[0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur externen Zuglängenmessung gemäß dem Oberbegriff
des Anspruches 1. Die Zuglängenmessung während der Fahrt ist insbesondere aus sicherheitstechnischen
Gründen erforderlich. Es muss gewährleistet sein, dass ein Zugverbund, der aus mehreren
Wagen besteht, den jeweiligen Gleisabschnitt vollständig passiert. Das Entkoppeln
oder Abreißen eines oder mehrerer Wagen muss unbedingt erkannt werden, um Kollisionen
mit anderen Zügen zu vermeiden. Auch für logistische und steuerungstechnische Zwecke
kann die Zuglängenmessung notwendig sein.
[0002] Aus der DE 33 00 429 A1 ist ein Verfahren zur Zuglängenmessung bekannt, bei dem die
Teillängen zwischen den Achsen ermittelt werden und diese Teillängen unter Berücksichtigung
endseitiger Wagenüberhänge addiert werden. Für jede Teillängenermittlung wird dabei
eine Eichmessung für die Bestimmung der zum Durchlaufen des durch die beiden Sensoren
bestimmten Abstandes erforderlichen Zeitspanne durchgeführt. Auf diese Weise werden
Geschwindigkeitsänderungen während der Messzeit mit einer gewissen Genauigkeit berücksichtigt.
Der verbleibende Restfehler bewirkt, dass bei einer Beschleunigung während der Messung
eine höhere Zuglänge ermittelt wird, während bei einer Verzögerung eine geringere
Länge ermittelt wird. Diese Abweichung von der realen Zuglänge kann entsprechend der
Aufgabenstellung zu Sicherheitsproblemen führen. Wenn die Zuglänge als Kriterium für
eine Gleisfreimeldung verwendet wird, kann im Falle der Verzögerung und der daraus
resultierenden zu gering ermittelten Zuglänge eine vorzeitige Freimeldung des betreffenden
Gleisabschnittes resultieren. Andererseits kann die im Falle der Verzögerung zu hoch
ermittelte Zuglänge zu Problemen beispielsweise bei der genauen Positionsvorgabe des
Zuges in Bahnhöfen oder bei Güterzügen an Beund Entladerampen führen.
[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, diese Nachteile weitestgehend zu vermeiden,
d. h. ein Verfahren der gattungsgemäßen Art hinsichtlich der Genauigkeit der Zuglängenmessung
bei nicht konstanter Geschwindigkeit während der Messzeit zu verbessern.
[0004] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Der prinzipielle
Lösungsansatz beruht darauf, nur diejenigen Achsen zu berücksichtigen, die zur lückenlosen
Erfassung der Zugbewegung unbedingt benötigt werden. Dabei muss gewährleistet sein,
dass sich immer mindestens eine Achse innerhalb der Messstrecke, d. h. zwischen den
Sensoren befindet. Messungsrelevant ist eine beispielsweise zweite, dritte oder vierte
Achse demzufolge nur dann, wenn diese den vorderen Sensor passiert hat, bevor die
erste Achse den hinteren Sensor passiert, d. h. die Messstrecke verlässt. Nur die
vor dem Verlassen der Messstrecke durch die erste Achse als letzte in die Messstrecke
einfahrende hintere Achse wird bei der Messung berücksichtigt. Das kann - wie bei
dem weiter unten näher dargestellten Ausführungsbeispiel - beispielsweise die vierte
Achse sein. Diese vierte Achse wird beginnend mit dem Einfahren in die Messstrecke
zur neuen vorderen Achse usw.. Zunächst wird der Abstand der zu berücksichtigenden
Achsen mit der Messstrecke gleichgesetzt. Der resultierende Überlappungsfehler zwischen
Messstrecke und Achsabständen ist der während der Überlappungszeit zurückgelegte Weg
und wird von der Messstrecke abgezogen. Dabei wird die Geschwindigkeit einer während
