(19)
(11) EP 1 250 971 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.10.2002  Patentblatt  2002/43

(21) Anmeldenummer: 01810379.6

(22) Anmeldetag:  17.04.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B22C 3/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(71) Anmelder: Alcan Technology & Management AG
8212 Neuhausen am Rheinfall (CH)

(72) Erfinder:
  • Imwinkelried, Thomas
    8247 Flurlingen (CH)

   


(54) Trennmittel für ein Giessverfahren


(57) Die Erfindung betrifft ein Trennmittel zur Verwendung in einem Formgiessverfahren zur Herstellung von Metallgussteilen, insbesondere Metallgussteilen aus Leichtmetall, wobei sich das Trennmittel dadurch auszeichnet, dass dieses in einem dispersen System in Form kugelförmiger Kolloid-Teilchen mit Teilchendurchmessern im Bereich von 1 - 1000 nm vorliegt, wobei nach Auftrag des Trennmittels auf die Giessform, das Lösungsmittel zum Verdampfen gebracht wird und Kolloid-Teilchen schichtbildend auf der Trennfläche zurückbleiben, auf welchen die Metallschmelze, ohne in dessen Zwischenräume zu einzudringen, aufliegt.




Beschreibung


[0001] Vorliegende Erfindung betrifft ein Trennmittel zur Verwendung in Giessformen, insbesondere Giessformen aus Metall, von Giessvorrichtungen zur Herstellung von Metallgussteilen, insbesondere Metallgussteilen aus einem Leichtmetall, sowie die Verwendung des Trennmittels.

[0002] Bei Formgiessverfahren werden mit metallischen Giessformen direkt Guss- bzw. Formteile gegossen. Es sind beispielsweise Formgiessverfahren wie Kokillenguss, Kippguss, Vakuumguss oder Niederdruckguss bekannt, welche sich durch vergleichsweise langsame Formfüllzeiten auszeichnen. Ferner sind weitere Formgiessverfahren wie Druckguss, Thixoguss oder Vacural bekannt, welche sich durch vergleichsweise kurze Formfüllzeiten auszeichnen.

[0003] Während beispielsweise beim Kokillenguss die Metallschmelze allein durch die Schwerkraft in die Giessform fliesst, wird die Schmelze in den Druckguss-, Niederdruckguss- und Thixogussverfahren mit Druckbeaufschlagung, gegebenenfalls unter Erzeugung eines Unterdruckes bzw. Vakuums, in die Giessform gepresst.

[0004] Die in einem Druckgussverfahren angewendeten Drücke können dabei mitunter sehr hoch sein und beispielsweise im Bereich von 100-1000 bar liegen, so dass die Metallschmelze gewissermassen in die Giessform hinein geschossen wird. Die für ein Formteil vorgesehene Metallschmelze wird in der sogenannten Füllbüchse oder Giesskammer dosiert bereit gestellt und mittels eines Kolbens über den Angiesskanal in den Formhohlraum gepresst. Nach Erstarrung der Metallschmelze zum Gussteil kann die Giessform geöffnet und das Gussteil entnommen werden. Der Druckguss eignet sich insbesondere zur rationellen Fertigung von Grossserien sowie zur Herstellung dünnwandiger Gussteile.

[0005] Bei den sogenannt modifizierten Druckgussverfahren wird der Formhohlraum der Giessform vor dem Einschiessen der Metallschmelze evakuiert bzw. es wird ein Unterdruck erzeugt. Solche Verfahren sind beispielsweise unter der Bezeichnung MFT-Verfahren (Minimum Filling Time) oder Vacural-Verfahren bekannt.

[0006] Bei den vorgenannten Formgiessverfahren werden in der Regel Dauerformen, d.h. wiederverwendbare Giessformen, eingesetzt, wobei es sich bei diesen Dauerformen überwiegend um metallische Dauerformen aus z.B. Stahl, insbesondere aus nitriertem Warmarbeitsstahl, handelt.

