(19)
(11) EP 1 289 337 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
05.03.2003  Patentblatt  2003/10

(21) Anmeldenummer: 02018379.4

(22) Anmeldetag:  14.08.2002
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7H04R 25/02, H04R 25/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 27.08.2001 DE 10141800

(71) Anmelder: Siemens Audiologische Technik GmbH
91058 Erlangen (DE)

(72) Erfinder:
  • Niederdränk, Torsten, Dr.
    91056 Erlangen (DE)

(74) Vertreter: Berg, Peter, Dipl.-Ing. et al
European Patent Attorney, Siemens AG, Postfach 22 16 34
80506 München
80506 München (DE)

   


(54) Im Ohr tragbares Hörhilfegerät oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik


(57) Die Erfindung sieht bei einem im Ohr tragbaren Hörhilfegerät (11, 22) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik wenigstens zwei Belüftungskanäle (15, 16, 23, 24, 30) in Verbindung mit in den Belüftungskanälen (15, 16, 23, 24, 30) angeordneten Strömungswiderständen (19, 20, 25, 26, 34) vor, die in wenigstens einem Belüftungskanal (15, 23) eine Strömung von dem eingeschlossenen Gehörgangvolumen nach außen begünstigen und in wenigstens einem anderen Belüftungskanal (16, 24) eine Strömung in das eingeschlossene Gehörgansvolumen (14) hinein begünstigen. Daraus resultiert eine Strömung durch das eingeschlossene Gehörgangvolumen (14), so dass in diesem ein Luftaustausch erfolgt. Dies verbessert den Tragekomfort des Hörhilfegerätes (11, 22) und trägt dazu bei, durch eine schlechte Belüftung des Gehörgangs (12) verursachte Krankheiten zu vermeiden.




Beschreibung


[0001] In der praktischen Anwendung von Hörhilfegeräten wird in vielen Fällen der Gehörgang durch eine Otoplastik bzw. durch ein im Gehörgang sitzendes Hörhilfegerät verschlossen. Um dennoch eine gewisse Belüftung des eingeschlossenen Gehörgangvolumens gewährleisten und den mit einem verschlossenen Gehörgang verbundenen akustischen Effekten begegnen zu können, wird meist ein kleiner Belüftungskanal, auch als Ventilationsöffnung oder kurz "Vent" bezeichnet, in die Otoplastik bzw. das im Ohr getragene Hörhilfegerät integriert.

[0002] Der Größe dieses Belüftungskanals sind allerdings von akustischer Seite Grenzen gesetzt, da durch einen großen Belüftungskanal zu viele Schallanteile das Gehörgangrestvolumen verlassen und so zum Mikrofon des Hörhilfegerätes gelangen können. Die Folge wären rückkopplungsbedingte Oszillationen (Feedback). Daher kann zumeist nur ein Belüftungskanal mit einem verhältnismäßig kleinen Querschnitt eingesetzt werden.

[0003] Bislang unterlag es dem Hörgeräteakustiker, ein an den Hörschaden und weitere individuelle Bedingungen eines Hörgeräteträgers angepasstes Vent in ein Hörhilfegerät zu integrieren. Dabei wurden allerdings aufgrund der höheren akustischen Stabilität vorwiegend verhältnismäßig kleine Ventilationsöffnungen verwendet, was mit einer unzureichenden Belüftung des eingeschlossenen Gehörgangvolumens einhergeht.

[0004] Aus der DE 199 42 707 A1 ist ein im Ohr tragbares Hörhilfegerät oder ein Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik bekannt, bei dem ein Belüftungskanal vorhanden ist. Zusätzlich sind bei dem bekannten Hörhilfegerät Mittel zum Drosseln oder Verschließen des Belüftungskanals vorhanden. Die Einstellung dieser Mittel erfolgt bei am Ohr getragenem Hörhilfegerät durch entsprechende Bedienelemente oder durch die Signalverarbeitungseinheit des Hörhilfegerätes oder durch Programmierung des Hörhilfegerätes.

[0005] Nachteilig bei den bekannten im Ohr tragbaren Hörhilfegeräten oder Hörhilfegeräten mit im Ohr tragbarer Otoplastik ist die unzureichende Belüftung des Gehörgangs bei den üblicherweise kleinen Ventilationsöffnungen. Dadurch kommt es häufig zu einem schlechten Tragekomfort oder gar zu Entzündungen im Gehörgang.

