[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Steuern von Lichtsignalgebern an
einem Knotenpunkt nach dem Oberbegriff des Patentanspruches 1 sowie ein Steuergerät
zur Durchführung des Verfahrens nach dem Oberbegriff des Verfahrens.
[0002] Der Verkehr auf Kreuzungen von Straßen, sogenannten Knotenpunkten, wird heute hauptsächlich
durch Lichtsignalanlagen geregelt. Eine Lichtsignalanlage besteht aus einer Kombination
von Lichtsignalgebern für die verschiedenen Zufahrten zum Knotenpunkt und den erforderlichen
Betriebseinrichtungen zur Steuerung des Verkehrsablaufs. Ein Lichtsignalgeber in diesem
Sinne ist ein Fernmeldegerät, das den Verkehrsteilnehmern sichtbare Signale übermittelt.
In einem lokalen Steuergerät der Kreuzung läuft ein Signalprogramm ab, in dem die
Signalzeiten der Lichtsignalanlage bezüglich Dauer und Zuordnung festgelegt sind.
Hier unterscheidet man im wesentlichen festzeitgesteuerte und verkehrsabhängige Verfahren
zum Steuern der Signalgeber an einem Knotenpunkt.
[0003] Bei der Festzeit-Signalsteuerung handelt es sich um eine Lichtsignalsteuerung mit
festgelegten Signalzeiten ohne Einwirkungsmöglichkeit für den Verkehrsteilnehmer.
Diese makroskopische Signalsteuerung basiert auf einer langfristigen Berücksichtigung
des Verkehrszustandes am Knotenpunkt. Das Verfahren verwendet auf fixen Zeittabellen
arbeitende Signalprogramme mit einer starren Tages- oder Wochenautomatik. Beim festzeitgesteuerten
Einzelknoten sind die Schaltzeitpunkte zum Wechseln von Signalprogrammen also beispielsweise
für den jeweiligen Wochentag eingestellt. Das Verfahren ist an sich einfach, es sind
keine Detektoren zur laufenden Erfassung des Verkehrszustandes am Knoten notwendig.
Festzeitgesteuerte Verfahren sind aufgrund ihres mittleren Planungsaufwands zwar relativ
kostengünstig, sind aber weder kurz- noch langfristig flexibel bezüglich einer Veränderung
der Verkehrsverhältnisse am Knotenpunkt, so dass immer wieder Nachplanungen erforderlich
sind.
[0004] Demgegenüber stehen die verkehrsabhängigen Verfahren, bei welchen die Signalsteuerung
mikroskopisch, also unter kurzfristiger Berücksichtigung des Verkehrszustandes am
Knotenpunkt erfolgt. Während beim teilverkehrsabhängigen Verfahren die Lichtsignalanlage
nach in einem Signalplan festgelegten Zeiten mit Umschaltung der Grün- bzw. Freigabezeiten
einzelner weniger Signalgruppen abhängig von einzelnen eintreffenden Verkehrsteilnehmern
gesteuert wird, erfolgt beim vollverkehrsabhängigen Verfahren die Einstellung aller
Freigabezeiten an einer Lichtsignalanlage eines Knotenpunkts aufgrund von Messungen
einzelner eintreffender Verkehrsteilnehmer. Diese komplexen Verfahren, wie z.B. die
Phasensteuerung mit dezentraler Modifikation, Rahmenphasenpläne oder Flussdiagramme,
erfordern eine aufwendige automatische Erfassung von Verkehrszuständen oder Zustandsänderungen
mit oft mehreren Detektoren, wie z.B. Induktionsschleifen, Infrarotsensoren oder Radardetektoren,
pro Kreuzungszufahrt. Dadurch sind diese Steuerverfahren kurzfristig sehr flexibel,
weisen langfristig allerdings nur eine mittlere Flexibilität auf, so dass Nachplanungen
erforderlich werden. Insgesamt sind verkehrsabhängige Verfahren kostenintensiv und
bringen einen großen Planungsaufwand mit sich.