der Überlappungszeit auf der Messstrecke befindlichen Achse zugrunde gelegt. Das oben
angeführte bekannte Verfahren arbeitet nach dem Strahlensatz, wobei lediglich Zeitmessungen
im Verhältnis zur bekannten Länge der Messstrecke ausgewertet werden. Eine explizite
Berücksichtigung der Geschwindigkeit ist im Gegensatz zur erfindungsgemäßen Lösung
nicht vorgesehen. Infolge dessen entfallen bei der erfindungsgemäßen Lösung die für
das Strahlensatzverfahren notwendigen Eichmessungen. Stattdessen wird für jede Achsabstandsberechung
die Geschwindigkeit einer bestimmten Achse für die Subtraktion des Überlappungsweges
von der Messstrecke ermittelt. Voraussetzung für die Anwendung des Verfahrens ist,
dass die Länge der Messstrecke, d. h. der Abstand der Sensoren mindestens dem maximalen
Achsabstand zweier benachbarter Achsen des Zuges entspricht. Dadurch ist gewährleistet,
dass während der gesamten Überfahrzeit des Zuges ständig mindestens eine Achse auf
der Messstrecke ist. Diese Sensorabstandsbedingung ist beispielsweise für die Ausschaltkontakte
von Bahnübergängen grundsätzlich gegeben. Solche Kontakte haben üblicherweise einen
Abstand, der mindestens 30 m beträgt. Auch Achszähler, welche Gleisfreimeldeabschnitte
begrenzen, können als Sensoren geeignet sein.
[0005] Die Überhänge vor der ersten Achse und/oder hinter der letzten Achse können bei Bedarf
durch zusätzliche, an der Zugspitze und am Zugschluss angebrachte Einrichtungen, die
die Sensoren wie echte Achsen ansprechen, berücksichtigt werden. Es ist aber auch
denkbar, diese Überhangbeträge aus einer Liste in Abhängigkeit vom Zugtyp, dem Achsabstandsmuster
oder anderen Kriterien zu entnehmen.
[0006] Der verbleibende Messfehler ist sehr viel geringer als der des bekannten Strahlensatzverfahrens.
Für absolute Genauigkeit müsste für jede Teillängenermittlung ein integrativer Geschwindigkeitswert
verwendet werden. Jedoch ergibt sich auch bei diskreten Geschwindigkeitswerten eine
extrem hohe Genauigkeit. Um zu verhindern, dass eine zu geringe Zuglänge ermittelt
wird, muss zum Errechnen der Überlappungsstrecke die niedrigere Geschwindigkeit der
beiden zu berücksichtigenden Achsen herangezogen werden. Wenn es aufgabenbedingt nicht
darauf ankommt, in welcher Richtung ein Restfehler entsteht, dieser Restfehler aber
so gering wie möglich sein soll, kann zur Berechnung der Überlappungsstrecke eine
mittlere Geschwindigkeit der relevanten Achsen verwendet werden.
[0007] Im Schienenfahrzeug kann eine Funktion integriert werden, die während der Zuglängenermittlung
unnötige Beschleunigungen oder Bremsmanöver verhindert oder eine diesbezügliche Signalisierung
für den Fahrzeugführer generiert.
[0008] Die Erfindung wird nachfolgend anhand figürlicher Darstellungen näher erläutert.
[0009] Es zeigen:
- Figur 1
- eine erste schematische Darstellung zur Veranschaulichung der Zuglängenmessung und
- Figur 2
- eine ebensolche zweite schematische Darstellung.
[0010] Figur 1 zeigt einen Zug Z, bestehend aus zwei Wagen mit insgesamt sechs Radachsen
R1 bis R6. Diese passieren nacheinander einen ersten streckenseitigen Sensor A am
Anfang einer Messstrecke s und einen zweiten streckenseitigen Sensor E am Ende der
Messstrecke s. Die Sensoren A und E registrieren die Überfahrzeitpunkte t1a bis t6a
bzw. t1e bis t6e durch die entsprechenden Radachsen R1 bis R6.
