(19)
(11) EP 1 250 972 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.10.2002  Patentblatt  2002/43

(21) Anmeldenummer: 02006338.4

(22) Anmeldetag:  21.03.2002
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B22D 11/051
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 20.04.2001 DE 10119355

(71) Anmelder: SMS Demag AG
40237 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Streubel, Hans
    40699 Erkath (DE)

(74) Vertreter: Valentin, Ekkehard, Dipl.-Ing. 
Patentanwälte Hemmerich & Kollegen, Hammerstrasse 2
57072 Siegen
57072 Siegen (DE)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zum Stranggiessen von Brammen, insbesondere von Dünnbrammen


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Stranggießen von Brammen, insbesondere von Dünnbrammen aus Stahl, unter Verwendung einer Durchlaufkokille (5) mit innenwandseitig mit Schmelze (2) beaufschlagten Kokillenwänden (13, 13'), die von Kühlflüssigkeit durchflossen sind bzw. im Kontakt mit Kühlkästen kühlbar sind. Insbesondere zum Stranggießen kritischer Stahlsorten werden die Kokillenwände (13, 13') unter Verwendung von Ultraschallgebern (6, 6') in Ultraschallvibrationen mit vergleichsweise hoher Frequenz und angepaßter Amplitude derart versetzt, dass der Wärmeübergang zwischen Schmelze und Kokillenwand sowie der Reibungskoeffizient zwischen Strangschale und Kokillenwand reduziert wird. Hierzu werden zumindest im Badspiegelbereich (11) außen an den Kokillenwänden (13, 13') Ultraschallgeber (6, 6') angeordnet.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Stranggießen von Brammen, insbesondere von Dünnbrammen aus Stahl unter Verwendung einer Durchlaufkokille mit innenwandseitig mit Schmelze beaufschlagten Kokillenwänden, die von Kühlflüssigkeit durchflossen sind bzw. in Kontakt mit Kühlkästen kühlbar sind.

[0002] Beim Stranggießen von Dünnbrammen aus Stahl können die Kokillenwände der hierfür vorgesehenen Kokillen aus gießtechnischen und insbesondere aus Gründen der Qualität des Gießproduktes nur in einem begrenzten Dickenbereich eingesetzt werden.

[0003] Dabei treten besonders im Bereich des Badspiegels der Stahlschmelze innerhalb der Kokille großer Wärmestromdichte sehr hohe Temperaturbeanspruchungen der Kokillenwände auf, die zu deren nachteiligen Veränderungen führen und damit verkürzte Nacharbeitsintervalle der Kokillen erforderlich machen.Weiterhin wird die Oberflächenqualität des Gießstranges beeinträchtigt.

[0004] Die Höhe der Temperaturbeanspruchung der Kokillenwände ist im wesentlichen von Funktionsparametern wie Gießgeschwindigkeit, Kupferwandstärke vor Kühlflüssigkeit, möglichen Badspiegelschwankungen, Stahlqualität, Kokillenwandqualität sowie in besonderer Weise von der Beschaffenheit einer Gießpulverschicht abhängig.

[0005] In der Stranggießtechnik ist es bekannt, den Wärmeübergang von Schmelze und Kokillenwand durch Induktion von Oszillation bzw. Vibrationen zu reduzieren. Prinzipiell gibt es hierzu mehrere Möglichkeiten:

a) Anordnung von Vibratoren zur direkten Einwirkung an den Kokillenwänden;

b) Erregung elektromagnetischer Kraftfelder zur Einwirkung auf die Schmelze;

c) Vorrichtungen zur Pulsation der Flüssigkeit in den Kokillenwänden.



[0006] Das Dokument EP 0 807 477 A1 beschreibt eine Anlage zum kontinuierlichen Gießen von Metallsträngen aus Metallschmelze unter Verwendung einer Kokille, die von Seitenwänden mit an äußeren Wandbereichen angrenzenden Kühlkanälen umgeben ist. Die Außenseiten der Kokillenwände besitzen eine Vielzahl elektromagnetischer Vorrichtungen, die an den Kokillenwänden unabhängig, separat sowie unterschiedlich zur Gießrichtung angeordnet sind und zur Erzeugung pulsierender elektromagnetischer Felder zur Achse der Kokille und entlang der Bandlänge wandernd, erregt werden. Hierzu sind Stromimpulse der Elektromagnete in der Stärke bis zu 100 KA vorgesehen sind, um das pulsierende elektromagnetische Feld zu erzeugen, welches mit der Schmelze zusammenwirkt.

