige Anteile zu entfernen.
[0058] Die perforierten TLP können von beliebiger Rezeptur und Dimension sein. So können
sie beispielsweise aus den folgenden Energieträgern hergestellt sein :
[0059] Nitrocellulose mit unterschiedlichen Nitrierungsgraden, Polyglycidylnitrat, Polyglycidylazid,
PolyNIMMO, PolyAMMO, PolyBAMO, Ethylenglykoldinitrat, Diethylenglykoldinitrat, Nitroglycerin,
Butantrioltrinitrat, Metrioltrinitrat, Nitroguanidin, Hexogen, Octogen, Alkyl-NENA,
CL-20, DNDA57, NTO, PETN, etc.
[0060] Das perforierte TLP kann gegebenenfalls in der Pulverherstellung bekannte Zusätze
zur Stabilisierung, Rohrschonung, Weichmachung und Feuerscheindämpfung enthalten.
Bekannte Zusätze zur Stabilitätserhöhung, welche geeigneterweise eingesetzt werden,
sind etwa Akardit II (CAS-Nr. 724-18-5), Centralit I (CAS-Nr. 90-93-7), Centralit
II (CAS-Nr. 611-92-7), 2-Nitrodiphenylamin (CAS-Nr. 836-30-6) und Diphenylamin (CAS-Nr.
122-39-4), zur Rohrschonung etwa Talk (CAS-Nr. 14807-96-6), Titandioxid (CAS-Nr. 13463-67-7),
Calciumcarbonat (CAS-Nr. 1317-65-3) oder Magnesiumsilikat (CAS-Nr. 14807-96-6), zur
Weichmachung etwa Campher (CAS-Nr. 76-22-2) oder Dibutylphthalat (CAS-Nr. 84-74-2),
und zur Feuerscheindämpfung etwa Kaliumsulfat (CAS-Nr. 7778-80-5) oder Kaliumkryolith.
Ferner kann das Grünpulver noch weitere bekannte Zusätze zur Verbesserung des Anzündverhaltens
und zur Modulierung des Abbrandverhaltens enthalten. Alle erwähnten Zusätze können
schon während der Grünkornherstellung dem Pulverteig zugegeben werden, d.h. sie sind
somit gleichmässig in der Kornmatrix verteilt. Die Gesamtmenge dieser Zusätze im Grünkorn
liegt zwischen 0-20 Gew.%, bezogen auf den Gehalt an Nitrocellulose, bevorzugt zwischen
0.1-5 Gew.%. Es ist aber auch möglich, diese Zusätze durch die erfindungsgemässe Oberflächenbehandlung
einzubringen.
[0061] Aus der nachfolgenden Detailbeschreibung und der Gesamtheit der Patentansprüche ergeben
sich weitere vorteilhafte Ausführungsformen und Merkmalskombinationen der Erfindung.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
[0062] Die zur Erläuterung des Ausführungsbeispiels verwendeten Zeichnungen zeigen:
- Fig. 1a-c
- Gegenüberstellung der Versuchsergebnisse zu FM 2032n/9;
- Fig. 2a-c
- Darstellung der angebrannten TLP-Körner;
- Fig. 3a-c
- Druckbombenversuche mit unbehandeltem Grünkorn FM2708n und mit Muster FM 2712n und
FM 2758n;
- Fig. 4a-b
- Darstellung des Druckverlaufs und des Spitzengasdrucks in Abhängigkeit von der Temperatur
bei Waffenbeschuss;
- Fig. 5a-c
- Darstellung der dynamischen Lebhaftigkeiten des unbehandelten, des behandelten und
des gealterten TLP in der Druckbombe;
- Fig. 6
- Konzentrationsprofile des vernetzten Moderators (propoxyliertes Glycerintriacrylat)
vor und nach der beschleunigten Alterung (4 Wochen, 71°C);
- Fig. 7
- Konzentrationsprofile des vernetzten Moderators Ethylendiglycoldimethacrylat vor und
nach der beschleunigten Alterung (4 Wochen, 71°C);
- Fig. 8a-c
- Reduktion der Temperaturabhängigkeit des Abbrands und ballistische Stabilität für
unbehandeltes TLP, für behandeltes TLP nach 4 Wochen bei 21°C und für behandeltes
TLP nach 4 Wochen bei 63°C;
- Fig. 9a-d
- Druckbombenbeschüsse bei verschiedenen Pulvertemperaturen des Grünkorns (Fig. 9a),
des behandelten Pulvers (Fig. 9b), des beschleunigt gealterten, behandelten Pulvers
(Fig. 9c) und einer Mischung aus 70 Gew.% Grünkorn und 30 Gew.% behandeltem Korn (Fig.
9d);
- Fig. 10a-b
- Druckbombenbeschüsse bei einerseits gasdicht gelagertem und andererseits künstlich
gealtertem TLP;
- Fig. 11a-b
- Dynamische Lebhaftigkeiten des Grünkorns und des behandelten Korns ohne Phlegmatisatorzusatz
bei verschiedenen Temperaturen in der Druckbombe
Wege zur Ausführung der Erfindung
[0063] Um die erfindungsgemässen temperaturunabhängigen TLP zu erhalten, wird eine spezielle
Oberflächenbehandlung durchgeführt:
[0064] Dazu werden die perforierten Grünkörner in einer Poliertrommel mit einem Feststoff,
einem zapfenstabilisierenden Moderator und einer niederviskosen Flüssigkeit versetzt
und bei einer bestimmten Temperatur während einer bestimmten Zeit bei einer bestimmten
Rotationsgeschwindigkeit gemischt. Die einzelnen Oberflächenbehandlungsmaterialien
müssen dabei mit dem TLP-Grünkorn verträglich sein.
[0065] Die Verträglichkeit muss von Fall zu Fall mit geeigneten Messmethoden festgestellt
werden. So werden z. B. intensive Mischungen von Grünkorn und von Oberflächenbehandlungsmaterialien
bei 80°C im Wärmeflusskalorimeter (WFK) auf extensive Wärmeentwicklung hin untersucht
oder das Oberflächenbehandlungsmaterial wird in überschüssigen Mengen auf das Grünkorn
aufgetragen oder ins Grünkorn eindiffundiert. Diese Proben werden dem 90°C Gewichtsverlusttest
unterzogen oder im WFK untersucht. Ein weiterer Test zur Bestimmung der Verträglichkeit
ist die Bestimmung der Verpuffungstemperatur solcher Oberflächenbehandlungsmaterialien/
Grünkornmischungen.
Zum Feststoff:
[0066] Beim eingesetzten Feststoff kann es sich um einen reinen Stoff oder eine Stoffmischung
aus verschiedenen Feststoffen handeln. Wichtig ist dabei, dass die mittlere Korngrösse
des Feststoffs oder der Feststoffmischung in einem günstigen Bereich liegt, falls
der Feststoff oder die Feststoffmischung in der niederviskosen Flüssigkeit nicht löslich
sind. Der Feststoff bzw. die Feststoffmischung soll mit Hilfe der Mischapparatur problemlos
in das Loch einführbar sein. Ferner soll er sich gut verdichten, damit der Zapfen
eine ausreichende Festigkeit hat. Die Korngrösse des Feststoffes soll zum Beispiel
nicht grösser als 1/10 des Lochdurchmessers sein.
[0067] Diese Korngrössen liegen im Bereich zwischen 0.01 Mikron und 200 Mikron, bevorzugt
im Bereich 0.1 bis 50 Mikron. (In den weiter unten beschriebenen Versuchsbeispielen
lag die Korngrösse im Bereich von 0,5 bis 45 Mikrometer.) Die Flüssigkeit und der
Feststoff sowie das Verhältnis Feststoff/Flüssigkeit sind dabei so zu wählen, dass
die Feststoffkörner nicht agglomerieren, sondern ihre volle Beweglichkeit behalten.
Dies ist wichtig für eine effiziente Abschliessung der Perforationen an ihren äusseren
Enden.
[0068] Falls der Feststoff oder die Feststoffmischung in der niederviskosen Flüssigkeit
löslich sind, spielt die mittlere Korngrösse logischerweise keine Rolle.
[0069] Bevorzugt werden Feststoffe oder Feststoffmischungen, die in der verwendeten Flüssigkeit
nicht löslich sind.
[0070] Grundsätzlich kann jeder Feststoff oder jede Feststoffmischung verwendet werden,
die innerhalb des Anwendungstemperaturbereichs des TLP chemisch stabil und mit der
TLP-Rezeptur verträglich ist und somit die chemische Lebensdauer nicht negativ beeinflusst.
Zudem darf der Feststoff im gesamten Herstellungs-, Beschuss- und Lagerungstemperaturbereich
nicht schmelzen und während der gesamten Lebensdauer nicht zu wesentlichen Anteilen
vom TLP-Korn wegsublimieren und/oder hineindiffundieren. Bevorzugt werden Substanzen
gewählt, deren Schmelzpunkt mindestens 10°C - 20°C oberhalb der maximalen Einsatztemperatur
liegen. Bevorzugt sind Substanzen, die einen Schmelzpunkt oberhalb von 90°C besitzen
und in der TLP-Rezeptur unlöslich sind oder allenfalls eine nur sehr geringe Löslichkeit
darin aufweisen.
