(19)
(11) EP 1 283 314 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.02.2003  Patentblatt  2003/07

(21) Anmeldenummer: 01119107.9

(22) Anmeldetag:  08.08.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7E04H 13/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(71) Anmelder: RW Bestattungssysteme GmbH & Co KG
74395 Mundelsheim (DE)

(72) Erfinder:
  • Weisser, Helmut O.
    72793 Pfullingen (DE)

 
Bemerkungen:
Geänderte Patentansprüche gemäss Regel 86 (2) EPÜ.
 


(54) Grabmatratze zum Schutze des Erdreiches und Grundwassers


(57) Bei erdbestatteten Leichen, kommt es durch die Zersetzung organischen Gewebes zur Freisetzung von, mit verschiedenen Schadstoffen kontaminierten Flüssigkeiten (Sekrete). Diese gelangen ohne Rückhalte- und Schutzmaßnahmen in das Erdreich und Grundwasser und belasten in zunehmendem Maße die Umwelt.
Durch eine unter der gesamten Sargfläche ausgelegten Grabmatratze, werden die aus dem Leichnam austretenden Flüssigkeiten aufgefangen und neutralisiert. Inhaltlich besteht die Grabmatratze aus einer oder mehren mechanischen, biologischen und chemischen Sektionen oder Kombinationen aus diesen. Die Grabmatratze besteht in allen Einzelkomponenten aus verrottbaren Grundstoffen und hinterlässt keine belastenden Rückstände im wieder neu zu belegenden Grab.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine mit rückhaltenden und aktiven Substanzen befüllte Matratze, die auf die Grabsohle aufgelegt wird und die, die aus dem sich zersetzenden Körper austretenden Flüssigkeiten aufnehmen und neutralisieren kann.

[0002] Leichname, die in Erdgräber bestattet werden, tragen in einem zunehmenden Maße zur Verunreinigung von Boden und Grundwasser bei. Gerade in Ballungsgebieten, wo Friedhöfe oft am Rande von Wasserschutzzonen liegen, sind Begräbniseinrichtungen eine potentielle Gefahr für das Trinkwasser der in dieser Region lebenden Menschen. Es ist heute nicht mehr zu verantworten, dass die bei der Zersetzung von Leichen anfallende Schadstoffe und Zerfallsprodukte, ohne irgendwelche Rückhaltemaßnahmen ins Erdreich gelangen können. Es ist inzwischen bekannt, dass Verwesungsprozesse den Boden drei- bis viermal so stark belasten wie eine hochgradig genutzte Ackerfläche. Es ist aber nicht nur der enorme Stickstoffeintrag, sondern die mannigfaltigen Substanzen, wie aggressive und langlebige Krankheitskeime, Medikamenten- und Schwermetallrückstände sowie radioaktive Kontaminierungen, die zu einer sich addierenden hohen Gesamtbelastung führen. Bei jährlich ca. 650.000 Erdbestattungen in Deutschland, fallen immerhin ca. 40 Millionen Liter mehr oder minder stark belasteter Leichenflüssigkeiten an.

[0003] Dieser Zustand wird zwischenzeitlich nicht nur von Umweltschützern sondern auch von politischer Seite bemängelt. Um Auflagen durch die zuständigen Behörden zu entgehen, versuchen inzwischen Friedhofsbetreiber Abhilfe mit unterschiedlichen Mitteln herbeizuführen. Allerdings sind der Wirksamkeit dieser Maßnahmen enge Grenzen gesetzt. Z. B. können Drainagerohre nur einen geringen Anteil der freigesetzten Zersetzungsprodukte abfangen und außerdem den Missstand nur an eine andere Stelle verlagern.

[0004] Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von nach unten geschlossenen Beton-Grabkammern, die keine Verbindung ins Erdreich haben. Diese Methode ist zwar wirkungsvoll, wird aber alleine auf Grund der hohen Kosten und der in der Bevölkerung nicht nur auf Zustimmung stoßenden Meinung in nur sehr geringem Umfang praktiziert.

[0005] Wasserdichte Grabhüllen nach DE 19606583 C1 können ebenfalls zu einer Lösung beitragen, aber auch hier steht ein hoher Preis dem flächendeckenden Einsatz entgegen. Die in DE 19729041, -2 u. -3 Al beschriebenen Maßnahmen befassen sich allesamt mit der beschleunigten bzw. ungehinderten Zersetzung von Leichen. Ein Boden- bzw. Grundwasserschutz ist mit diesen Grabbeigaben nicht zu erreichen.

[0006] Als Fazit gilt, dass keine wirksame Disposition in ausreichendem und praktikablem Umfang zur Verfügung steht.

[0007] Die Erfindung hat sich deshalb zum Ziel gesetzt eine kostengünstige und effiziente Möglichkeit zu schaffen, um den Anforderungen des umfassenden Boden- und Grundwasserschutzes bei Erdbestattungen gerecht zu werden.

[0008] Die Erfindung wird anhand nachstehender Beschreibung und Zeichnungen erläutert.

