(19)
(11) EP 1 283 284 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.02.2003  Patentblatt  2003/07

(21) Anmeldenummer: 02008897.7

(22) Anmeldetag:  20.04.2002
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7D01D 5/098, D01D 10/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 09.08.2001 DE 10139228

(71) Anmelder: Carl Freudenberg KG
69469 Weinheim (DE)

(72) Erfinder:
  • Löcher, Engelbert
    67551 Worms (DE)
  • Groten, Robert, Dr.
    68280 Sundhoffen (FR)
  • Dengel, Peter
    67659 Kaiserslautern (DE)
  • Leiner, Helmut
    66440 Blieskastel (DE)
  • Riboulet, Georges
    68000 Colmar (FR)

   


(54) Verstreckvorrichtung und Verfahren zur Herstellung verstreckter Kunststoffilamente


(57) Verstreckvorrichtung und Verfahren zur Herstellung von verstreckten Kunststoffilamenten (2, 3), umfassend eine Spinnvorrichtung (1) und eine pneumatische Abzugsvorrichtung (10), wobei zwischen der Spinnvorrichtung (1) und der Abzugsvorrichtung (10) eine Heizvorrichtung (5) angeordnet ist, die die Filamente (2, 3) auf eine Temperatur zwischen ihrer Glas- und ihrer Schmelztemperatur erwärmt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Verstreckvorrichtung, umfassend eine Spinnvorrichtung und eine pneumatische Abzugsvorrichtung sowie ein Verfahren zur Herstellung verstreckter Kunststoffilamente, wonach schmelzgesponnene Filamente mit einem Einzeltiter von größer 1 dTex hinter einer Spinnvorrichtung zumindest auf Erstarrungstemperatur abgekühlt und mittels einer pneumatischen Abzugsvorrichtung verstreckt werden, für die Herstellung von Kunststoffäden, Stapelfasern oder Vliesen.

[0002] Die Herstellung von Kunststoffilamenten durch Schmelzspinnen besteht im Wesentlichen aus drei Verfahrensschritten. Zunächst wird das Polymer mittels eines Extruders zum Schmelzen gebracht, anschließend erfolgt das Spinnen der Filamente mittels einer mit Kapillarbohrungen versehenen Spinndüse oder mehreren Spinndüsen. Schließlich erfolgt eine Verstreckung der ersponnenen Filamente, um eine Verringerung des Querschnitts sowie eine Veränderung der mechanischen Eigenschaften der Kunststoffilamente oder -fasern zu erreichen. Die Verringerung des Querschnitts des ersponnenen Filaments ist für viele technische und textile Anwendungen eine wesentliche Voraussetzung.

[0003] Die Verstreckung der Filamente erfolgt mittels einer Abzugsvorrichtung auf mechanischem Wege über Galetten oder auf pneumatischem Wege über eine Düse.

[0004] Unabhängig von der Art der integrierten Abzugsvorrichtung, pneumatisch oder mechanisch, haben die bei hoher Spinngeschwindigkeit, d.h. größer als 3500 m/min, auf einer einstufigen Anlage ersponnenen Filamente deutlich schlechtere mechanische Eigenschaften, beispielsweise Festigkeit und Elastizitätsmodul, als die der mit geringerer Spinngeschwindigkeit, d.h. kleiner als 3500 m/min, ersponnenen Filamente, die in einem zusätzlichen Verfahrensschritt eine Nachverstreckung erfahren haben.

[0005] Zwar begünstigt im einstufigen Verfahren eine hohe Spinngeschwindigkeit die Ausbildung verbesserter mechanischer Eigenschaften gegenüber einer niedrigeren Spinngeschwindigkeit, gleichzeitig werden aber auch im Filament selbst Strukturunterschiede zwischen der Oberfläche und dem Inneren des Filaments erzeugt, die für eine Verringerung der Festigkeit bzw. des Elastizitätsmoduls der Filamente gegenüber einem nachverstreckten Filament verantwortlich sind.