[0071] Bevorzugt werden zudem Feststoffe oder Feststoffmischungen, welche einen positiven
Einfluss auf das TLP ausüben (LOVA-Eigenschaften = Low Vulnerability Ammunition, hohe
Schüttdichte, gute Rieselfähigkeit, erosionsmindernd, feuerscheindämpfend, hoher Energieinhalt,
elektrische Leitfähigkeit und gute Anzündbarkeit).
[0072] Bei den Feststoffen oder deren Mischungen handelt es sich vor allem um inerte Stoffe.
[0073] Aus Gründen der Anzündbarkeit des TLP müssen von inerten Feststoffen oder deren Mischungen
möglichst geringe Mengen verwendet werden. Bezogen auf das Grünkorn werden zwischen
0.001 und 4 Prozent inerte Feststoffe oder Feststoffmischungen eingesetzt, bevorzugt
zwischen 0.01 und 2 Prozent.
[0074] Beispiele für inerte Feststoffe, die rein oder als Mischungen eingesetzt werden können,
sind Graphit, Talk, Titanoxid, Kaliumkryolith, Wolframtrioxid, Molybdäntrioxid, Magnesiumoxid,
Bornitrid, Kaliumsulfat, Akardit, Centralit, Calciumcarbonat, Oxalamid, Ammoniumcarbamat,
Ammoniumoxalat, etc. In Frage kommen auch Polymere und Copolymere mit oder ohne funktionelle
Gruppen, linear, verzweigt oder vernetzt.
Zum zapfenstabilisierenden Moderator:
[0075] Als Moderatoren werden feste oder flüssige Stoffe eingesetzt. Dabei müssen sich die
festen Moderatoren in der niederviskosen Flüssigkeit, die als dritte Komponente eingesetzt
wird, lösen. Flüssige Moderatoren oder Moderatorlösungen können in der niederviskosen
Flüssigkeit auch als Emulgat vorliegen.
[0076] Als Moderatoren eignen sich im Prinzip alle festen und flüssigen Substanzen, die
eine gute chemische Verträglichkeit mit der Grundrezeptur des Grünkorns und eine geringe
Flüchtigkeit aufweisen (z.B. Dampfdruck bei 21°C von < 10
-2 bar). Dabei kann der Moderator als Reinsubstanz oder als Substanzmischung eingesetzt
werden.
[0077] Die eingesetzten Moderatoren sind im Allgemeinen inerte Stoffe. Es ist aber durchaus
möglich, dass energetische "Moderatoren" eingesetzt werden können: Diese müssen allerdings
unempfindlich sein gegenüber der mechanischen Belastung während des Oberflächenbehandlungsprozesses,
bei der späteren Munitionslaborierung bzw. beim Munitionstransport und dessen Einsatz.
[0078] Die eingesetzten Mengen an Moderatoren oder Moderatorengemischen liegen zwischen
0.001 und 4%, bevorzugt zwischen 0.01 und 2%.
[0079] Der Moderator kann in der TLP-Matrix entweder löslich oder unlöslich sein. Ist der
Moderator löslich, so wird er auch als Phlegmatisator bezeichnet und kann auch entsprechend
dieser an sich bekannten Funktion eingesetzt werden.
[0080] Beim Einsatz eines, in der TLP-Matrix löslichen Moderators bildet sich bei der Oberflächenbehandlung
in der äussersten TLP-Schicht ein Konzentrationsgradient aus. Dieser Konzentrationsgradient
kann sich während der TLP-Lebensdauer durch Diffusion abbauen, was zwangsläufig die
Abbrandeigenschaften des TLP ändert. Dies äussert sich meistens in höheren Lebhaftigkeiten
und Spitzengasdrücken, was die ballistischen Eigenschaften ungünstig beeinflusst und
im Extremfall die Waffe zerstören kann.
[0081] Diese (durch Diffusionsprozesse verursachte) ballistische Instabilität des TLP darf
nicht auftreten. Daher hat das Problem der Moderatordiffusion eine zentrale Bedeutung
in der Oberflächenbehandlung von TLP. Die Diffusionsphänomene sind von der Zusammensetzung
des TLP, von der Art des eingesetzten Moderators und von der Temperatur abhängig.
[0082] Werden zwei- oder mehrbasige TLP mit hohen Sprengölkonzentrationen verwendet, so
ist die Diffusion von Moderatoren relativ stark begünstigt. Deshalb muss die erfindungsgemässe
Oberflächenbehandlung so ausgelegt werden, dass während der TLP-Lagerung keine oder
nur eine geringe diffusionsbedingte Veränderung der innenballistischen Eigenschaften
auftreten. Werden leicht diffundierende Moderatoren eingesetzt, so müssen entweder
genügend kleine Mengen verwendet werden, oder es muss sichergestellt sein, dass der
Diffusionsprozess vor der Laborierung in die Munition praktisch abgeschlossen ist.
[0083] Alternativ dazu können für die erfindungsgemässe Oberflächenbehandlung Moderatoren
verwendet werden, welche in der TLP-Matrix nicht merklich diffundieren können. Dies
kann auf zwei Arten erreicht werden :
1.) Man verwendet Moderatoren, die in der Grünkornmatrix gut löslich sind und die
zwei oder mehr radikalisch polymerisierbare Gruppen tragen. Nach der Eindiffusion
der Moderatoren werden diese polymerisiert. Das entstehende Netzwerk ist hochmolekular,
unlöslich und mit der Pulvermatrix verhakt und somit diffusionsstabil.
2.) Man verwendet einen in der Grünkornmatrix unlöslichen Moderator, der zudem einen
sehr geringem Dampfdruck bei Raumtemperatur aufweist. Dieser sitzt dann nach der Oberflächenbehandlung
nur auf der Grünkornoberfläche und kann aus Affinitätsgründen praktisch nicht ins
TLP-Korn eindiffundieren. Ein Moderatorverlust an der TLP-Oberfläche durch Verdampfen/Sublimation
ist bei genügend hohem Molekulargewicht vernachlässigbar.
[0084] Niedermolekulare, lösliche Moderatoren, die sich für die erfindungsmässigen Oberflächenbehandlungen
von zwei- und mehrbasigen TLP eignen, weisen einen möglichst geringen Dampfdruck bei
21°C auf und sind entweder flüssig oder, wenn sie in der niederviskosen Flüssigkeit
löslich sind, Feststoffe. Geeignete Stoffklassen umfassen Ether, Ester, Urethane,
Harnstoffe und Ketone. Beispiele sind Campher, Dibutylphthalat, Diamylphthalat, Centralit,
Dipropyladipat, Di(2-Ethylhexyl)adipat, Diphenylurethan, Methylphenylurethan, Hexandiol-diacrylat,
Ethylenglykol-dimethacrylat, etc.
[0085] Ebenfalls geeignet sind oligomere, lösliche Moderatoren wie Polyether und Polyester
mit Molekulargewichten von 500 bis 3000 Dalton. Beispiele sind Poly(tetrahydrofuran),
Polymethylvinylether, Poly(oxyethylen), Polyethylenglycol, Poly(butandiol)divinylether,
Polyester wie SANTICIZER 431, PARAPLEX G-54, oder Poly[di(ethylenglykol)adipat, Polyethylenglykol,
Polyethylenglykolacrylat, Polyethylenglykolmethacrylat, Polyethylenglykoldiacrylat,
Polyethylenglykoldimethacrylat, Polyethylenglykoldimethylether, Poly(propylenglykol),
Poly(propylenglykol)acrylat, Poly(propylenglykol)diacrylat, Poly(propylenglykol)-Ether,
Polycaprolactondiol, Polycaprolactontriol und die davon abgeleiteten Co-Oligomeren.
Dabei werden bei den Acrylaten/Methacrylaten keine Polymerisationsreaktionen durchgeführt.
[0086] Die radikalisch vernetzbaren Moderatoren umfassen niedermolekulare Verbindungen bzw.
Oligomere oder Polymere, welche pro Molekül mindestens zwei radikalisch polymerisierbare
Gruppen tragen. Die radikalisch vernetzbaren Moderatoren umfassen auch Mischungen
aus
■ niedermolekularen Verbindungen bzw. Oligomeren oder Polymeren, welche pro Molekül
mindestens eine polymerisierbare Gruppe besitzen und
■ Verbindungen, die mindestens zwei polymerisierbare Gruppen tragen.
[0087] Diese Verbindungen sind in der TLP-Matrix entweder unlöslich und bleiben somit an
der TLP-Oberfläche oder sie sind löslich und diffundieren daher im Laufe der erfindungsgemässen
Oberflächenbehandlung in die oberste Schicht des TLP. Ein geeigneter thermisch aktivierbarer
Radikalstarter (Initiator) muss dabei dem vernetzbaren Moderator beigegeben werden.