[0006] Aufgabe der Erfindung ist es daher, die Belüftung des Gehörgangs bei einem im Ohr tragbaren Hörhilfegerät oder einem Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik zu verbessern.

[0007] Diese Aufgabe wird bei einem im Ohr tragbaren Hörhilfegerät oder einem Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik, umfassend wenigstens einen Eingangswandler zur Aufnahme eines akustischen oder elektromagnetischen Eingangssignals und Wandlung in ein elektrisches Signal, eine Signalverarbeitungseinheit zur Verarbeitung und Verstärkung des elektrischen Signals und einen Hörer zur Wandlung des elektrischen Signals in ein akustisches Signal, gelöst durch wenigstens einen ersten Belüftungskanal und wenigstens einen zweiten Belüftungskanal zur Belüftung des von dem Hörhilfegerät bzw. der Otoplastik eingeschlossenen Gehörgangvolumens, wobei den Belüftungskanälen jeweils Mittel zum Begünstigen einer Strömungsrichtung durch den Belüftungskanal zugeordnet sind, zum Begünstigen des Ausströmens von Luft aus dem eingeschlossenen Gehörgangsvolumen bei dem ersten Belüftungskanal und zum Begünstigen des Einströmens von Luft in das eingeschlossene Gehörgangsvolumen bei dem zweiten Belüftungskanal.

[0008] Ferner wird die Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zum Betrieb eines im Ohr tragbaren Hörhilfegerätes oder eines Hörhilfegerätes mit im Ohr tragbarer Otoplastik, wobei ein Ansteuersignal mit einer in einem nicht hörbaren Frequenzbereich liegenden Signalfrequenz erzeugt und dem elektrischen Signal überlagert und über den Hörer in den Gehörgang abgegeben wird zur aktiven Belüftung des Gehörgangs.

[0009] Bei dem Hörhilfegerät gemäß der Erfindung handelt es sich z.B. um ein im Ohr tragbares Hörgerät (IdO), ein hinter dem Ohr (HdO) oder am Körper tragbares Hörgerät, das mit einer im Ohr tragbaren Otoplastik verbunden ist, ein im Ohr tragbares Kommunikationsgerät, einen im Ohr tragbaren Teil eines Kommunikationssystems, z.B. ein im Ohr tragbares Headset zur Verbindung mit einem Mobiltelefon, usw. Bei all diesen Geräten ist ein den Gehörgang verschließendes Teil in dem Gehörgang angeordnet. Dadurch ist die natürliche Belüftung des Gehörgangs weitgehend unterbunden.

[0010] Das Hörhilfegerät gemäß der Erfindung umfasst einen Eingangswandler, beispielsweise ein Mikrofon, eine Hörspule oder eine Antenne, der ein Eingangssignal aufnimmt und in ein elektrisches Signal wandelt. Das elektrische Signal wird in einer Signalverarbeitungseinheit weiterverarbeitet und in der Regel mit von der Frequenz abhängiger Verstärkung verstärkt. Ein Hörer wandelt das so verarbeitete elektrische Signal in ein akustisches Signal, das in den Gehörgang eines Benutzers abgegeben wird.

[0011] Bei einem im Ohr getragenen Hörhilfegerät ist der Hörer in dem Hörhilfegerät und damit im Gehörgang angeordnet. Anders bei einem Hörhilfegerät mit einer Otoplastik. Hier kann der Hörer in der Otoplastik, aber auch außerhalb des Gehörgangs angeordnet sein, z.B. innerhalb eines hinter dem Ohr tragbaren Hörhilfegerätes, wobei dann die Schallleitung von dem Hörer in den Gehörgang über einen mit der Otoplastik verbundenen Schallschlauch erfolgt.

[0012] Durch die wenigstens zwei Belüftungskanäle in Verbindung mit in den Belüftungskanälen angeordneten Strömungswiderständen, die in wenigstens einem Belüftungskanal eine Strömung von dem eingeschlossenen Gehörgangvolumen nach außen begünstigen und in wenigstens einem anderen Belüftungskanal eine Strömung in das eingeschlossene Gehörgansvolumen hinein begünstigen, resultiert insgesamt eine Strömung durch das eingeschlossene Gehörgangvolumen, so dass in diesem ein Luftaustausch erfolgt. Dies verbessert den Tragekomfort des Hörhilfegerätes und trägt dazu bei, durch eine schlechte Belüftung des Gehörgangs verursachte Krankheiten zu vermeiden.

