[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Behandlung von hoch-kohlenstoffhaltigen
Eisen-Schmelzen mit einem Kohlenstoff-Gehalt größer 2% zur Verringerung oder Entfernung
von unerwünschten Begleitelementen, insbesondere von Schwefel.
[0002] Es sind u.a. zwei Verfahrenswege zur Herstellung von Stahl bekannt, zum einen die
Verfahrensroute Hochofen-Konverter, zum anderen die Verfahrensroute über die Erschmelzung
von hauptsächlich Stahlschrott im Elektroschmelzofen. Die erste Verfahrensroute erzeugt
aus Erzen über den Hochofen zunächst flüssiges Roheisen. Roheisen zeichnet sich durch
einen Kohlenstoffgehalt von etwa 4 bis 4,7% aus. Das Roheisen wird im Konverter üblicherweise
unter geringen Schrottzusätzen zu flüssigem Rohstahl gefrischt. Die zweite Verfahrensroute
erzeugt aus festen metallischen Einsatzstoffen (Schrott und/oder Eisenschwamm) direkt
flüssigen Rohstahl. Darüber hinaus sind weitere Verfahren zur Erzeugung von hoch-kohlenstoffhaltigen
Eisenschmelzen mit einem Kohlenstoff-Gehalt größer 2%, insbesondere Gusseisen, bekannt.
[0003] Die hoch-kohlenstoffhaltigen Eisenschmelzen, wie das Roheisen, können zu hohe Anteile
unerwünschter Begleitelemente, wie zum Beispiel Schwefel, Silizium und Phosphor, enthalten.
Vor der Umwandlung zu Stahl wird das Roheisen daher meist einer Behandlung zur Verringerung
des Gehaltes an unerwünschten Elementen unterworfen.
[0004] Für die Roheisenentschwefelung sind das Einblasverfahren oder das mechanische Rührverfahren
bekannt, die unter atmosphärischen Bedingungen arbeiten.
[0005] Bei dem Einblasverfahren mittels Tauchlanze werden Entschwefelungsmittel in das Roheisen,
das sich in einer Roheisen- oder Torpedopfanne befindet, geblasen, und der Schwefel
des Roheisens in der Schlacke abgebunden. Es sind das Mono-Injektion-, das Co-Injektions-
oder das Dense-phase-Injection-Verfahren bekannt.
[0006] Bei dem mechanischen Rührverfahren wird das Entschwefelungsmittel auf die Badoberfläche
des flüssigen Roheisens, das sich in einer Pfanne befindet, aufgegeben und mit einem
Rührer, der feuerfest ummantelt ist, in den notwendigen Kontakt mit dem Roheisen gebracht.
Nach Abschluss der Behandlung wird die schwefelhaltige Schlacke in der Regel weitgehend
in einem Abschlackschritt entfernt.
[0007] Üblicherweise erfolgt die Entphosphorung mit Hilfe von kalkhaltigen Flussmitteln,
die Entsilizierung durch Zugabe von Eisenoxiden.
[0008] Weiterhin ist es bekannt, den im Konverter oder im Elektroschmelzofen erzeugten Rohstahl
einer Nachbehandlung (Sekundärmetallurgie) zu unterziehen, u.a. zur Legierungseinstellung
und Entfernung unerwünschter Bestandteile. Der Einsatz sekundärmetallurgischer Verfahren
verfolgt in erster Linie das Ziel, niedrigste Gehalte der Elemente Kohlenstoff, Schwefel,
Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff, Phosphor sowie einiger Spurenelemente im Stahl
einzustellen. Im allgemeinen bezeichnet man alle Eisenwerkstoffe mit weniger als 2%
Kohlenstoff als Stahl.
[0009] Bei der Stahlentschwefelung ist neben Einblasverfahren oder Schlackenverfahren auch
die Vakuumbehandlung bekannt, bei der die Nachbehandlung des Stahls unter stark vermindertem
Druck durchgeführt wird. Aufgrund der Druckminderung entweichen die gelösten Gase
aus dem Stahl. Bei den Verfahren mittels Aufgabe von Schlacke wird durch Spülen mit
Inertgas die Schlacke in den notwendigen Kontakt mit der Stahlschmelze gebracht.
[0010] Die für die Behandlung des Roheisens bekannten Verfahren zeigen die folgenden Nachteile:
[0011] Die Einblas- bzw. die Rührtechnik bedeutet einen hohen anlagentechnischen Aufwand.