Dabei soll der Initiator dermassen gut im Moderator löslich sein, dass dieser im Moderator
homogen verteilt vorliegt. Die Behandlungsbedingungen und der Initiator müssen so
gewählt werden, dass der Initiator während des Oberflächenbehandlungsprozesses in
der Poliertrommel möglichst nicht in Radikale zerfallen kann. Sind Initiator und polymerisierbarer
Moderator entweder als Schicht auf der TLP-Oberfläche vorhanden oder in die äusserste
TLP-Schicht eindiffundiert, so wird der Luftsauerstoff und z.T. der in der äussersten
TLP-Schicht vorhandene Sauerstoff durch Vakuum bei Raumtemperatur entfernt und durch
Inertgas ersetzt. Dies ist notwendig, damit die Radikalreaktionen (Polymerisation,
Vernetzung) ohne störende Nebenreaktionen und mit hoher Ausbeute ablaufen. Unter Inertgas
erhöht man die Temperatur des TLP dermassen, dass der Initiator möglichst schnell
und vollständig in Radikale zerfällt. Diese Radikale starten dann die Polymerisation
bzw. die Vernetzung der Moderatoren.
[0088] Als Radikalstarter werden bevorzugt Initiatoren eingesetzt, die bei Raumtemperatur
praktisch nicht, bei Temperaturen um 60°C bis 90°C jedoch sehr schnell in die entsprechenden
Radikale zerfallen. Dies garantiert eine schnelle, schonende und vollständige Umsetzung
der polymerisierbaren Moderatoren. Beispiele für geeignete Radikalstarter sind tert.
Butylperoxyneodecanoat, Di(4-tert.butylcyclohexyl)peroxydicarbonat, tert. Butyl peroxypivalat,
Dilauroylperoxid, Bis(aza-isobutyronitril) etc.
[0089] Die Menge des eingesetzten Polymerisationsinitiators richtet sich nach der Menge
des eingesetzten, vernetzbaren Moderators. So werden zwischen 0.1 und 5 Mol% Initiator,
bezogen auf 1 Mol Moderator verwendet. Bevorzugt werden Initiatormengen zwischen 1
und 4 Mol%.
[0090] Als vernetzbare, im TLP lösliche Moderatoren sind Derivate von Diacrylaten, Triacrylaten,
Tetraacrylaten, Dimethacrylaten, Trimethacrylaten, Tetramethacrylaten, Diacrylamiden,
Triacrylamiden, Dimethacrylamiden, Trimethacrylamiden, Divinylestern, Trivinylestern,
Divinylethern, Trivinylethern, Divinylaromaten, Trivinylaromaten etc. geeignet.
[0091] Beispiele für niedermolekulare, radikalisch vernetzbare Moderatoren sind Hexandioldiacrylat,
Hexandioldimethacrylat, Ethylenglykol-dimethacrylat, Tetraethylenglykol-diacrylat,
Triethylenglykol-diacrylat, Dipropylenglykol-diacrylat, Trimethylolpropan-triacrylat,
Pentaerythritoltetraacrylat etc.
[0092] Beispiele für oligomere, radikalisch vernetzbare Moderatoren sind niedermolekulares
Polyethylenglykoldiacrylat, niedermolekulares Polyethylenglykoldimethacrylat, ethoxyliertes
Bisphenol A-diacrylat, propoxyliertes Neopentylglykol-diacrylat, ethoxyliertes Neopentyl-glykol-diacrylat,
propoxyliertes Glycerin-triacrylat, ethoxyliertes Pentaerythritoltetraacrylat etc.
[0093] Beispiele für polymere, radikalisch vernetzbare Moderatoren sind Polybutadiendioldiacrylat,
hochmolekulares Polyethylenglykoldiacrylat, hochmolekulares Polyethylenglykoldimethacrylat,
hochmolekulares Polypropylenoxiddiacrylat etc.
[0094] Bei den, im TLP wenig löslichen oder ganz unlöslichen Moderatoren handelt es sich
um feste oder flüssige Verbindungen, die in der niederviskosen Flüssigkeit löslich
oder zumindest fein emulgierbar sind. Bei den in Frage kommenden Verbindungen kann
es sich um inerte oder energetische Substanzen handeln. Vorausgesetzt werden muss,
dass sich die Moderatorkonzentration auf der TLP-Oberfläche nicht durch Sublimation
oder Diffusion verändern kann. Dies kann durch Verwendung entweder von hochschmelzenden,
niederkann die Flüchtigkeit bei unlöslichen Verbindungen, die polymerisierbare Gruppen
aufweisen, nach dem Aufbringen auf das TLP-Korn zusätzlich durch eine Polymerisations-reaktion
(wie sie oben beschrieben wird) herabgesetzt werden.
[0095] Als unlösliche Moderatoren eignen sich apolare Polymere und Oligomere oder stark
polare Polymere und Oligomere mit oder ohne polymerisierbare Gruppen.
[0096] Beispiele dazu sind total oder teilweise hydrolysiertes Polyvinylacetat, Poly(vinylalkohol-coethylen),
Polybutadien, Polybutadiendiol, Polybutadiendioldiacrylat, Polystyrol, Polyvinylpyrrolidon,
Poly(acrylonitril-co-butadien), Poly(α-Methylstyrol), Poly(vinyltoluol-co-α-Methylstyrol),
etc.
Zur niederviskosen Flüssigkeit:
[0097] Bei der niederviskosen Flüssigkeit, die gebraucht wird, um die erfindungsgemässen
Oberflächenbehandlungen durchzuführen, handelt es sich um ein Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemisch,
das den festen oder flüssigen zapfenstabilisierenden Moderator sehr gut lösen oder
fein emulgiert werden kann, das jedoch das TLP-Korn nicht oder nur sehr wenig zu quellen
vermag. Gut geeignet sind Flüssigkeiten mit hoher oder mit geringer Polarität. Der
Siedepunkt der Flüssigkeit muss höher liegen als die Oberflächenbehandlungstemperatur.
Trotzdem soll die niederviskose Flüssigkeit eine genügend hohe Flüchtigkeit aufweisen,
dass ein Verdunsten bei der Behandlungstemperatur in kurzer Zeit stattfinden kann
(zwischen 5 und 60 Minuten). Gegebenenfalls kann die Flüssigkeit auch mit Hilfe von
Druckreduktion oder mittels warmem Gasstrom entfernt werden. Als Flüssigkeit kann
reines Lösungsmittel oder ein Lösungsmittelgemisch verwendet werden. Für die Oberflächenbehandlung
werden Mengen von 0.1% bis 5% Flüssigkeit (bezogen auf die Menge TLP) verwendet. Bevorzugt
wird zwischen 0.5% und 2% Flüssigkeit eingesetzt.
[0098] Beispiele für besonders gut geeignete niederviskose Flüssigkeiten sind Wasser, Gemische
aus Wasser und Methanol, Gemische aus Wasser und Ethanol, Gemische aus Wasser und
Propanol, Gemische aus Wasser und Aceton, Gemische aus Wasser und Tetrahydrofuran,
sowie Pentan, Hexan, Heptan, Cyclohexan, Toluol, Methylenchlorid und deren Mischungen.
[0099] Mit den oben erwähnten Substanzen werden perforierte TLP in einer Poliertrommel behandelt.
Das Volumen einer beliebig grossen Poliertrommel aus Stahl oder Kupfer, wobei das
Minimalvolumen auf etwa 10 Liter beschränkt ist, wird dazu teilweise mit einem perforierten
TLP gefüllt. Der angestrebte Füllgrad liegt dabei zwischen 5 und 50%, bevorzugt zwischen
10 und 40%. Das TLP kann ungraphitiert oder graphitiert sein. Dazu wird unter Drehen
zuerst der Feststoff oder die Feststoffmischung aufgetragen und homogen auf die gesamte
TLP-Oberfläche verteilt. Ist das eingesetzte TLP schon genügend graphitiert, so kann
gegebenenfalls auf ein weiteres Einbringen von Feststoff verzichtet werden oder es
kann zusätzlich ein anderer Feststoff dazu gegeben werden. Dann wird eine Lösung aus
der niederviskosen Flüssigkeit und dem Moderator oder der Moderatormischung zugegeben.
Im Falle einer gewünschten Vernetzung von polymerisierbaren Moderatoren enthält diese
Lösung zusätzlich noch den Polymerisationsinitiator.
[0100] Da aus sicherheitstechnischen Überlegungen (elektrostatische Aufladungen beim Transport
von TLP) das Pulver immer mit einem elektrisch leitenden Material überdeckt sein muss,
sollte mindestens eine der Feststoffkomponenten entweder Graphitstaub oder Acetylenruss
sein.