[0013] Angetrieben wird die Strömung beispielsweise durch Bewegungen und damit verbundene Volumenänderungen des Gehörgangs, wie sie beim Sprechen oder Kauen hervorgerufen werden.

[0014] Gemäß einer bevorzugten Variante der Erfindung wird über den Hörer zusätzlich zu dem Nutzsignal ein weiteres Signal, das Ansteuersignal, ausgegeben, das in einem nicht hörbaren Frequenzbereich liegt und daher von dem Benutzer nicht wahrgenommen wird. Im Zusammenspiel der Strömungswiderstände in den Belüftungskanälen mit dem Hörer wird dadurch eine Membranpumpe erzeugt, die für eine Luftströmung durch das eingeschlossene Gehörgangvolumen sorgt und dadurch eine aktive Belüftung des eingeschlossenen Gehörgangvolumens bewirkt.

[0015] Als Mittel zum Erzeugen des Ansteuersignals kann ein Signalgenerator, beispielsweise ein Sinusgenerator, vorhanden sein. Dabei verbessert sich die durch den Hörer hervorgerufene Ventilationswirkung mit zunehmender Amplitude des Ansteuersignals, weshalb eine möglichst große Amplitude bevorzugt wird. Auf diese Weise entsteht eine nicht durch das Nutzsignal hervorgerufene, vorzugsweise tieffrequente Bewegung der Hörermembrane, die für ein gleichförmiges Ein- und Ausströmen von Luft in dem Hörer sorgt. Beim Betrieb des Hörhilfegerätes ist jedoch darauf zu achten, dass durch die Überlagerung des Nutzsignals mit dem Ansteuersignal die Hörermembrane nicht ihre Vollaussteuerung erreicht, womit hörbare Artefakte erzeugt würden.

[0016] Um eine bevorzugte Durchlassrichtung der Belüftungskanäle zu erreichen, kommt eine besondere Strukturierung der Belüftungskanäle in Betracht. Beispielsweise kann sich ein Belüftungskanal in einer Durchlassrichtung langsam und kontinuierlich verengen und abrupt wieder auf den ursprünglichen Umfang aufweiten. In dem zweiten, vorzugsweise parallel angeordneten Belüftungskanal wird die gleiche Maßnahme getroffen, nur erfolgt hier die langsame und kontinuierliche Verengung in umgekehrter Richtung. Beispielsweise bei einem gegenüber dem Außendruck erhöhten Druck in dem eingeschlossenen Gehörgangvolumen bietet dann der Schallkanal, der sich nach außen langsam und stetig verengt, einen geringeren Strömungswiderstand als der Belüftungskanal mit einer dem eingeschlossenen Volumen zugewandten, abrupten Verengung. Somit erfolgt im Mittel durch den ersten Belüftungskanal eine Luftströmung nach außen und durch den zweiten Belüftungskanal eine Luftströmung nach innen. Insgesamt ergibt sich somit eine Luftströmung durch das eingeschlossene Gehörgangvolumen und damit ein Luftaustausch. Die Funktionsweise gleicht dabei der einer Membranpumpe.

[0017] Zum Betrieb eines Hörhilfegerätes gemäß der Erfindung sind in der Regel keine speziellen Hörer erforderlich. Bei den üblicherweise eingesetzten Hörern ist nämlich für den dynamischen Betriebszustand ein Druckausgleich zwischen den beiden von der Membrane getrennten Luftvolumina nicht vorgesehen. Eventuell seitlich neben der Membrane angeordnete Mikrobohrungen zum statischen Druckausgleich haben keine Auswirkungen auf den dynamischen Betrieb.

[0018] Um die Strömung in einer Richtung durch einen Belüftungskanal zu begünstigen, können gemäß einer Variante der Erfindung auch Ventile oder Klappen an einem Eingang der Belüftungskanals oder innerhalb des Belüftungskanals angeordnet sein. Ventile oder Klappen erfordern zwar einen höheren mechanischen Aufwand zur Herstellung, dafür gewährleisten sie jedoch, dass die Strömung durch den Belüftungskanal nahezu ausschließlich in einer Richtung erfolgt.

[0019] Mechanisch noch aufwändiger, dafür jedoch noch effizienter sind automatisch betätigbare Ventile oder Klappen. Diesen Ventilen oder Klappen sind elektrische oder magnetische Miniaturantriebe zugeordnet, die vorzugsweise direkt mit dem Ansteuersignal für den Hörer angesteuert werden. Damit werden die Ventile oder Klappen im Takt des Ansteuersignals geöffnet bzw. geschlossen, wobei die Ventile oder Klappen in dem einen Belüftungskanal geöffnet sind, während die Ventile oder Klappen in dem anderen Belüftungskanal schließen.