[0007] Um ein Verkleben der Metallschmelze, insbesondere der unter hohem Druck eingeschossenen Metallschmelze, mit der Giessform zu verhindern und die Entformbarkeit zu gewährleisten, werden sogenannte Trennmittel eingesetzt, die vor dem eigentlichen Giessvorgang auf die Oberfläche des Formhohlraumes der Giessform aufgebracht werden. Trennmittel haben dabei die Aufgabe die Adhäsionskräfte zwischen Schmelze und Giessform zu verringern, d.h. ihr Verkleben zu verhindern, indem sie zwischen beiden Oberflächen einen leicht trennbaren Film bilden. Die Trennwirkung dieses Filmes basiert zumeist auf der Herabsetzung der zwischenmolekularen Kräften, wobei das Trennmittel als Scherfläche wirkt.

[0008] Nach jedem Giessvorgang wird die gereinigte, beispielsweise mit komprimierter Luft ausgeblasene Giessformoberfläche im Anschluss an die Entformung in Vorbereitung des nächsten Giessvorganges wieder von Neuem mit Trennmittel beaufschlagt.

[0009] Das Trennmittel wird in der Regel aufgesprüht, wobei die Temperatur der Giessform genügend hoch sein muss, damit das Lösungsmittel innert einer vertretbar kurzen Zeit verdampfen und sich ein Trennmittelfilm ausbilden kann. Um einen sogenannten Leidenfrosteffekt, d.h. die Bildung eines Dampfpolsters zwischen Giessform und Trennmittel, zu verhindern, darf die Temperatur der Giessform jedoch auch nicht allzu hoch sein.

[0010] In der Regel liegen bekannte Trennmittel als Suspensionen, d.h. als grobdisperses Systeme mit Teilchengrössen von grösser als 1 µm, oder als Emulsionen vor.

[0011] Die wichtigsten üblichen Klassen von Trennmitteln sind die Silikone in Form von Ölen, Ölemulsionen in Wasser oder Fetten und Harzen, Wachse, wie Polyethylen- und Esterwachse, Metallseifen, Fette, Polymere, Kohlenwasserstoffe und anorganische Trennmittel in Form von Pudern (wie Graphit, Talk u. Glimmer).

[0012] Es sind beispielsweise wasserfreie Trennmittelsysteme auf Siloxan- und Wachsbasis sowie graphitbasierte Trennmittel, Trennmittel auf Basis von Kaliumiodid, wassermischbare Trennmittel in Form von Emulsionen auf der Basis von modifizierten Polysiloxanen und synthetischer Wachse sowie pulver- bzw. pelletförmige Trennmittel auf Basis hochschmelzender, synthetischer Wachse und modifizierter Polysiloxanen bekannt.

[0013] Gebräuchliche, lösungsmittelbasierte Trennmittel enthalten oder bestehen jedoch oft aus organischen Bestandteilen, die beim Kontakt mit der heissen Schmelze zersetzt werden und Gase freisetzen, welche bei der Formfüllung in das Gussteil eingeschlossen werden können und dessen mechanischen Eigenschaften sowie die Schweissbarkeit beeinträchtigen. Gute mechanische Eigenschaften lassen sich folglich nur durch wenig ausgasende Trennmittel erreichen.

[0014] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Trennmittel für Formgiessverfahren zur Herstellung von Metallgussteilen vorzuschlagen, welches die vorgenannten Nachteile überwindet und insbesondere:
  • eine gute Trennwirkung zwischen dem Metallgussteil und der Giessform bei Temperaturen der Metallschmelze von rund 600°C und der Giessform von rund 200°C aufweist;
  • keine oder eine möglichst geringe Gasbildung bei Kontakt mit der heissen Metallschmelze hervorruft;
  • nicht zur Bildung von dauerhaften Ablagerungen auf der Giessformoberfläche führt;
  • bei Giessform-Temperaturen von 100-300°C auf die Trennfläche aufgebracht werden kann und thermisch stabil ist;
  • keine korrosive Wirkung gegenüber der Giessform, insbesondere der Stahlgiessform, entfaltet;
  • weder umwelt- noch gesundheitsbelastend ist; und
  • möglichst kostengünstig in seiner Herstellung bzw. in seiner Beschaffung ist.