[0009] Es zeigen:
Fig. 1
Grabschutz-Matratze im belegten Erdgrab
Fig. 2
Gesamtansicht Grabschutz-Matratze, (Schnitt)
Fig. 3
Teil-Ausschnitt der Desinfektionssektion


[0010] Ein Erdgrab wird in herkömmlicher Weise hergerichtet, d. h. in der Regel mit einem Baggergreifer, der die vorgegebene Tiefe aushebt. Die Grabflächenmaße betragen normalerweise 2200 x 900 mm. Auf die Grabsohle wird dann die Schutz-Matratze aufgelegt (1). Die Grabschutzmatte besitzt die Maße von ca. 2100 x 850 mm. Sie beansprucht demzufolge nahezu die gesamte Fläche. Direkt darauf, ohne weitere Erdschicht, wird der Sarg positioniert. (Fig. 1).

[0011] Die Oberfläche besteht aus Naturstoffen (2) wie z. B. Schilf, Stroh, Heu, Flachs, Hanf, Kokos, die zu einer Hülle (Flachsack) (3) geformt ist. Inhaltlich ist die Matratze in mindestens zwei Sektionen unterteilt (Fig. 2). Die dem Sarg zugewandte Seite, beinhaltet eine mehrere Zentimeter dicke Lage, die aus einem Mineral-Granulat (4) besteht. Dieses Granulat kann aus unterschiedlichen Materialien, wie z. B. Lava, Tuff, Bims, Verhüttungsschlacke, oder Ähnlichem bestehen. Voraussetzung ist eine grobporige Struktur die eine Speicherung bzw. Aufnahme von Flüssigkeit in ausreichender Kapazität gewährleistet. In dieser Schicht werden die freigesetzten und aus dem Sarg austretenden Leichensekrete aufgenommen. Das gesamte Fassungsvermögen liegt deutlich über der anfallenden Flüssigkeitsmenge, sodass eine genügend große Kapazitätsreserve zur Verfügung steht. Durch das zeitweilige Verbleiben in dieser Sektion haben die mit eintretenden aeroben und anaeroben Mikroorganismen und Bakterien die Möglichkeit zur Dezimierung der belasteten Stoffe. Von außerhalb hinzutretendes Niederschlags- und Gießwasser wird zu einem Teil auch in die Schutz-Matratze eindringen. Dies führt zu einer willkommenen Verminderung des Konzentrationsgehaltes.

[0012] Eine perforierte Papierzwischenlage (5) trennt die Granulatschicht von der darunter liegenden Desinfektions- und Neutralisationssektion (Fig. 3). Ein pulverförmiges Medium, eingelagert in eine mit Vertiefungen (7) versehenen Formkartonage (6), vorzugsweise aus Naturstärke (Kartoffel-, Maisstärke) oder Altpapier, sorgt für die abschließende Eliminierung der belasteten Rückstände. Die zur Desinfektion und Neutralisation verwendeten Substanzen sind handelsübliche Produkte, wie man sie von der Wasseraufbereitung und Desinfektion kennt, wie z. B. Chlor. Damit eine Reaktion nicht bereits während der Lagerung eintritt, werden die Substanzen in Gelatine- Kugeln (8) oder -Kapseln eingeschlossen. Erst durch die von außen zutretende Feuchtigkeit wird der Mantel aufgelöst und der Kontakt zwischen belasteter Flüssigkeit und Desinfektionsmittel hergestellt. Die diese Barriere durchlaufene Flüssigkeiten sind abschließend neutralisiert und können bedenkenlos ins tieferliegende Erdreich einsickern.

[0013] Nach abgelaufener Totenruhezeit und einer Wiederöffnung der Grabstätte wird von der eingebrachten Grabmatratze, außer dem Mineralgranulat, nichts mehr vorhanden sein. Diese Rückstände vermischen sich mit dem übrigen Erdaushub und tragen dabei zu einer wünschenswerten Auflockerung der Bodenstruktur bei.


Ansprüche

1. Grabmatratze zum Schutze des Erdreichs und Grundwassers. Dadurch gekennzeichnet, dass diese unter der gesamten Fläche des abgesenkten Sarges positioniert ist und austretende Leichensekrete aufgefangen und neutralisieren kann.
 
2. Grabmatratze zum Schutze des Erdreichs und Grundwassers, nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die in die Grabmatratze eindringenden Leichensekrete mindestens eine mechanische Barriere durchlaufen.
 
3. Grabmatratze zum Schutze des Erdreichs und Grundwassers, nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet, dass die in die Grabmatratze eindringenden Leichensekrete mindestens eine chemische Barriere durchlaufen.
 
4. Grabmatratze zum Schutze des Erdreichs und Grundwassers, nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet, dass die in die Grabmatratze eindringenden Leichensekrete mindestens eine biologische Barriere durchlaufen.
 
5. Grabmatratze zum Schutze des Erdreichs und Grundwassers, nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet, dass die in die Grabmatratze eindringenden Leichensekrete, Kombinationen von Anspruch 1, 2 und 3 durchlaufen.
 
