(19)
(11) EP 1 277 545 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.01.2003  Patentblatt  2003/04

(21) Anmeldenummer: 02012025.9

(22) Anmeldetag:  31.05.2002
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B24B 35/00, B24B 49/16
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 19.07.2001 DE 10135139

(71) Anmelder: Ernst Thielenhaus GmbH & Co. KG
42285 Wuppertal (DE)

(72) Erfinder:
  • Brust, Peter
    42289 Wuppertal (DE)
  • Der andere Erfinder hat auf seine Nennung verzichtet.

(74) Vertreter: Albrecht, Rainer Harald, Dr.-Ing. et al
Patentanwälte Andrejewski, Honke & Sozien, Theaterplatz 3
45127 Essen
45127 Essen (DE)

   


(54) Vorrichtung zur Finishbearbeitung von Werkstücken


(57) Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Finishbearbeitung von Werkstücken, die eine Vorschubeinrichtung (1) mit einem Schlitten (2) und einem NC-gesteuerten Antrieb (3), eine Motorspindeleinheit (4) mit einer motorisch angetriebenen Werkzeugspindel (S) sowie eine Kraftmesseinrichtung (6) zum Messen der bei einer Werkstückbearbeitung auf die Werkzeugspindel wirkenden Andrückkraft aufweist. Erfindungsgemäß ist die Motorspindeleinheit (4) mit federnden Elementen, die das Gewicht der Motorspindeleinheit (4) aufnehmen und lediglich in Bearbeitungsrichtung beweglich sind, an dem Schlitten (2) gelagert. Vorzugsweise ist der Schlitten (2) auf Blattfedern (7) abgestützt, die quer zur Vorschubrichtung des Schlittens (2) ausgerichtet sind. Die Kraftmesseinrichtung (6) ist zwischen Anschlusselementen (8, 9) an der Motorspindeleinheit (4) und am Schlitten (2) angeordnet.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Finishbearbeitung von Werkstücken, die eine Vorschubeinrichtung mit einem Schlitten und einem NC-gesteuerten Antrieb, eine Motorspindeleinheit mit einer motorisch angetriebenen Werkzeugspindel sowie eine Kraftmesseinrichtung zum Messen der bei einer Werkstückbearbeitung auf die Werkzeugspindel wirkenden Andrückkraft aufweist.

[0002] Es ist bekannt, die bei der Werkstückbearbeitung auf die Werkzeugspindel wirkende Andrückkraft kontinuierlich zu messen und den Anpressdruck des Bearbeitungswerkzeuges an der Werkstückoberfläche stufenweise auf einen vorbestimmten Grenzwert nachzuregeln, bei dem ein optimaler Materialabtrag erfolgt (DE 39 30 457 A1). Ferner ist in DE 197 38 818 A1 ein Verfahren beschrieben, bei dem in Abhängigkeit von Maß- und Formabweichungen der Werkstückgeometrie, die während der Werkstückbearbeitung ermittelt werden, die Andrückkraft bzw. die Zustellung des Bearbeitungswerkzeuges geregelt wird. Der Werkzeugträger ist mit einer Messeinrichtung versehen, die einen Feintaster und Abstützelemente aufweist.

[0003] Bei der Finishbearbeitung von kleinteiligen Werkstücken, z. B. der Finishbearbeitung an Sitzflächen von Brennstoffeinspritzventilen, an planen Flächen von Miniaturdrucksensoren o. dgl., sind präzise geführte Zustellbewegungen des rotierenden Schleifwerkzeuges erforderlich, um hohe Anforderungen an die Maßhaltigkeit und Oberflächengüte der bearbeiteten Werkstückfläche zu erfüllen. Die Zustellung muss so eingerichtet sein, dass das Bearbeitungswerkzeug mit definierter, feinfühlig einstellbarer Kraft an der zu bearbeitenden Werkstückfläche anliegt. Es müssen im Regelfall Andrückkräfte von weniger als 100 N und bei sehr kleinen Werkstücken Andrückkräfte in der Größenordnung von 1 bis 25 N eingestellt werden.

[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zur Finishbearbeitung von Werkstücken anzugeben, die kraftgesteuerte Zustellbewegungen mit feinfühlig einstellbarer und präzise eingehaltener Andrückkraft ermöglicht.