[0006] Die US 2 604 667 lehrt die Herstellung orientierter Fäden ohne spezielle Verstreckvorrichtung zum Nachverstrecken durch Verwendung einer Abzugsgeschwindigkeit von mindestens 4700 m/min. Diese hohe Geschwindigkeit ist erforderlich, um zu hoher Festigkeit zu kommen. Wird die Geschwindigkeit unterschritten, haben die erzeugten Filamente eine hohe Dehnung. Um diese Abzugsgeschwindigkeit zu erreichen, können angetriebene Walzen oder eine Luftdüse verwendet werden. Die US 2 604 667 behandelt in erster Linie die Herstellung von Garnen, erwähnt wird aber auch die Herstellung von Stapelfasern bei Verwendung einer Luftdüse als Abzugsvorrichtung, sowie für die Herstellung von Spinnvliesen aus ersponnenen, endlosen Filamenten mittels einer im Schall- bis Überschallbereich betriebenen pneumatischen Düse einer Abzugsvorrichtung vorzunehmen. Jeweils mehrere erstarrte Filamente werden mittels der Düse einer Ablagevorrichtung für die Herstellung des Spinnvlieses zugeführt. Die durch Luftreibung auf die Filamente ausgeübte Kraft ermöglicht die Einstellung der Abzugsgeschwindigkeit und damit die Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften der Filamente. Hierbei hat sich gezeigt, dass der Beeinflussung der Eigenschaften der Filamente Grenzen gesetzt sind. Trotz Erhöhung der Abzugsgeschwindigkeit, was durch die Erhöhung des Drucks der der Düse zugeführten Luft geschieht, kann die Festigkeit kaum weiter gesteigert und die Dehnung kaum weiter verringert werden.

[0007] Aus der DE-OS 2 117 659 ist ein Verfahren zum Herstellen von Fäden und Fasern durch Schmelzspinnen von Kapillaren aus synthetischen, linearen Polymeren bekannt, das mit Abzugsgeschwindigkeiten bis 3500 m/min arbeitet. Die Abzugsgeschwindigkeit ist durch die Geschwindigkeit eines Galettenpaares vorgegeben. Zur Beeinflussung der Dehnung ist zwischen einer Spinndüse und den Abzugsgaletten ein Heizorgan angeordnet, in welchem ein aus 50 Filamenten bestehender Kunststoffaden auf Temperaturen oberhalb des Erstarrungspunktes und unterhalb der Schmelztemperatur erwärmt wird, wodurch ein Streckverhältnis bis zu 1:2 erreicht wird. Weiterhin wird die Herstellung von Spinnvliesen aus Filamenten mit feinem Einzeltiter und speziell angepasster Festigkeit und Dehnung erwähnt, ohne dies jedoch näher auszuführen.

[0008] In der DE-OS 29 25 006 wird auf die Auswirkung der Verstreckung auf die Festigkeit einerseits und auf die Dehnung und die Schrumpfung andererseits eingegangen. Es wird ausgeführt, dass die Filamente durch die Verstreckung eine höhere Festigkeit erhalten, während die Dehnung und die Schrumpfung vermindert werden. Die gegenüber der DE-OS 21 17 659 höheren Abzugsgeschwindigkeiten von 4100 bis 6000 m/min werden durch die Verwendung leicht rotglühender Heizorgane in direktem Kontakt mit den Filamenten erreicht.

[0009] Zur Herstellung von Kunststoffasern aus Polymeren, insbesondere Polyamid, Polyester oder Polypropylen im Wege des Schmelzspinnens, ist aus der DE 40 21 545 eine Anlage mit zumindest einer Spinndüse, einem Blasschacht, einem Heizschacht, einer Präparationseinrichtung, Galetten- und einer Spuleneinrichtung bekannt, wobei der Heizschacht Gegenstrom erzeugende Blaseinrichtungen, z.B. Blasdüsen aufweist. Mit dieser Anlage können vollverstreckte Kunststoffäden oder -fasern hergestellt werden, wobei die einzelnen Fasern oder Filamente einen Einzeltiter kleiner 1 dTex aufweisen. Auf dieser Anlage und nach diesem Verfahren werden vollverstreckte Kunststoffäden ohne Nachbehandlung erzeugt, die sich zu einer besonders feinen und anschmiegsamen Ware verarbeiten lassen. Ob die Anlage für höhere Titerbereiche ausreichende Verstreckungseigenschaften aufweist, ist nicht ausgeführt.

