[0001] Die Erfindung betrifft eine pneumatische Wandkonstruktion, insbesondere für den weltweiten
Einsatz, auch unter extremen Klimabedingungen, und bei hohen Anforderungen an die
Mobilität. Eine derartige Wandkonstruktion kann insbesondere als Anbau an bestehende
Shelter mit festen Wänden eingesetzt werden. Möglich ist jedoch auch, ein vollständiges,
nach mehreren Seiten geschlossenes Gebäude aus einer solchen pneumatischen Wandkonstruktion
zu errichten.
[0002] Pneumatische Bauwerke sind eng mit dem Namen des Architekten Frei Otto verbunden.
Eine Übersicht über dessen Wirken findet sich z.B. in M. Kawaguchi: Der umgekehrte
Weg, arcus Architektur und Wissenschaft 10 (1990).
[0003] Als Stützkonstruktion für pneumatische Bauwerke dienen auch druckluftbeaufschlagte
Schläuche (Sparren), die zusätzlich durch Verstrebungen gesichert werden können.
[0004] Die Wärmedurchgangszahlen der genannten pneumatischen Konstruktionen können nur als
mäßig bis schlecht bezeichnet werden. Sonnen- und ABC-Schutz würden zusätzlich Abdeckungen
erfordern, die ihrerseits die Aufbauzeit verlängerten. Für den Sanitätseinsatz, der
an Mobilität, Aufbauzeit und Packungsvolumen hohe Anforderungen stellt, wäre somit
ein weiterer beträchtlicher Bedarf an Transportvolumen und -gewicht erforderlich.
Als Operationsraum und Intensivstation eingerichtete pneumatische Gebäude müssen neben
dem elektrischen Leistungsbedarf der medizinischen Geräte mit klimatisierter Frischluft
und der notwendigen Raumtemperatur versorgt werden. Naturgemäß lassen sich die Inbetriebnahmezeiten
um so mehr verkürzen, je geringer die Aufbauzeit der Gebäude selbst und der Einrichtung
sowie die Inbetriebnahme von Energieversorgung und Klimatisierung sind.
[0005] Diesem Verbesserungsbedarf kann nur nachgekommen werden, wenn der Energiebedarf zur
Klimatisierung verringert, also die Wärmedämmung verbessert und der Auf- und Abbauvorgang
mindestens teilweise automatisiert wird. Die vorliegende Erfindung beschreibt Lösungsmöglichkeiten,
um diese Ziele zu erreichen.
[0006] Die erfindungsgemäße Lösung ist Gegenstand des Patentanspruchs 1. Vorteilhafte Ausführungen
sind Gegenstand weiterer Ansprüche.
[0007] Unter Beibehaltung der pneumatischen Konstruktionsprinzipien "luftgestützte Konstruktion"
und "aufblasbare Konstruktion (Stützschlauch-Konstruktion)" (Definition siehe M. Kawaguchi
a.a.O.) entsteht eine zweischichtiges Wandstruktur aus 3 Zeltbahnen (innere, äußere,
mittlere Zeltbahn). Die innere Schicht, vorzugsweise mit einem gegenüber Atmosphärendruck
auf etwa 300 Pa erhöhten Druck, bildet die Haupttragstruktur der Wandkonstruktion.
Vorteilhaft sind die begrenzenden Zeltbahnen (innere und mittlere Zeltbahn) zur Stabilisierung,
Abstandshaltung und Unterdrückung der Konvektionsströmung durch flexible Stege verbunden.
Der mit der Frischluftzufuhr der Klimaanlage gegebene leichte Überdruck im Innenraum
unterstützt die Stabilität.
[0008] Die zweite, äußere Luftschicht zwischen mittlerer und äußerer Zeltbahn steht sowohl
in Bodennähe als auch im Firstbereich durch Lufteintrittsöffnungen und Luftaustrittsöffnungen
(z.B. Lufteintritts- oder Luftaustrittsgitter) mit der Umgebungsluft in Verbindung.
Erwärmt sich die äußere Zeltbahn aufgrund von Sonneneinstrahlung gegenüber der Umgebungstemperatur,
springt eine aufsteigende Konvektionsströmung innerhalb dieser an allen Außenwänden
des Gebäudes befindlichen Kammern an.