[0015] Erfindungsgemäss wird die Aufgabe dadurch gelöst, dass das Trennmittel Kolloid-Teilchen mit Teilchendurchmessern im Bereich von 1 - 1000 nm enthält und die Kolloid-Teilchen zum Auftrag auf die Giessformoberfläche in einem dispersen System gelöst sind, und die Kolloid-Teilchen auf der Giessformoberfläche nach Verdampfen des Lösungsmittels schichtbildend vorliegen.

[0016] Weitere erfindungsgemässe Merkmale sind durch die Unteransprüche beschrieben.

[0017] Das Trennmittel besteht vorzugsweise im wesentlichen oder vollständig (mit Ausnahme von Additiven) aus vorgenannten Kolloid-Teilchen. Die nach Verdampfen des Lösungsmittels an der Trennfläche der Giessform vorliegenden Kolloid-Teilchen bilden vorzugsweise eine unvernetzte Festkörperstruktur aus.

[0018] Die Kolloid-Teilchen weisen bevorzugt einen Durchmesser im Bereich von 1 bis 500 nm, insbesondere von 1 bis 200 nm, vorteilhaft von 5 bis 100 nm auf. Bei nicht kugelförmigen Teilchen ist mit dem Begriff "Durchmesser" ohne nähere Präzisierung der maximale Teilchendurchmesser gemeint. Zur Herstellung von Gussteilen aus Aluminium oder einer Legierung davon liegen die Durchmesser der Kolloid-Teilchen, in Abhängigkeit der angewendeten Giessdrücke, vorzugsweise im Bereich von 5 bis 100 nm.

[0019] Die Kolloid-Teilchen liegen vorzugsweise in 3-dimensional rundlichen Umfangsgeometrien vor und sind vorteilhaft kugelförmig. Bevorzugt sind globuläre Kolloide oder Sphärokolloide. Die Kolloid-Teilchen können ferner auch 3-dimensional polygonale Umfangsgeometrien aufweisen. Die Kolloid-Teilchen können überdies in Form von fraktalen Raumgeometrien aufgebaut sein.

[0020] Der maximale Durchmesser des einzelnen Kolloid-Teilchen weicht vorzugsweise nicht mehr als 100%, insbesondere nicht mehr als 50%, von dessen kleinsten Durchmesser ab.

[0021] Die Grössenverteilung der Kolloid-Teilchen im Trennmittel ist vorzugsweise mono- bzw. iso-dispers, d.h. die Kolloid-Teilchen sind im wesentlichen von einheitlicher Grösse. Die Kolloid-Teilchen können auch in einer poly- bzw. heterodispersen Grössenverteilung vorliegen. Die Grössenverteilung entspricht dabei vorzugsweise einer Gauss-Verteilung.

[0022] Die Trennmittel-Lösung mit Kolloid-Teilchen, auch kolloiddisperses System oder kolloide Lösung bezeichnet, enthält oder besteht aus:
  • Molekülkolloiden, d.h. die disperse Phase besteht aus Makromolekülen, die, bedingt durch ihre Grösse, keine Lösungen zu bilden vermögen; und/oder
  • Assoziationskolloiden (Mizellkolloiden), d.h. die disperse Phase besteht aus kolloidalen Teilchen, die sich (von selbst) aus echten Lösungen bilden, wenn eine bestimmte Konzentration überschritten wird; und/oder vorzugsweise
  • Dispersionskolloiden, d.h. die disperse Phase besteht aus kolloiden Teilchen, die durch Dispersion (Zerteilung) aus kompakten Substanzen, durch Kondensation (z.B. Keimbildung und -wachstum, Aggregation) aus echten Lösungen oder durch Peptisation hergestellt werden.