Zudem sind die Tauchlanze beim Einblasverfahren sowie der Rührer im Rührverfahren
hohen Belastungen ausgesetzt, so dass sie häufig gewartet werden müssen und der Verbrauch
an teuren feuerfesten Bauteilen hoch ist. Darüber hinaus gibt es anlagentechnische
Nachteile, da für die Entstaubung der Anlagen umfangreiche Filteranlagen zur Erfüllung
der Umweltanforderungen notwendig sind. Metallurgisch gesehen nimmt die Schlacke auch
Eisen auf, was einen hohen Eisenverlust des Roheisens bedeutet.
[0012] Ausgehend hiervon liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren sowie eine
Vorrichtung zur Behandlung von hoch-kohlenstoffhaltigen Eisen-Schmelzen mit einem
Kohlenstoff-Gehalt größer 2% zur Verringerung oder Entfernung von unerwünschten Begleitelementen,
insbesondere von Schwefel, bereitzustellen, die einen hohen metallurgischen Wirkungsgrad
bei vertretbarem anlagentechnischem Aufwand bieten.
[0013] Diese Aufgabe wird durch das Verfahren mit den Merkmalen des Anspruch 1 sowie durch
die Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 5 gelöst. Vorteilhafte Weiterentwicklungen
sind in den Unteransprüchen beschrieben.
[0014] Verfahrensgemäß wird die hoch-kohlenstoffhaltige Eisen-Schmelze mit einem Kohlenstoff-Gehalt
größer 2% einer Vakuumbehandlung unterzogen, indem der auf die hoch-kohlenstoffhaltige
Eisen-Schmelze wirkende Außendruck abgesenkt wird, wobei nach der Zugabe von Schlackenbildnern
eine intensive Schmelze-Schlackenreaktion stattfinden kann. Auf diese Weise erfolgt
eine Entschwefelung, aber auch eine Entfernung von beispielsweise Silizium oder Phosphor,
mit hohem Wirkungsgrad. Im Gegensatz zu allen bisher bekannten Behandlungsverfahren
von hoch-kohlenstoffhaltigen Schmelzen, wie Roheisen, läuft die Entschwefelung nicht
mehr unter atmosphärischem Druck, sondern unter vermindertem Druck ab.
[0015] Es erfolgt eine Verringerung oder Entfernung von unerwünschten Begleitelementen,
insbesondere von Schwefel, aus der hoch-kohlenstoffhaltigen Eisen-Schmelze mit einem
Kohlenstoff-Gehalt größer 2%. Im Falle von Roheisen verbessert dies den nachfolgenden
Produktionsprozess zur Herstellung von Stahl; die Stahlqualität wird erhöht. Im Falle
von Gusseisen wird dessen Qualität verbessert. Eine Vakuumbehandlung zeigt zudem den
Vorteil eines geringeren Aufwandes zur Vermeidung von Umweltbelastungen.
[0016] Es wird vorgeschlagen, dass zeitlich vor der Vakuumbehandlung die sich auf der hoch-kohlenstoffhaltigen
Schmelze aufgrund von Oxidationsprodukten, d.h. ohne Zusätze, ggf. gebildete Schlacke
dekantiert wird, dass vor und/oder während der Vakuumbehandlung reaktive Schlackenbildner
zugegeben werden und dass während der Vakuumbehandlung die Schmelze und die Schlackenbildner
intensiv durchmischt werden. Nach der Vakuumbehandlung wird die Schlacke mit den unerwünschten
Begleitelementen abgezogen.
[0017] Die Durchmischung erfolgt nach einer bevorzugten Ausführungsform durch Einleiten
von inerten Gasen, vorzugsweise Argon, mittels Bodenspülsystemen, beispielsweise Bodenspülsteine,
und/oder Spüllanzen.
[0018] Die vorgeschlagene Vakuumbehandlung für die hoch-kohlenstoffhaltige Eisen-Schmelze
erfolgt günstigenfalls als Pfannenentgasung bzw. Pfannenstandentgasung. Hierbei erfolgt
die Vakuumbehandlung in einem metallurgischen Behälter, wie zum Beispiel in einer
Roheisenchargierpfanne.
[0019] Bei den vor oder während der Vakuumbehandlung aufgegebenen Schlackenbildnern können
grundsätzlich in Abhängigkeit der zu entfernenden Begleitelemente alle geeigneten
Stoffe oder synthetischen Schlacken zur Anwendung kommen, d.h. aus natürlichen Mineralien
hergestellten Schlacken und deren Mischungen.