[0009] Als Abstandshalter und gleichzeitig als zweite, redundante Tragstruktur wirken druckbeaufschlagte
Stützschläuche zwischen der mittleren und äußeren Zeltbahn. Die Stützschläuche können
einzeln aufgeblasen werden.
[0010] Um im Falle erwarteter hoher Sonneneinstrahlung die Wärmeübertragung von der bestrahlten
äußeren Zeltbahn, olivgrün für den militärischen Einsatz, in den Innenraum deutlich
zu begrenzen, kann es zweckmäßig sein, die mittlere Zeltbahn mit ihrer nach außen
gewandten Oberfläche durch eine geeignete metallische Beschichtung oder Bedampfung
im Wellenlängenbereich der Wärmestrahlung zu verspiegeln.
[0011] Mit der erfindungsgemäßen Konstruktion der zweifachen Luftschichten wird der Wärmedurchgang
gegenüber der einfachen Zeltbahn deutlich verringert. Auch für sonnenbestrahlte Flächen
bestimmt sich die Kühlleistung nur aus der Differenz von Umgebungs- und Innenraumtemperatur
(und nicht aus der Differenz von Oberflächen- und Innenraumtemperatur!).
[0012] Eine weitere vorteilhafte Maßnahme ist, die Grundfläche des pneumatischen Gebäudes
möglichst quadratisch und die Form des Gebäudes im senkrechten Querschnitt elliptisch
oder in ähnlicher Weise gekrümmt zu wählen, so dass im Randbereich die Innenraumhöhe
gerade ausreichend und diese in der Mitte nicht höher als für die ausreichende Stehhöhe
und die Befestigung der Luftverteilung erforderlich ist.
[0013] Die Aufgabe, die Aufbauzeit zu verkürzen und den Personalbedarf zu verringern, wird
dadurch gelöst, dass nach dem manuellen Ausrollen des Gebäudepakets mittels eines
vorzugsweise programmgesteuerten Luftverdichters zunächst die inneren tragenden, segmentierten
Luftkammern der inneren Schicht und im nächsten Schritt die Stützschläuche (getrennt
befüllt) zum Abheben der äußeren Zeltbahn unter Druck gesetzt werden. Die Umschaltung
des Strömungsweges wird durch Drucksensoren (oder im Handbetrieb durch eine Druckanzeige)
ausgelöst. Ebenso verläuft die Druckhaltung oder die Erhöhung der Innendrücke im Falle
von bei hohen Windgeschwindigkeiten auftretenden Seitenkräften.
[0014] Der Abbau der erfindungsgemäßen Wandkonstruktion wird durch sequentielles Absaugen
des Überdrucks beschleunigt.
[0015] In den folgenden Figuren werden konkrete Ausführungsbeispiele der Erfindung beschrieben.
Es zeigen:
- Fig. 1
- eine Wandkonstruktion gemäß der Erfindung im Querschnitt,
- Fig. 2
- einen Ausschnitt der Wandkonstruktion gemäß der Erfindung im Längsschnitt,
- Fig. 3
- ein erfindungsgemäße Wandkonstruktion in Verbindung mit einem Shelter,
- Fig. 4
- das Blockschaltbild der Druckluftversorgung mit den Ventilen zur Umschaltung der Strömungswege.
[0016] Fig. 1 zeigt einen Querschnitt der erfindungsgemäßen pneumatischen Wandkonstruktion.