[0011] Es ist ersichtlich, dass die letzte in die Messstrecke s einfahrende Radachse vor
dem Verlassen der Messstrecke s durch die erste Radachse R1 die vierte Radachse R4
ist. Die zugehörigen Zeitpunkte t1e und t4a liegen relativ dicht beieinander. Daraus
ergibt sich, dass der Abstand zwischen den Radachsen R1 und R4, d. h. eine erste Teillänge
s1k nur wenig kleiner als die bekannte Länge der Messstrecke s ist. Die Teillänge
s1k ergibt sich als korrigierte Länge der Messstrecke s in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit
v und den gemessenen Zeitpunkten t1e und t4a. Es gilt

[0012] In einer bevorzugten Lösung wird als Geschwindigkeitswert entweder die Geschwindigkeit
v1 der ersten Asche R1 oder die Geschwindigkeit v4 der vierten Achse R4 eingesetzt.
Falls die Bedingung, dass die ermittelte Zuglänge größer oder gleich der realen Zuglänge
sein soll, zu erfüllen ist, wird die kleinere der beiden Geschwindigkeiten v1 und
v4 verwendet. Dieser Sachverhalt ist in etwas anderer Darstellungsweise in Figur 2
veranschaulicht, wobei hier die ermittelte Zuglänge le die Summe der Teillängen s2k
+ s3k + s4k ist.
[0013] Bei dem in Figur 1 dargestellten Ausführungsbeispiel ergibt sich die ermittelte Zuglänge
1e als Summation der Teillängen s1k + s4k + s5k. Die Teillängen s4k und s5k werden
auf analoge Weise wie die Telllänge s1k ermittelt, wobei für die Ermittlung der Teillänge
s4k entweder die Geschwindigkeit der vierten Radachse R4 oder der fünften Radachse
R5 und für die Ermittlung der Teillänge s5k entweder die Geschwindigkeit der fünften
Radachse R5 oder der sechsten Radachse R6 verwendet werden.
[0014] Neben dieser bevorzugten Lösung, bei der die Abweichung der ermittelten Zuglänge
le von der realen Zuglänge lr immer positiv sein soll , ist eine Variante praktikabel,
bei der die Abweichung minimiert ist und positiv oder negativ sein kann. Bei dieser
Variante werden die Geschwindigkeiten der beiden relevanten Radachsen berücksichtigt,
um Beschleunigungs- oder Verzögerungsfahrten möglichst genau erfassen zu können. Dabei
fließen die Geschwindigkeit der ersten relevanten Achse v1=s/(t1e-t1a) und die Geschwindigkeitsänderung
der beiden relevanten Achsen v4-v1=s/(t4e-t4a)-s/(t1e-t1a) in die Berechnung ein,
wobei die Geschwindigkeitsänderung mit dem von der Beschleunigung abhängigen Verhältnis
(t4a-t1a)/(t4a-t1a+t4e-t1e) multipliziert wird. Dadurch ergibt sich für gleichmäßige
Beschleunigungen eine exakte Längenbestimmung. Bei den betriebsbedingt langsamen Beschleunigungs-
und Bremsmanövern im Eisenbahnverkehr kann auch für nicht gleichmäßige Beschleunigungen
von einer sehr genauen Längenbestimmung ausgegangen werden.
Es gilt


[0015] Figur 1 veranschaulicht außerdem die bekannte Verfahrensweise nach dem Strahlensatz.
Dabei werden die Teillängen 11 bis 15 zwischen allen benachbarten Radachsen R1 bis
R6 addiert.
[0016] Die Überlegenheit der erfindungsgemäßen Verfahrensweise ist nachfolgend anhand eines
durch Computersimulation erzeugten Zahlenbeispiels dargestellt.