[0007] Das Dokument EP 0 807 478 A1 beschreibt eine Durchlaufkokille zum Gießen von Strängen mit unterschiedlichen Querschnittsformen, wobei die Kokille vom Platten-Typ oder rohrförmig sein kann und gekühlte Seitenwände besitzt, die zumindest einen länglichen Umfangsbereich mit elektrisch isolierten Elementen sowie mit jeweils zwei isolierten Enden ausbilden. An den Seitenwänden werden elektromagnetische Wellen erzeugt, die zumindest mit der in Erstarrung begriffenen Strangschale zusammenwirken sollen.

[0008] Die EP 0 807 475 A1 beschreibt ein Verfahren zum Erzeugen quergerichteter Vibrationen in den Wänden einer Durchlaufkokille für Brammen mittels Pulsation einer Flüssigkeit. Hierzu besitzt die Kokille fallweise einen oder mehrere periphere Bereiche, worin Kühlflüssigkeit um die Seitenwände der Kokille herum zirkuliert und der Kühlkreislauf mit Übergangskanälen in direktem Kontakt mit einer oder mehreren der Seitenwände steht. Mit Hilfe wenigstens einer Pumpe mit je einer Zu- und Abfuhrleitung in Verbindung mit einem Auslaß wird das Kühlmedium in Zirkulation um die Seitenwände der Kokille versetzt. Der Druck der Kühlflüssigkeit und die Pulsation im Druckverlauf ist abhängig von der gewünschten Quer-Vibration einer Seitenwand.

[0009] Die EP 0 698 434 A1 beschreibt eine Stranggießanlage zum Gießen von Dünnbrammen aus Stahl mit einer elektromagnetischen Bremsvorrichtung für die durch ein Tauchgießrohr in die Kokille eingeleitete Schmelze. Die Bremsvorrichtung besteht aus je einer an den Kokillenbreitseiten angeordneten Spule mit einem ferromagnetischen Kern sowie einem die Kokille umschließenden Joch. Zur Schaffung einer einfachen, kostengünstigen und definierbar einzustellenden Bremsvorrichtung sind die ferromagnetischen Kerne aus je einem Hauptkern und einem gießstrangseitigen Teilkern gebildet, wobei unterschiedliche Teilkerne zur Anpassung des Magnetfeldes an wechselnde Gießbedingungen wahlweise einsetzbar sind.

[0010] Das Dokument WO 99/02 286 beschreibt ein elektromagnetisches Rührverfahren für eine Kokille der Plattenbauart zum Stranggießen von Vorblöcken, Platten oder Rundmaterial, unter Verwendung von Mitteln zur Erzeugung eines magnetischen Feldes im Zusammenwirken mit der Metallschmelze innerhalb der Kokille. Hierbei soll eine Zirkulation von elektrischem Strom direkt entlang der Seitenwände der Kokille aufgebaut werden. Es sollen ferner elektromagnetische Kräfte quer zur Gießrichtung erzeugt werden, um eine Trennung der Strangschale des erstarrenden Metalls von den Seitenwänden der Kokille zu bewirken und hierdurch die Reibung zwischen Strangschale und Seitenwand zu reduzieren.

[0011] Im Dokument JP 59 110 451 wird eine Stranggießanlage für Stahlstränge mit verringerten Oszillationsmarkierungen sowie geringerer Oberflächenrauhigkeit beschrieben. Hierzu wird die Kokille einer vertikalen, sogenannten Mikrooszillation durch elektromagnetische Vibratoren unterworfen, die auf den Kokillenrahmen einwirken.