[0010] Das Dokument DE-A 197 05 113 offenbart eine gattungsgemäße Vorrichtung und ein Verfahren zur Herstellung verstreckter Kunststoffilamente, in deren Heizvorrichtung die Kunststoffilamente im Gegenstrom mit einem Heizmittelstrom erwärmt werden.

[0011] Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, eine Vorrichtung und ein Verfahren anzugeben, die gegenüber den bekannten Vorrichtungen und Verfahren eine kompaktere Bauform hinsichtlich der Länge der Heizvorrichtung gestatten und zur Herstellung von verstreckten Kunststoffilamenten mit einem Titer größer 1 dTex geeignet sind, sowie Filamente mit höherer Festigkeit und einer verringerten Dehnung hervorbringen.

[0012] Erfindungsgemäß weist die Verstreckvorrichtung eine zwischen der Spinnvorrichtung und der Abzugsvorrichtung angeordnete Heizvorrichtung auf, in der ein Heizmittel die Kunststoffilamente auf eine Temperatur zwischen ihrer Glastemperatur und ihrer Schmelztemperatur erwärmt.

[0013] Auf dieser Anlage lassen sich endlose Filamente aus thermoplastischem Kunststoff, beispielsweise Polyester (PES), Polyamid (PA), Polypropylen (PP), Polyethylen (PE) usw. durch Einfach- oder Mehrfachspinnen (zweischichtig, segmentiert, koaxial, usw.) für technische oder textile Anwendungen herstellen. Die mechanischen Eigenschaften der durch Schmelzspinnen hergestellten Filamente verbessern sich maßgeblich, insbesondere bei gleichem Titer, hinsichtlich der Reißfestigkeit, des Dehnungsverhaltens, des Elastizitätsmoduls und des thermischen Schrumpfes der Filamente und daraus hergestellter Vliesstoffe.

[0014] Vorzugsweise ist die Heizvorrichtung eine, in die das Heizmittel mit einer Strömungsrate von 5 bis 50 m3/h zugeführt wird und einen statischen Überdruck von 0,05 bis 1,0 bar erzeugt.

[0015] Vorteilhafter Weise ist die Verstreckvorrichtung eine, bei der die Heizvorrichtung eine Infrarot-Heizvorrichtung ist.

[0016] Der statische Überdruck in der erfindungsgemäßen Verstreckvorrichtung beträgt 0,1 bis 0,5 bar.

[0017] Vorzugsweise werden der Verstreckvorrichtung 5 bis 50 m3/h Dampf als Heizmittel zugeführt.

[0018] Die Heizvorrichtung kann mit heißer Luft oder einem anderen heißen, vorzugsweise neutralen Gas, aber auch mit Additiven versetzten Gasgemischen, insbesondere Dampf, betrieben werden. Die Luft ist auf eine Temperatur erhitzt, die zwischen der Glastemperatur und der Schmelztemperatur der Filamente liegt.

[0019] Die Verstreckung ist durch den Unterschied der Eintrittsgeschwindigkeit der Filamente in die Heizvorrichtung und die Eintrittsgeschwindigkeit der Filamente in die Abzugsvorrichtung definiert.

[0020] Überraschenderweise wurde gefunden, dass das Ergebnis der Verstreckung unabhängig von der Strömungsrichtung des Heizmittels ist.

[0021] In einer vorteilhaften Weiterbildung können Mittel zur Herstellung eines Spinnvlieses vorgesehen sein. Diese Mittel bewirken eine Ablage der über die pneumatische Abzugsvorrichtung geförderten Kunststoffilamente zu einem flächigen Gebilde, eben einem Spinnvlies, wobei für die Kunststoffilamente keine weiteren mechanischen Fördermittel notwendig sind. Bei der Anwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung und des Verfahrens auf segmentierte Multifilamente, die nachfolgend vorzugsweise durch eine hydrodynamische Behandlung in ihre Elementarfilamente geteilt oder gesplittet werden, wird überraschenderweise bei gleichem Energieeintrag der Teilungs- oder Splittgrad erhöht, beziehungsweise lässt sich bei gleichem Teilungs- oder Splittgrad der Multifilamente der dazu benötigte Energieeintrag reduzieren. Darüberhinaus kann die Länge der Heizvorrichtung verglichen mit dem Stand der Technik verkürzt werden.