Die Wandkonstruktion ist hier als nach drei Seiten (links, rechts, oben) geschlossene
Struktur ausgebildet, die sich an den Seiten bis auf den Erdboden erstreckt. Die besonders
für extreme Plus- und Minustemperaturen der Umgebung wichtige Leichtbau-Wärmedämmung
wird erfindungsgemäß durch eine zweischichtige Ausbildung der Wandstruktur gebildet
(innere Schicht 5, äußere Schicht 7), wobei die innere Schicht 5 von der inneren Zeltbahn
1 und der mittleren Zeltbahn 2 begrenzt wird, und die äußere Schicht 7 von der mittleren
Zeltbahn 2 und der äußeren Zeltbahn 3 begrenzt wird (die Zeltbahnen werden im Folgenden
auch als Folie bezeichnet). Die Form der Wandkonstruktion über dem Boden 4 ist vorzugsweise
elliptisch oder ähnlich dem Teil einer Ellipse (im vertikalen Längs- und Querschnitt),
um im Randbereich ausreichenden Bodenabstand, bei andererseits möglichst geringer
Außenoberfläche zu gewährleisten. Die Kammer 5 mit der inneren Luftschicht ist einmal
wegen eines möglichen Beschusses, andererseits wegen der Formhaltung unter Überdruck
durch Stege 6 aufgeteilt. Die Luftverbindung ist durch Rückschlagventile gesichert
(nicht dargestellt). Der Folienabstand zwischen Folie 1 und 2 bemisst sich einerseits
aus der bei gegebener Raumgröße erforderlichen pneumatischen Steifigkeit, andererseits
aus der thermodynamischen Gegebenheit einer für nahezu senkrechte Luftschichten optimalen
Dämmung, unabhängig von der Temperatur, von etwa 50 mm.
[0017] Die äußere Luftschicht 7 steht über Lufteintrittsöffnungen 8 in Bodennähe und Austrittsöffnungen
9 im Bereich des Firsts mit der Umgebung in Verbindung. Die Lufteintrittsöffnungen
sind gitterförmig ausgeführt. In Bodennähe erstrecken sie sich entlang mindestens
eines Teilbereichs des Gebäudeumfangs. Die Öffnungen können, insbesondere bei Regen
und im Winter, verschlossen werden. Bei Erwärmung der äußeren Folie 3 entsteht in
der Kammer 7 zwischen mittlerer Folie 2 und äußerer Folie 3 eine nach oben gerichtete
Konvektionsströmung. Diese erwärmt die aufsteigende Luft infolge einer Überhitzung
der Außenfolie 3 um so weniger, je größer der Abstand zwischen den Folien 2 und 3
gewählt wird. Damit kann sich das Maß für den Abstand Folie 2 - Folie 3 aus dem für
die Steifigkeit der Stützschläuche 20, Fig. 2, notwendigen Durchmesser ergeben. Eine
Größe von 75 bis 120 mm entspricht dem bevorzugten Bereich. Für den militärischen
Einsatz kann eine Beschussfestigkeit für leichte Waffen und gegen Splitter wünschenswert
sein. Dies kann durch Belegen der äußeren Folie 3 mit einem kinetische Energie absorbierenden
Gewebe, z.B. mit Kevlar verstärkt, erfolgen. Innerhalb der äußeren Schicht 7 sind
die bereits erwähnten pneumatischen Stützschläuche 20 angeordnet, die als zusätzliche
Tragestruktur und als Abstandshalter zwischen mittlerer Folie 2 und äußerer Folie
3 dienen.
[0018] In Fig. 3 ist ein mit einem Container 30 verbundene erfindungsgemäße Wandkonstruktion
31 dargestellt. Die Wandkonstruktion 31 ist durch die Öffnung 32 an der Container-Längswand
zu betreten, wobei vorzugsweise die Tür als Klappe 33 und gleichzeitig als Rampe zum
Ausgleich des Unterschieds der Bodenhöhen ausgebildet ist und als Palette zum Verpacken
der Wandkonstruktion dienen kann.
[0019] Sollte die Wandkonstruktion als Durchgang oder Zwischenraum zwischen zwei Containern
vorgesehen sein, so ist auch eine rein zylindrische Konstruktion mit zwei senkrechten
Stirnwänden möglich.
[0020] Um im Falle einer ABC-Bedrohung und im allgemeinen aus hygienischen Gründen den Eintritt
evtl. schadstoffbelasteter Außenluft durch Undichtigkeiten des Gebäudes auszuschließen,
bilden die innere Folie 1 der Tragstruktur und die mit Bodenplatten 34 abgedeckte
Bodenfolie 4 eine durchgehende Hülle des Innenraums 35.