[0005] Aus der DE 44 36 339 A1 ist ein Verfahren zur verkehrsadaptiven Steuerung einer Verkehrsampelanlage
bekannt, die von Sensoren zur Verkehrserfassung im Kreuzungsbereich gelieferte Daten
verarbeitet. Das Verfahren verwendet außer zur Verkehrssicherheit nötige Prinzipien
keine vorgefertigten Modelle oder Algorithmen, sondern es erlernt die günstigsten
Methoden zur Verkehrsstromregelung aller für die Kreuzung typischen Verkehrssituationen,
speichert diese und wendet sie an, um somit in Abhängigkeit von zeitlichen Schwankungen
des Verkehrsaufkommens die Grünphasen dem Verkehrsstrom anzupassen.
[0006] Zum Steuern wird ein sogenanntes Feed-Forward-Netz gewählt, das mittels Reinforcement-Learning
trainiert wird. Die aus den Sensor-Messdaten gewonnenen Signale werden dabei an die
Netzeingänge gelegt, so dass sie während eines Entscheidungszyklus, in dem jedes Neuron
des Netzes seinen Ausgangswert aus seinem mit Synapsen versehenen Eingängen ermittelt,
an den Netzausgängen in verarbeiteter Form zur Ansteuerung der Signalgruppen zur Verfügung
stehen. Der sich aus den auf diese Weise geschalteten Signalgruppen ergebende Verkehrsstrom
wird bewertet, in dem eine reelle Zahl berechnet wird, die umso größer ist, je mehr
Fahrzeuge die Kreuzung passieren und je weniger Fahrzeuge an der Haltelinie warten.
Während eines Lernzyklus wird dann diese reelle Zahl in geeignete Änderungen der Gewichte
in den Synapsen umgesetzt, so dass sich nach vielen Abfolgen von Entscheidungs- und
Lernzyklen die reelle Zahl auf einen größtmöglichen Wert einstellt, der der günstigsten
Verkehrsstromregelung entspricht. Mit der Verkomplizierung des Verkehrsknotens steigt
der Zeitaufwand zum Vorabtraining des neuronalen Netzes an. Zur Erhöhung der Lerngeschwindigkeit
sind außer je einem Sensor an der Haltelinie für jede Fahrbahn zusätzliche Sensoren
in gewissen Abständen vor den Haltelinien erforderlich.
[0007] Die US 3,818,429 offenbart ein Verkehrsleitsystem, bestehend aus Steuerungsverfahren
und -gerät, zum Auswählen eines bestimmten Programms für die Steuerung von Lichtsignalgebern
an einer oder mehrerer aufeinander folgender Kreuzungen aus einer Vielzahl von vorab
auf Lochstreifen gespeicherten Programmen. Das Steuerungsgerät des Verkehrsleitsystems
ist mit Kreuzungsgeräten zur Steuerung der Lichtsignalgeber sowie mit Fahrzeugdetektoren
zur Erfassung der Verkehrsbedingungen an den jeweiligen Kreuzungen verbunden. In Zyklen
wird durch eine elektronische Berechnung und Analyse der aktuellen Verkehrsbedingungen
das optimale Programm ausgewählt. Aus den Signalen der Fahrzeugdetektoren werden dazu
gemittelte Werte verschiedener dynamischer Verkehrsparameter, wie Dichte, Geschwindigkeit
und Volumen des Verkehrs, berechnet. Unterschiedliche Verkehrsaufkommen werden bestimmten
vorausgewählten Bereichen der Verkehrsparameter zugeordnet und es wird bestimmt, in
welchem Parameterbereich das aktuelle Verkehrsaufkommen liegt. Die Auswahl eines Programms
kann durch gezielte Programmierung des Steuergeräts auch nach Tageszeit und Wochentag
erfolgen. Unter einem Programm wird dabei ein Datenblock von Zeitdauern verstanden,
die während eines Zyklus die Schaltzeitpunkte für die Lichtsignalgeber festlegen.
Wird in einem laufenden Zyklus der aktuelle Parameterbereich verlassen, so wird im
folgenden Zyklus ein neues, auf die aktuellen Verkehrsbedingungen abgestimmtes Programm
aktiviert.
[0008] Neben den genannten Nachteilen leiden die bekannten Steuerungen unter einem erheblichen
Versorgungs- und Testaufwand seitens des Verkehrsplaners bzw. Inbetriebsetzers und
erfordern Nachplanungen aufgrund von oft grundlegenden Änderungen der Verkehrsverhältnisse
im Laufe von Monaten oder Jahren. Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde,
ein System zur lokalen Knotenpunktsteuerung bereitzustellen, welches eine größere
Flexibilität bei Änderungen der Verkehrsverhältnisse als reine Festzeitsteuerungen
aufweist und gleichzeitig eine hohe Leistungsfähigkeit bei minimalem Planungs- und
Versorgungsaufwand sowie bei moderater Detektorausstattung zeigt.