[0022] Die Verstreckvorrichtung kann auch durch Mittel zur Erzeugung von Stapelfasern ergänzt werden, wobei die Kunststoffilamente in kurze Fasern geschnitten werden. Diese Fasern eignen sich insbesondere für die Herstellung von Faservliesen.

[0023] Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zur Herstellung von verstreckten Kunststoffilamenten, bei dem schmelzgesponnene Filamente hinter einer Spinnvorrichtung zumindest auf Erstarrungstemperatur abgekühlt und mittels einer pneumatischen Abzugsvorrichtung verstreckt und anschließend in einer Heizvorrichtung zum Zwecke des Verstreckens erwärmt werden, wobei die Filamente zum Zwecke des Verstreckens in einer Heizvorrichtung auf eine Temperatur zwischen ihrer Glastemperatur und ihrer Schmelztemperatur erwärmt werden.

[0024] Vorzugsweise werden nach dem erfindungsgemäßen Verfahren die Filamente in der Heizvorrichtung von einem gasförmigen, auf eine Temperatur oberhalb des Erstarrungspunktes erhitzten Heizmittel mit einer Strömungsrate von 20 bis 50 m3/h angeblasen, welches einen statischen Überdruck von 0,05 bis 1,0 bar erzeugt. Die Kunststoffilamente weisen dadurch eine höhere Festigkeit bei geringerer Dehnung auf.

[0025] Vorteilhafter Weise erfolgt die Beheizung durch eine Infrarot-Heizvorrichtung, die rechtwinklig zu den sich vertikal bewegenden Filamenten angeordnet ist.

[0026] Diese Filamente benötigen keine weitere Nachverstreckung und ermöglichen die Verfahrensführung bei geringeren Abzugsgeschwindigkeiten als bisher.

[0027] Vorzugsweise wird das Verfahren derart geführt, dass zwischen der Heizvorrichtung und der Abzugsvorrichtung eine Nachverstreckung in einem Streckverhältnis von 1,1 bis 1,5 erfolgt.

[0028] Weiterhin ist es vorteilhaft, wenn die Filamente im Temperaturbereich von 100°C bis 350 °C angeblasen werden. Die Volumenrate des Heizmittels beträgt zwischen 5 m3/h bis 50 m3/h Dampf.

[0029] Um eine deutliche Verbesserung der Festigkeit und der Dehnung zu erreichen, i ist es ausreichend, wenn die Filamente mit einer Abzugsgeschwindigkeit von 2000 m/min bis 4700 m/min durch den Heizmittelstrom geführt werden.

[0030] Gleichwohl tritt die Verbesserung der Eigenschaften auch bei höheren Geschwindigkeiten ein.

[0031] Mit dem Verfahren können die Eigenschaften der herzustellenden Kunsstoffilamente beeinflusst werden. So ist es möglich, die Heizmittelstrommenge und deren Temperatur so einzustellen, dass eine Fadendehnung kleiner 60 % erzielt wird, oder die Abzugsgeschwindigkeit der Filamente, die Heizmittelstrommenge und deren Temperatur so einzustellen, dass bei gleicher Abzugsgeschwindigkeit eine relative Erhöhung der Zugfestigkeit des nachverstreckten Filaments von mindestens 20 % gegenüber einem einfach verstreckten Filament erzielt wird, wobei vorzugsweise eine Zugfestigkeit der Filamente von mindestens 32 cN/Tex, besonders vorzugsweise 34 bis 45 cN/Tex erzielt wird, oder die Heizmittelstrommenge und deren Temperatur so einzustellen, dass ein Heißluftschrumpf von höchstens 6 % (bei 180 °C, 15 min) erzielt wird. Das gilt insbesondere, wenn als Material PES verwendet wird.

[0032] Weiterhin ist es vorteilhaft, die Abzugsgeschwindigkeit der Filamente, die Volumenrate des Heizmittels und dessen Temperatur so einzustellen, dass der Übergang des Bereichs elastischer Verformung in den Bereich plastischer Verformung erst unter einer um mindestens 20 % höheren Kraft erfolgt.

[0033] Obwohl die Filamente hochverstreckt sind, ist es möglich, die Filamente im Anschluss an die Verstreckung kontinuierlich oder in einer getrennten Behandlungsstufe nochmals nachzuverstrecken.