[0021] Der in Fig. 4 als Blockschaltbild dargestellte Aufbau der Druckluftversorgung und
Ansteuerung besteht aus dem Luftverdichter 40 mit Motor 41, der die Luft durch den
Filter 42 ansaugt. Zum Aufblasen der Druckluftkammern wird die verdichtete Luft durch
das 3/2-Magnetventil 43 zum Ventil gleicher Bauart 44 geleitet und hier sequentiell
zur Haupttragstruktur, Pfeil 45, bzw. zu den Stützschläuchen, Pfeil 46, geleitet.
Die Rückschlagventile 47, 48 verhindern die Rückströmung.
[0022] Zum Abbau der pneumatischen Wandstruktion, also zum durch das Absaugen des Luftverdichters
40 beschleunigten Abblasen des Überdrucks und Entleeren der Luftkammern wird zunächst
das Absperrventil 49 geöffnet, dann das 3/2-Magnetventil 43 gemäß Pfeil 50 auf Abblasen
gestellt, schließlich mit dem 3/2-Magnetventil 51 die Entleerung auf den Wegen 46
und 45 eingeleitet.
[0023] Die Stromversorgung der Druckluftanlage erfolgt aus dem Netz des energieautarken
Systems mittels der Leitung 52. Die Steuerung 53, z. B. eine speicherprogrammierbare
Steuerung, erhält manuell den Befehl zur Einleitung des Aufblas- bzw. Abblasvorgangs,
die Aufrechterhaltung des Luftdrucks in den Kammern wird durch nicht dargestellte
Sensoren überwacht, die mittels der Signalleitungen 54 mit dem Steuergerät 53 in Verbindung
stehen.
1. Pneumatische Wandkonstruktion, gekennzeichnet durch eine zweischichtige, aus drei flexiblen Zeltbahnen (1,2,3) gebildete Wandstruktur,
wobei die innere Schicht (5), begrenzt von der inneren (1) und der mittleren (2) Zeltbahn,
eine aufblasbare Schicht ist, die die Haupttragstruktur der Wandkonstruktion bildet,
und die äußere Schicht (7), begrenzt von der mittleren Zeltbahn (2) und der äußeren
(3) Zeltbahn, einen Konvektionsraum bildet, der von der Umgebungsluft in aufsteigender
Richtung durchströmbar ist, um damit eine hohe Wärmedämmung und um im Falle der Kühlung
des Innenraums die erhöhten Temperaturen an der äußeren Zeltbahn (3) fernzuhalten,
und dass zwischen mittlerer (2) und äußerer (3) Zeltbahn aufblasbare Stützschläuche
(20) als Redundanz der Haupttragstruktur und als Abstandshalter vorhanden sind.
2. Pneumatische Wankkonstruktion nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die innere Schicht (5) zur Unterdrückung der Konvektion durch Stege (6) unterteilt
ist, die perforiert, mit Löchern versehen oder nur teilweise den Querschnitt versperrend
ausgebildet sind.
3. Pneumatische Wandkonstruktion nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die mittlere Zeltbahn (2) auf ihrer nach außen gewandten Seite mit einer Wärmestrahlung
reflektierenden Beschichtung versehen ist.
4. Pneumatische Wandkonstruktion nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die äußere Zeltbahn (3) in Bodennähe mindestens teilweise mit Lufteintrittsöffnungen
(8) ausgestattet ist, die verschließbar sind.
5. Pneumatische Wandkonstruktion nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die äußere Zeltbahn im Firstbereich mit verschließbaren Luftaustrittsöffnungen (9)
ausgestattet ist, so dass die innerhalb der äußeren Schicht (7) aufsteigende Luft
entweichen kann.
6. Pneumatische Wandkonstruktion nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass deren Auf- und Abbauvorgang hinsichtlich des Aufblasens und der Druckentlastung der
pneumatischen Elemente programmgesteuert sequentiell erfolgen kann.
7. Pneumatische Wandkonstruktion nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die äußere Zeltbahn (3) mit einer energieabsorbierenden Gewebematte, vorzugsweise
aus Kevlar oder Kevlar-verstärkt, als Schutz gegen Beschuss mit leichten Waffen und
als Splitterschutz abgedeckt ist oder dass die energieabsorbierende Gewebematte selbst
die äußere Zeltbahn bildet.