[0101] Falls der Feststoff aus inertem (nicht energetischem) Material besteht, wird dieser
nur in kleinen Mengen (bezogen auf das TLP) eingesetzt. So werden in der Poliertrommel
zwischen 0.01% und 2% Feststoff homogen auf das TLP verteilt. Im Falle einer Zumischung
von energetischem Material kann wegen der besseren Anzündbarkeit dieser Mischung eine
Konzentration von mehr als 2% eingesetzt werden.
[0102] Unter optimalen Fliessbewegungen der TLP-Körner und bei Temperaturen zwischen 0°C
und 90°C, bevorzugt zwischen 20°C und 70°C lässt man während einer bestimmten Zeit
die zugefügten Substanzen auf die TLP-Oberfläche einwirken. Dabei dauert der Einwirkprozess
zwischen 5 Minuten und 4 Stunden, bevorzugt zwischen 15 Minuten und 120 Minuten. Die
Poliertrommel muss während der Einwirkzeit (je nach Dampfdruck der verwendeten Flüssigkeit)
gasdicht geschlossen sein.
[0103] Nach der Einwirkzeit wird bei gasdichter Behandlungseinrichtung normalerweise der
Deckel des Einfülllochs entfernt, so dass sich die niederviskose Flüssigkeit grösstenteils
verflüchtigen kann. Auch dieser Abdampfprozess muss zeitlich genau kontrolliert werden.
Dabei kann die Zeitspanne zwischen 5 Minuten und 4 Stunden liegen, bevorzugt wird
zwischen 10 Minuten und 120 Minuten abgedampft. Das Abdampfen kann durch weitere Massnahmen
noch zusätzlich unterstützt bzw. gefördert werden. So kann z.B. ein Luft- oder Inertgasstrom
über das feuchte TLP geleitet werden.
[0104] Im Falle von nichtpolymerisierenden Moderatoren wird das behandelte TLP anschliessend
einem scharfen Trocknungsprozess unterzogen. Dabei werden letzte Spuren von Lösungsmitteln
entfernt und die Behandlungsschicht stabilisiert. So wird das TLP typischerweise bei
60°C während ca. 3 Tagen im Umluftofen belassen. Damit lässt sich z.B. Ethanol komplett
(< 0.01%) entfernen.
[0105] Wenn ein radikalisch polymerisierbarer Moderator eingesetzt wird und eine Polymerisationsreaktion
durchgeführt werden soll, wird zusätzlich ein entsprechender Polymerisationsinitiator
zugegeben. Die Oberflächenbehandlung des TLP wird bei möglichst tiefer Temperatur
durchgeführt und die niederviskose Flüssigkeit bei derselben Temperatur entfernt.
Bevorzugt wird die Oberflächenbehandlung bei Raumtemperatur durchgeführt. Anschliessend
wird das TLP im Vakuum von Lösungsmittelresten und vom Luftsauerstoff befreit und
unter Inertgas gesetzt. Alternativ kann das TLP auch nur mit dem Inertgas gespült
werden, um den Luftsauerstoff zu verdrängen. Als Inertgas kann z.B. Argon oder Stickstoff
verwendet werden. Erst dann wird die TLP-Masse unter Inertgas auf die erforderliche
Polymerisationstemperatur erwärmt, welche normalerweise um 30°C bis 60°C oberhalb
der Behandlungstemperatur liegt.
[0106] Wird z.B. bei Raumtemperatur behandelt, so wird ein Polymerisationsinitiator eingesetzt,
der bei der Raumtemperatur thermisch stabil ist, jedoch bei 50°C bis 80°C sehr schnell
in die entsprechenden Radikale zerfällt.
[0107] Die Zerfallshalbwertszeit eines Polymerisationsinitiators ist die Zeit, in der die
Hälfte des Initiators bei einer bestimmten Temperatur in Radikale zerfallen ist. Diese
Zerfallshalbwertszeit ist, wegen ihrer zentralen Bedeutung, bei allen kommerziell
erhältlichen thermischen Initiatoren bekannt. Damit nun die Polymerisationsreaktionen
möglichst vollständig ablaufen, wird zur Sicherheit die Polymerisationsdauer bei einer
bestimmten Temperatur auf das vier- bis sechsfache der Zerfallshalbwertszeit des eingesetzten
Initiators bei dieser Temperatur angesetzt. Dann wird das TLP direkt an der Luft oder
unter dem Inertgas auf Raumtemperatur abgekühlt. Da für das Auftragen des polymerisierbaren
Moderators bevorzugt niedersiedende, apolare Lösungsmittel verwendet werden, ist das
TLP nach der Evakuation und Polymerisation praktisch lösungsmittelfrei.
[0108] Die oben dargestellten Oberflächenbehandlungsprozesse bewirken, dass die Lochkanäle
im Eingangsbereich mit kompakten, verdichteten Zapfen, bestehend hauptsächlich aus
den verwendeten Feststoffen oder Feststoffgemischen und aus Moderator, verschlossen
werden.
[0109] Dabei bewirkt die niederviskose Flüssigkeit und/oder der im TLP lösliche Moderator
(Phlegmatisator), dass der Zapfen zusätzlich verfestigt und im Lochkanal verankert
wird.
[0110] Überraschenderweise wurde gefunden, dass bei der richtigen Wahl der Behandlungsparameter
alle oberflächenbehandelten, perforierten TLP eine stark reduzierte Temperaturabhängigkeit
oder gar eine weitgehend temperaturunabhängige Charakteristik beim Abbrand aufweisen.
Es wurde beobachtet, dass bei der Anfeuerung bei hohen Pulvertemperaturen die Zapfen
in den Lochkanälen praktisch stabil verankert sind und an Ort bleiben. Dadurch ist
in der ersten Abbrandphase der Anbrennvorgang des TLP durch die veränderte Formfunktion
anders als beim klassischen Verhalten und der inhärent schnelle Pulverabbrand bei
hohen Temperaturen wird daher stark kompensiert. Wird dasselbe TLP bei Raumtemperatur
angefeuert, so verändert sich die Formfunktion in dem Sinne, dass eine schnellere
Oberflächenvergrösserung stattfindet und damit die Gasbildungsrate an diejenige bei
hohen Einsatztemperaturen angeglichen werden kann. Schliesslich beobachete man bei
sehr tiefen TLP-Temperaturen, dass die Gasbildungsrate auf Grund des Erreichens eines
klassischen Verhaltens bezüglich Formfunktion bei perforierten TLP sich derjenigen
eines Grünkorns angleicht.
[0111] Der Abbrand in den Perforationen des TLP wird also durch den behandlungsbedingten
Einfluss auf die Formfunktion bei steigenden Pulvertemperaturen verlangsamt. Dies
wirkt der, mit steigender Temperatur schneller werdenden Brenngeschwindigkeit des
TLP entgegen. Im Idealfall kompensieren sich die beiden Effekte, so dass das oberflächenbehandelte
TLP ein temperaturunabhängiges Abbrandverhalten aufweist.
[0112] Dieser erfindungsgemässe Wirkmechanismus unterscheidet sich damit vollständig von
den anderen, in der Literatur beschriebenen Mechanismen zur Erzielung einer reduzierten
Temperaturabhängigkeit. Insbesondere basiert dieser Mechanismus nicht auf der (gefährlichen)
Versprödung des TLP bei tiefen Temperaturen.
[0113] Bei der richtigen Wahl der Oberflächenbehandlungskomponenten bleibt dieser Effekt
auch erhalten, wenn das behandelte TLP einer beschleunigten Alterung (z.B. 4 Wochen
Lagerung bei 63°C) unterzogen wird bzw. sehr lange bei Raumtemperatur gelagert wird.
Somit weist das oberflächenbehandelte TLP eine gute ballistische Stabilität auf, d.h.
die mit diesem Treibladungspulver gefüllte Munition kann sicher und mit gleichbleibender
Leistung verschossen werden.
[0114] Es wurde zudem festgestellt, dass die erfindungsgemässe Oberflächenbehandlung sich
auch günstig auf die Rieselfähigkeit und die Schüttdichte des TLP auswirkt. So liegen
die Schüttdichten der behandelten TLP bis zu 10% höher als die Schüttdichten der unbehandelten
TLP.
[0115] Da das Hülsenvolumen einer gegebenen Munitionskomponente vorgegeben ist, lässt sich
bei erhöhter Schüttdichte mehr Pulver in diesem vorgegebenen Hülsenvolumen unterbringen.
[0116] TU-Verhalten (temperaturunabhängige Abbrandcharakteristik) und hohe Schüttdichte
tragen nun dazu bei, dass bestehende Hülsen mit mehr TLP gefüllt werden können und
somit die kinetische Energie des Geschosses angehoben werden kann, ohne dass dabei
im gesamten Temperatureinsatzbereich der gegebene Maximaldruck in der Waffe überschritten
wird.