[0009] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren der eingangs genannten
Art mit den im kennzeichnenden Teil des Patentanspruches 1 genannten Merkmalen und
durch ein Steuergerät gemäß Patentanspruch 7. Indem bei einem gattungsgemäßen Verfahren
aus den erfassten Verkehrszuständen für den Knotenpunkt charakteristische Verkehrszustände
abgeleitet werden, jedem charakteristischen Verkehrszustand ein auf dieses abgestimmtes
Signalprogramm zugeordnet wird, als Maß für die gegenseitige Lage zweier Verkehrszustände
eine Metrik definiert wird, der bezüglich der definierten Metrik dem aktuellen Verkehrszustand
nächstliegende charakteristische Verkehrszustand ermittelt wird, und das dem nächstliegenden
charakteristischen Verkehrszustand zugeordnete Signalprogramm zum Abgeben von Schaltbefehlen
für die Lichtsignalgeber ausgeführt wird, beschränkt sich der Planungs- und Versorgungsaufwand
auf die Angabe von Basisdaten, wie die Knotentopologie, Hauptrichtungen, Signalgruppendefinition,
Mindestgrünund Übergangszeiten, Zwischenzeiten und Aufstelllängen, und einiger Rahmenbedingungen,
wie Prioritäten und Optimierungskriterien. Mit Hilfe der automatischen Auswahl eines
auf die aktuelle Verkehrssituation abgestimmten Signalprogramms kann sich das Verfahren
auf einer kurzfristigen Zeitskala an wechselnde Verkehrsbedingungen anpassen. Dadurch
weist das erfindungsgemäße Verfahren eine deutlich größere Flexibilität als festzeitgesteuerte
Verfahren auf und zwar bei verhältnismäßig einfacher Detektion der Verkehrszustände
in Form einfacher Zählwerte. Darüber hinaus reduziert sich der verkehrstechnische
Wartungsaufwand, da das erfindungsgemäße Verfahren sich selbständig an wechselnde
Rahmenbedingungen anpasst.
[0010] Indem nach jeder Erfassung des aktuellen Verkehrszustandes eine statische Verteilung
aller erfassten Verkehrszustände gebildet wird, entsprechend der statistischen Verteilung
die Verkehrszustände zu Klassen zusammengefasst werden, und für jede Klasse von Verkehrszuständen
ein charakteristischer Verkehrszustand als ihr Repräsentant ermittelt wird, wird die
Vielfalt an einem Knotenpunkt auftretender Verkehrszustände entsprechend der Häufigkeit
ihres Auftretens und ihrer Verteilung im Raum aller Verkehrszustände klassifiziert.
Mit Hilfe der Metrik als Maß für die gegenseitige Lage zweier Verkehrszustände kann
innerhalb einer Klasse von Verkehrszuständen ein charakteristischer Verkehrszustand,
beispielsweise als Schwer- oder Häufungspunkt berechnet werden. Durch diese Clusterung
wird die Vielfalt der an einem Knotenpunkt auftretenden Verkehrszustände auf eine
sinnvoll begrenzte Anzahl von typischerweise auftretenden Verkehrszuständen, den charakteristischen
Verkehrszuständen, begrenzt. Diese schränkt wiederum die Anzahl an zu speichernden,
auf die charakteristischen Verkehrszustände abgestimmten Signalprogrammen ein.
