[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Betriebssteuerung einer elektrostatischen
Beschichtungsanlage sowie eine solche zur Durchführung des Verfahrens geeignete Anlage.
Insbesondere kann es sich um eine Anlage für die elektrostatische Serienbeschichtung
von Werkstücken wie Fahrzeugkarossen handeln.
[0002] Zur Spannungs- und Stromversorgung der Zerstäuber elektrostatischer Beschichtungsanlagen
werden bekanntlich Hochspannungserzeuger vom Kaskadentyp verwendet, deren Regelsystem
während der Beschichtung entweder die Spannung oder den dem Zerstäuber zugeführten
Strom konstant halten kann (US 4 737 887, EP 0 283 936 B2).
[0003] Bei den meisten elektrostatischen Lackiervorgängen ist erwünscht, dass die Leistung
und die Regelung der Hochspannungskaskade so ausgelegt sind, dass bei konstanter Spannung
der notwendige Spitzenstrom oder bei konstantem Strom die notwendige Spitzenspannung
in jeder Lackiersituation zur Verfügung steht. Dies kann durch "steifes", dynamisches
Regelungsverhalten erreicht werden. Nur in bestimmten Fällen, z. B. bei gefährlicher
Annäherung des Zerstäubers an das geerdete Werkstück oder auch bei der Beschichtung
von Werkstückteilen, die zu Hochspannungsüberschlägen oder zu starker Überbeschichtung
an bestimmten Flächen neigen, steigen Strom oder Spannung auf Grenzwerte, die aufgrund
der Leistungsfähigkeit der Kaskade nicht mehr überschritten werden können, so dass
die Regelung "einbricht" und der Sollwert nicht mehr erreicht wird, weil die Leistung
der Kaskade keinen höheren Strom- oder Spannungswert zulässt. Zur Vermeidung von Gefahren
kann die Kaskade vor dem Überschreiten von Grenzwerten auch abgeschaltet werden.
[0004] Die Kaskaden der bekannten Beschichtungsanlagen können zwischen Spannungskonstanzbetrieb
und Stromkonstanzbetrieb umgeschaltet werden. Je nach Einstellung sind auch Änderungen
der maximal zugelassenen Spannung oder des maximal zugelassenen Stroms durch manuelles
Umschalten möglich. Die bekannten Systeme ermöglichen nicht immer die jeweils besten
Kombinationen von Spannung und Strom zur optimalen Aufladung des abgesprühten Beschichtungsmaterials,
insbesondere wenn sich Betriebsbedingungen ändern.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine bessere Anpassung der Beschichtungsvorrichtung
zugeführten Spannungs- und Stromwerte an die jeweiligen Betriebsbedingungen zu ermöglichen.
Insbesondere soll beispielsweise dann, wenn nur eine geringe Spannung möglich ist,
der Beschichtungsvorrichtung zum Ausgleich ein möglichst hoher Strom zuführbar sein,
und umgekehrt.
[0006] Diese Aufgabe wird durch die Merkmale der Patentansprüche gelöst.
[0007] Die Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass durch variable Einstellung von Grenzwerten
sowohl für den Strom als auch für die Spannung stets das bestmögliche Produkt aus
diesen Parametern (UxI) für optimale Aufladung eingestellt und soweit wie möglich
eingehalten werden kann. Dies wird im Gegensatz zu bekannten Systemen nicht einfach
durch Stromkonstanzregelung oder Spannungskonstanzregelung erreicht, sondern durch
die Vorgabe definierter Werte sowohl der Spannung als auch des Stroms. In der Regel
kann für den einen Parameter (z. B. die Spannung) ein möglichst hoher Grenzwert als
Sollwert vorgegeben werden, der während des Beschichtungsvorgangs eingehalten wird,
solange der ebenfalls vorgegebene Grenzwert für den jeweils anderen Parameter (hier
also des Stroms) nicht überschritten wird. Während dieser Zeit kann der Parameter
auf dem vorgegebenen Grenz- oder Sollwert konstant bleiben, er kann aber auch aufgrund
der Betriebsbedingungen schwanken (ist also nur "quasi" konstant). Bei Erreichen des
Grenzwerts des anderen Parameters kann der auf dem Sollwert befindliche Parameter
von der Regelschaltung der Kaskade im erforderlichen Maße heruntergeregelt werden,
er sinkt also aufgrund dieser aktiven Steuerung unter seinen eigenen Grenzwert und
den vorherigen Sollwert ab.