[0023] Ferner können die Kolloide auch durch chemische Reaktion aus einer Lösung, z.B. durch Hydrolyse eines Sols, entstehen.

[0024] Nach einer weiteren Einteilung können die Kolloide lyophile Kolloide sein, d.h.die Kolloide werden durch direktes Lösen fester oder flüssiger Stoffe gebildet bzw. durch das Lösungsmittel solvatisiert. Ferner können die Kolloide lyophobe Kolloide sein, d.h. die Kolloide sind nur in flüssigen Zerteilungsmedien herstellbar, in denen der betreffende Stoff unlöslich ist.

[0025] Es sind auch Gemische aus zwei oder drei der obgenannten dispersen Phasen möglich.

[0026] Die Trennmittel-Lösung liegt vorzugsweise als inkoheräntes System bzw. als Sol vor, d.h. die Kolloid-Teilchen sind frei beweglich und hängen nicht mit anderen Kolloid-Teilchen zusammen.

[0027] Das Lösungsmittel des erfindungsgemässen Trennmittels ist bevorzugt auf wässriger Basis aufgebaut. Möglich sind auch Lösungsmittel auf organischer Basis, insbesondere auf alkoholischer Basis wie Methanol oder Ethanol.

[0028] Das Trennmittel liegt zum Auftrag auf die Giessformoberfläche in Form einer Lösung vor. Der Auftrag des Trennmittels geschieht mittels bekannter Verfahren, wie Sprühen oder Streichen. Nach Auftrag der Trennmittel-Lösung wird das Lösungsmittel zum Verdampfen gebracht, so dass Kolloid-Teilchen der genannten Grösse auf der Giessformoberfläche zurück bleiben. Die Kolloid-Teilchen können auf der Trennfläche nach Verdampen des Lösungsmittels ein- oder mehrlagige Schichten ausbilden, wobei mit Anzahl Lagen die Anzahl der in Schichtdicke übereinander angeordneten Kolloid-Teilchen gemeint ist. Die Anzahl der Schichtlagen kann z.B. von 1 bis 100, vorzugsweise 1 bis 50 und insbesondere 1 bis 20 betragen.

[0029] Die Wirkung der erfindungsgemässen kolloidalen Trennmittel-Schicht beruht darin, dass die Kontaktfläche bzw. Auflagefläche zwischen Metallschmelze und Trennmittel erheblich verkleinert ist, d.h. die Metallschmelze liegt lediglich punktuell bzw. teilflächig auf den Kolloid-Teilchen auf, derart dass kein direkter Kontakt zwischen dem flüssigen Metall und der Giessform entsteht, wobei aufgrund der gezielt optimierten Kolloidgrösse das flüssige Metall wegen seiner Oberflächenspannung nicht zwischen die Kolloid-Teilchen eindringen kann. Die Kolloid-Teilchen sollten jedoch vom flüssigen Metall nicht oder nur geringfügig benetzt werden. Der Benetzungswinkel oder Randwinkel φ liegt vorzugsweise im Bereich von 90° bis 180°, vorzugsweise im Bereich von 150° bis 180°, und insbesondere bei rund 180° (Winkelgrade) (siehe "Messung der Oberflächenspannung flüssiger Aluminiumlegierungen", S. Engler u. R. Ellerbrok., Giessereiforschung, 1/1974, S. 47).

[0030] Aufgrund der punktweisen bzw. teilflächigen Auflage der Metallschmelze ist die Haft- und Reibungsfläche erheblich verkleinert. Die Entformungskräfte sind dadurch entsprechend verringert.