[0011] In einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der Abstand
zwischen einem neu ermittelten charakteristischen Verkehrszustand einer Klasse von
Verkehrszuständen und dem aktuell gültigen charakteristischen Verkehrszustand dieser
Klasse bestimmt, bei Überschreiten eines vorgebbaren Schwellenwertes für den Abstand
der aktuell gültige charakteristische Verkehrszustand durch den neu ermittelten charakteristischen
Verkehrszustand für diese Klasse ersetzt, und ein dem neu ermittelten charakteristischen
Verkehrszustand zugeordnetes Signalprogramm berechnet. Hierdurch wird zeitlichen Schwankungen
der statischen Verteilung der Verkehrszustände Rechnung getragen, mit der eine Bewegung
bzw. ein Driften der charakteristischen Verkehrszustände einhergeht. Wenn der charakteristische
Verkehrszustand einer Klasse zu stark abdriftet, wird ein neuer charakteristischer
Verkehrszustand für diese Klasse ermittelt und ein auf diesen abgestimmtes Signalprogramm
berechnet. Dadurch steht ein Verfahren zur Verfügung, welches sich auf einer mittel-
bis langfristigen Zeitskala an wechselnde Verkehrsbedingungen anpasst. Durch die integrierte
Signalprogrammberechnung gewinnt man eine nicht alternde Steuerung hoher Flexibilität
und Leistungsfähigkeit, da stets ein optimal abgestimmter Satz an Signalprogrammen
zur Verfügung steht.
[0012] In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird bei einem
Wechsel des charakteristischen Verkehrszustandes ein Umschaltvorgang vom bislang ausgeführten
Signalprogramm zum aktuell auszuführenden Signalprogramm bestimmt. Solange sich der
aktuelle Verkehrszustand bei seiner zyklischen Erfassung nicht oder nur wenig ändert,
bleibt der charakteristische Verkehrszustand erhalten und damit das ihm zugeordnete
Signalprogramm aktiv. Ergibt sich jedoch aufgrund einer Verschiebung der statischen
Verteilung ein neuer charakteristischer Verkehrszustand oder ist aufgrund einer aktuellen
Veränderung des Verkehrszustandes der charakteristische Verkehrszustand einer anderen
Klasse naheliegender, so ist nach dem Zykluswechsel ein neues Signalprogramm auszuführen.
[0013] Damit bei diesem Umschaltvorgang keine verkehrsgefährdenden Signalzustände auftreten,
wird ein stetiger Phasenübergang zwischen den sich abwechselnden Signalprogrammen
bestimmt und ausgeführt.
[0014] In einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung werden fortlaufend Verkehrsdaten
des Knotenpunktes durch Detektoren in Form von Rohmesswerten erfasst, die erfassten
Rohmesswerte zyklisch abgefragt und durch Mittelung oder Glättung aufbereitet, im
Falle fehlender Messwerte Ersatzwerte verwendet, und aus den aufbereiteten und gegebenenfalls
ersetzten Messwerten der aktuelle Verkehrszustand abgeleitet. Hierdurch werden aus
den kontinuierlich erfassten Rohmesswerten der Detektoren sinnvoll verwertbare Messwerte
gewonnen, die dem Verfahren zyklisch einen aktuellen Verkehrszustand am zu regelnden
Knotenpunkt auch bei einem möglichen Ausfall von Detektoren zur Verfügung stellt.
[0015] Das erfindungsgemäße System zum Steuern von Lichtsignalgebern an einem Knotenpunkt
umfasst auch ein Steuergerät zur Durchführung des Verfahrens gemäß den im kennzeichnenden
Teil des Patentanspruches 6 genannten Merkmalen. Zu Vorteilen und weiteren Ausgestaltungen
des erfindungsgemäßen Steuergerätes wird auf die Unteransprüche 7 bis 9 sowie auf
die nachfolgende Beschreibung der Zeichnungen verwiesen, in deren
- FIG 1
- die Module und Mittel eines erfindungsgemäßen Steuergerätes und in
- FIG 2
- die Teilprozesse und einzelnen Schritte des erfindungsgemäßen Steuerverfahrens
schematisch anhand von Flussdiagrammen dargestellt sind.
[0016] An sich bekannte Verkehrssteuergeräte sind typischerweise in einem Geräteschrank
eingebaut, worin die einzelnen Komponenten, wie Stromversorgung, Steuerung, Signalsicherung,
I/O-Module und Lampenschalter, auf einem U-förmigen Rahmen montiert sind. Die Steuerungsbaugruppe
besteht im wesentlichen aus einem Hauptprozessor, der beispielsweise bis zu 48 Signalgruppen
steuert, aus Speichermodulen und diversen Schnittstellen.
[0017] Ein Steuergerät 10 umfasst gemäß FIG 1 ein Kernmodul 20 und ein Steuerungsmodul 30.