[0034] Als weiterer Verfahrensschritt können die Kunststoffilamente zur Erzeugung eines Vlieses auf einem Träger abgelegt werden oder zur Herstellung von Stapelfasern geschnitten werden, wobei die geschnittenen Filamente zur i Verarbeitung in weiteren Verfahren abgefüllt werden können.

[0035] Besonders vorteilhaft ist die Verwendung der Kunststoffilamente zur Herstellung eines Vlieses, wobei die Filamente eine Zugfestigkeit von mindestens 32 cN/Tex und eine Dehnung kleiner als 60 % aufweisen. Zur Herstellung eines Spinnvlieses können die Kunststoffilamente als Endlosfäden abgelegt werden, zur Herstellung eines Faservlieses können die verfahrensgemäß erhaltenen Stapelfasern eingesetzt werden.

[0036] Weiterhin vorteilhaft ist die Verwendung der Kunststoffilamente zur Herstellung von Garnen, wobei die Filamente eine Zugfestigkeit von mindestens 32 cN/Tex und eine Dehnung kleiner als 60 % aufweisen. Dabei können die Garne aus endlosen Kunststoffilamenten hergestellt sein oder aus Stapelfasern gesponnen sein.
In der Zeichnung ist eine Verstreckungsvorrichtung zur Herstellung von verstreckten Kunststoffilamenten schematisch dargestellt. Es zeigt die:
Fig. 1
a die wesentlichen Baugruppen der Anlage
Fig. 1 b
ein weiteres Modul mit unterschiedlicher Heizvorrichtung
Fig. 2
einen Verlauf der Geschwindigkeit eines Filamentbündels gemäß der Erfindung im Vergleich zu herkömmlichen Systemen und
Fig. 3
die Kennlinien verschiedener mechanischer Eigenschaften.


[0037] Die in Fig. 1 a und b dargestellte Verstreckungsvorrichtung zur Herstellung von verstreckten Kunststoffasern umfasst eine Spinnvorrichtung 1, der in bekannter Weise geschmolzener Kunststoff zugeführt wird. Über in der Spinnvorrichtung 1 angeordnete Spinndüsen tritt eine der Anzahl der Öffnungen in den Spinndüsen entsprechende Anzahl von Filamenten 2 aus, die zusammen ein Filamentbündel 3 ergeben. Üblicherweise werden bis zu 400 Filamente zu einem Filamentbündel zusammengefasst. Nach Austritt aus der Spinndüse werden die Filamente 2 unter die Erstarrungstemperatur abgekühlt, wobei eine zusätzliche Kühlvorrichtung 4 vorgesehen sein kann. Dabei bilden sich kristalline und amorphe Zonen im einzelnen Filament aus.

[0038] Die abgekühlten Filamente 2 werden nun einer Heizvorrichtung 5 zugeführt und dort gebündelt, so dass ein paralleler Verlauf durch die Heizvorrichtung 5 erfolgt. Die Heizvorrichtung 5 weist einen Heizschacht 6 auf, dem ein Heizmittel 8, insbesondere Dampf, zugeführt wird. Die Strömungsrichtung des Heizmittels 8 im Heizschacht 6 kann in Strömungsrichtung zu dem Filamentbündel 3 oder im Gegenstrom dazu geführt werden.

[0039] In einer bestimmten Entfernung zu dem Heizschacht 6 ist die Abzugsvorrichtung 10 angeordnet, mit welcher auf das Filamentbündel 3 eine Zugkraft ausgeübt wird. Dies erfolgt auf pneumatischem Weg über eine Venturi-Düse 11, der unter hohem Druck stehende Luft 12 zugeführt wird, so dass am engsten Querschnitt die Schallgeschwindigkeit erreicht und im weiteren Verlauf die Schallgeschwindigkeit überschritten wird.

[0040] Das aus der Abzugsvorrichtung 10 austretende Filamentbündel 3 kann in bekannter Weise zu einem Kunststoffaden verarbeitet werden, zur Erzeugung von Stapelfasern geschnitten werden oder zur Herstellung eines Spinnvlieses dienen. Letzteres ist beispielsweise in der FR 74 20 254 beschrieben.