Eingangswerte |
Anfangsgeschwindigkeit zum Zeitpunkt t1v: |
V[km/h] |
80,0 |
gleichmäßige Beschleunigung: |
a[m/s2] |
0,5 |
Achsabstände |
11 [m] |
3,0 |
|
12[m] |
23,0 |
|
13 [m] |
3,0 |
|
14 [m] |
5,0 |
|
15 [m] |
6,0 |
Reale Länge zwischen den Achsen: |
lr[m] |
40,0 |
maximale Zuglänge |
lmax[m] |
700 |
Längen der Messstrecke |
S [m] |
30,0 |
Ergebnisse |
|
|
Ermittelte Länge zwischen den Achsen: |
|
|
nach Strahlensatz: |
le[m] |
40,2821672 |
bevorzugte Lösung: |
le[m] |
40,1115854 |
Variante: |
le[m] |
40 |
Prozentuale Abweichung: |
|
|
nach Strahlensatz: |
|
0,70542% |
bevorzugte Lösung: |
|
0,27896% |
Variante: |
|
0,0% |
Abweichung auf maximale Zuglänge hoch gerechnet: |
|
|
nach Strahlensatz: |
dmax[m] |
4,94 |
bevorzugte Lösung: |
dmax[m] |
1,95 |
Variante: |
dmax[m] |
0,0m |
[0017] Die zugrunde gelegten Achsabstände entsprechen dabei im Wesentlichen den Verhältnissen
des in Figur 1 dargestellten Zugverbundes.
1. Vorrichtung zur externen Zuglängemessung eines in Bewegung befindlichen Zuges (Z),
wobei streckenseitig mindestens zwei in definiertem Abstand (s) angeordnete Sensoren
(A, E) vorgesehen sind, welche beim Passieren des Zuges (Z) auf zugseitige Einrichtungen
(R1 bis R6), insbesondere Radachsen ansprechen, aufweisend
- Teillängenberechungsmittel, welche aus der Zeitdifferenz zwischen dem Passieren
des hinteren Sensors (E) durch die erste Einrichtung (R1) und dem Passieren des vorderen
Sensors (A) durch die zweite Einrichtung (R4), der Geschwindigkeit (v1 bis v4) einer
Einrichtung (R1 bis R4) zwischen den Sensoren (A, E) und dem Abstand (s) der Sensoren
(A, E) eine erste Teillänge (s1k) berechnet,
• wobei als zweite Einrichtung (R4) die Einrichtung verwendet wird, welche als letzte
Einrichtung vor dem Passieren des hinteren Sensors (E) durch die erste Einrichtung
(R1) den vorderen Sensor (A) passiert,
• wobei dann die zweite Einrichtung (R4) zur Ermittlung einer zweiten Teillänge (s4k)
als erste Einrichtung verwendet wird usw.,
• wobei zur Geschwindigkeitsermittlung die erste (R1) oder zweite Einrichtung (R4)
oder beide Einrichtungen (R1 und R4) verwendet wird bzw. werden, und
• wobei der Abstand (s) zwischen den Sensoren (A, E) mindestens dem maximalen Abstand
zwischen zwei benachbarten Einrichtungen (R1 bis R6) entspricht
und
- Summationsmittel zur Berechnung der Summe aller Teillängen (s1k, s4k, s5k) gegebenenfalls
zuzüglich eines vorderen Abstandes zwischen der Zugspitze und der ersten Einrichtung
(R1) und/oder eines hinteren Abstandes zwischen der letzten Einrichtung (R6) und dem
Zugschluss.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass als Sensoren (A, E) Ausschaltkontakte von Bahnübergängen verwendet werden.
3. Vorrichtung nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Geschwindigkeit (v1) der ersten Einrichtung (R1) verwendet wird, falls diese
geringer ist als die Geschwindigkeit (v4) der zweiten Einrichtung (R4) und anderenfalls
die Geschwindigkeit (v4) der zweiten Einrichtung (R4) verwendet wird.
4. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass eine auf die Teillänge bezogene mittlere Geschwindigkeit verwendet wird.
5. Vorrichtung nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass Mittel zur Baufschlagung einer Geschwindigkeitssteuerung oder einer Geschwindigkeitsempfehlungssignalisierung
für den Zeitraum der Zuglängenmessung vorgesehen sind.