Im Kernmodul 20 findet das Schalten 21 von Lichtsignalgeber 40 aufweisenden Signalgruppen
sowie das fortwährende Erfassen 22 von Verkehrsdaten durch Detektoren 50 statt. Über
die Basisversorgung 24 des Kernmoduls 20 sind Zwischenzeiten, Mindestfreigabezeiten,
Versatzzeiten und Übergangszeiten vorgebbar. Das Steuerungsmodul 30 ist gekapselt,
die einzigen Schnittstellen gehen zum verkehrsabhängigen Kernmodul 20 des Steuergerätes
10. Die Steuerungskomponente 30 nutzt dabei nicht die Signalprogrammspeicher des Kernmoduls
20, sondern verwaltet seine eigenen Signalprogramme und setzt lediglich die entsprechenden
Schaltbefehle ab.
[0018] Das Steuerungsmodul 30 umfasst Mittel 31 zum Aufbereiten der aktuell erfassten Rohmesswerte
der Detektoren 50 auf. In dieser Datenvorverarbeitung werden zyklisch die in FIG 2
dargestellten Mittel 23 zum Speichern der Rohmesswerte im Kernmodul 20 abgefragt.
Die Rohrmesswerte werden unter Umständen anschließend durch besondere Glättungen oder
Mittelwertbildungen verdichtet. Falls verschiedenartige Messwerttypen verfügbar sind,
etwa Zählung und Zeitlücke, werden abgeleitete Größen wie z.B. LOS-Werte durch Verknüpfung
der ursprünglichen Werte berechnet. Im Falle fehlender oder ausgefallener Detektoren
50 werden anstelle der originalen Messwerte Ersatzwerte verwendet. Die Ersatzmesswerte
können optional bei der Versorgung 60 des Steuerungsmoduls 30 definiert werden. Es
ist auch möglich, Ersatzwerte spezifisch für verschiedene Tagestypen und Stundenbereiche
anzugeben. Die derart aufbereiteten Messwerte stellen den am Knotenpunkt erfassten
Verkehrszustand dar, der in den in FIG 2 dargestellten Mitteln 32 zum Speichern aufbereiteter
Messwerte abgelegt wird.
[0019] Das Steuerungsmodul 30 umfasst ferner Mittel 33 zum Ableiten von für den Knotenpunkt
charakteristischen Verkehrszuständen. Hier werden fortlaufend Statistiken über die
aktuellen Verkehrsdaten erstellt, wobei spezielle Kalendertage, wie Werktage, Wochenenden
und Feiertage, berücksichtigt werden. Durch die Verwendung entsprechend geglättet
bzw. gemittelter Werte werden über die Statistiken nur mittel- bis langfristige Trends
erfasst. Die Einbeziehung von Kalenderdaten ist wichtig, um auf selten vorkommende,
aber wichtige Verkehrszustände adäquat reagieren zu können. Mit Hilfe eines Cluster-Verfahrens
wird auf Basis der Statistiken der gesamte Raum der möglichen Verkehrszustände in
disjunkte Klassen eingeteilt. Die maximale Anzahl der Klassen kann über die Versorgung
60 des Steuerungsmoduls 30 vorgegeben werden. Für jede Klasse wird ein repräsentativer
Vertreter berechnet, der sogenannte charakteristische Verkehrszustand. Die Bestimmung
der Klassen und ihrer Repräsentanten basiert auf Metriken, also bestimmten Abstandsfunktionen,
die Ausdruck für spezielle Leistungsfähigkeitskriterien wie Wartezeiten oder Aufstelllängen
sind. Die Art der Kriterien kann in der Versorgung 60 des Steuerungsmoduls 30 angewählt
werden. Die charakteristischen Verkehrszustände werden in Mitteln 34 abgespeichert.
[0020] Weiterhin umfasst das Steuerungsmodul 30 Mittel 35 zum Überwachen von Änderungen
der charakteristischen Verkehrszustände. Es werden jeweils die aktuell gültigen charakteristischen
Verkehrszustände mit den neu berechneten charakteristischen Verkehrszuständen verglichen
und bestimmt, ob sich die neuen, ggf. gedrifteten, von den aktuell gültigen charakteristischen
Verkehrszuständen über ein bestimmtes, vorgebbares Maß hinaus entfernt haben. Bei
Überschreitung einer Schwelle ersetzt ein neuer, gedrifteter charakteristischer Verkehrszustand
den aktuell gültigen Vertreter für diese Klasse. Zur Bestimmung der Entfernung zweier
charakteristischer Verkehrszustände werden die gleichen Metriken wie beim Clustern
der Verkehrszustände verwendet.
