[0001] Die Erfindung betrifft eine Verdichtergehäusestruktur im Bereich eines axial durchströmten
Laufschaufelkranzes, mit einer Vielzahl von gleichmäßig über den Gehäuseumfang verteilten,
zu den Schaufelspitzen hin offenen und zumindest annähernd axial verlaufenden Nuten,
gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruches 1.
[0002] Eine Verdichtergehäusestruktur dieser Art ist beispielsweise aus der DE 35 21 798
C2 bekannt und hat primär die Aufgabe, bei zunehmender Androsselung im Teillast- bzw.
Vollastbetrieb die Pumpgrenze anzuheben, um einen sicheren Betrieb ohne Pumpen zu
ermöglichen bzw. um eine Vergrößerung des verfügbaren Arbeitsbereiches zu gestatten.
Dabei wirken die Nuten als Rezirkulationskanäle für aufgestaute Luft mit hohem Druck,
die im Außenbereich des Laufschaufelkranzes ohne Rezirkulationsmöglichkeit zu "rotating
stall" und Pumpen führen würde. Hierbei liegen die stromaufwärtigen, vorderen Nutenden
stromaufwärts der Schaufelspitzeneintrittskanten (siehe Maß A in den Figuren 2,8,9
und 10), die hinteren Nutenden liegen in der Radialebene der Schaufelspitzenaustrittskanten
oder eher vor dieser Radialebene. Gemäß Figur 4 dieser Patentschrift ist vorgesehen,
die in sich geraden Nuten im Umfangsrichtung so geneigt anzuordnen, dass der Lufteintritt
an ihren stromabwärtigen Enden erleichtert wird (siehe hierzu auch Anspruch 2).
[0003] Eine weitere Maßnahme im Sinne eines verbesserten Lufteintritts ist eine Schrägstellung
der Nuten/Schlitze unter einem Winkel zur Verdichterlängsmittelachse (siehe Fig. 3
und Anspruch 3).
[0004] Die EP 0 497 574 B1 schützt eine Verdichtergehäusestruktur (fan case treatment),
welche über den Schaufelspitzen eines Niederdruckverdichters angeordnet ist. Diese
Struktur umfasst axial beabstandete Einlass- und Auslasspassagen (34,36) bzw. Einlass-
und Auslassöffnungen (56,58) sowie Leitschaufeln (38,66) in den Verbindungspassagen
zwischen Ein- und Auslass. Die mit deutlicher Umfangskomponente in die Struktur eintretende
Rezirkulationsluft wird durch die Leitschaufeln so umgelenkt, dass sie durch den Auslass
in vorwiegend axialer Richtung in den Hauptstrom zurückgeführt wird, d.h. weitgehend
ohne Umfangskomponente. Ohne diese Änderung bzw. Reduzierung der Umfangskomponente
würde die Luft mit Gegendrall auf die Laufschaufelspitzen treffen, d.h. druckseitig
mit deutlicher Winkelabweichung vom Schaufeleintrittswinkel, verbunden mit Strömungsverlusten
und einer erhöhten Tendenz zum Strömungsabriss auf der Saugseite. Dieser Nachteil,
der bei bestimmten Ausführungen der DE 35 21 798 C2 noch gegeben ist, wird gemäß der
EP 0 497 574 B1 vermieden. Allerdings ist der konstruktive Aufwand mit separaten Ein-
und Austrittsöffnungen sowie einer Vielzahl von Leitschaufeln sehr hoch und wohl nur
bei geometrisch großen Verdichterschaufeln und Gehäusen zu realisieren.
[0005] Demgegenüber besteht die Aufgabe der Erfindung darin, eine Verdichtergehäusestruktur
verfügbar zu machen, die auf dem Prinzip der Luft- bzw. Gasrezirkulation basiert und
bei einfacher, kostengünstiger Konstruktion eine deutliche Anhebung der Pumpgrenze
eines Verdichters und somit eine spürbare Vergrößerung seines Arbeitsbereiches durch
strömungstechnische Optimierung ermöglicht.