[0117] Damit eignet sich ein TLP, das einer erfindungsgemässen Oberflächenbehandlung unterzogen
wurde, deutliche und kostengünstige Kampfwertsteigerungen in bestehenden Waffensystemen
zu realisieren, ohne die volle Systemverträglichkeit zu beeinträchtigen. Im Weiteren
kann dieses behandelte TLP auch in neuentwickelten Waffensystemen eingesetzt werden.
Dabei kann durch geschickte Wahl der Feststoffe z. B. die Anzündung verbessert und/oder
die Rohrerosion reduziert werden.
[0118] Der Kern der Erfindung lässt sich wie Folgt zusammenfassen:
1.) Einarbeitung eines nichtflüchtigen Feststoffs in die Perforationen eines zwei-
oder mehrbasigen Treibladungskorns in geeigneten Behandlungsvorrichtungen. Verwendet
werden dazu Feststoffe mit einer mittleren Korngrösse, die deutlich kleiner ist als
der Perforationsdurchmesser, geeignete Moderatoren zur Zapfenstabilisation und eine
adäquate Menge einer leicht zu entfernenden, niederviskosen Flüssigkeit.
2.) Die gebildeten Behandlungsschichten aus Feststoff werden in den Perforationen
mit Hilfe des Moderators und der niederviskosen Flüssigkeit dermassen verdichtet bzw.
verankert, dass mit steigender Einsatztemperatur die Verschliessung resistenter wird
gegen den Anzündschock und damit die Formfunktion entsprechend beeinflusst wird. Diese
Eigenschaft der Zapfen bleibt unverändert über die ganze Produktelebensdauer des Treibladungspulvers
(ballistische Stabilität).
3.) Art und Konzentration des Feststoffs, des Moderators und der niederviskosen Flüssigkeit
werden zusammen mit den Oberflächenbehandlungsparametern (Masse, Temperatur, Drehzahl,
Behandlungsdauer, etc.) auf jedes Pulverkorn und die entsprechende Anzündung angepasst,
um das optimale Ergebnis zu erhalten.
4.) Durch stärkere Oberflächenbehandlung (Erhöhung der Konzentration des Feststoffs
und/oder des Moderators und/oder der Behandlungsdauer) kann die normale Temperaturabhängigkeit
des TLP-Abbrands sogar invertiert werden: Dermassen stark behandelte TLP brennen bei
tiefen Temperaturen schneller ab als bei hohen Temperaturen ("negativer Temperaturkoeffizient").
5.) Durch Abmischen von stark behandeltem TLP (mit invertiertem Abbrandverhalten)
mit unbehandeltem TLP lassen sich ebenfalls TLP herstellen, deren Abbrand unabhängig
von der Temperatur ist. Generell kann durch Abmischen von behandeltem mit unbehandeltem
TLP die Brisanz in einem weiten Bereich variiert werden.
[0119] Durch die Kontrolle der unter den Punkten 1) bis 3) beschriebenen Parametern gelingt
es, neuartige Treibladungsschüttpulver mit stark reduzierter bis neutraler Temperaturempfindlichkeit
herzustellen (artrein behandelte TLP).
[0120] Zu den nachfolgend beschriebenen Beispielen ist Folgendes zu sagen:
■ Die Treibladungspulver-Rohmasse wurde aus 58 % Nitrocellulose, 26 % Nitroglycerin
und 16 % Diethylenglycoldinitrat gefertigt. Als Stabilisator wurde Akardit II verwendet.
■ Das perforierte Grünkorn wurde in einer Strangenpresse mit einer 19-Loch Matrize
hergestellt. Die Matrizendimension ist bei den Beispielen jeweils angegeben.
■ Das oberflächenbehandelte Grünkorn mit einem praktisch temperaturunabhängigen Abbrandverhalten
wird auch als SCDB (Surface Coated Double Base) Treibladungskorn bezeichnet.
Beispiel 1 (FM 2032n/9)
[0121] In einer Behandlungseinrichtung (Behandlungstrommel) werden 90 Kilogramm Grünkorn,
hergestellt mit einer 10.5x(19x0.2)mm Matrize, bei 16°C vorgelegt. Dazu gibt man 180
Gramm Graphit (0.2 Gew.% bezogen auf das TLP) und eine Lösung aus 1440 Millilitern
80%-Vol Ethanol (16 ml pro Kilogramm TLP) und 225 Gramm Polytetrahydrofuran 650 (0.25
Gew.% bezogen auf das TLP).
[0122] Bei gasdicht geschlossener Trommel wird die Mischung bei 16°C und 14 U/Min. 30 Minuten
lang gerührt. Dann wird der Deckel der Poliertrommel entfernt und das Lösungsmittel
während 105 Minuten abgedampft.
[0123] Das behandelte TLP wird bei 60°C während 3 Tagen getrocknet.
[0124] Fig. 1a-c zeigt eine Gegenüberstellung der Versuchsergebnisse des Abbrandverhaltens
eines Treibladungspulvers in der ballistischen Bombe. Auf der Abszisse ist das Verhältnis
des momentanen Drucks P zu maximalem Druck Pmax und auf der Ordinate ist die dynamische
Lebhaftigkeit (1/bar sec)x100 aufgetragen. In Fig. 1a ist das Verhalten des unbehandelten
Grünkorns bei den Anwendungstemperaturen -40°C, +21°C und +50°C ersichtlich. In Fig.
1b sind die Druckbombenversuche unmittelbar nach der Pulverfertigung und in Fig. 1c
nach einer 5-jährigen Lagerung bei 21°C aufgezeichnet.
[0125] Im Vergleich mit dem Grünkorn zeigt das oberflächenbehandelte (SCDB) TLP FM 2032n/9
in der 150 ml Druckbombe (Ladedichte 0.2 , Beschuss bei -40°C, +21°C und +50°C) bei
den drei Pulvertemperaturen sehr kleine Lebhaftigkeitsunterschiede. Das heisst, dass
der Abbrand praktisch temperaturunabhängig verläuft.
[0126] Ein Teil des behandelten TLP wird in einem abgeschlossenen Gefäss bei Raumtemperatur
5 Jahre lang gelagert. Von diesem gelagerten TLP wird erneut eine Druckbombe geschossen
(Fig. 1c). Das TLP zeigt praktisch die gleichen dynamischen Lebhaftigkeiten wie 5
Jahre zuvor, d.h. der Abbrand ist nach wie vor temperaturunabhängig.
Beispiel 2 (FM 2712n)
[0127] In einer grossen Behandlungseinrichtung werden 220 Kilogramm Grünkorn, hergestellt
mit einer 12.0x(19x0.20)mm Matrize und auf 30°C aufgewärmt, vorgelegt. Dazu gibt man
187 Gramm (0.085Gew.% bezogen auf das TLP) Graphit und anschliessend eine Lösung aus
264 Gramm Polytetrahydrofuran 650 (0.12 Gew.% bez.TLP) und 2040 Gramm 75%-Vol Ethanol
(10.6 Milliliter pro Kilogramm TLP). Bei 30°C lässt man bei geschlossener Trommel
während 60 Minuten mit einer Umdrehgeschwindigkeit von 8.25 U/Min. rühren. Danach
wird der Deckel der Poliertrommel entfernt, erneut 187 Gramm (0.085 Gew.%) Graphit
zugegeben und das Lösungsmittel unter Drehen während 30 Minuten abgedampft.
[0128] Das so behandelte TLP wird bei 60°C während 3 Tagen getrocknet.
Beispiel 3 (FM 2758n)
[0129] Diese Behandlung wird exakt gleich durchgeführt wie in Beispiel 2.
[0130] Um den Mechanismus des temperaturunabhängigen Abbrands des TLP zu bestätigen, wurden
Pulverkörner in einer Löschbombe bei unterschiedlichen Temperaturen untersucht: Eine
Berstscheibe öffnete dabei die Bombe bei ca. 700 bar und die angebrannten TLP-Körner
wurden in ein Wasserbad geschleudert und gelöscht. Die rekuperierten, teilverbrannten
TLP wurden fotografiert.
[0131] In Fig. 2a-c sind die angebrannten TLP-Körner abgebildet, die bei -40°C, +21°C und
+50°C geschossen wurden. Es ist klar zu erkennen, dass bei tiefen Temperaturen andere
Formfunktionseigenschaften zum Abbrandmechanismus beitragen als bei hohen Temperaturen.
[0132] Fig. 3a zeigt wiederum die Druckbombenresultate des unbehandelten Grünkorns FM2708n.
Fig. 3b und 3c zeigen die Versuchsergebnisse der beiden Muster FM 2712n und FM 2758n.
Es ist klar ersichtlich, dass die Temperaturabhängigkeit des TLP-Abbrands stark reduziert
werden konnte.
[0133] Mit diesen Mustern ist auch ein Waffenbeschuss durchgeführt worden. Wie aus Fig.
4b (Spitzengasdruck in Abhängigkeit von der Temperatur) ersichtlich ist, können über
den ganzen Temperaturbereich von -40°C bis +63°C keine grossen Variationen im Druckverlauf
festgestellt werden. Auch die gemessenen Mündungsgeschwindigkeiten variieren nur sehr
leicht (Fig. 4a: Mündungsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur). Im Gegensatz
dazu schiesst das unbehandelte TLP LKE II sehr temperaturabhängig.