[0041] In Fig. 2 ist eine Übersicht über den Geschwindigkeitsverlauf der ersponnenen Filamente für verschiedene Anlagen bzw. Verfahren dargestellt. Unter den üblichen Bedingungen einer direkten Erspinnung und Streckung der Filamente in einer Stufe und unter hoher Geschwindigkeit, hier einer Abzugsgeschwindigkeit von 6000 m/min, erfahren die Filamente eine schockartige Abkühlung aufgrund der sehr hohen Geschwindigkeitsgradienten in Längs- und Querrichtung, siehe Kurve A. Entlang des Spinnweges ist der Geschwindigkeitsgradient größer als 2x104 1/s, und die Abkühlgeschwindigkeit ist in der Größenordnung von 26000 °C/s. Diese extremen Bedingungen bewirken in dem Filament eine unterschiedliche, heterogene Struktur zwischen dem Mantel und dem Kern des Filaments. Gegenüber den in einem mehrstufigen Verfahren nachverstreckten Filamenten hat dies einen Abfall bestimmter mechanischer Eigenschaften zur Folge.

[0042] Eine Verringerung der Geschwindigkeit auf 4400 m/min Abzugsgeschwindigkeit vermindert den Geschwindigkeitsgradienten und die Kühlgeschwindigkeit deutlich, wie dann aus der Kurve B abgelesen werden kann. Allerdings nimmt auch die Bruchlast ab und die Bruchdehnung zu.

[0043] Um trotz vorteilhafter niedriger Abzugsgeschwindigkeiten eine Erhöhung der Bruchlast und eine Verringerung der Bruchdehnung zu erhalten, werden zweistufige mechanische Verfahren verwendet, die einen ersten Bereich mit einem hohen Geschwindigkeitsgradienten und einen zweiten Bereich mit hohen Geschwindigkeitsgradienten aufweisen. Dies ist in der Kurve C dargestellt.

[0044] Durch die Verwendung einer erfindungsgemäßen Heizvorrichtung zwischen der Spinndüse und der Abzugsvorrichtung wird bei einer Abzugsgeschwindigkeit von 4400 m/min der in der Kurve D dargestellte Verlauf erreicht. Über eine Länge L der Heizvorrichtung 5 findet eine Nachverstreckung der über den Erstarrungspunkt erhitzten Filamente statt.

[0045] In der Tabelle 1 sind verschiedene Versuchsergebnisse mit und ohne Heizvorrichtung für unterschiedliche Massendurchsätze von Polyethylenterephthalat (PET) mit einem Schmelzpunkt von 256 °C und einer Viskosität von 190 Pas bei 290 °C gegenübergestellt.

[0046] In einer ersten Versuchsanordnung T wurde eine aus Spinnvorrichtung 1 und Abzugsvorrichtung 10 bestehende Verstreckvorrichtung zur Herstellung von Filamenten verwendet.

[0047] Die zweite Versuchsanordnung V unterscheidet sich von der ersten dadurch, dass zwischen der Spinnvorrichtung 1 und der Abzugsvorrichtung 10 eine erfindungsgemäße Heizvorrichtung 5 vorgesehen wurde, in welcher die Filamente auf eine Temperatur oberhalb der Erstarrungstemperatur erhitzt wurden, jedoch die Schmelztemperatur nicht erreicht wird.

[0048] Die Versuche wurden für beide Versuchsanordnungen zum einen mit einem Massendurchsatz von 0,9 g/min je Kapillaröffnung der Spinndüse (T1, V1.1, V1.2) und zum anderen mit einem Massendurchsatz von 0,56 g/min je Kapillaröffnung der Spinndüse (T2, V2) durchgeführt.

[0049] Bei dem Vergleich der wesentlichen Eigenschaften des in der ersten Versuchsreihe hergestellten Filaments ist zunächst festzustellen, dass die Abzugsgeschwindigkeit des Filaments in den Versuchen V1.1 und V1.2 gegenüber T1 deutlich zurückgegangen ist. Dies läßt sich dadurch erklären, dass die Reibungskräfte in der Heizvorrichtung durch die Druckerhöhung in der Abzugsvorrichtung nicht vollständig ausgeglichen wurden. Ein direkter Vergleich der mechanischen Eigenschaften zweier mit derselben Abzugsgeschwindigkeit gemäß den beiden Versuchsanordnungen T, V hergestellten Filamente ist hier daher nicht möglich.