[0020] Vorzugsweise sind die Miniaturantriebe, aber auch die Ventile oder Klappen, zumindest teilweise in Mikrostrukturtechnik hergestellt. Derartige Verfahren erlauben eine kostengünstige Herstellung nahezu beliebig kleiner Miniaturaktoren in hohen Stückzahlen.

[0021] Das Ansteuersignal zur Ansteuerung des Hörers bei einem Hörhilfegerät gemäß der Erfindung wird vorzugsweise mittels eines Signalgenerators erzeugt. Beispielsweise kann dies ein Sinusgenerator sein. Es kommen aber auch andere Ansteuersignale, beispielsweise Rechtecksignale, in Betracht. Um die Belüftung an die individuellen Bedürfnisse eines Benutzers anpassen zu können, sind Amplitude und/oder Frequenz des Ansteuersignals vorteilhaft einstellbar. Die Einstellung kann zum Beispiel durch Programmierung des Hörhilfegerätes erfolgen. Dies erlaubt die Einstellung des pro Zeiteinheit in etwa austauschbaren Luftvolumens.

[0022] Eine besonders vorteilhafte Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass die Einstellung des Ansteuersignals in Abhängigkeit von Kennwerten des Eingangssignals bzw. des elektrischen Signals erfolgt. Zum Erzielen einer guten Ventilationswirkung hat das Ansteuersignal vorteilhaft eine verhältnismäßig hohe Amplitude. Es wird dem Nutzsignal überlagert und über den Hörer ausgegeben. Dadurch besteht insbesondere bei einem Nutzsignal mit verhältnismäßig hoher Amplitude die Gefahr der Übersteuerung des Hörers, womit hörbare Artefakte erzeugt würden. Durch das Erfassen des Signalpegels des Eingangssignals bzw. der Amplitude des elektrischen Signals kann dies dadurch verhindert werden, dass bei einem elektrischen Signal mit hoher Amplitude die Amplitude des Ansteuersignals reduziert wird. Eventuell kann das Ansteuersignal bei einem elektrischen Signal mit besonders hoher Amplitude auch ganz abgeschaltet werden. Weiterhin können in einer sehr ruhigen Schallumgebung Frequenz und/oder Amplitude des Ansteuersignals herabgesetzt werden, um von der aktiven Belüftung eventuell hervorgerufene Strömungsgeräusche zu reduzieren oder zu vermeiden.

[0023] Auch die Einstellung des Ansteuersignals in Abhängigkeit des eingestellten Hörprogramms ist möglich. Beispielsweise wird dann die Belüftungstätigkeit im Falle eines Hörprogramms für ruhige Umgebung gedrosselt.

[0024] Bei einer besonders komfortablen Ausführungsform der Erfindung ist ein Sensor zum Erfassen wenigstens eines Kennwertes des von dem in dem Ohr tragbaren Hörhilfegerät oder der in dem Ohr tragbaren Otoplastik eingeschlossenen Gehörgangvolumens vorgesehen. Mittels dieses Sensors kann beispielsweise die Größe des eingeschlossenen Gehörgangvolumens oder die relative Luftfeuchte in dem eingeschlossenen Gehörgangvolumen gemessen werden. Daraufhin wird die Belüftungstätigkeit an die so gemessenen Kennwerte angepasst. So kann z.B. bei einer hohen relativen Luftfeuchtigkeit im Gehörgang durch eine Erhöhung der Frequenz des Ansteuersignals die Belüftungstätigkeit erhöht werden.

[0025] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert. Es zeigen:

Figur 1 ein im Ohr tragbares Hörhilfegerät mit einem Belüftungskanal nach dem Stand der Technik,

Figur 2 ein im Ohr tragbares Hörhilfegerät mit zwei Belüftungskanälen,

Figur 3 das Blockschaltbild des Hörhilfegerätes gemäß Figur 2,

Figur 4 Klappen, die in zwei parallel angeordneten Belüftungskanälen angebracht sind, und

Figur 5 schematisch eine aus einem Träger mit mehreren Durchlässen und Schwenkelementen zusammengesetzte Anordnung zum Öffnen und Schließen eines Belüftungskanals.