[0031] Die geometrische Form und die Grösse der Kolloid-Teilchen sind somit entscheidend für eine optimale Wirkung des Trennmittels. Die Grösse der Kolloid-Teilchen wird hierbei in Abhängigkeit zu den physikalischen Eigenschaften der Metallschmelze, wie z.B. Oberflächenspannung, und zu den angewendeten Formfülldrücken, bzw. dem Auflagedruck der Metallschmelze auf die Giessformoberfläche, gezielt optimiert. Der mittlere Durchmesser D der Kolloid-Teilchen ist daher vorzugsweise eine Funktion der Oberflächenspannung σ der Metallschmelze und des auf die Oberfläche der Metallschmelze wirkenden Druckes P: D = f(σ,P), wobei sich D näherungsweise direkt-proportional zu σ und umgekehrt-proportional zu P verhält.

[0032] Die Kolloid-Teilchen sind vorzugsweise anorganische Kolloide, und enthalten oder bestehen aus Oxiden bzw. Metalloxiden. Ferner können die Kolloid-Teilchen auch metallorganische Verbindungen, insbesondere auf Basis von Alkolaten, Ketonen oder Carbensäuren, enthalten oder daraus bestehen.

[0033] Die Kolloid-Teilchen sind vorzugsweise aus Metalloxiden. Geeignete Beispiele von Metalloxiden sind ZnO, Fe2O3, SiO2, Al2O3, TiO2, ZrO2, SnO2, Li2O, CeO2 oder V2O5 und insbesondere SiO2, und Al2O3 oder Gemische zweier oder mehrerer der vorgenannten Metalloxiden. Geeignete Mischoxide sind z.B. ZnO/Al2O3, Fe2O3/SiO2, und insbesondere Al2O3/SiO2.

[0034] Die Kolloid-Teilchen einer Trennmittel-Lösung liegen beispielsweise in einer gewichtsbezogenen Konzentration von 1:100 bis 1:1000 (Kolloide : Lösungsmittel), insbesondere von 1:500 bis 1:1000, vor.

[0035] Nachfolgend sind Beispiele von erfindungsgemässen Trennmittel-Lösungen aufgezeigt:

Beispiel 1:



[0036] 

Trennmittel: kolloidale SiO2-Teilchen

Teilchengrösse: ca. 10 nm

Lösungsmittel: Wasser

Anwendungsgebiet: Aluminium- oder Magnesium-Druckgussverfahren mit Dauerformen aus Stahl mit Giessformtemperaturen von ca. 200°C.



[0037] Beispiele solcher dispersen Systeme auf Kieselsäure-Basis sind Particlear® von Dupont, Ludox® von Grace Davison oder Snowtex® von Nissan Chemical America Corp.

Beispiel 2:



[0038] 

Trennmittel: kolloidale Al2O3-Teilchen

Teilchengrösse: ca. 25 nm

Lösungsmittel: Wasser

Anwendung: Aluminium- oder Magnesium-Niederdruckgussverfahren mit Dauerformen aus Stahl mit Giessformtemperaturen von ca 150°C.



[0039] Beispiel eines solchen dispersen Systems auf Aluminiumoxid-Basis ist Dispersal® von Condea.

[0040] Die oben aufgeführten dispersen Systeme auf kolloidaler Basis sind als solche für verschiedene Anwendungszwecke bekannt, ihr Einsatz als Trennmittelsysteme in Metallgiessverfahren ist jedoch bis anhin nicht bekannt.

[0041] Dem Trennmittel, bzw. der Trennmittel-Lösung, können ferner Additive beigemischt sein, z.B. Additive wie Säuren oder Basen zur Einstellung des pH-Wertes, Additive zur Stabilisierung des Trennmittels bzw. der Kolloidalen Lösung, Inhibitoren als Korrosionsschutz, Additive wie Fungizide oder Bakterizide zur Verhinderung von Pilzbildung oder Ähnlichem, Tenside zur Benetzung der Oberflächen, oder Additive zur Konservierung bzw. Haltbarmachung des Trennmittels. Ferner können Addiditve zur Erhöhung der Viskosität der Trennmittel-Lösung eingesetzt werden.

[0042] Basierend auf Modellrechnungen lassen sich die optimalen Durchmesser der Kolloid-Teilchen von Trennmitteln zum Giessen von bestimmten Metallen unter spezifischen Druckverhältnissen berechnen, bei welcher die vorbeschriebenen Effekte optimal zum Tragen kommen.

