(19)
(11) EP 1 250 962 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.10.2002  Patentblatt  2002/43

(21) Anmeldenummer: 02007857.2

(22) Anmeldetag:  08.04.2002
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B05B 5/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 20.04.2001 DE 10119521

(71) Anmelder: Dürr Systems GmbH
70435 Stuttgart (DE)

(72) Erfinder:
  • Nolte, Hans-Jürgen, Dr.
    70565 Stuttgart (DE)
  • Herre, Frank
    71739 Oberriexingen (DE)
  • Krumma, Harry
    74357 Bönnigheim (DE)
  • Baumann, Michael
    74223 Flein (DE)
  • Giuliano, Stefano
    70839 Gerlingen (DE)
  • Melcher, Rainer
    71720 Oberstenfeld (DE)
  • Michelfelder, Manfred
    71711 Steinheim (DE)
  • Hofmann, Peter
    74336 Brackenheim (DE)
  • Lutsch, Meinhard
    71032 Böblingen (DE)

(74) Vertreter: Heusler, Wolfgang, Dipl.-Ing. 
v. Bezold & Sozien Patentanwälte Akademiestrasse 7
80799 München
80799 München (DE)

   


(54) Verfahren zur Betriebssteuerung einer elektrostatischen Beschichtungsanlage


(57) Zur Steuerung der Hochspannungskaskade einer elektrostatischen Beschichtungsanlage werden von dem übergeordneten Steuersystem der Anlage Grenzwerte sowohl für die Spannung als auch für den Strom vorgegeben und entsprechend den jeweiligen Betriebsbedingungen geändert. Innerhalb dieser Grenzen kann die Anlage mit den jeweils maximal möglichen Spannungs- und Stromwerten betrieben werden.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Betriebssteuerung einer elektrostatischen Beschichtungsanlage sowie eine solche zur Durchführung des Verfahrens geeignete Anlage. Insbesondere kann es sich um eine Anlage für die elektrostatische Serienbeschichtung von Werkstücken wie Fahrzeugkarossen handeln.

[0002] Zur Spannungs- und Stromversorgung der Zerstäuber elektrostatischer Beschichtungsanlagen werden bekanntlich Hochspannungserzeuger vom Kaskadentyp verwendet, deren Regelsystem während der Beschichtung entweder die Spannung oder den dem Zerstäuber zugeführten Strom konstant halten kann (US 4 737 887, EP 0 283 936 B2).

[0003] Bei den meisten elektrostatischen Lackiervorgängen ist erwünscht, dass die Leistung und die Regelung der Hochspannungskaskade so ausgelegt sind, dass bei konstanter Spannung der notwendige Spitzenstrom oder bei konstantem Strom die notwendige Spitzenspannung in jeder Lackiersituation zur Verfügung steht. Dies kann durch "steifes", dynamisches Regelungsverhalten erreicht werden. Nur in bestimmten Fällen, z. B. bei gefährlicher Annäherung des Zerstäubers an das geerdete Werkstück oder auch bei der Beschichtung von Werkstückteilen, die zu Hochspannungsüberschlägen oder zu starker Überbeschichtung an bestimmten Flächen neigen, steigen Strom oder Spannung auf Grenzwerte, die aufgrund der Leistungsfähigkeit der Kaskade nicht mehr überschritten werden können, so dass die Regelung "einbricht" und der Sollwert nicht mehr erreicht wird, weil die Leistung der Kaskade keinen höheren Strom- oder Spannungswert zulässt. Zur Vermeidung von Gefahren kann die Kaskade vor dem Überschreiten von Grenzwerten auch abgeschaltet werden.

[0004] Die Kaskaden der bekannten Beschichtungsanlagen können zwischen Spannungskonstanzbetrieb und Stromkonstanzbetrieb umgeschaltet werden. Je nach Einstellung sind auch Änderungen der maximal zugelassenen Spannung oder des maximal zugelassenen Stroms durch manuelles Umschalten möglich. Die bekannten Systeme ermöglichen nicht immer die jeweils besten Kombinationen von Spannung und Strom zur optimalen Aufladung des abgesprühten Beschichtungsmaterials, insbesondere wenn sich Betriebsbedingungen ändern.

[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine bessere Anpassung der Beschichtungsvorrichtung zugeführten Spannungs- und Stromwerte an die jeweiligen Betriebsbedingungen zu ermöglichen. Insbesondere soll beispielsweise dann, wenn nur eine geringe Spannung möglich ist, der Beschichtungsvorrichtung zum Ausgleich ein möglichst hoher Strom zuführbar sein, und umgekehrt.

[0006] Diese Aufgabe wird durch die Merkmale der Patentansprüche gelöst.