[0026] Figur 1 zeigt in schematischer Darstellung ein in dem Ohr tragbares Hörhilfegerät 1 nach dem Stand der Technik. Über ein Mikrofon 2 wird ein akustisches Signal aufgenommen und in ein elektrisches Signal gewandelt. Das elektrische Signal ist einer Signalverarbeitungseinheit 3 zugeführt. In der Signalverarbeitungseinheit 3 wird das elektrische Signal verarbeitet und in Abhängigkeit der Signalfrequenz verstärkt. Das verarbeitete elektrische Signal wird über einen Hörer 4 in ein akustisches Signal zurückgewandelt und in den Gehörgang eines Hörgeräteträgers abgegeben. Die elektronischen Komponenten des Hörhilfegerätes 1 sind zur Spannungsversorgung mit einer Batterie 8 verbunden.

[0027] Zur Belüftung des von dem in dem Ohr tragbaren Hörhilfegerät 1 eingeschlossenen Gehörgangvolumens ist das Hörhilfegerät 1 von einem Belüftungskanal 5 durchzogen. Der Belüftungskanal stellt einen Bypass zum elektroakustischen Signalpfad durch das Hörhilfegerät 1 dar. In bestimmten akustischen Situationen, z.B. bei geringer akustischer Verstärkung des Hörhilfegerätes 1 aufgrund einer lauten Schallumgebung, ist dieser Bypass gegenüber dem Signalpfad durch das Hörhilfegerät 1 dominierend. Dies kann dazu führen, dass bestimmte Funktionen des Hörhilfegerätes 1, wie z.B. eine gewünschte Richtwirkung oder eine Störgeräuschminderung, nurmehr eingeschränkt ausgeführt werden können. Darüber hinaus kann es durch den Belüftungskanal 5 auch zu Rückkopplungen zwischen dem Hörer 4 und dem Mikrofon 2 kommen. Zur Vermeidung dieser Nachteile wird der Belüftungskanal 5 in der Regel nur mit einem verhältnismäßig kleinen Querschnitt ausgeführt. Damit ergibt sich jedoch der Nachteil, dass durch den Belüftungskanal nur eine geringe Belüftungswirkung in dem eingeschlossenen Gehörgangvolumen erzielt werden kann.

[0028] Figur 2 zeigt in stark vereinfachter und schematischer Darstellung ein im Ohr getragenes Hörhilfegerät 11 gemäß der Erfindung, wobei im Wesentlichen nur die für die Erfindung relevanten Komponenten dargestellt sind. Das Hörhilfegerät 11 reicht bis tief in den Gehörgang 12 eines Hörgeräteträgers, womit zwischen dem Hörhilfegerät 11 und dem Trommelfell 13 ein Gehörgangvolumen 14 eingeschlossen wird. Durch das Hörhilfegerät 11 wird die natürliche Luftzirkulation im Gehörgang 12, die durch die Erwärmung der Luft infolge der Körperwärme auf natürliche Weise erfolgt, unterbunden. Um dennoch eine Belüftung des eingeschlossenen Gehörgangvolumens 14 zu erreichen, sind bei dem Hörhilfegerät 11 zwei Belüftungskanäle 15 und 16 vorgesehen. Dabei liegen die zur Innenseite des Gehörgangs 12 gerichteten Öffnungen der Belüftungskanäle 15 und 16 möglichst weit auseinander, um eine möglichst gute Belüftung des gesamten eingeschlossenen Gehörgangvolumens 14 zu erreichen. Ferner sind die Belüftungskanäle 15 und 16 im Bereich dieser Öffnungen strukturiert. Im Ausführungsbeispiel verengen sich die Belüftungskanäle stetig, um sich dann wieder abrupt auf ihre ursprüngliche Weite zu öffnen. Durch diese Strukturierung wird ein von der Strömungsrichtung der Luft durch den Belüftungskanal abhängiger Strömungswiderstand geschaffen. In Richtung der sich langsam und stetig zunehmenden Verjüngung erfährt die Luft einen geringeren Strömungswiderstand als in umgekehrter Richtung. Volumenänderungen des eingeschlossenen Gehörgangvolumens 14, die beispielsweise durch Kauen oder Sprechen hervorgerufen werden, erzeugen so in Verbindung mit den unterschiedlichen Strömungswiderständen einen Pump-Effekt, der eine Strömung durch das eingeschlossene Gehörgangvolumen 14 bewirkt.