Beispiel 4 (CM 0310n/112)
[0134] In einer Behandlungseinrichtung werden bei Raumtemperatur 8 Kilogramm Grünkorn, hergestellt
mit der Matrize 12.0x(19x0.20)mm, vorgelegt. Dazu gibt man 32 Gramm (0.40 Gew.% bezogen
auf das TLP) Graphit (Korngrösse 45 Mikron) und verteilt dieses homogen auf die gesamte
Schüttpulveroberfläche durch Drehen mit 24 U/Min. während 5 Minuten in der geschlossenen
Trommel.
[0135] Danach sprüht man unter Drehen der Pulvermasse eine Lösung, bestehend aus 100 Gramm
Cyclohexan (1.25 Gew.% bezogen auf das TLP), 40 Gramm propoxyliertes Glycerintriacrylat
(0.5 Gew.% bezogen auf das TLP) und 2 Gramm Di(4-tert.butylcyclohexyl)peroxydicarbonat
(5 Gew.% bezogen auf das Triacrylat).
[0136] Bei gasdicht geschlossener Trommel wird die Masse bei Raumtemperatur 60 Minuten lang
gerührt. Dann wird der Deckel der Behandlungseinrichtung entfernt und das Lösungsmittel
während 30 Minuten unter Drehen abgedampft.
[0137] Das behandelte TLP wird in einen Vakuumschrank transferiert und dort bei Raumtemperatur
evakuiert, bis ein Enddruck von etwa 1 mbar erreicht ist. Dann wird der Vakuumschrank
mit Stickstoff gefüllt und die Heizung eingeschaltet. Sobald das TLP eine Temperatur
von 70°C erreicht hat, lässt man noch etwa zwei Stunden lang diese Temperatur einwirken.
Danach lässt man das TLP auf Raumtemperatur abkühlen.
[0138] HPLC-Untersuchungen des behandelten TLP zeigten, dass im TLP kein freies Triacrylat
mehr vorhanden war.
[0139] 1 Kilogramm des behandelten TLP wird in einem gasdichten Beutel eingeschweisst und
bei 71°C während 4 Wochen gelagert. Dies entspricht einer Lagerung bei Raumtemperatur
von mehreren Jahrzehnten (50 bis 100 Jahre). Der Rest des TLP wird bei Raumtemperatur
gelagert.
[0140] Von der künstlich gealterten Probe, von der normal gelagerten Probe und von unbehandeltem
TLP wird je eine 150 ml Druckbombe (Ladedichte 0.2) geschossen bei -40°C, +21°C und
+50°C.
[0141] Die Resultate sind in Fig. 5a-c dargestellt. Die dynamischen Lebhaftigkeiten des
behandelten TLP (Fig. 5b) bei den verschiedenen Beschusstemperaturen unterscheiden
sich nicht mehr so stark wie diejenigen des Grünkorns (Fig. 5a). Das behandelte TLP
ist weniger temperaturempfindlich geworden. Die dynamischen Lebhaftigkeiten haben
sich durch die künstliche Alterung nicht verändert (Fig. 5c), weil eine Diffusion
des polymerisierten Moderators nicht mehr möglich ist. Dies zum einen durch das stark
angestiegene Molekulargewicht des Moderators durch die Vernetzung und zusätzlich durch
die Verhakungen der polymeren Moderatorketten mit den Nitrocelluloseketten. Das heisst,
das behandelte TLP ist ballistisch stabil.
[0142] Untersuchungen des Konzentrationsprofils mittels FTIR bestätigen, dass der vernetzte
Moderator nicht mehr diffundieren kann. Dies ist in Fig. 6 (relative Konzentration
in Funktion der Eindringtiefe) gezeigt. Dort sind die Konzentrationsgradienten des
Moderators an der Oberfläche der TLP-Körner vor und nach der künstlichen Alterung
unverändert.
Beispiel 5 (FM 2706n/F)
[0143] Analog zum Beispiel 4 wurde ein Grünkorn, gefertigt mit der Matrize 11.0x(19x0.20)mm,
mit einem vernetzbaren Moderator behandelt.
[0144] Verwendet wurde Ethylenglycoldimethacrylat (1.3 Gew.% bez. TLP).
[0145] Nach der Vernetzung des Moderators wurde der Restgehalt an Ethylenglykoldi-methacrylat
mittels GC/MS bestimmt. Es zeigte sich, dass >95% des Dimethacrylats umgesetzt wurde.
Das TLP wurde bei 71°C während 4 Wochen gelagert und anschliessend mit FTIR-Mikrospektroskopie
dessen Konzentrationsprofil mit normal gelagertem TLP verglichen. Die in Fig. 7 gezeigten
Konzentrationsprofile des vernetzten Moderators belegen, dass auch unter drastischen
Lagerbedingungen keine Diffusion festgestellt werden kann. Das bedeutet wiederum,
das dieses TLP ballistisch stabil ist.
Beispiel 6 (AM 0116n/202)
[0146] In einer kleinen Rotationstrommel werden 8 Kilogramm Grünkorn, das mit einer 12x(19x0.20)mm
Matrize hergestellt wurde, vorgelegt. Das Grünkorn wurde vorgängig auf 60°C erwärmt.
[0147] Zum warmen Grünkorn gibt man unter Drehen mit 26 U/Min. 12 Gramm Graphit (0.12 Gew.%
bezogen auf das TLP). Sobald der Graphit homogen auf dem TLP verteilt ist, wird eine
Lösung aus 90 Gramm Wasser (1.1 Gew.% bezogen auf das TLP) und 5.6 Gramm Polyvinylalkohol
(0.07 Gew.% bezogen auf das TLP) dazu gegeben und bei geschlossener Trommel bei 60°C
während 70 Minuten gemischt.
[0148] Danach wird der Verschlussdeckel entfernt und das Wasser unter Drehen während 20
Minuten abgedampft.
[0149] Das behandelte TLP wird bei 60°C während drei Tagen getrocknet.
[0150] In Fig. 8a-c sind die Druckbombenbeschüsse bei verschiedenen Pulvertemperaturen des
Grünkorns (Fig. 8a: unbehandelt), des behandelten Pulvers (Fig. 8b: nach einer Lagerung
bei 21°C während 4 Wochen) und des beschleunigt gealterten, behandelten Pulvers (Fig.
8c: 4 Wochen bei 63°C) zu sehen. Die Druckbombe zeigt klar die Reduktion der Temperaturabhängigkeit
des Pulverabbrands nach der erfindungsgemässen Oberflächenbehandlung. Diese Reduktion
bleibt unverändert, wenn das behandelte TLP einer künstlichen Alterung unterzogen
wird. Wegen seiner Unlöslichkeit kann Polyvinylalkohol nicht in die TLP-Matrix eindiffundieren.
Somit ist auch dieses behandelte TLP ballistisch stabil.
Beispiel 7 (AM 0106n/1)
[0151] In einer mittleren, auf 30°C thermostatisierten Oberflächenbehandlungsvorrichtung
werden 55 Kilogramm Grünkorn, das mit einer 13.7x(19x0.26)mm Rosettenmatrize hergestellt
wurde, vorgelegt. Das Grünkorn wurde vorgängig auf 30°C erwärmt.
[0152] Zum warmen Grünkorn gibt man unter Drehen bei 13.6 U/Min. 55 Gramm Graphit (0.10Gew.%
bezogen auf das TLP). Sobald der Graphit homogen auf dem TLP verteilt ist, wird eine
Lösung aus 512 Gramm Ethanol (75 %-Vol Ethanol, 25 %-Vol Wasser) und 27.5 Gramm Polytetrahydrofuran
650 (0.05Gew.% bezogen auf das TLP) dazugegeben und bei geschlossener Trommel bei
30°C während 60 Minuten gemischt.
[0153] Danach wird der Verschlussdeckel entfernt und der wässrige Ethanol unter Drehen während
15 Minuten abgedampft.
[0154] Das behandelte TLP wird bei 60°C während drei Tagen getrocknet.
[0155] In Fig. 9a-d sind die Druckbombenbeschüsse bei verschiedenen Pulvertemperaturen des
Grünkorns (Fig. 9a: unbehandelt), des behandelten Pulvers (Fig. 9b: nach einer Lagerung
bei 21°C während 4 Wochen) und des beschleunigt gealterten, behandelten Pulvers (Fig.
9c: 4 Wochen bei 63°C) zu sehen. Die Druckbombe zeigt klar die Reduktion der Temperaturabhängigkeit
des Pulverabbrands nach der erfindungsgemässen Oberflächenbehandlung. Diese Reduktion
bleibt unverändert, wenn das behandelte TLP einer künstlichen Alterung unterzogen
wird. Somit ist auch dieses behandelte TLP ballistisch stabil.