[0021] Das Steuerungsmodul 30 umfasst außerdem Mittel 36 zum Berechnen von Signalprogrammen,
welche je auf einen gespeicherten charakteristischen Verkehrszustand abgestimmt und
diesem zugeordnet sind. Für jeden neuen, gedrifteten charakteristischen Verkehrszustand
wird ein optimales Signalprogramm mit Hilfe eines "genetischen Algorithmus" auf der
Basis von Attributen eines charakteristischen Verkehrszustandes, beispielsweise Zählwerte
oder Verkehrsdichten, von der Knotentopologie und von weiteren Zusatzinformationen,
wie Richtungsprioritäten, Aufstelllängen und Versatzzeiten, berechnet. Dabei ist das
Optimierungskriterium, also die Zielfunktion, frei vorgebbar. Die maximale Anzahl
an Signalgruppen ist in diesem Ausführungsbeispiel auf sechzehn begrenzt. Das neu
berechnete Signalprogramm wird in Mitteln 37 zum Speichern von Signalprogrammen abgelegt,
wobei es dem charakteristischen Verkehrszustand, auf den es zugeschnitten ist, zugeordnet
wird.
[0022] Das Steuerungsmodul 30 umfasst Mittel 38 zum Bestimmen des dem aktuellen Verkehrszustandes
nächstliegenden charakteristischen Verkehrszustandes mit zugeordnetem Signalprogramm.
In Abhängigkeit der online erfassten Verkehrszustände geschieht die Auswahl des jeweils
passenden Signalprogramms über die Bestimmung des nächstliegenden charakteristischen
Verkehrszustandes. Zur Entfernungsbestimmung werden die gleichen Metriken wie beim
Analysieren und Clustern der Verkehrszustände verwendet. Um kurzfristig auf besonders
extreme, ausgefallene Situationen reagieren zu können, steht ein freies Notfall-Signalprogramm
zur Verfügung, welches je nach Situation kurzfristig überschrieben und geschaltet
werden kann und insbesondere nicht dem Drift der charakteristischen Verkehrszustände
unterliegt. Im Falle eines Signalprogrammwechsels werden entsprechende Phasenübergänge
bestimmt, die die üblichen Rahmenbedingungen, wie Zwischen- und Versatzzeiten, berücksichtigen.
Für die Berechnung der Phasenübergänge werden vorhandene Routinen des Kernmoduls 20
genutzt.
[0023] Schließlich umfasst das Steuerungsmodul 30 Mittel 39 zum Ausführen eines Signalprogramms.
Entsprechend dem gerade aktiven Signalprogramm werden sekündlich Schaltbefehle für
die Lichtsignalgeber 40 an das Kernmodul 20 des Steuerungsgeräts 10 weitergegeben.
Damit besitzt das Steuerungsmodul 30 seine eigene Festzeitsteuerung mit eigenverwalteten
Signalprogrammen.
[0024] Das Verfahren zum Steuern von Lichtsignalgebern 40 an einem Knotenpunkt besteht gemäß
FIG 2 aus den drei zyklischen Teilprozessen "Datenaufbereitung und Clustern der Verkehrszustände"
70, "Überwachung der charakteristischen Verkehrszustände und Signalprogrammberechnung"
80 und "Signalprogrammauswahl und Signalgruppenschaltung" 90, die die teilweise gemeinsamen
lokalen Mittel 23 zum Speichern von Rohmesswerten der Detektoren 50, Mittel 32 zum
Speichern aufbereiteter Messwerte bzw. Verkehrszustände, Mittel 34 zum Speichern charakteristischer
Verkehrszustände sowie Mittel 37 zum Speichern von den charakteristischen Verkehrszuständen
zugeordneten Signalprogrammen nutzen. Ansonsten arbeiten die Teilprozesse aber weitgehend
unabhängig voneinander.