[0043] Solche Berechnungen lassen sich beispielsweise für Trennmittel zum Einsatz in Aluminiumdruckgussverfahren durchführen, wobei in den nachfolgenden Berechnungsbeispielen mit Bezug auf die Figuren 1-2 folgende Annahmen getroffen wurden:
  • die Kolloid-Teilchen sind kugelförmig;
  • der Benetzungswinkel φ beträgt 180°;
  • die zu vergiessende Metallschmelze ist flüssiges Aluminium mit einer Oberflächenspannung von σ = 0,9 N/m;
  • die maximal zulässige Durchbiegung der Oberfläche α beträgt 30° (Fig. 1a, 1b);
  • der maximale von der Metallschmelze auf die Giessformoberfläche ausgeübte Druck P beträgt 1000 bar = 108 N/m2 (Fig. 1a, 2a);
  • die Deformation der Kolloid-Teilchen ist vernachlässigbar.


[0044] Mittels eines 2D-Modells (2-dimensional) kann der maximale Abstand zwischen zwei Auflagepunkten der Metallschmelze, ohne dass die Metallschmelze bei einer Oberflächendurchbiegung von höchstens α = 30° in den Zwischenraum fliesst, durch folgende Berechnung näherungsweise ermittelt werden (siehe Fig. 1a und 1b):





wobei L der Abstand zwischen den beiden Auflagepunkten 2, P der in der Metallschmelze herrschende Druck, Fp die von der Metallschmelze auf die Oberfläche 1 wirkende Kraft und Fs die Spannkraft der Oberfläche 1 ist.

[0045] Der maximale Abstand der Metallschmelze zwischen den beiden Auflagepunkten 2 ist gemäss Gleichung (3) proportional zur Oberflächenspannung σ und umgekehrt-proportional zum angewandten Druck P. Der maximale Durchmesser der Kolloid-Teilchen, bei welchem der obgenannte Effekt noch auftritt, beträgt gemäss Gleichung (3) des 2-D-Modells rund 9 nm und bei einem herrschenden Druck P von 100 bar und gleichbleibender Oberflächenspannung σ rund 90 nm.

[0046] Der maximale Durchmesser der Kolloid-Teilchen kann ferner in weiterer Annäherung an realistische Bedingungen mittels eines 3D-Modells berechnet werden. Die Kolloid-Teilchen liegen vereinfacht als Kugeln 11 vor, wobei die Anordnung der Kugeln für nachfolgende Berechnungsmethode der dichtesten Kugelpackung entspricht (siehe Fig. 2a und 2b).

[0047] Die Oberfläche 15 des flüssigen Metalles liegt dabei in Annäherung der Wirklichkeit für folgende Berechnungen nicht punktförmig an den drei benachbarten Kolloid-Teilchen 11, 12, 13 auf, vielmehr greift die Oberflächenspannung auf einer bestimmten Bogenlänge, der sogenannten Kontaktlinie 14, an. Für den Fall der dichtesten Kugelpackung beträgt die Bogenlänge 14 rund π∗r/3. Das Kräftegleichgewicht lässt sich wie folgt ausdrücken:



wobei



wobei R dem Kugelradius entspricht, P der auf die Oberfläche der Metallschmelze wirkende Druck, Fp die von der Metallschmelze auf die Oberfläche 15 wirkende Kraft und Fs die Spannkraft der Oberfläche 1 ist.

[0048] Der maximale Abstand der Metallschmelze zwischen den beiden Kontaktlinien (Bogenlinien) 14 (in Annäherung durch den Mittelpunktabstand 2∗R zweier Kugeln beschrieben) ist gemäss Gleichung (7) ebenfalls proportional zur Oberflächenspannung σ und umgekehrt-proportional zum angewandten Druck P. Der maximale Durchmesser 2∗R der Kolloid-Teilchen beträgt gemäss Gleichung (7) (3-D-Modell) näherungsweise 8 nm und bei einem herrschenden Druck P von 100 bar und gleichbleibender Oberflächenspannung σ näherungsweise 80 nm.