[0005] Die Aufgabe wird bei einer Vorrichtung des eingangs beschriebenen Aufbaues erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass die Motorspindeleinheit mit federnden Elementen, die das Gewicht der Motorspindeleinheit aufnehmen und lediglich in Bearbeitungsrichtung beweglich sind, an dem Schlitten gelagert ist und dass die Kraftmesseinrichtung zwischen Anschlusselementen an der Motorspindeleinheit und am Schlitten angeordnet ist.

[0006] Vorzugsweise ist die Motorspindeleinheit auf Blattfedern abgestützt, die quer zur Vorschubrichtung des Schlittens ausgerichtet sind. Die vertikal ausgerichteten, mit kurzer freier Länge eingespannten Blattfedern sind in Vorschubrichtung der Spindel sehr nachgiebig und flexibel, so dass Andrückkräfte an der Werkzeugspindel feinfühlig und verlustarm auf die Kraftmesseinrichtung übertragen werden. Insbesondere bei einer Einspannung mit kurzer freier Länge können die Blattfedern große vertikale Kräfte sowie große Querkräfte aufnehmen. Sie eignen sich daher zur Abstützung der Motorspindeleinheit auf dem Schlitten, wobei zusätzliche, reibungsbehaftete Führungen nicht erforderlich sind.

[0007] Die Kraftmesseinrichtung ist zwischen den federnden Elementen, z. B. an der Unterseite der Motorspindeleinheit zwischen den Blattfedern, angeordnet oder kann an das in Arbeitsrichtung rückseitige Ende der Motorspindeleinheit angeschlossen sein. Gemäß einer bevorzugten Ausführung weist die Kraftmesseinrichtung ein Piezoelement als Kraftsensor auf. Das Piezoelement ermöglicht sehr präzise Kraftmessungen bei extrem geringen Verformungen. Die Verwendung anderer Kraftsensoren soll nicht ausgeschlossen sein. Im Rahmen der erfindungsgemäßen Lehre können auch Dehnungsmessstreifen sowie magnetorestriktive Sensoren eingesetzt werden.

[0008] Der Kraftsensor, z. B. ein Piezoelement, ist gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung zwischen zwei Kontaktelementen angeordnet, die kugelförmige Kontaktflächen aufweisen. Die kugelförmigen Kontaktflächen sind an ringförmigen oder schalenförmigen Lagerflächen der an der Motorspindeleinheit und dem Schlitten vorgesehenen Anschlusselemente abgestützt. Bei dieser Ausführung ist gewährleistet, dass der Kraftsensor querkraftfrei eingespannt ist und die auf die Werkzeugspindel wirkenden Andrückkräfte verlustarm auf den Kraftsensor übertragen werden. Dabei ist eine Vorspannung des Kraftsensors zweckmäßig. Eine vorteilhafte Ausgestaltung der Kraftmesseinrichtung sieht vor, dass die Kontaktelemente bolzenförmig ausgebildet sind, wobei ein Bolzen eine Gewindebohrung und der andere Bolzen eine Längsbohrung aufweist, und dass die Bolzen durch eine Dehnungsschraube mit definierter Vorspannkraft gegen den zwischen den Bolzen angeordneten Kraftsensor verspannt sind. Ferner ist das schlittenseitige Anschlusselement für die Kraftmesseinrichtung zweckmäßig an einem Träger angeordnet, der in Führungsnuten des Schlittens verstellbeweglich befestigt ist.

[0009] Die erfindungsgemäße Vorrichtung ermöglicht eine sehr genaue und feinfühlige Erfassung der bei der Finishbearbeitung von Werkstückflächen auf die Werkspindel wirkenden Andrückkräfte. Die Kraftmesswerte werden der NC-Steuerung des Vorschubantriebes zugeführt. Mit einer nach dem Stand der Technik ausgeführten hochauflösenden NC-Zustellung des Schlittens lassen sich minimale Kräfte, z. B. im Bereich zwischen 0,1 N und 10 N definiert auf das Werkstück bringen. Bei der Finishbearbeitung von kleinstückigen Serienteilen wird dabei eine hohe Oberflächengüte erreicht. In Verbindung mit einem in der Vorrichtung integrierbaren Wegmesssystem kann ferner der zeitliche Verlauf des Zustellweges messtechnisch erfasst werden. Aus den Messwerten der Kraftmesseinrichtung und/oder des Wegmesssystems können Steuerbefehle zur Prozessführung bei der Werkstückbearbeitung abgeleitet werden.