[0006] Diese Aufgabe wird durch die in Patentanspruch 1 gekennzeichneten Merkmale gelöst,
in Verbindung mit den gattungsbildenden Merkmalen in dessen Oberbegriff. Die Erfindung
verwendet zu den Laufschaufelspitzen hin offene Nuten, deren Öffnungen in der äußeren
Ringraumkontur zumindest annähernd axial verlaufen. Im Unterschied zu bekannten Lösungen
sind die Nutquerschnitte jedoch von den stromaufwärtigen Nutenden bis zu den stromabwärtigen
Nutenden kontinuierlich verdrillt, d.h. ihr Neigungswinkel mit Radial- und Umfangskomponente
ändert sich über die Nutlänge laufend, wobei etwa in der axialen Nutmitte eine Stelle
mit rein radialer Querschnittsorientierung vorhanden ist, quasi ein "Nulldurchgang"
des Neigungswinkels. An den stromabwärtigen Nutenden sind die Nutquerschnitte so geneigt,
dass der Eintritt der Rezirkulationsluft erleichtert wird, wobei die Neigung von der
Öffnung zum Nutgrund eine Umfangskomponente in Rotationsrichtung, d.h. in Bewegungsrichtung
der Schaufelspitzen aufweist. An den stromaufwärtigen Nutenden ist die Neigung umgekehrt,
so dass die hier in den Hauptstrom austretende Rezirkulationsluft mit einem Gleichdrall
auf die rotierenden Laufschaufelspitzen trifft, was die Anströmung deutlich verbessert
und Verluste reduziert. Auch die Tendenz zur Strömungsablösung wird merklich verringert.
[0007] In den Unteransprüchen sind bevorzugte Ausgestaltungen der Verdichtergehäusestruktur
gekennzeichnet.
[0008] Die Erfindung wird anschließend anhand der Zeichnungen noch näher erläutert. Dabei
zeigen in vereinfachter, nicht maßstäblicher Darstellung:
Figur 1 einen axial-radialen Teillängsschnitt durch eine Verdichtergehäusestruktur
im Bereich eine Laufschaufelspitze, und
Figur 2 einen Teilquerschnitt gemäß dem Schnittverlauf A-A in Figur 1.
[0009] Die Verdichtergehäusestruktur 1 weist eine Vielzahl von gleichmäßig über den Gehäuseumfang
verteilten Nuten 2 auf, die sich von einer stromaufwärtigen Radialebene Eo bis zu
einer stromabwärtigen Radialebene Ei erstrecken. Im rechten, unteren Teil von Figur
1 ist die Spitze 8 einer Schaufel eines Laufschaufelkranzes 7 zu erkennen, wobei entsprechend
der Strömungsrichtung (großer weißer Pfeil) die Schaufelspitzeneintrittskante 9 links,
die Schaufelspitzenaustrittskante 10 rechts liegt. Die Bewegungsrichtung D der Schaufelspitze
8 ist mit einem Kreuz in einem Kreis angedeutet, die Umfangskomponente der entsprechenden
Drehbewegung soll also ausgehend von der Zeichenebene nach hinten weisen. Die Radialebene
Eo, d.h. das vordere Nutende, liegt deutlich stromaufwärts der Schaufelspitzeneintrittskante
9, die Radialebene Ei, d.h. das hintere Nutende, liegt axial zwischen der Schaufelspitzeintrittskante
9 und der Schaufelspitzenaustrittskante 10, die genaue Lage hängt von den zu erwartenden
Strömungsgegebenheiten (Verdichtungsstoß etc.) ab. Die Strömungsrezirkulation durch
die Nut 2 ist mit kleinen weißen Pfeilen gekennzeichnet. Jede Nut 2 ist erfindungsgemäß
von Ihrem vorderen, stromaufwärtigen bis zu ihrem hinteren, stromabwärtigen Ende kontinuierlich
verdrillt (verwunden), wobei die Drillachse eine gedachte, axiale Gerade in der Ringraumkontur
R ist. Die Ringraumkontur R wird im Nutenbereich in aller Regel kreiszylindrisch sein,
in seltenen Fällen kann sie sich entsprechend einem Kreiskegel geringfügig verjüngen
bzw. erweitern. Die Öffnung 3 jeder Nut besitzt somit eine zumindest weitgehend axiale
Mittellinie/Symmetrieachse. Die auffällige, spiegelsymmetrische und glockenähnliche
Schnittlinie in Figur 1 ergibt sich durch den Schnitt einer radial-axialen Ebene mit
der räumlich verdrillten Nutkontur. Die gestrichelte Nutkontur, insbesondere der Nutgrund
6, rechts oberhalb der "Glockenlinie" liegt hinter der Zeichenebene, wohingegen die
strichpunktierte Nutkontur links oberhalb der "Glockenlinie" vor der Zeichenebene
liegt. Am höchsten Punkt der "Glockenlinie" liegt die Mitte des Nutgrundes 6 genau
in der Zeichenebene, ebenso wie die gedachte Mittelachse des entsprechenden Nutquerschnitts.