[0008] Erfindungsgemäß kann insbesondere durch Signale eines den Hochspannungserzeuger steuernden
übergeordneten Steuersystems der Grenzwert mindestens eines der beiden Parameter zur
Anpassung des Beschichtungsbetriebes an unterschiedliche Beschichtungsvorrichtungen,
Beschichtungsaufgaben oder sonstige Betriebsbedingungen geändert werden. Die Änderung
kann stufenweise durch automatisches Umschalten der Kaskade durch das übergeordnete
Steuersystem der Anlage erfolgen. Beispielsweise kann es bei der Außenlackierung von
Fahrzeugkarossen zweckmäßig sein, einen relativ hohen Stromgrenzwert vorzugeben, der
im Betrieb nicht erreicht wird, da hier relativ niedrige Ströme typisch sind, so dass
die Spannung auf ihrem vorgegebenen Grenz- oder Sollwert bleibt und sich (quasi) Spannungskonstanz
einstellt. Wenn nun anschließend z. B. ein Innenbereich der Karosse lackiert werden
soll, ergeben sich andere Betriebsbedingungen, da die dort typischen geringen Abstände
zwischen Zerstäuber und Werkstück nur geringe Spannungen zulassen. Daher wird nun
der Grenzwert für den Strom herabgesetzt und, sobald er im Betrieb erreicht wird,
das Überschreiten durch Herunterregeln der Spannung verhindert. Statt der vorherigen
steifen oder "harten" Regelkennlinie ergibt sich hier also eine "weichere" Regelung.
[0009] Ein anderes Beispiel ist der Wechsel zwischen Rotations- und Luftzerstäubern an einer-Beschichtungsmaschine.
Auch in diesem Fall kann es zweckmäßig sein, in der hier beschriebenen Weise die Regelkennlinie
zwischen "weich" und "hart" (Festhalten des Parameters auf dem Sollwert) umzuschalten.
[0010] Das Beispiel der Beschichtung verschiedener Werkstückbereiche wird durch die Zeichnung
erläutert, in der ein auf drei Stufen erweiterter Fall dargestellt ist.
[0011] Die Zeichnung zeigt im unteren Teil die drei vorgegebenen, längs der Zeitachse t
nacheinander von Stufe zu Stufe kleineren Stromgrenzwerte Imax
1, Imax
2 und Imax
3 und im oberen Teil die zugehörigen Maximalwerte Umax
1, Umax
2 bzw. Umax
3 der Spannung U, deren sich tatsächlich ergebender zeitlicher Verlauf dargestellt
ist. Bis zum Zeitpunkt t
1 erfolgt die erwähnte Außenlackierung. Wenn dann zur Lackierung anderer Bereiche die
Stromgrenze auf Imax
2 herabgesetzt wird, geht unter der Annahme, dass die Grenze erreicht wird und überschritten
würde, gleichzeitig die Spannung zwangsläufig auf den entsprechenden Wert Umax
2 zurück, da sie im entsprechenden Maße vom Regelsystem der Kaskade heruntergeregelt
wird. Zur Lackierung eines weiteren Bereichs z. B. im Inneren einer Karosse, bei dem
mit noch geringerem Abstand gearbeitet werden muss, wird dann zur Zeit t
2 die Stromgrenze auf einen noch niedrigeren Wert Imax
3 herabgesetzt und folglich die darstellungsgemäß nur noch geringe entsprechende Spannung
Umax
3 eingestellt.
[0012] Der an sich ebenfalls vorgegebene Grenzwert für die Spannung wird währenddessen nicht
erreicht. Aber auch in der Zeit nach t
2 wird mit dem unter den gegebenen Umständen, die nur niedrige Spannungen zulassen,
maximal möglichen Produkt aus Spannung und Strom beschichtet, da der maximal zulässige
Strom zur Verfügung steht.
[0013] Statt der beschriebenen Änderungen der Stromgrenzwerte kann die übergeordnete Steuerung
auch den vorgegebenen Spannungsgrenzwert ändern (nicht dargestellt), worauf der Strom
diesen Änderungen dann in ähnlicher Weise folgen kann wie bei dem dargestellten Beispiel
die Spannung den Stromgrenzwerten.
[0014] Durch Definition der Regelungsvariablen können fast beliebige Kennlinien erstellt
werden, die an den jeweiligen Anwendungsfall oder sonstige Betriebsbedingungen angepasst
sind, wie Lackierart, Zerstäuber, Werkstoff, Lackierabstand, Lackiergeschwindigkeit,
Werkstückgeometrie, Lackart, Luftfeuchte usw.