[0010] Im Folgenden wird die Erfindung anhand einer lediglich ein Ausführungsbeispiel darstellenden Zeichnung näher erläutert. Es zeigen schematisch
Fig. 1
eine Vorrichtung zur Finishbearbeitung von Werkstücken,
Fig. 2
eine weitere konstruktive Ausgestaltung der Vorrichtung, ausschnittsweise und in einer gegenüber Fig. 1 stark vergrößerten Darstellung,
Fig. 3
eine Draufsicht auf den in Fig. 2 dargestellten Gegenstand.


[0011] Zum grundsätzlichen Aufbau der in Fig. 1 dargestellten Vorrichtung gehören eine Vorschubeinrichtung 1 mit einem Schlitten 2 und einem NC-gesteuerten Antrieb 3, eine Motorspindeleinheit 4 mit einer motorisch angetriebenen Werkzeugspindel 5 sowie eine Kraftmesseinrichtung 6 zum Messen der bei einer Werkstückbearbeitung auf die Werkzeugspindel 5 wirkende Andrückkraft. Die Motorspindeleinheit 4 ist mit Blattfedern 7 an dem Schlitten 2 gelagert, wobei die Blattfedern 7 quer zur Vorschubrichtung des Schlittens 2 ausgerichtet sind und das Gewicht der Motorspindeleinheit 4 aufnehmen. Die Kraftmesseinrichtung 6 ist zwischen Anschlusselementen 8, 9 an der Motorspindeleinheit 4 und am Schlitten 2 angeordnet und mit einem Piezoelement als Kraftsensor 10 ausgerüstet. Der Schlitten 2 weist eine nach dem Stand der Technik ausgebildete Präzisonsschlittenführung 11 sowie als Antriebsaggregat eine Rollspindel 12 auf. Andere Ausführungen der Vorschubeinrichtung 1, z. B. ein Linearantrieb, sind nicht ausgeschlossen.

[0012] Die Einspannung der Blattfedern 7 sowie die Ausbildung der Kraftmesseinrichtung 6 ist in den Fig. 2 und 3 ausführlicher dargestellt. Der Kraftsensor 10 ist zwischen zwei Kontaktelementen angeordnet, die im Ausführungsbeispiel als Bolzen 13, 13' ausgebildet sind und Kontaktflächen 14 aufweisen. Die Kontaktflächen 14 sind an ringförmigen oder schalenförmigen Lagerflächen der der Anschlusselemente 8, 9 abgestützt. Einer der Bolzen 13 weist eine Gewindebohrung, der andere Bolzen 13' eine Längsbohrung auf. Die Bolzen 13, 13' sind durch eine Dehnungsschraube 15 mit definierter Vorspannkraft gegen den zwischen den Bolzen 13, 13' angeordneten Kraftsensor 10 vorgespannt. Zweckmäßig ist eine Vorspannkraft zwischen 100 und 200 N. Den Fig. 2 und 3 entnimmt man ferner, dass das schlittenseitige Anschlusselement 9 für die Kraftmesseinrichtung 6 an einem Träger 16 angeordnet ist, der mit Nutensteinen 17 in Führungsnuten 18 des Schlittens 2 verstellbeweglich befestigt ist.

[0013] In dem in den Fig. 2 und 3 dargestellten Ausführungsbeispiel ist die Kraftmesseinrichtung 6 an das in Arbeitsrichtung rückseitige Ende der Motorspindeleinheit 4 angeschlossen. Die beiden Blattfedern 7, von denen in den Fig. 2 und 3 nur die rückwärtige Blattfeder dargestellt ist, sind mit einer kurzen Einspannlänge an Trägerplatten 19, 20 befestigt, die an dem Schlitten 2 bzw. an der Unterseite der Motorspindeleinheit 4 befestigt sind. Sicherungsstifte 21 verhindern unzulässig große Bewegungen der Motorspindeleinheit 4, wenn beispielsweise Werkzeugwechsel oder sonstige Montagearbeiten vorgenommen werden.

[0014] Die in den Fig. 2 und 3 dargestellte Kraftmesseinrichtung 6 kann auch an der Unterseite der Motorspindeleinheit 4 zwischen den Blattfedern 7 angeordnet sein, wie dies in Fig. 1 schematisch dargestellt ist.