[0012] Ausgehend vom vorgenannten Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der im Oberbegriff von Anspruch 1 genannten Art weiter zu vervollkommnen und derart zu verbessern, dass damit der Wärmeübergang zwischen der Schmelze und den Kokillenwänden, insbesondere im Bereich des Badspiegels der Schmelze deutlich verringert wird, so dass auch Sonderstähle, wie bspw. peritektische Stähle, problemlos gegossen werden können. Weiterhin soll mit der Erfindung der Reibungskoeffizient zwischen der Strangschale und den Kokillenwänden deutlich verringert werden, so dass die Nacharbeitszyklen für die Kokillenwände erhöht und damit insgesamt die Verfügbarkeit der Kokille wesentlich verlängert wird.

[0013] Zur Lösung der Aufgabe sieht das Verfahren zum Stranggießen von Brammen, insbesondere von Dünnbrammen aus Stahl, gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1 vor, dass die Kokillenwände unter Verwendung von Ultraschallgebern in Ultraschallvibrationen mit vergleichsweise hoher Frequenz und angepaßter Amplitude derart versetzt werden, dass der Wärmeübergang zwischen Schmelze und Kokillenwand sowie der Reibungskoeffizient zwischen Strangschale und Kokillenwand reduziert wird. Dadurch wird sowohl die thermische als auch mechanische hohe Beanspruchung der Kokillenwände, insbesondere im Bereich des Badspiegels, des sogenannten Meniskus, signifikant reduziert. Der Verschleiß der Kokillenplatten in diesem Bereich nimmt ab und die Verfügbarkeit der Kokille wird in gleicher Weise erhöht. Mit der vorgeschlagenen Erfindung wird das Gießen von kritischen Stahlqualitäten, bspw. peritektischen Stählen, möglich.

[0014] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen des Verfahrens nach der Erfindung sehen vor, dass Frequenz und Amplitude der erzwungenen Schwingung der Kokillenplatten nach Maßgabe des erwünschten Betriebsergebnisses optimal eingestellt werden.

[0015] Dabei können die Schwingungsparameter Frequenz und Amplitude unterschiedlicher Ultraschallgeber nach Maßgabe von beobachteten Betriebsergebnissen individuell eingestellt werden. Dies ist deshalb sinnvoll, weil die Schwingungsparameter von einer Anzahl miteinander zusammenwirkender Einflußgrößen wie Bauart der Kokille, Dicke und Material der Kokillenwände, Anordnung und Größe der Kühlmittelkanäle in den Kokillenwänden etc. abhängen und daher von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein können.

[0016] Weiterhin sieht eine Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens vor, dass Ultraschallwellen in Richtung senkrecht zu einer Kokillenwand gegen diese emittiert werden. Hierzu ist vorgesehen, dass Ultraschallgeber an Außenseiten von Kokillenwänden in Höhe des Gießspiegels bzw. des Meniskus, oder dicht unterhalb desselben angeordnet werden, so dass in dem besonders thermisch und mechanisch hochbeanspruchten Bereich der Beanspruchung die Kokillenwände besonders intensiv geschützt werden. Mit Vorteil kann folglich die Erfahrung des Gießtechnikers vor Ort in das erfindungsgemäße Verfahren eingebracht werden.

[0017] Hierbei können nach einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemässen Verfahrens Ultraschallgeber an Breit- und Schmalseiten der Kokille angeordnet werden.

[0018] Auch können sie in Reihen unter- bzw. übereinander angeordnet werden, derart, dass damit möglichst alle wesentlichen Bereiche der Kokillenplatten mit Ultraschallwellen beschallt werden, um Unterschiede in deren Ausbildung und Haftfähigkeit von vornherein zu vermeiden.

[0019] Dazu kann dann die weitere Maßnahme angewandt werden, dass die Schwingungsamplitude eines jeden Schallgebers mittels Einstellung der Stromstärke angepaßt wird.

[0020] Einzelheiten, Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachstehenden Erläuterung eines in der Zeichnung schematisch dargestellten Ausführungsbeispiels.

[0021] Dieses zeigt in anschaulicher Weise eine Stranggießanlage mit einem einen Vorrat an Schmelze 2 enthaltenden Verteiler 1. Aus diesem wird unter Mengenregelung mit Hilfe des Regelorgans 3 durch das Tauchgießrohr 4 in kontinuierlichem Fluß Schmelze aus dem Verteiler 1 entnommen und in die Durchlaufkokille 5 geleitet.