[0049] Die Variabilität der Oberflächenspannung σ ist vergleichsweise zur Variabilität des herrschenden Drucks P gering. Selbst die Abweichung der Oberflächenspannung zwischen flüssigem Aluminium und flüssigem Magnesium (σ = 0,7 N/m) ist derart gering, dass bei der Optimierung der Kolloidgrösse die Erfassung und Berücksichtigung der herrschenden Giessdrücke von primärer Wichtigkeit sind.

[0050] Fig. 2a zeigt die Durchbiegung der Oberfläche 15 des flüssigen Metalls zwischen drei kugelförmigen Kolloid-Teilchen 11, 12, 13.

[0051] Fig. 2b zeigt schematisch die Anordnung der Kolloid-Teilchen 11, 12, 13 in der dichtesten Kugelpackung und die Auflagefläche der Metallschmelze mit den Kontaktlinien 14 in Draufsicht.

[0052] Das erfindungsgemässe Trennmittel eignet sich für alle Formgiessverfahren, in welchen Dauerformen, insbesondere Dauerformen aus Metall, Einsatz finden. Das erfindungsgemässe Trennmittel eignet sich insbesondere für Anwendungen auf metallische Dauerformen, insbesondere aus Stahl, wie Warmarbeitsstahl, oder aus Grauguss sowie für Dauerformen aus Aluminium und seinen Legierungen.

[0053] Das erfindungsgemässe Trennmittel kann, vorausgesetzt die Durchmesser der Kolloid-Teilchen sind entsprechend den vorgenannten physikalischen Eigenschaften der Metallschmelze bzw. den angewendeten Drücken ausgelegt, zum Giessen einer Vielzahl von Metallen eingesetzt werden, insbesondere zum Giessen von Zinn und Zinnlegierungen, Kupfer und Kupferlegierungen, Bronze, Blei und Bleilegierungen, Zink und Zinklegierungen, Silber und Silberlegierungen, Gallium und Galliumlegierungen, und insbesondere Aluminium sowie Magnesium und deren Legierungen. Weitere giessbare Metalle, bei welchen sich das erfindungsgemässe Trennmittel einsetzen lässt, sollen durch vorangehende Aufzählung nicht ausgeschlossen sein.

[0054] Das erfindungsgemässe Trennmittel eignet sich für alle Formgiessverfahren, insbesondere für die einleitend genannten Giessverfahren, wie Vakuumguss-, Niederdruckguss-, Druckguss-, Thixoguss-, Vacural- oder Squeeze-Casting-Verfahren.

[0055] Ein Trennmittel von erfindungsgemässem Aufbau und Zusammensetzung zeichnet sich durch seine ausgezeichnete Trennwirkung und der fehlenden oder verminderten Gasentwicklung bei Kontakt mit der flüssigen Metallschmelze aus. Ferner kann das Trennmittel in verhältnismässig geringen Mengen angewendet werden, z.B. in einer Menge von weniger als 1g Kolloid-Teilchen pro Giessvorgang. Im weiteren findet keine Benetzung des Trennmittels durch die Metall-, insbesondere die Aluminium- oder Magnesiumschmelze statt. Das Trennmittel geht weder chemische Reaktionen mit der Metallschmelze, insbesondere mit der Aluminium- oder Magnesiumschmelze ein, noch zeigt es korrosive Wirkung gegenüber der Giessform, insbesondere gegenüber Giessformen aus Stahl. Das vorgeschlagene Trennmittel, insbesondere die daraus hervorgehenden Abfälle beim Reinigen der Giessform, sind überdies umweltverträglich.