[0015] Anstelle oder auch zusätzlich zu dem erläuterten Stufenbetrieb ist es ferner möglich,
die jeweils zugelassenen Grenzwerte während der Beschichtung (beispielsweise also
auch während der Abschnitte vor, zwischen und/oder nach t
1 und t
2 gemäß der Zeichnung) zur Optimierung des Beschichtungsprozesses selbsttätig zu variieren.
Mit anderen Worten erfolgt dann also eine automatische Kennlinienoptimierung während
des Lackierprozesses.
[0016] Die Soll- und Grenzwerte für Spannung und Strom können bei dem hier beschriebenen
System durch gespeicherte Daten des übergeordneten Programmsteuersystems der Beschichtungsanlage
vorgegeben und zur Steuerung der Kaskade abgerufen werden. Unterschiedliche verfügbare
Grenzwerte können aber auch in einem eigenen Datenspeicher des Regelsystems des Hochspannungserzeugers
abgelegt und je nach Bedarf, d. h. je nach gewünschter Kennlinie von der übergeordneten
Steuerung abgerufen werden.
[0017] Die Betriebsweise der Hochspannungskaskade und ihres Regelsystems sind an sich bekannt.
Für die erfindungsgemäß erforderlichen Regelvorgänge werden sowohl die tatsächliche
Spannung am Zerstäuber als auch dessen Strom ständig gemessen und mit den vorgegebenen
Soll- und Grenzwerten verglichen. Für den Vergleich und als Stellglied zum Herunterregeln
bei Erreichen der Strom- oder Spannungsgrenzwerte sind beispielsweise die im Regelsystem
zur Ansteuerung der Hochspannung an sich üblichen Operationsverstärker geeignet.
1. Verfahren zur Betriebssteuerung einer elektrostatischen Beschichtungsanlage, deren
Beschichtungsvorrichtung von einem Hochspannungserzeuger mit Strom und Spannung steuerbarer
Größe versorgt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass während eines Beschichtungsvorgangs nicht zu überschreitende Grenzwerte sowohl für
die Spannung als auch für den Strom durch den Hochspannungserzeuger steuernde Datensignale
eines Steuersystems vorgegeben werden,
und dass bei Erreichen des Grenzwerts eines dieser Parameter dessen Überschreiten
durch selbsttätiges Herabsetzen des jeweils anderen Parameters während der weiteren
Beschichtung verhindert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass durch Signale eines den Hochspannungserzeuger steuernden übergeordneten Steuersystems
der Grenzwert mindestens eines der beiden Parameter zur Anpassung des Beschichtungsbetriebes
an unterschiedliche Beschichtungsvorrichtungen, Beschichtungsaufgaben oder sonstige
Betriebsbedingungen geändert wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass Sollwerte für Strom und/oder Spannung durch Signale eines den Hochspannungserzeuger
steuernden übergeordneten Steuersystems entsprechend den jeweiligen Betriebsbedingungen
vorgegeben werden.
4. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass als Sollwert die einstellbaren Grenzwerte vorgegeben werden.
5. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Sollwerte und/oder die Grenzwerte in einem Datenspeichersystem abgelegt sind
und von einem Programmsteuersystem selbsttätig ausgewählt werden.
6. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Grenzwert mindestens eines der beiden Parameter während der Beschichtung zur
Optimierung des Beschichtungsprozesses selbsttätig variiert wird.
7. Beschichtungsanlage zur Serienbeschichtung von Werkstücken mit einer elektrostatischen
Beschichtungsvorrichtung, die zur Aufladung des abgesprühten Beschichtungsmaterials
an einen Hochspannungserzeuger angeschlossen oder anschließbar ist oder diesen enthält,
und mit einem Steuersystem zum Steuern des Hochspannungserzeugers,
dadurch gekennzeichnet, dass das Steuersystem oder der Hochspannungserzeuger ein Datenspeichersystem enthält,
in dem unterschiedliche Grenzwerte sowohl für die von dem Hochspannungserzeuger zu
erzeugende Spannung als auch für den der Beschichtungsvorrichtung zuzuführenden Strom
abgelegt sind,
und dass mit den gespeicherten, von dem Steuersystem auswählbaren Spannungs- und
Stromgrenzwertdaten die Stromerzeugungsschaltung des Hochspannungserzeugers steuerbar
ist.