[0022] Dabei bildet sich unterhalb des Gießspiegels bzw. des Meniskus 11 in Gießrichtung ein Gießstrang 10 mit einer stetig wachsenden Strangschale 8 aus, welche einen flüssigen Kern 9 bis zu dessen Sumpfspitze 12 umgibt.

[0023] Nach der Erfindung sind an der Außenseite der Kokille 5 bzw. außen an den Kokillenwänden 13, 13' und bevorzugt in wenigstens zwei Reihen untereinander in Höhe des Badspiegels bzw. Meniskus 11 Ultraschallgeber 6, 6' angeordnet, und zwar in einer solchen Weise, dass ihre Ultraschallwellen 7, 7' die Wände 13, 13' der Kokille 5 im rechten Winkel durchdringend schneiden und im Bereich des Badspiegels 11 in die Schmelze 9 bzw. in die Strangschale 8 eindringen. Dabei reduzieren sie den Berührungskontakt zwischen Schmelze und Kokillenwand 13, 13' im Gießspiegelbereich 11 bzw. zwischen Strangschale 8 und Kokillenwand 13, 13' auf und führen zu einer signifikanten Reduktion der Wärmestromdichte sowie der Reibung zwischen Kokillenwänden und Schmelze 9.

[0024] Nach allem ist die Erfindung sowohl wirtschaftlich aufgrund höherer Verfügbarkeit der Kokillenwände, als auch aus betrieblicher Sicht wegen der Möglichkeit des problemlosen Gießens sogenannter kritischer Stähle wie bspw. peritektischer Stähle eine Bereicherung der Stranggußtechnologie.

Liste der Bezugszeichen



[0025] 
1
Verteiler
2
Schmelzbad
3
Regelorgan
4
Tauchgießrohr
5
Kokille
6
Ultraschallgeber
7
Ultraschallwellen
8
Strangschale
9
flüssiger Kern mit Sumpfspitze
10
Gießstrang
11
Meniskus in der Kokille
12
Sumpfspitze
13
Kokillenwände



Ansprüche

1. Verfahren zum Stranggießen von Brammen, insbesondere von Dünnbrammen aus Stahl, unter Verwendung einer Durchlaufkokille (5) mit innenwandseitig mit Schmelze (2) beaufschlagten Kokillenwänden (13, 13'), die von Kühlflüssigkeit durchflossen sind bzw. im Kontakt mit Kühlkästen kühlbar sind,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Kokillenwände (13, 13') unter Verwendung von Ultraschallgebern (6, 6') in Ultraschallvibrationen mit vergleichsweise hoher Frequenz und angepaßter Amplitude derart versetzt werden, dass der Wärmeübergang zwischen Schmelze und Kokillenwand sowie der Reibungskoeffizient zwischen Strangschale und Kokillenwand reduziert wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass Frequenz und Amplitude nach Maßgabe des Betriebsergebnisses eingestellt werden.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Schwingungsparameter Frequenz und Amplitude unterschiedlicher Ultraschallgeber (6, 6') nach Maßgabe von beobachteten Betriebsergebnissen individuell eingestellt werden.
 
4. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass Ultraschallwellen (7, 7') in Richtung senkrecht zur Kokillenwand (13, 13') gegen diese emittiert werden.
 
5. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Ultraschallgeb_er unter einem Winkel bis zu 45° in Gießrichtung angeordnet sind.
 
6. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass Ultraschallgeber (6 , 6') an Außenseiten der Kokillenwände (13, 13') in Höhe des Badspiegels (11), oder dicht unterhalb desselben angeordnet werden.
 
7. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
dass Ultraschallgeber (6, 6') an Breit- und Schmalseiten einer Kokille (5) angeordnet werden.
 
8. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet,
dass Ultraschallgeber (6, 6') in Reihen unter- bzw. übereinander angeordnet werden.
 
9. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 8,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Schwingungsamplitude eines Schallgebers (6) mittels Einstellung der Stromstärke angepaßt wird.
 
10. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem
der Ansprüche 1 bis 9,
gekennzeichnet durch
die Anordnung wenigstens eines Ultraschallgebers (6, 6') zumindest im Badspiegelbereich (11) an den Kokillenwänden (13, 13') einer Durchlaufkokille (5).
 




Zeichnung