[0029] Ein vereinfachtes Blockschaltbild des Hörhilfegerätes gemäß Figur 2 ist in Figur 3 dargestellt. Wie bei Hörhilfegeräten üblich umfasst auch das Hörhilfegerät 11 ein Mikrofon 2' zur Aufnahme eines akustischen Eingangssignals und Wandlung in ein elektrisches Signal, eine Signalverarbeitungseinheit 3' zur Verarbeitung und frequenzabhängigen Verstärkung des Eingangssignals, einen Hörer 18 zur Wandlung des verarbeiteten elektrischen Signals in ein akustisches Ausgangssignal sowie eine Batterie 8' zur Spannungsversorgung des Hörhilfegerätes 11. Gemäß einer bevorzugten Variante der Erfindung umfasst das Hörhilfegerät 11 ferner einen Signalgenerator 17. Dieser erzeugt ein vorzugsweise sinusförmiges Signal mit einer im nicht hörbaren Frequenzbereich liegenden Frequenz. Beispielsweise ist dies ein Signal mit einer Signalfrequenz von 10 Hz und möglichst großer Amplitude. Dieses Signal wird dem eigentlichen Nutzsignal, das von dem Hörer 18 abgegeben wird, überlagert. Dabei ist der Signalgenerator 17 so ausgebildet, dass es selbst durch die Überlagerung des Nutzsignals mit dem Ansteuersignal nicht zu einer Vollaussteuerung des Hörers 18 kommt. Infolge des Ansteuersignals vollzieht eine in dem Hörer 18 angeordnete Hörermembrane eine gleichförmige Pumpbewegung. Auf diese Weise entsteht in dem eingeschlossenen Gehörgangvolumen gegenüber der Außenluft ein mit der Frequenz des Ansteuersignals wechselnder Über- bzw. Unterdruck. Wie Figur 2 weiterhin zu entnehmen ist, sind die Strukturelemente 19 und 20 in den parallelen Belüftungskanälen 15 und 16 entgegengesetzt ausgerichtet, d.h., das Strukturelement 19 im Belüftungskanal 15 verjüngt sich zunehmend in Richtung der Außenseite des Gehörgangs 12 und das Strukturelement 20 im Belüftungskanal 16 verjüngt sich zunehmend in Richtung der Innenseite des Gehörgangs 12. Somit strömt bei einem Überdruck im Gehörgangvolumen 14 im Mittel mehr Luft durch den Belüftungskanal 15 von innen nach außen als durch den Belüftungskanal 16. Dahingehend strömt bei einem Unterdruck im eingeschlossenen Gehörgangvolumen 14 im Mittel mehr Luft durch den Belüftungskanal 16 in das eingeschlossene Gehörgangvolumen 14 als durch den Belüftungskanal 15. Insgesamt ergibt sich somit infolge der Pumpbewegung der Hörermembrane des Hörers 18 eine gleichförmige Luftströmung durch das eingeschlossene Gehörgangvolumen 14, die durch den Pfeil 21 angedeutet ist.

[0030] Vorteilhaft umfasst das Hörhilfegerät 11 gemäß Figur 3 zusätzlich einen in das eingeschlossene Gehörgangvolumen gerichteten Sensor 10. Mittels des Sensors 10 kann die relative Luftfeuchte in dem eingeschlossenen Gehörgangvolumen erfasst und dem Signalgenerator 17 zugeführt werden. Frequenz und Amplitude des von dem Signalgenerator 17 abgegebenen Ansteuersignals werden dann auch in Abhängigkeit dieses Sensorsignals bestimmt, wobei mit zunehmender relativer Luftfeuchtigkeit Frequenz und/oder Amplitude des Ansteuersignals erhöht werden.

[0031] Die Erfindung trägt somit dazu bei, dass die natürliche Luftzirkulation durch den Gehörgang 12 auch bei im Ohr getragenem Hörhilfegerät 11 nicht unterbunden wird. Dies erhöht den Tragekomfort und hilft Entzündungen infolge einer schlechten Belüftung zu vermeiden.