[0025] Der Teilprozess 70 beginnt im Schritt 71 mit dem zyklischen Auslesen der Rohmesswerte
aus dem Speicher 23. Im Schritt 72 werden diese Rohmesswerte aggregiert, d.h. geglättet
und gegebenenfalls zeitlich gemittelt, und verknüpft. Bei ausgefallenen oder fehlenden
Detektoren 50 können Ersatzwerte verwendet werden. Die derart aufbereiteten Messwerte
bilden die Verkehrszustände, mit denen das Verfahren arbeitet; sie werden in den Speicher
32 abgelegt. In Schritt 73 wird der Raum der Verkehrszustände entsprechend einer statistischen
Verteilung der Verkehrszustände in eine festgelegte Anzahl von Klassen eingeteilt.
Für jede Klasse wird ein Repräsentant, ein sogenannter charakteristischer Verkehrszustand,
berechnet. In Schritt 74 werden die jeweils neuesten charakteristischen Verkehrszustände
im Speicher 34 abgelegt und dort gegebenenfalls zyklisch überschrieben. Der Speicher
34 enthält außerdem die gerade gültigen charakteristischen Verkehrszustände, auf denen
die automatische Signalprogrammauswahl aktuell operiert.
[0026] Der Teilprozess 80 beginnt im Schritt 81 mit dem Abrufen der aktuell gültigen und
der neu berechneten charakteristischen Verkehrszustände aus dem Speicher 34. Zyklisch
wird in Schritt 82 überprüft, ob sich ein neu berechneter charakteristischer Verkehrszustand
über einen Schwellenwert hinaus von dem aktuell gültigen charakteristischen Verkehrszustand
entfernt. Bei der Bestimmung der gegenseitigen Lage von charakteristischen Verkehrszuständen
wird eine vorgegebene Metrik als Maß für den Abstand angewendet. Bei Überschreiten
des Schwellenwertes wird in Schritt 83 der bisher gültige charakteristische Verkehrszustand
durch den neu berechneten, gedrifteten charakteristischen Verkehrszustand ersetzt
und im Speicher 34 abgelegt. Ferner wird in Schritt 84 ein auf den neuen charakteristischen
Verkehrszustand zugeschnittenes Signalprogramm berechnet und unter Zuordnung zu diesem
im Speicher 37 abgelegt.
[0027] Teilprozess 90 startet in Schritt 91 zyklisch mit dem Abrufen des aktuellen Verkehrszustandes
aus dem Speicher 32. Weiter in Schritt 92 wird der aktuell gültige charakteristische
Verkehrszustand aus dem Speicher 34 abgerufen, um in Schritt 93 festzustellen, welcher
der gültigen charakteristischen Verkehrszustände dem aktuellen Verkehrszustand bezüglich
einer vorgegebenen Metrik am nächsten liegt. In Schritt 94 wird entschieden, ob ein
Wechsel des charakteristischen Verkehrszustandes - bedingt entweder durch Drift innerhalb
derselben Klasse oder durch Klassenwechsel - aufgrund des aktuellen Verkehrszustands
vorliegt. Wenn ja, wird in Schritt 95 das zugehörige Signalprogramm aus dem Speicher
37 geladen und in Schritt 96 ein passender Phasenübergang zum Umschalten vom bisher
aktiven auf das neu geladene Signalprogramm bestimmt. Schließlich werden in Schritt
97 Schaltbefehle für die Lichtsignalgeber 40 aufweisenden Signalgruppen entsprechend
dem aktuellen Signalplan oder nach dem bestimmten Phasenübergang abgegeben. Die Kollektion
der gespeicherten Signalprogramme passt sich ständig an die aktuelle statistische
Verteilung der Verkehrswerte an, wodurch sich das erfindungsgemäße Steuergerät 10
selbst organisiert.