[0015] Die erfindungsgemäße Vorrichtung kann zusätzlich mit einer Weglängenmesseneinrichtung 22 ausgerüstet sein, mit der der zeitliche Verlauf des Zustellweges messtechnisch erfassbar ist. Aus den Kraftmesswerten und Messwerten des Wegmesssystems können Steuerbefehle zur Prozessführung bei der Werkstückbearbeitung abgeleitet werden. Das soll im Folgenden anhand von Beispielen erläutert werden. Mit dem Anschnitt des Werkstückes, also der Berührung des Werkstückes durch das Werkzeug, nimmt die kraftgesteuerte Zustellgeschwindigkeit des Vorschubes rasch ab, wobei der zeitliche Verlauf der Kurve mit zunehmendem Abtrag der Werkstückfläche abflacht. Aus dem zeitlichen Verlauf des Zustellweges können Kriterien zur optimalen Führung eines Finishbearbeitungsprozesses abgeleitet werden. So kann das zeitliche Profil des Zustellweges als Maß für die Oberflächengüte des Werkstückes herangezogen werden. Bei vorgegebener Andrückkraft zwischen Werkstück und Bearbeitungswerkzeug erreicht die kraftgesteuerte Zustellgeschwindigkeit mit zunehmender Oberflächengüte einen annähernd konstanten Wert. Durch Einstellung eines Kraftsollwertes im beschriebenen Einstellbereich zwischen 0,1 und 100 N kann der Abtrag und die daraus resultierende Zustellgeschwindigkeit verändert werden. Bei einer prozessbezogen optimalen Kraft wird im Allgemeinen eine höhere Oberflächengüte sehr konstant erreicht. Die Parametereinstellungen können so optimiert werden, dass die gewünschte Oberflächengüte bei minimaler Bearbeitungszeit erreicht wird.

[0016] Aus dem zeitlichen Verlauf des Zustellweges kann ferner ein das Schneidverhalten kennzeichnender Signalwert abgeleitet werden, um ein Werkzeug zuzusetzen, einen etwaigen Werkzeugbruch oder Werkzeugverschleiß zu identifizieren. Ferner können aus dem zeitlichen Verlauf des Zustellweges Prozessinstabilitäten festgestellt werden.


Ansprüche

1. Vorrichtung zur Finishbearbeitung von Werkstücken, die eine Vorschubeinrichtung (1) mit einem Schlitten (2) und einem NC-gesteuerten Antrieb (3), eine Motorspindeleinheit (4) mit einer motorisch angetriebenen Werkzeugspindel (5) sowie eine Kraftmesseinrichtung (6) zum Messen der bei einer Werkstückbearbeitung auf die Werkstückspindel wirkenden Andrückkraft aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Motorspindeleinheit (4) mit federnden Elementen, die das Gewicht der Motorspindeleinheit (4) aufnehmen und lediglich in Bearbeitungsrichtung beweglich sind, an dem Schlitten (2) gelagert ist und dass die Kraftmesseinrichtung (6) zwischen Anschlusselementen (8, 9) an der Motorspindeleinheit (4) und am Schlitten (2) angeordnet ist.
 
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Motorspindeleinheit (4) auf Blattfedern (7) abgestützt ist, die quer zur Vorschubrichtung des Schlittens (2) ausgerichtet sind.
 
3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Kraftmesseinrichtung (6) zwischen den federnden Elementen angeordnet ist.
 
4. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Kraftmesseinrichtung (6) an das in Achsrichtung rückseitige Ende der Motorspindeleinheit (4) angeschlossen ist.
 
5. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Kraftmesseinrichtung (6) ein Piezoelement als Kraftsensor (10) aufweist.
 
6. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Kraftmesseinrichtung (6) einen zwischen zwei Kontaktelementen angeordneten Kraftsensor (10) aufweist, und dass die Kontaktelemente kugelförmige Kontaktflächen (14) aufweisen, die an ringförmigen oder schalenförmigen Lagerflächen der an der Motorspindeleinheit (4) und dem Schlitten (2) vorgesehenen Anschlusselementen (8, 9) abgestützt sind.
 
7. Vorrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Kontaktelemente als Bolzen (13, 13') ausgebildet sind, wobei ein Bolzen (13) eine Gewindebohrung und der andere Bolzen (13') eine Längsbohrung aufweist, und dass die Bolzen (13, 13') durch eine Dehnungsschraube (15) mit definierter Vorspannung gegen den zwischen den Bolzen (13, 13') angeordneten Kraftsensor (10) verspannt sind.
 
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass das schlittenseitige Anschlusselement (9) für die Kraftmesseinrichtung (6) an einem Träger (16) angeordnet ist, der in Führungsnuten (15) des Schlittens (2) verstellbeweglich befestigt ist.
 




Zeichnung