[0032] Die in Figur 2 dargestellte Anordnung und Ausbildung der Belüftungskanäle 15 und 16 sowie der Strukturelemente 19 und 20 sind rein beispielhaft zu verstehen. Ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen, ist hierbei eine Vielzahl an Variationsmöglichkeiten denkbar. Ein weiteres Ausführungsbeispiel hierfür gibt Figur 4. Auch bei dieser Ausführungsform schließt ein nur zum Teil dargestelltes Hörhilfegerät 22, das in dem Gehörgang 12 angeordnet ist, ein Gehörgangvolumen 14 ein. Im Unterschied zu Figur 2 befinden sich hier jedoch an den in den Gehörgang hinein gerichteten Öffnungen zweier Belüftungskanäle 23 und 24 in der Zeichnung nur schematisch dargestellte Klappen 25 und 26, die bei einem Druckgefälle in der einen Richtung öffnen und bei einem Druckgefälle in der Gegenrichtung schließen. Durch eine entgegengesetzte Orientierung der Klappen 25 und 26 in den Belüftungskanälen 23 und 24 ist bei einem Druckgefälle in dem Gehörgang 12 von innen nach außen die Klappenanordnung 25 geöffnet, während die Klappenanordnung 26 schließt. Dadurch kann, wie durch die Pfeile 27 angedeutet ist, in diesem Betriebszustand Luft durch den Belüftungskanal 23 ausströmen, während durch den Belüftungskanal 24 kein Luftaustausch erfolgt. Durch die weitere Bewegung der Hörermembrane des Hörers 28 infolge des Ansteuersignals entsteht in dem eingeschlossenen Gehörgangvolumen 14 darauffolgend ein Unterdruck, so dass die Klappenanordnung 26 öffnet und durch den Belüftungskanal 24 Luft in das eingeschlossene Gehörgangvolumen einströmt. Dahingegen ist in diesem Betriebszustand die Klappenanordnung 25 geschlossen. Insgesamt ergibt sich somit durch die Pumpbewegung der Membrane des Hörers 28 die durch den Pfeil 29 angedeutete Luftzirkulation.

[0033] Im Unterschied zu der Strukturierung der Belüftungskanäle gemäß Figur 2 erfordert die in Figur 4 gezeigte Klappenanordnung einen höheren Herstellungsaufwand. Allerdings gewährleistet diese dafür eine Luftströmung durch die Belüftungskanäle 23 und 24 in nahezu jeweils nur einer Richtung. Dies verbessert die Luftzirkulation.

[0034] Mechanisch noch aufwändiger, dafür jedoch mit einer nahezu perfekten Öffnungs- und Schließwirkung ist die in Figur 5 gezeigt Ventilanordnung. Dargestellt ist ein in einem Belüftungskanal 30 eingesetzter, mit Durchlässen 31 versehener Träger 32, wobei eine Vielzahl parallel angeordneter Ventile 33 das Öffnen bzw. Verschließen des Belüftungskanals 30 bewirken. Dabei dienen in den Träger 32 eingebrachte Schwenkelemente 34 dem vorzugsweise vollständigen Öffnen oder Verschließen jeweils eines einem Schwenkelement 34 zugeordneten Durchlasses 31. Der Träger 32 besteht vorzugsweise aus einem Halbleitermaterial, in das die Schwenkelemente 34 eingebracht sind. Die Betätigung der Schwenkelemente 34 erfolgt aufgrund elektromagnetischer Kräfte, wobei die Steuerung der Ventile direkt mit dem Ansteuersignal zur Steuerung der Hörermembrane gekoppelt werden kann.

[0035] Gemäß der Erfindung wird auch die in Figur 5 gezeigte Ventilanordnung bevorzugt paarweise in mehreren Belüftungskanälen eingesetzt, wobei die Ventile so gesteuert werden, dass die Ventile in einem Belüftungskanal schließen, während sie in dem anderen Belüftungskanal geöffnet sind. Die Wirkungsweise entspricht dann der in Figur 4 gezeigten, nur mit einer nochmals verbesserten Öffnungs- bzw. Schließwirkung gegenüber der dort gezeigten Klappenanordnung.


Ansprüche

1. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (11, 22) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik, umfassend wenigstens einen Eingangswandler (2') zur Aufnahme eines akustischen oder elektromagnetischen Eingangssignals und Wandlung in ein elektrisches Signal, eine Signalverarbeitungseinheit (3') zur Verarbeitung und Verstärkung des elektrischen Signals und einen Hörer (18, 28) zur Wandlung des elektrischen Signals in ein akustisches Signal, gekennzeichnet durch wenigstens einen ersten Belüftungskanal (15, 23) und wenigstens einen zweiten Belüftungskanal (16, 24) zur Belüftung des von dem Hörhilfegerät (11, 22) bzw. der Otoplastik eingeschlossenen Gehörgangvolumens (14), wobei den Belüftungskanälen (15, 16, 23, 24) jeweils Mittel zum Begünstigen einer Strömungsrichtung durch den Belüftungskanal (15, 16, 23, 24) zugeordnet sind, zum Begünstigen des Ausströmens von Luft aus dem eingeschlossenen Gehörgangsvolumen (14) bei dem ersten Belüftungskanal (15, 23) und zum Begünstigen des Einströmens von Luft in das eingeschlossene Gehörgangsvolumen bei dem zweiten Belüftungskanal (16, 24).
 
2. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (11, 22) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch Mittel zum Erzeugen eines Ansteuersignals mit einer in einem nicht hörbaren Frequenzbereich liegenden Signalfrequenz, wobei das Ansteuersignal dem elektrischen Signal überlagert und über den Hörer (18, 28) ausgegeben wird zur aktiven Belüftung des von dem Hörer (18, 28) bzw. der Otoplastik eingeschlossenen Gehörgangvolumens (14).
 
3. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (11, 22) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach Anspruch 1 oder 2, gekennzeichnet durch eine Strukturierung der Belüftungskanäle (15, 16) zum Begünstigen der Strömung in jeweils einer Richtung durch den Belüftungskanal (15, 16).
 
4. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (11, 22) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass den Belüftungskanälen (23, 24) Klappen (25, 26) oder Ventile zugeordnet sind, die selbsttätig bei einem Druckgefälle in einer Richtung öffnen und bei einem Druckgefälle in der Gegenrichtung schließen.
 
5. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (11, 22) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach Anspruch 1 oder 2, gekennzeichnet durch Mittel zum automatischen, aktiven Öffnen und Schließen der Belüftungskanäle (23, 24, 30).
 
6. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (11, 22) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach Anspruch 5, gekennzeichnet durch Ventile (33) oder Klappen, denen elektrische und/oder magnetische Miniaturantriebe zugeordnet sind, zum aktiven Öffnen und Schließen der Belüftungskanäle (30).
 
7. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (11, 22) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Mittel zum automatischen, aktiven Öffnen und Schließen der Belüftungskanäle (30) zumindest teilweise in Mikrostrukturtechnik hergestellt sind.
 
8. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (11, 22) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach einem der Ansprüche 2 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass Amplitude und/oder Frequenz des Ansteuersignals einstellbar sind.
 
9. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (11, 22) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach Anspruch 8, gekennzeichnet durch Mittel zum Erfassen von Kennwerten des Eingangssignals und Mittel zur Einstellung des Ansteuersignals in Abhängigkeit der Kennwerte.
 
10. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (11, 22) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach einem der Ansprüche 2 bis 9, gekennzeichnet durch einen Sensor zum Erfassen eines Kennwertes des von dem in dem Ohr tragbaren Hörhilfegerät (11, 22) oder der in dem Ohr tragbaren Otoplastik eingeschlossenen Gehörgangvolumens (14) und Mittel zur Einstellung des Ansteuersignals in Abhängigkeit des Kennwertes.
 
11. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (11, 22) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach Anspruch 10, gekennzeichnet durch einen Sensor zum Erfassen der Größe des eingeschlossenen Gehörgangvolumens (14) und/oder einen Sensor (10) zum Erfassen der Luftfeuchtigkeit in dem eingeschlossenen Gehörgangvolumen (14).
 
12. Verfahren zum Betrieb eines im Ohr tragbaren Hörhilfegerätes (11, 22) oder eines Hörhilfegerätes mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass ein Ansteuersignal mit einer in einem nicht hörbaren Frequenzbereich liegenden Signalfrequenz erzeugt und dem elektrischen Signal überlagert und über den Hörer (18, 28) in den Gehörgang (12) abgegeben wird zur aktiven Belüftung des Gehörgangs (12).
 
13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass Kennwerte des elektrischen Signals und Frequenz und/oder Amplitude des Ansteuersignals in Abhängigkeit der Kennwerte eingestellt werden.
 
14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die Einstellung des Ansteuersignals in Abhängigkeit der Amplitude des elektrischen Signals erfolgt.
 
15. Verfahren nach Anspruch 13 oder 14, dadurch gekennzeichnet, dass ein Schwellenwert vorhanden ist und das Ansteuersignal so eingestellt wird, dass die Amplitude des aus der Summe des elektrischen Signals und des Ansteuersignals hervorgehenden Signals den Schwellenwert nicht übersteigt.
 
16. Verfahren nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, dass der Schwellenwert durch Programmierung des Hörgerätes (11, 22) eingestellt wird.
 




Zeichnung