[0007] Die Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass durch variable Einstellung von Grenzwerten sowohl für den Strom als auch für die Spannung stets das bestmögliche Produkt aus diesen Parametern (UxI) für optimale Aufladung eingestellt und soweit wie möglich eingehalten werden kann. Dies wird im Gegensatz zu bekannten Systemen nicht einfach durch Stromkonstanzregelung oder Spannungskonstanzregelung erreicht, sondern durch die Vorgabe definierter Werte sowohl der Spannung als auch des Stroms. In der Regel kann für den einen Parameter (z. B. die Spannung) ein möglichst hoher Grenzwert als Sollwert vorgegeben werden, der während des Beschichtungsvorgangs eingehalten wird, solange der ebenfalls vorgegebene Grenzwert für den jeweils anderen Parameter (hier also des Stroms) nicht überschritten wird. Während dieser Zeit kann der Parameter auf dem vorgegebenen Grenz- oder Sollwert konstant bleiben, er kann aber auch aufgrund der Betriebsbedingungen schwanken (ist also nur "quasi" konstant). Bei Erreichen des Grenzwerts des anderen Parameters kann der auf dem Sollwert befindliche Parameter von der Regelschaltung der Kaskade im erforderlichen Maße heruntergeregelt werden, er sinkt also aufgrund dieser aktiven Steuerung unter seinen eigenen Grenzwert und den vorherigen Sollwert ab.

[0008] Erfindungsgemäß kann insbesondere durch Signale eines den Hochspannungserzeuger steuernden übergeordneten Steuersystems der Grenzwert mindestens eines der beiden Parameter zur Anpassung des Beschichtungsbetriebes an unterschiedliche Beschichtungsvorrichtungen, Beschichtungsaufgaben oder sonstige Betriebsbedingungen geändert werden. Die Änderung kann stufenweise durch automatisches Umschalten der Kaskade durch das übergeordnete Steuersystem der Anlage erfolgen. Beispielsweise kann es bei der Außenlackierung von Fahrzeugkarossen zweckmäßig sein, einen relativ hohen Stromgrenzwert vorzugeben, der im Betrieb nicht erreicht wird, da hier relativ niedrige Ströme typisch sind, so dass die Spannung auf ihrem vorgegebenen Grenz- oder Sollwert bleibt und sich (quasi) Spannungskonstanz einstellt. Wenn nun anschließend z. B. ein Innenbereich der Karosse lackiert werden soll, ergeben sich andere Betriebsbedingungen, da die dort typischen geringen Abstände zwischen Zerstäuber und Werkstück nur geringe Spannungen zulassen. Daher wird nun der Grenzwert für den Strom herabgesetzt und, sobald er im Betrieb erreicht wird, das Überschreiten durch Herunterregeln der Spannung verhindert. Statt der vorherigen steifen oder "harten" Regelkennlinie ergibt sich hier also eine "weichere" Regelung.

[0009] Ein anderes Beispiel ist der Wechsel zwischen Rotations- und Luftzerstäubern an einer-Beschichtungsmaschine. Auch in diesem Fall kann es zweckmäßig sein, in der hier beschriebenen Weise die Regelkennlinie zwischen "weich" und "hart" (Festhalten des Parameters auf dem Sollwert) umzuschalten.

[0010] Das Beispiel der Beschichtung verschiedener Werkstückbereiche wird durch die Zeichnung erläutert, in der ein auf drei Stufen erweiterter Fall dargestellt ist.

[0011] Die Zeichnung zeigt im unteren Teil die drei vorgegebenen, längs der Zeitachse t nacheinander von Stufe zu Stufe kleineren Stromgrenzwerte Imax1, Imax2 und Imax3 und im oberen Teil die zugehörigen Maximalwerte Umax1, Umax2 bzw. Umax3 der Spannung U, deren sich tatsächlich ergebender zeitlicher Verlauf dargestellt ist. Bis zum Zeitpunkt t1 erfolgt die erwähnte Außenlackierung. Wenn dann zur Lackierung anderer Bereiche die Stromgrenze auf Imax2 herabgesetzt wird, geht unter der Annahme, dass die Grenze erreicht wird und überschritten würde, gleichzeitig die Spannung zwangsläufig auf den entsprechenden Wert Umax2 zurück, da sie im entsprechenden Maße vom Regelsystem der Kaskade heruntergeregelt wird. Zur Lackierung eines weiteren Bereichs z. B. im Inneren einer Karosse, bei dem mit noch geringerem Abstand gearbeitet werden muss, wird dann zur Zeit t2 die Stromgrenze auf einen noch niedrigeren Wert Imax3 herabgesetzt und folglich die darstellungsgemäß nur noch geringe entsprechende Spannung Umax3 eingestellt.

[0012] Der an sich ebenfalls vorgegebene Grenzwert für die Spannung wird währenddessen nicht erreicht. Aber auch in der Zeit nach t2 wird mit dem unter den gegebenen Umständen, die nur niedrige Spannungen zulassen, maximal möglichen Produkt aus Spannung und Strom beschichtet, da der maximal zulässige Strom zur Verfügung steht.