[0050] Man erkennt aber, dass trotz einer von 4800 m/min auf 3300 m/min verringerten Abzugsgeschwindigkeit die Festigkeit von 30,5 cN/Tex auf 40 cN/Tex gesteigert und die Dehnung von 72 % auf 55 % verringert wurde (T1 und V1.2). Damit ist es möglich, zur Erzeugung von Filamenten hoher Festigkeit in einem Bereich mittlerer Abzugsgeschwindigkeit zu arbeiten. Eine Erhöhung der Geschwindigkeit in der Versuchsanordnung mit Heizvorrichtung auf 4000 m/min führt zu einer nochmaligen Verbesserung der Festigkeit von 40 cN/dTex auf 56 cN/Tex und eine Verringerung der Dehnung von 56 % auf 40 % (V1.2 gegenüber V1.1).

[0051] In der zweiten Versuchsreihe V2, T2 wurde ein Massendurchsatz Polymer /Loch von 0,56 g/min eingestellt. Auch im feineren Titerbereich verringerte sich die Abzugsgeschwindigkeit. Die Festigkeit verbesserte sich in beträchtlichem Maße von 26 cN/Tex auf 38 cN/Tex und die Dehnung wurde ebenfalls von 82 % auf 48 % deutlich reduziert
Tabelle 1
Versuch V 1.1 V 1.2 T 1 V 2 T 2
Massenstrom Polymer/Loch (g/mn Loch) 0,90 0,90 0,90 0,56 0,56
Titer (dTex) 2,2 2,7 1,9 1,8 1,3
Abzugsgeschwindigkeit (m/min) 4000 3300 4800 3100 4300
Festigkeit (cN/tex) 40 43 30,5 38 26
Dehnung (%) 56 45 72 48 82
Splittgrad (%) 98 100 85 99 85
therm. Schrumpf (%) (180°C, 15 min Heißluft) 4,0 4,0 4,5 5,0 5,5


[0052] In Fig. 3 ist der Kraft-Dehnungsverlauf der aus den Versuchen T1, V1, V1.1, V1.2, T2, V2 hervorgegangenen Filamente zusammengestellt. Man erkennt den außerordentlich großen Einfluss der Heizvorrichtung sowohl auf die Festigkeit als auch auf die Dehnung. Insbesondere von Bedeutung ist die wesentliche Verbesserung der Dehnung im Bereich von Kräften höher als 10 cN/Tex. Die verbesserten Filamente können hier deutlich mehr Last aufnehmen, ohne eine übermäßige Dehnung zu erfahren. Dieses Verhalten ist selbst bei mit verringerter Abzugsgeschwindigkeit hergestellten Filamenten gemäß V1.2 bzw. V2 noch in wesentlichem Maße gegeben.

[0053] Die Abkühlung der aus der etwa 300 °C heißen Spinnvorrichtung austretenden Filamente erfolgt durch Anströmung mit Luft bei Raumtemperatur, die Erhitzung der Filamente in der Heizvorrichtung auf 270 - 300 °C erfolgt mit einer Volumenrate Dampf zwischen 20 und 30 m3/h. Es versteht sich von selbst, dass die Temperatur des gasförmigen Fluids 8 für Polyolefine entsprechend der jeweiligen Schmelztemperatur angepasst werden muß. Der Massendurchsatz an gasförmigem Fluid 8 richtet sich unter anderem nach der Menge der zu verstreckenden Filamente, dem verwendeten Polymer oder Polymeren, dem Verstreckungsgrad und der Vorverstreckung zwischen der Spinnvorrichtung 1 und der Heizvorrichtung 5.

[0054] Die Filamente eignen sich aufgrund ihrer verbesserten mechanischen Eigenschaften besonders für die Herstellung von Vliesen, wobei als Material thermoplastische Kunststoffe, z.B. Polyester wie Polyethylenterephthalat (PET), Polybutylenterephthalat (PBT), Polytrimethylenterephthalat (PTT); Polyamide wie Polyamid 6 (PA 6), Polyamid 6.6 (PA 6.6), Polyamid 11 (PA 11), Polyamid 4,6 (PA 4,6) oder Polyolefine wie Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) oder deren Copolymere in Frage kommen. Die Filamente können auch aus mehreren verschiedenen Materialien hergestellt sein, wobei bekannte Spinntechniken verwendet werden.