Die Öffnung 3 jeder Nut 2 kann in ihrem axial mittleren Bereich durch einen ringförmig
umlaufenden Steg 11 abgedeckt sein, dessen Innendurchmesser mit der Ringraumkontur
R fluchtet. Dadurch können sich Vorteile im Sinne geringerer Reibung, Turbulenzen
etc. ergeben.
[0010] Die Erfindung wird besser verständlich, wenn man die Figur 2 in Verbindung mit Figur
1 betrachtet. Figur 2 entspricht einem Radialschnitt/Querschnitt gemäß dem Verlauf
A-A in Figur 1. Im unteren Teil von Figur 2 erkennt man die Schaufelspitze 8 mit ihrer
Bewegungsrichtung D (Pfeil nach links) sowie mit ihrer Eintrittskante 9 und ihrer
Austrittskante 10. In geringem Abstand über der Schaufelspitzenkontur ist die Ringraumkontur
R als Kreisbogenlinie erkennbar. Die vertikale, strichpunktierte und nicht näher bezeichnete
Achse durch den Punkt S entspricht der Radialrichtung, ausgehend von der Laufschaufelkranzmitte.
Die seitlich geneigten Achsen M, Mi und Mo entsprechen gedachten Mittelachsen der
Nutquerschnitte an axial unterschiedlichen Stellen der Nutlänge. Durch den Schnittverlauf
ist der vorderste, am weitesten stromauf gelegene Nutquerschnitt mit der Mittellinie
Mo unter einem Neigungswinkel αo geöffnet. Man erkennt u.a. die parallelen Seitenwände
4,5 der Nut 2 sowie den halbkreisförmig gerundeten Nutgrund 6. Die Mittelachse Mo
schneidet die Ringraumkontur R im Punkt S, wobei der Abstand vom Punkt S zur Mitte
des Nutgrundes 6 als Nuttiefe T bezeichnet ist. Der am weitesten stromab gelegene
Nutquerschnitt mit der Mittelachse Mi und dem Neigungswinkel αi ist großteils gestrichelt
wiedergegeben, da er weitgehend verdeckt hinter der Zeichenebene liegt. Da die Nuttiefe
T hier über die axiale Nuterstreckung konstant sein soll, liegen alle Nutgrundmitten
auf einem gestrichelten Kreisbogen. Die Mittelachsen M, Mi, Mo aller Nutquerschnitte
unter verschiedenen Neigungswinkeln α, αi, αo schneiden die Ringraumkontur in einer
axialen Geraden, so dass S nicht nur ein Schnittpunkt, sondern eine gerade, axiale
Schnittlinie und gleichzeitig die Symmetrieachse der Öffnung 3 der Nut 2 ist. S ist
somit auch das gedachte Zentrum der Verdrillung/Verwindung. Der Weg der Rezirkulationsströmung
durch die Nut 2 ist auch hier mit kleinen weißen Pfeilen angedeutet. Der Strömungseintritt
am hinteren Nutende erfolgt etwa unter dem Winkel αi mit einer Umfangskomponente in
Bewegungsrichtung der Schaufelspitzen 8. Der Strömungsaustritt am vorderen Nutende
erfolgt etwa unter dem Winkel αo im Sinne eines Gleichdralles mit der Schaufelrotation.
Somit werden der Strömungseintritt in die Nut 2 und die Schaufelspitzenanströmung
nach Austritt aus der Nut verbessert, wodurch der Gesamtwirkungsgrad deutlich erhöht
werden kann.
[0011] Die Buchstaben "i" und "o" in Verbindung mit "M" und "α" sollen für "in" und "out"
stehen, als Hinweis auf den Ein- und Austritt der Rezirkulationsströmung.