[0156] Im Weiteren ist in Fig. 9d eine Mischung aus 70 Gew.% Grünkorn und 30 Gew.% behandeltem
Korn gezeigt. Mit solchen Mischungen kann die Lebhaftigkeit des TLP-Abbrands noch
zusätzlich gesteuert werden.
Beispiel 8 (AM 0116n/308)
[0157] In einer Behandlungseinrichtung werden bei Raumtemperatur 8 Kilogramm Grünkorn, hergestellt
mit der Matrize 12.0x(19x0.20)mm, vorgelegt. Dazu gibt man 16 Gramm (0.20Gew.% bezogen
auf das TLP) Graphit (Korngrösse 45 Mikron) und verteilt dieses homogen auf die gesamte
Schüttpulveroberfläche durch Drehen mit 24 U/Min. während 5 Minuten in der geschlossenen
Trommel.
[0158] Danach sprüht man unter Drehen der Pulvermasse eine Lösung, bestehend aus 60 Gramm
Cyclohexan (0.75 Gew.% bezogen auf das TLP) und 12 Gramm Polybutadiendioldimethacrylat
(0.15 Gew.% bezogen auf das TLP) auf das graphitierte TLP.
[0159] Bei gasdicht geschlossener Trommel wird die Masse bei Raumtemperatur 100 Minuten
lang gerührt. Dann wird der Deckel der Behandlungseinrichtung entfernt und das Lösungsmittel
während 20 Minuten unter Drehen abgedampft.
[0160] Das behandelte TLP wird anschliessend bei 60°C während 3 Tagen getrocknet.
[0161] Ein Teil dieses oberflächenbehandelten TLP wird bei 71°C während 4 Wochen in einem
gasdichten Beutel künstlich gealtert (Fig. 10b), während dem der andere Teil des TLP
gasdicht bei Raumtemperatur gelagert wird (Fig. 10a).
[0162] Beide TLP werden in der 150 cm
3 Druckbombe bei - 40°C, +21°C und +63°C beschossen. Die Resultate sind in Fig. 10
ersichtlich. Obwohl der Moderator nicht vernetzt auf dem TLP vorliegt, ist keine Lebhaftigkeitsänderung
in der Druckbombe vor (Fig. 10a) und nach (Fig. 10b) der Alterung feststellbar. Das
bedeutet, dass der Moderator weder weg- noch ins TLP hineindiffundiert ist.
[0163] Die Untersuchung der Konzentrationsprofile mittels FTIR-Mikrospektroskopie vor und
nach der Alterung des TLP zeigt ebenfalls keine Änderungen.
Beispiel 9 (L17MM2007/TV50)
[0164] Bei diesem Beispiel wird der erfindungsgemässe Effekt ohne Phlegmatisator erreicht.
[0165] In einer mittleren Rotationstrommel werden 55 Kilogramm Grünkorn, das mit einer 12.0x(19x0.20)
mm Matrize hergestellt wurde, vorgelegt. Das Grünkorn wurde vorgängig auf 30°C erwärmt.
[0166] Zum warmen Grünkorn gibt man unter Drehen mit 13.5 U/Min. 42 g Graphit (0.075% bezogen
auf das TLP) und 55 g Talk (0.10%). Sobald der Graphit und der Talk homogen auf dem
TLP verteilt sind, werden 695 g Lösungsmittel (Ethanol:Wasser, 3:1; 15 ml pro kg Grünkorn)
dazugegeben und bei geschlossener Trommel bei 30 °C während 60 Minuten gemischt.
[0167] Danach wird der Verschlussdeckel entfernt und das Lösungsmittel unter Drehen während
30 Minuten abgedampft.
[0168] Das behandelte TLP wird bei 60°C während drei Tagen getrocknet.
[0169] In Fig. 11a (Grünkorn) und Fig. 11b (nach der erfindungsgemässen Behandlung) sind
die Druckbombenbeschüsse bei verschiedenen Pulvertemperaturen des Grünkorns (unbehandelt)
und des behandelten Pulvers (nach einer Lagerung bei 21 °C während 4 Wochen) dargestellt.
Die Druckbombe zeigt klar die Reduktion der Temperaturabhängigkeit des Pulverabbrands
nach der erfindungsgemässen Oberflächenbehandlung.
[0170] Zusammenfassend ist Folgendes festzuhalten:
■ Die vorliegende Erfindung erbrachte die neue Erkenntnis, dass die Senkung des Temperaturkoeffizienten
von perforierten, zwei- bis mehrbasigen TLP durch gezielte Versiegelung der Perforationen
mit Zapfen erreicht wird, welche eine temperaturabhängige Mobilität haben. Durch geeignete
Oberflächenbehandlungsprozesse können die Löcher des TLP dermassen verschlossen werden,
dass der Lochbrand bei hohen TLP-Temperaturen verzögert, bei tiefen Temperaturen sofort
abläuft (Einfluss auf die Formfunktion). Dies führt zu einem Abbrandverhalten des
oberflächenbeschichteten zweibasigen TLP, welches weitgehend unabhängig von der Temperatur
des TLP ist.
■ Überraschenderweise wurde gefunden, dass bei einer optimalen Wahl der Behandlungs-Komponenten
und -Parameter mit Kleinstmengen an Behandlungsmitteln ein temperaturunabhängiger
Abbrand des artreinen, behandelten TLP erzielt werden kann. Das hat den grossen Vorteil,
dass sich das behandelte Treibladungskorn sehr leicht durch die Initialzündung anzünden
lässt. Zudem lässt sich die erfindungsgemässe Oberflächenbehandlung dermassen reproduzieren,
dass das behandelte TLP artrein (und nicht unbedingt als Gemisch) eingesetzt werden
kann. Somit ist ein homogener Abbrand erreichbar.
■ Überraschenderweise wurde zudem gefunden, dass die erfindungsgemässe Oberflächenbehandlung
die Herstellung ballistisch stabiler TLP erlaubt. Somit ist über die gesamte Einsatzdauer
des Munitionssystems ein gleichbleibendes Abbrandverhalten gewährleistet.
■ Diese neuartigen Oberflächenbehandlungen können im Prinzip auf jedes perforierte
Grünkorn angewendet werden, sind aber der jeweiligen Rezeptur und Matrix des TLP als
auch dem Anzündsystem anzupassen, um die Temperaturabhängigkeit des TLP-Abbrands möglichst
optimal einstellen zu können.
■ Die gefundene Oberflächenbehandlungstechnik erlaubt es, TLP herzustellen, die innerhalb
eines breiten Temperaturintervalls ähnlich grosse Gasbildungsraten und somit ähnliche
Mündungsgeschwindigkeiten und Spitzengasdrücke aufweisen. Dies hat zur Folge, dass
unabhängig von der Umgebungstemperatur, bei welcher die Munition verschossen wird,
ein konstant hohes Energieniveau zur Verfügung steht und somit die endballistische
Leistung konstant und hoch gehalten werden kann.
■ Mit der erfindungsgemässen Oberflächenbehandlung kann das Temperaturverhalten des
TLP in weiten Bereichen variiert oder ein gewünschtes Verhalten gezielt eingestellt
werden. Wird die Oberflächenbehandlung in abgeschwächter Form durchgeführt (kleinere
Mengen an Feststoff und/oder Moderator (Phlegmatisator) und/oder kürzere Behandlungszeiten
als bei der optimalen Behandlung), so wird eine reduzierte Temperaturunabhängigkeit
des TLP-Abbrandes erzielt. Bei einer optimalen Behandlung ist der TLP-Abbrand jedoch
annähernd temperaturunabhängig. Wird eine starke Oberflächenbehandlung durchgeführt
(grössere Mengen an Feststoff und/oder Moderator (Phlegmatisator) und/oder längere
Behandlungszeiten als bei der optimalen Behandlung), so kann das Temperaturverhalten
des TLP invertiert werden: Bei hohen Temperaturen ist in diesem Fall die Gasbildungsrate
des behandelten TLP geringer als bei tiefen Temperaturen.
■ Somit kann durch das Abmischen von stark behandeltem und nicht behandeltem TLP im
richtigen Verhältnis ebenfalls ein TLP mit temperaturunabhängigem Abbrandverhalten
hergestellt werden.
■ Das behandelte Schüttpulver weist eine verbesserte Rieselfähigkeit und eine erhöhte
Schüttdichte auf. Die Schüttdichte ist ein Mass dafür, welches Gewicht an Treibladungspulver
in einer Volumeneinheit untergebracht werden kann und wird typischerweise in der Einheit
Gramm pro Liter (g/l) angegeben. Diese erhöhte Schüttdichte ist von grosser Bedeutung,
da das Hülsenvolumen einer gegebenen Munitionskomponente vorgegeben ist. Je mehr Pulvermenge
sich in diesem vorgegebenen Hülsenvolumen unterbringen lässt, desto mehr chemische
Energie steht schliesslich für die ballistische Anwendung zur Verfügung.