[0056] Dank der verringerten Auflagefläche der Metallschmelze auf dem Trennmittel weist diese aufgrund der daraus resultierenden geringeren Reibung eine verbesserte Fliessfähigkeit auf. Die mechanischen Belastungen, insbesondere bei Druckgussverfahren, sind dank der verbesserten Fliessfähigkeit der Metallschmelze bis zum Abschluss der Formfüllung kleiner, d.h. aufgrund der guten Fliessfähigkeit kann die Giessform mit geringerem Druck gefüllt werden als bisher. Ferner können Dank der verbesserten Fliessfähigkeit der Metallschmelze Gussteile mit komplizierten geometrischen und dünnwandigen Strukturen hergestellt werden.


Ansprüche

1. Trennmittel zur Verwendung in Giessformen, insbesondere Giessformen aus Metall, von Giessvorrichtungen zur Herstellung von Metallgussteilen, insbesondere Metallgussteilen aus einem Leichtmetall,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Trennmittel Kolloid-Teilchen mit Teilchendurchmessern im Bereich von 1 - 1000 nm enthält und die Kolloid-Teilchen zum Auftrag auf die Giessformoberfläche in einem dispersen System gelöst sind, und die Kolloid-Teilchen auf der Giessformoberfläche nach Verdampfen des Lösungsmittels schichtbildend vorliegen.
 
2. Trennmittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Trennmittel im wesentlichen oder vollständig aus Kolloid-Teilchen mit Teilchendurchmessern im Bereich von 1 - 1000 nm besteht.
 
3. Trennmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, dass der mittlere Durchmesser D der Kolloid-Teilchen eine Funktion D = f(σ, P) der Oberflächenspannung σ der Metallschmelze und des auf die Oberfläche der Metallschmelze wirkenden Druckes P ist, wobei sich D direkt-proportional zu σ und umgekehrt-proportional zu P verhält.
 
4. Trennmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Kolloid-Teilchen einen Durchmesser im Bereich von 1-500 nm, insbesondere von 5-100 nm, aufweisen.
 
5. Trennmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Kolloid-Teilchen von 3-dimensional-rundlicher Geometrie oder kugelförmig, und vorzugsweise globuläre Kolloide oder Sphärokolloide sind.
 
6. Trennmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Kolloid-Teilchen im Trennmittel in mono-disperser Grössenverteilung vorliegen.
 
7. Trennmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die disperse Phase Molekülkolloide aus Makromolekülen enthält oder daraus besteht.
 
8. Trennmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die disperse Phase Assoziationskolloide, die sich aus echten Lösungen bilden, wenn eine bestimmte Konzentration überschritten wird, enthält oder daraus besteht.
 
9. Trennmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die disperse Phase Dispersionskolloide, die durch Dispersion aus kompakten Substanzen oder durch Kondensation aus echten Lösungen oder durch Peptisation hergestellt sind, enthält oder daraus besteht.
 
10. Trennmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Kolloid-Teilchen aus einem reinen Metalloxid oder Mischoxid, insbesondere aus SiO2 und/oder Al2O3, sind.
 
11. Trennmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass die Kolloid-Teilchen des Trennmittels in einer gewichtsbezogenen Konzentration von 1:100 bis 1:1000 vorliegen.
 
12. Trennmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass das Trennmittel Additive, insbesondere Additive zur Einstellung des pH-Wertes, enthält.
 
13. Verwendung des Trennmittels nach einem der Ansprüche 1 bis 12 in Giessformen, insbesondere Dauerformen, zur Herstellung von Metallgussteilen, insbesondere von Metallgussteilen aus einem Leichtmetall.
 
14. Verwendung des Trennmittels nach Anspruch 13, zur Herstellung von Metallgussteilen aus Aluminium, Magnesium oder deren Legierungen.
 
15. Verwendung des Trennmittels nach einem der Ansprüche 13 bis 14 zur Herstellung von Metallgussteilen in einem Vakuumguss-, Niederdruckguss-, Druckguss-, Thixoguss-, Vacural- oder Squeeze-Casting-Verfahren.
 




Zeichnung










Recherchenbericht