[0012] Die Nuttiefe kann über die axiale Nuterstreckung variieren, wobei insbesondere eine
Reduzierung der Tiefe zu den beiden Nutenden hin vorstellbar ist. Die genaue Definition
der Nutgeometrien einschließlich Neigungswinkel erfordert voraussichtlich entsprechende
Berechnungen und Versuche.
[0013] In Figur 2 ist der Übersichtlichkeit halber nur eine Nut 2 dargestellt. Tatsächlich
werden die Nuten in Umfangsrichtung relativ eng benachbart sein, wobei die verbleibenden
Wanddicken zwischen den Nuten kleiner sein können als der lichte Abstand zwischen
den Seitenwänden der Nuten. In Figur 2 müssten also real etwa 4 bis 5 Nuten nebeneinander
erkennbar sein.
1. Verdichtergehäusestruktur im Bereich eines axial durchströmten Laufschaufelkranzes,
mit einer Vielzahl von gleichmäßig über den Gehäuseumfang verteilten, zu den Schaufelspitzen
hin offenen und zumindest annähernd axial verlaufenden Nuten, welche sich von einer
ersten Radialebene stromaufwärts der Schaufelspitzeneintrittskanten bis in eine zweite
Radialebene axial zwischen den Schaufelspitzeneintrittskanten und den Schaufelspitzenaustrittskanten
erstrecken und welche - jeweils im Radialschnitt - Nutquerschnitte mit über den Großteil
ihrer Tiefe geraden und parallelen Seitenwänden aufweisen, dadurch gekennzeichnet,
dass die - gedachten - Mittelachsen (Mo) der Nutquerschnitte an den stromaufwärtigen Nutenden
- von der Öffnung (3) zum Nutgrund (6) hin - einen Neigungswinkel (αo) zur Radialrichtung
mit einer Umfangskomponente entgegen der Bewegungsrichtung (D) der Schaufelspitzen
(8) aufweisen,
dass die Mittelachsen (Mi) der Nutquerschnitte an den stromabwärtigen Nutenden - von der
Öffnung (3) zum Nutgrund (6) hin - einen Neigungswinkel (αi) zur Radialrichtung mit
einer Umfangskomponente in Bewegungsrichtung (D) der Schaufelspitzen (8) aufweisen,
dass sich der Neigungswinkel (α) der Mittelachsen (M) der Nutquerschnitte zwischen den
stromaufwärtigen und den stromabwärtigen Nutenden stufenlos im Sinne einer Verdrillung/Verwindung
ändert, und
dass die - gedachten - Schnittlinien (S) der Mittelachsen (M, Mi, Mo) der Nutquerschnitte
mit der äußeren, gehäuseseitigen Ringraumkontur (R) zumindest näherungsweise axiale
Geradenstücke sind, so dass die Öffnungen (3) der Nuten (2) in gleicher Weise axial
verlaufen.
2. Verdichtergehäusestruktur nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass im axial mittleren Bereich der Nuten (2) ein ringförmiger, die Öffnungen (3) der
Nuten (2) teilweise versperrender Steg (11) angeordnet ist, dessen innerer Durchmesser
mit dem örtlichen Durchmesser der äußeren Ringraumkontur (R) übereinstimmt.
3. Verdichtergehäusestruktur nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Nuten (2) spanend durch Fräsen, insbesondere mittels Finger- oder Kugelfräser,
oder spanlos durch Gießen oder Funkenerosion gefertigt sind.
4. Verdichtergehäusestruktur nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass jeder Nutgrund (6) gerundet ist, oder zumindest die Übergänge von den Seitenwänden
zum Nutgrund gerundet sind.
5. Verdichtergehäusestruktur nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die mittlere Oberflächenrauhigkeit Ra in den Nuten (2) 1,6 µm beträgt.
6. Verdichtergehäusestruktur nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Ränder der Öffnungen (3) der Nuten (2), d.h. die Übergänge zur äußeren Ringraumkontur
(R), scharfkantig ausgeführt sind.
7. Verdichtergehäusestruktur nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Nuttiefe (T) -jeweils gerechnet von der Schnittlinie (S) der Mittelachsen (M,
Mi, Mo) der Nutquerschnitte mit der äußeren Ringraumkontur (R) bis zur Mitte des Nutgrundes
(6) - über die axiale Nutlänge konstant ist oder vom axial mittleren Nutbereich zum
stromaufwärtigen und zum stromabwärtigen Nutende hin stufenlos abnimmt.