[0013] Statt der beschriebenen Änderungen der Stromgrenzwerte kann die übergeordnete Steuerung auch den vorgegebenen Spannungsgrenzwert ändern (nicht dargestellt), worauf der Strom diesen Änderungen dann in ähnlicher Weise folgen kann wie bei dem dargestellten Beispiel die Spannung den Stromgrenzwerten.

[0014] Durch Definition der Regelungsvariablen können fast beliebige Kennlinien erstellt werden, die an den jeweiligen Anwendungsfall oder sonstige Betriebsbedingungen angepasst sind, wie Lackierart, Zerstäuber, Werkstoff, Lackierabstand, Lackiergeschwindigkeit, Werkstückgeometrie, Lackart, Luftfeuchte usw.

[0015] Anstelle oder auch zusätzlich zu dem erläuterten Stufenbetrieb ist es ferner möglich, die jeweils zugelassenen Grenzwerte während der Beschichtung (beispielsweise also auch während der Abschnitte vor, zwischen und/oder nach t1 und t2 gemäß der Zeichnung) zur Optimierung des Beschichtungsprozesses selbsttätig zu variieren. Mit anderen Worten erfolgt dann also eine automatische Kennlinienoptimierung während des Lackierprozesses.

[0016] Die Soll- und Grenzwerte für Spannung und Strom können bei dem hier beschriebenen System durch gespeicherte Daten des übergeordneten Programmsteuersystems der Beschichtungsanlage vorgegeben und zur Steuerung der Kaskade abgerufen werden. Unterschiedliche verfügbare Grenzwerte können aber auch in einem eigenen Datenspeicher des Regelsystems des Hochspannungserzeugers abgelegt und je nach Bedarf, d. h. je nach gewünschter Kennlinie von der übergeordneten Steuerung abgerufen werden.

[0017] Die Betriebsweise der Hochspannungskaskade und ihres Regelsystems sind an sich bekannt. Für die erfindungsgemäß erforderlichen Regelvorgänge werden sowohl die tatsächliche Spannung am Zerstäuber als auch dessen Strom ständig gemessen und mit den vorgegebenen Soll- und Grenzwerten verglichen. Für den Vergleich und als Stellglied zum Herunterregeln bei Erreichen der Strom- oder Spannungsgrenzwerte sind beispielsweise die im Regelsystem zur Ansteuerung der Hochspannung an sich üblichen Operationsverstärker geeignet.


Ansprüche

1. Verfahren zur Betriebssteuerung einer elektrostatischen Beschichtungsanlage, deren Beschichtungsvorrichtung von einem Hochspannungserzeuger mit Strom und Spannung steuerbarer Größe versorgt wird,
   dadurch gekennzeichnet, dass während eines Beschichtungsvorgangs nicht zu überschreitende Grenzwerte sowohl für die Spannung als auch für den Strom durch den Hochspannungserzeuger steuernde Datensignale eines Steuersystems vorgegeben werden,
   und dass bei Erreichen des Grenzwerts eines dieser Parameter dessen Überschreiten durch selbsttätiges Herabsetzen des jeweils anderen Parameters während der weiteren Beschichtung verhindert wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass durch Signale eines den Hochspannungserzeuger steuernden übergeordneten Steuersystems der Grenzwert mindestens eines der beiden Parameter zur Anpassung des Beschichtungsbetriebes an unterschiedliche Beschichtungsvorrichtungen, Beschichtungsaufgaben oder sonstige Betriebsbedingungen geändert wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass Sollwerte für Strom und/oder Spannung durch Signale eines den Hochspannungserzeuger steuernden übergeordneten Steuersystems entsprechend den jeweiligen Betriebsbedingungen vorgegeben werden.
 
4. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass als Sollwert die einstellbaren Grenzwerte vorgegeben werden.
 
5. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Sollwerte und/oder die Grenzwerte in einem Datenspeichersystem abgelegt sind und von einem Programmsteuersystem selbsttätig ausgewählt werden.
 
6. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Grenzwert mindestens eines der beiden Parameter während der Beschichtung zur Optimierung des Beschichtungsprozesses selbsttätig variiert wird.
 
7. Beschichtungsanlage zur Serienbeschichtung von Werkstücken mit einer elektrostatischen Beschichtungsvorrichtung, die zur Aufladung des abgesprühten Beschichtungsmaterials an einen Hochspannungserzeuger angeschlossen oder anschließbar ist oder diesen enthält,
   und mit einem Steuersystem zum Steuern des Hochspannungserzeugers,
   dadurch gekennzeichnet, dass das Steuersystem oder der Hochspannungserzeuger ein Datenspeichersystem enthält, in dem unterschiedliche Grenzwerte sowohl für die von dem Hochspannungserzeuger zu erzeugende Spannung als auch für den der Beschichtungsvorrichtung zuzuführenden Strom abgelegt sind,
   und dass mit den gespeicherten, von dem Steuersystem auswählbaren Spannungs- und Stromgrenzwertdaten die Stromerzeugungsschaltung des Hochspannungserzeugers steuerbar ist.
 




Zeichnung