■ Da für die neuartige Oberflächenbehandlung nur sehr kleine Mengen an energetisch
inertem Material eingesetzt werden, fällt der Leistungsabfall des behandelten TLP
kaum ins Gewicht (gemäss Verbrennungskalorimetrie besitzt das behandelte TLP im Vergleich
zum Grünkorn lediglich eine um ca. 2% geringere Explosionswärme).
[0171] Besonders hervorzuheben ist die gute Einsatzlebensdauer. Eine Lagerung über lange
Zeiträume oder bei hohen Temperaturen ist möglich, ohne die Abbrandcharakteristik
wesentlich zu beeinflussen.
[0172] Im Unterschied zum Stand der Technik wird mit dem erfindungsgemässen Oberflächenbehandlungsprozess
eine Sprödbruchneigung oder die Entstehung von Querbrennern bei tiefen Temperaturen
nicht begünstigt.
[0173] Durch den Einsatz von minimalsten Mengen an Behandlungsmittel kann erreicht werden,
dass der Abbrand in der Druckbombe bzw. in der Waffe temperaturunabhängig gemacht
werden kann, ohne dass das Anzündverhalten verschlechtert wird.
[0174] Der Behandlungsprozess ist einfach, reproduzierbar und relativ kostengünstig.
1. Treibladungspulver, dessen Korn mindestens einen mit einer Öffnung zu einer Aussenoberfläche
des Korns mündenden Hohlraum hat, wobei die Öffnung mit einem Zapfen verschlossen
ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Zapfen eine temperaturabhängige Mobilität besitzt, die derart ist, dass bei niedrigerer
Anwendungstemperatur eine höhere Mobilität gegeben ist, als bei höherer Anwendungstemperatur,
so dass der Zapfen bei niedrigerer Anwendungstemperatur einen stärkeren Lochabbrand
zulässt als bei höherer Anwendungstemperatur.
2. Treibladungspulver nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Zapfen aus einer Substanz besteht, die in einem dem behandelten Korn zugrunde
liegenden Grünkorn nicht löslich ist.
3. Treibladungspulver nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Zapfen im Wesentlichen aus einem inerten Feststoff besteht, insbesondere mit
einer Korngrösse im Bereich von 0,01 bis 100 Mikrometer, besonders bevorzugt im Bereich
von 0,1 bis 50 Mikrometer.
4. Treibladungspulver nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der inerte Feststoff im Wesentlichen aus Graphit, Talk, Titanoxid, Russ, Kaliumsulfat,
Kaliumkryolith, Wolframtrioxid und/oder Calciumcarbonat besteht.
5. Treibladungspulver nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Zapfen einen geringen Anteil an energetischem Feststoff, insbesondere Nitrocellulose,
Hexogen etc. hat.
6. Treibladungspulver nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Zapfen eine Schmelztemperatur hat, die oberhalb einer Herstellungs-, Lagerungsund/oder
Anwendungstemperatur, insbesondere oberhalb 90 °C liegt.
7. Treibladungspulver nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Korn mehrere, insbesondere 7 bis 19, axial durchgehende Löcher hat und dass der
durch die Zapfen abgeschlossene Hohlraum eines Loches ein Hohlraumvolumen hat, das
ein Mehrfaches eines Volumens eines Zapfens ist.
8. Treibladungspulver nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Korn zylindrisch ist und einen Durchmesser von insbesondere 1 bis 20 mm, besonders
bevorzugt von 3 bis 15 mm hat und dass die Löcher einen Durchmesser von 0,03 bis 0,5
mm, insbesondere 0.1 bis 0,3 mm haben.
9. Treibladungspulver nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass das Korn zwei- oder mehrbasig ist.
10. Verfahren zur Herstellung eines Treibladungspulvers, wobei ein Korn mit mindestens
einem mit einer Öffnung zu einer Aussenoberfläche des Korns mündenden Hohlraum hergestellt
wird, dadurch gekennzeichnet, dass in die Öffnung ein Feststoff in Form eines Zapfens derart eingebracht wird, dass
der Zapfen eine temperaturabhängige Mobilität besitzt, die derart ist, dass bei niedrigerer
Anwendungstemperatur eine höhere Mobilität gegeben ist, als bei höherer Anwendungstemperatur,
so dass der Zapfen bei niedrigerer Anwendungstemperatur einen schnelleren Lochabbrand
zulässt als bei höherer Anwendungstemperatur.
11. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Feststoff mit Hilfe eines Moderators, oder eines im Korn unlöslichen Moderators,
und einer leichtflüchtigen Flüssigkeit in die Öffnung eingebracht, verdichtet und
verankert wird.
12. Verfahren nach Anspruch 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, dass der Zapfen durch Verarbeiten des Feststoffs, des Moderators und der Flüssigkeit in
einer Mischapparatur bei einer Temperatur im Bereich von 0°C bis 90°C während einer
Behandlungsdauer zwischen 10 Minuten und 3 Stunden und mit einer Rotationsgeschwindigkeit
der Mischapparatur zwischen 2 und 30 Umdrehungen pro Minute erstellt wird.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass der Moderator mit Hilfe eines Radikalbildners radikalisch vernetzbar ist und dass
der Feststoff dadurch verdichtet und verankert wird.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass in der Mischapparatur der Feststoff und/oder der Moderator in einer Menge von 0.001
Gew.% bis 4 Gew.% bezogen auf das Gewicht des unbehandelten Grünkorns eingesetzt wird.
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 bis 13, dadurch gekennzeichnet, dass in der Mischapparatur die niederviskose Flüssigkeit in einer Menge von 0.1 Gew.%
bis 5 Gew.% bezogen auf das Gewicht des unbehandelten Korns eingesetzt wird.
16. Verfahren nach einem der Ansprüche 12 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass ein Radikalbildner in einer Menge von 0.1 Mol% bis 5 Mol% bezogen auf die Mol-Menge
des vernetzbaren Moderators, eingesetzt wird, wobei der Radikalbildner bei einer Oberflächenbehandlungstemperatur
eine hohe Zerfallsstabilität aufweist, insbesondere eine Zerfallszeit für die Hälfte
des Radikalbildners von grösser als 10 Stunden, bei der Polymerisationstemperatur
dagegen schnell in Radikale zerfällt, insbesondere eine Zerfallszeit für die Hälfte
des Radikalbildners von kleiner als 1 Stunde.
17. Verfahren nach einem der Ansprüche 12 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass das Treibladungspulver mittels Spülung mit Inertgas oder mittels Vakuum/Spülung mit
Inertgas bei Raumtemperatur von Luftsauerstoff befreit wird, nachdem es mit dem vernetzbaren
Moderator und mit einem Initiator behandelt worden ist.
18. Verfahren nach einem der Ansprüche 12 bis 17, dadurch gekennzeichnet, dass die Vernetzung des Moderators unter Inertgas bei Normaldruck, bei einer Temperatur
von weniger als 90°C und während einer Dauer von weniger als der sechsfachen Zerfallhalbwertszeit
des Radikalbildners bei dieser Temperatur durchgeführt wird.
19. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 bis 18, dadurch gekennzeichnet, dass als Feststoff Graphit, Talk, Titanoxid, Russ, Kaliumsulfat, Kaliumkryolith, Calciumcarbonat,
Wolframtrioxid, als Moderator insbesondere Polytetrahydrofuran, Polyvinylalkohol,
Poly(vinylalkohol-co-vinylacetat), Poly(vinylalkohol-co-ethylen), Polybutadiendiol,
Polybutadiendioldimethacrylat, Poly(α-Methylstyrol), Polybutadien oder Polybutadiendioldiacrylat
verwendet wird.
20. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 bis 19, dadurch gekennzeichnet, dass als Flüssigkeit Wasser, Ethanol, Hexan, Cyclohexan oder ein Gemisch aus Wasser/Ethanol,
Wasser/Methanol oder Wasser/Aceton verwendet wird.
21. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 bis 20, dadurch gekennzeichnet, dass als vernetzbare Moderatoren Hexandioldiacrylat, Dipropylenglykoldiacrylat, Ethylenglykoldimethacrylat,
Tetraethylenglykoldiacrylat, Trimethylolpropantriacrylat, Triethylenglykoldiacrylat,
propoxyliertes Glycerintriacrylat, Pentaerythritoltetraacrylat, ethoxyliertes Bisphenol
A-diacrylat, propoxyliertes Neopentylglykol-diacrylat, ethoxyliertes Neopentyl-glykol-diacrylat,
Polyethylenglykoldiacrylat, Polybutadiendioldiacrylat, Polybutadiendioldimethacrylat,
Polyethylenglykoldimethacrylat, Polypropylenoxiddiacrylat verwendet werden.
22. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 bis 21, dadurch gekennzeichnet, dass die Flüssigkeit durch Abdampfen unter Rotation aus der geöffneten Mischapparatur
entfernt wird und dass das Treibladungspulver danach während 3 Tagen bei 60°C gelagert
wird.