1. Verfahren zum Steuern von Lichtsignalgebern (40) an einem Knotenpunkt, wobei
- ein Verkehrszustand am Knotenpunkt zyklisch erfasst wird,
- ein auf den erfassten Verkehrszustand abgestimmtes Signalprogramm ausgewählt wird,
- und die Lichtsignalgeber (40) von dem ausgewählten Signalprogramm Schaltbefehle
erhalten,
dadurch gekennzeichnet, dass
- aus den erfassten Verkehrszuständen für den Knotenpunkt charakteristische Verkehrszustände
abgeleitet werden,
- jedem charakteristischer Verkehrszustände ein auf diesen abgestimmtes Signalprogramm
zugeordnet wird,
- als Maß für die gegenseitige Lage zweier Verkehrszustände eine Metrik definiert
wird,
- der bezüglich der definierten Metrik dem aktuellen Verkehrszustand nächstliegende
charakteristische Verkehrszustand ermittelt wird,
- und das dem nächstliegenden charakteristischen Verkehrszustand zugeordnete Signalprogramm
zum Abgeben von Schaltbefehlen für die Lichtsignalgeber (40) ausgeführt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
- nach jeder Erfassung des aktuellen Verkehrszustandes eine statistische Verteilung
aller erfassten Verkehrszustände gebildet wird,
- entsprechend der statistischen Verteilung die Verkehrszustände zu Klassen zusammengefasst
werden,
- und für jede Klasse von Verkehrszuständen ein charakteristischer Verkehrszustand
als ihr Repräsentant ermittelt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
- der Abstand zwischen einem neu ermittelten charakteristischer Verkehrszustand einer
Klasse von Verkehrszuständen und dem aktuell gültigen charakteristischen Verkehrszustand
dieser Klasse bestimmt wird,
- bei Überschreiten eines vorgebbaren Schwellenwertes für den Abstand der aktuell
gültige charakteristischer Verkehrszustand durch den neu ermittelten charakteristischen
Verkehrszustand für diese Klasse ersetzt wird,
- und ein dem neu ermittelten charakteristischen Verkehrszustand zugeordnetes Signalprogramm
berechnet wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, dass bei einem Wechsel des charakteristischen Verkehrszustandes ein Umschaltvorgang vom
bislang ausgeführten Signalprogramm zum aktuell auszuführenden Signalprogramm bestimmt
wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, dass
- fortlaufend Verkehrsdaten des Knotenpunktes durch Detektoren (50) in Form von Rohmesswerten
erfasst werden,
- die erfassten Rohmesswerte zyklisch abgefragt und durch Mittelung oder Glättung
aufbereitet werden,
- im Falle fehlender Messwerte Ersatzwerte verwendet werden,
- und aus den aufbereiteten und gegebenenfalls ersetzten Messwerten der aktuelle Verkehrszustand
abgeleitet wird.
6. Steuergerät (10) zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis
5, mit
- Mitteln (32) zum Speichern von an einem Knotenpunkt erfassten Verkehrszuständen
- und Mitteln (39) zum Ausführen eines Signalprogramm, welches zur Abgabe von Schaltbefehlen
an die Lichtsignalgeber (40) ausgebildet ist,
gekennzeichnet durch
- Mittel (33) zum Ableiten von für den Knotenpunkt charakteristischern Verkehrszuständen
aus den gespeicherten Verkehrszuständen,
- Mittel (34) zum Speichern der abgeleiteten charakteristischen Verkehrszustände,
- Mittel (36) zum Berechnen von Signalprogrammen, welche je auf einen gespeicherten
charakteristischen Verkehrszustand abgestimmt und diesem zugeordnet sind,
- Mittel (37) zum Speichern von den charakteristischen Verkehrszuständen zugeordneten
Signalprogrammen,
- und Mittel (38) zum Bestimmen des dem aktuellen Verkehrszustand nächstliegenden
charakteristischen Verkehrszustandes mit zugeordnetem Signalprogramm,
7. Steuergerät nach Anspruch 6,
dadurch gekennzeichnet, dass die Mittel (33) zum Ableiten von für den Knotenpunkt charakteristischen Verkehrszuständen
- Mittel zum Bilden einer statistischen Verteilung der erfassten Verkehrszustände,
- Mittel zum Zusammenfassen der Verkehrszustände zu Klassen entsprechend der statistischen
Verteilung,
- und Mittel zum Ermitteln eines charakteristischen Verkehrszustandes als Repräsentant
für eine Klasse von Verkehrszuständen
aufweisen.
8. Steuergerät nach Anspruch 6,
dadurch gekennzeichnet, dass es ferner Mittel (35) zum Überwachen der gegenseitigen Lage je zweier charakteristischer
Verkehrszustände aufweist, wobei der Abstand der beiden charakteristischen Verkehrszustände
mit einem vorgegebenen Schwellenwert verglichen wird.
9. Steuergerät nach Anspruch 6,
dadurch gekennzeichnet, dass es ferner Mittel (31) zum Aufbereiten der aktuell erfassten Detektor-Rohmesswerte
aufweist, wobei die aufbereiteten Messwerte den am Knotenpunkt erfassten Verkehrszustand
darstellen.