6. Grabmatratze zum Schutze des Erdreichs und Grundwassers, nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet, dass diese in Größe und Form variabel ist und jedem Grabraum angepasst werden kann.
 
7. Grabmatratze zum Schutze des Erdreichs und Grundwassers, nach Anspruch 6,
dadurch gekennzeichnet, dass diese auch in geschlossenen Gruften, Grabkammern, Grabhüllen und nach unten offenen Grabkammern sowie anderen überund unterirdischen Totenbehältnissen eingesetzt werden kann.
 
8. Grabmatratze zum Schutze des Erdreichs und Grundwassers, nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet, dass alle verwendeten Materialien Naturprodukte sind und sich während der Totenruhezeit abbauen bzw. umweltneutral im Grabraum verbleiben können.
 
9. Grabmatratze zum Schutze des Erdreichs und Grundwassers, nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet, dass außer Leichensekrete, auch der damit verbundene Stickstoffeintrag durch entsprechende Katalysatoren zurückgehalten werden kann.
 
10. Grabmatratze zum Schutz des Erdreichs und Grundwassers, nach Anspruch 9,
dadurch gekennzeichnet, dass die Grabmatratze auch ohne Sarg oder anderem Behältnis, zur umweltentlastenden Beseitigung von erdbestatteten Tierkadavern verwendet werden kann.
 


Geänderte Patentansprüche gemäss Regel 86(2) EPÜ.


1. Grabmatratze zum Schutze des Grundwassers, Erdreichs und zur Förderung der Zersetzung von Leichnam und Sarg, dadurch gekennzeichnet, dass diese in ihrem Aufbau aus mehreren Stufen besteht, in denen organische und anorganische Stoffe, die aus einem erdbestatteten organischen Körper austreten können, aufgefangen, gespeichert, abgebaut und neutralisiert werden, sowie zur Einlagerung und zeitlich kontrollierbarer Freisetzung von aktiven chemischen und biologischen Reaktoren, die eine Dezimierung organischen Materials bewirken.
 
2. Grabmatratze zum Schutze des Grundwassers, Erdreichs und zur Förderung der Zersetzung von Leichnam und Sarg nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die in die Grabmatratze eindringenden Leichensekrete und Zersetzungsprodukte mindestens je eine mechanische, biologische und chemische Barriere passieren müssen.
 
3. Grabmatratze zum Schutze des Grundwassers, Erdreichs und zur Förderung der Zersetzung von Leichnam und Sarg nach Anspruch 1-2, dadurch gekennzeichnet, dass diese in Größe und Form variabel ist und jedem Grabraum angepasst werden kann.
 
4. Grabmatratze zum Schutze des Grundwassers, Erdreichs und zur Förderung der Zersetzung von Leichnam und Sarg nach Anspruch 1-3, dadurch gekennzeichnet, dass die verwendeten äußeren Umhüllungsmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, die sich während der Totenruhezeit im Erdgrab abbauen und zur Auflockerung der Bodenstruktur beitragen.
 
5. Grabmatratze zum Schutze des Grundwassers, Erdreichs und zur Förderung der Zersetzung von Leichnam und Sarg nach Anspruch 1-4, dadurch gekennzeichnet, dass diese auch in gemauerten oder natürlichen Gruften, nach unten offenen und geschlossenen Grabkammern, Grabauskleidungen jeglicher Art, sowie anderen über- und unterirdischen Totenaufbewahrungsbehältnissen eingesetzt werden kann.
 
6. Grabmatratze zum Schutze des Grundwassers, Erdreichs und zur Förderung der Zersetzung von Leichnam und Sarg nach Anspruch 1-5, dadurch gekennzeichnet, dass die Grabmatratze auch ohne Sarg oder einem anderen äußeren Behältnis, zur umweltentlastenden Beseitigung von erdbestatteten Tierkadavern verwendet werden kann.
 
7. Grabmatratze zum Schutze des Grundwassers, Erdreichs und zur Förderung der Zersetzung von Leichnam und Sarg nach Anspruch 1-6, dadurch gekennzeichnet, dass der in einem oder mehreren Kammer-Behältnissen eingeschlossene, auf einem Trägermaterial gebundene Sauerstoff und die im gleichen Behältnis durch Trennwände separierten, eingelagerten cellulosebesiedelnden Pilzsporen, mehrere Jahre reaktionslos gelagert und zu einem bestimmbaren Zeitpunkt durch Öffnen des Behältnisses aktiviert und freigesetzt werden können.
 
8. Mehrkammer-Behältnis für unterschiedliche, von einander getrennten, Substanzen nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass eine Verwendung in jeglichen Grabräumen auch ohne Grabmatratze erfolgen kann.
 
9. Mehrkammer-Behältnis nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass statt des verwendeten Kunststoffs für das Behältnis auch andere Materialien wie z. B. Kartonage, die sich bei Feuchtigkeitszutritt auflöst, verwendet werden kann.
 




Zeichnung










Recherchenbericht