Ansprüche

1. Verstreckvorrichtung zur Herstellung von verstreckten Kunststoffilamenten (2, 3), umfassend eine Spinnvorrichtung (1), und eine pneumatische Abzugsvorrichtung (10), dadurch gekennzeichnet, dass zwischen der Spinnvorrichtung (1) und der Abzugsvorrichtung (10) eine Heizvorrichtung (5) angeordnet ist, in der ein Heizmittel (8) die Kunststoffilamente (2, 3) auf eine Temperatur zwischen ihrer Glastemperatur und ihrer Schmelztemperatur erwärmt.
 
2. Verstreckvorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Heizmittel (8) mit einer Strömungsrate von 5 bis 50 m3/h zugeführt wird und einen statischen Überdruck von 0,05 bis 1,0 bar erzeugt.
 
3. Verstreckvorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Heizvorrichtung (5) eine Infrarot-Heizvorrichtung (13) ist.
 
4. Verstreckvorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der statische Überdruck 0,1 bis 0,5 bar beträgt.
 
5. Verstreckvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass als Heizmittel (8) 5 bis 50 m3/h Dampf zugeführt werden.
 
6. Verfahren zur Herstellung von verstreckten Kunststoffilamenten (2, 3), bei dem schmelzgesponnene Filamente (2, 3) mit einem Einzeltiter von größer 1 dTex hinter einer Spinnvorrichtung (1) zumindest auf Erstarrungstemperatur abgekühlt und mittels einer pneumatischen Abzugsvorrichtung (10) verstreckt werden, dadurch gekennzeichnet, dass die Filamente zum Zwecke des Verstreckens in einer Heizvorrichtung (5) auf eine Temperatur zwischen ihrer Glastemperatur und ihrer Schmelztemperatur erwärmt werden.
 
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Filamente in der Heizvorrichtung (5) durch ein gasförmiges, erhitztes Fluid (8) geführt werden, welches mit einer Strömungsrate von 20 bis 50 m3/h zugeführt wird und einen statischen Überdruck von 0,05 bis 1,0 bar erzeugt.
 
8. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Beheizung durch eine Infrarot-Heizvorrichtung (13) erfolgt, die rechtwinklig zu den sich vertikal bewegenden Filamenten angeordnet ist.
 
9. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen der Heizvorrichtung (5) und der Abzugsvorrichtung (10) eine Nachverstreckung in einem Streckverhältnis von 1,1 bis 1,5 erfolgt.
 
10. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Filamente mit einer Abzugsgeschwindigkeit von 2000 m/min bis 4700 m/min durch das Heizmittel (8) geführt werden.
 
11. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Strömungsgeschwindigkeit des Heizmittels (8) beim Eintritt in die Heizvorrichtung (5) zwischen 35 m/s und 50 m/s und zwischen 70 m/s und 90 m/s beim Austritt aus der Heizvorrichtung (5) beträgt.
 
12. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Abzugsgeschwindigkeit der Filamente (2, 3), der Betrag der Heizmittelenergie und die Temperatur des Heizmittels (8) so eingestellt werden, dass bei gleicher Abzugsgeschwindigkeit eine relative Erhöhung der Zugfestigkeit des nachverstreckten Filaments von mindestens 20% gegenüber einem einfach verstreckten Filament erzielt wird, wobei vorzugsweise eine Zugfestigkeit der Filamente von mindestens 32 cN/Tex, vorzugsweise 40 bis 50 cN/Tex, erzielt wird.
 
13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Abzugsgeschwindigkeit der Filamente (2, 3) und die Temperatur des Heizmittels (8) so eingestellt sind, dass der Übergang des Bereichs elastischer Verformung in den Bereich plastischer Verformung erst unter einer um mindestens 20 % erhöhten Kraft erfolgt.
 
14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die Heizmittelmenge und die Temperatur des Heizmittels (8) so eingestellt werden, dass ein Heißluftschrumpf von höchstens 6 % (bei 180°C, 15 min) erzielt wird.
 




Zeichnung
















Recherchenbericht