[0020] Für die Entschwefelung kommen basische Schlackenbildner, wie Brandkalk, Dolomit-Kalk
und Flussspat, oder auch amphotere bzw. saure Schlackenbildner, wie Bauxit, Wollastonit
oder ein Gemisch aus diesen Schlackenbildnern zum Einsatz. Die Schlackenbildner können
in fester Form oder auch in einem vorgeschmolzenen Zustand auf die Schmelze aufgegeben
werden, in Sonderfällen auch eingeblasen werden. Die Schlackenbildner bilden einen
Teil der gesamten reaktiven Pfannenschlacke.
[0021] Eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens weist als wesentliche Elemente einen
mit der flüssigen Schmelze befüllbaren metallurgischen Behälter mit einem Verschlusselement
zum Abtrennen der Schmelze von der Außenatmosphäre sowie Mittel zum Absenken des auf
die Schmelze wirkenden Arbeitsdruckes auf. Zudem sind Mittel zum Aufgeben von Schlackebildnern
auf die Schmelze vorgesehen.
[0022] Zur Durchführung der Pfannenentgasung kann der metallurgische Behälter selbst unmittelbar
mit einem Verschlusselement verschlossen oder in einen Tank eingesetzt werden, der
anschließend mit einem Verschlusselement vakuumdicht verschlossen wird. Der die Schmelze
umgebende Arbeitsdruck wird anschließend mittels eines Vakuumpumpenaggregats abgesenkt.
[0023] Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen
und aus der nachfolgenden Beschreibung, in der die in der Figur dargestellte Ausführungsform
der Erfindung näher erläutert wird. Dabei sind neben den oben aufgeführten Kombinationen
von Merkmalen auch Merkmale alleine oder in anderen Kombinationen erfindungswesentlich.
Die einzige Fig. zeigt eine schematische Darstellung einer Vorrichtung 1 zur Vakuumbehandlung
einer hoch-kohlenstoffhaltigen Schmelze am Beispiel von Roheisen.
[0024] Nach dem Abstich im Hochofen wird das flüssige Roheisen 2 in einem metallurgischen
Behälter 3 in Form einer Roheisenchargierpfanne aufgefangen und schlakkenfrei in einen
Tank 4 eingesetzt, der anschließend vakuumdicht mit einem Verschlusselement 5 in Form
eines Deckels verschlossen wird. Der das Roheisen 2 umgebende Arbeitsdruck p
A wird durch ein Vakuumpumpenaggregat 6 abgesenkt, und die Vakuumbehandlung beginnt.
Das Vakuumpumpensystem 6 setzt sich aus Wasserringpumpen, Dampfstrahlern, mechanischen
Pumpen (nicht gezeigt) oder einer Kombination daraus zusammen. Durch künstliches Rühren
durch Einleiten eines inerten Gases (Pfeil 7) über eine Bodenspüleinrichtung 8 in
Form von Bodenspülsteinen wird erreicht, dass auch die inneren Bereiche der Roheisenschmelze
an die Oberfläche 9 gelangen, damit gelöste Gase entweichen können. Vor und/oder während
der Vakuumbehandlung werden Schlackenbildner 10, beispielsweise synthetische Schlacken,
über geeignete Eingabevorrichtungen 11 (beispielsweise Trichter, Vakuumschleuse oder
ein Zugaberohr) auf das Roheisen 2 gegeben. Hier ist eine Einblaslanze dargestellt.
Ebenfalls kann ein Entschwefelungsdraht 12 auf Basis von Magnesium mittels einer Drahteinspulmaschine
13 in die Schmelze 2 eingeführt werden.
[0025] Die Schlackenbildner 10 werden aufgrund der Spülwirkung mit der Roheisenschmelze
vermischt. Als Folge des abgesenkten Druckes bei der Vakuumbehandlung ist die Vermischung
bzw. Umwälzung besonders intensiv. Hierbei laufen metallurgische Reaktionen ab, die
in Abhängigkeit der Schlackenbildner beispielsweise eine starke Entschwefelung bewirken.
Um Temperaturverluste bei der Vakuumbehandlung auszugleichen, kann die Schmelze 2
während der Behandlung beheizt werden, beispielsweise chemisch mittels einer Sauerstofflanze
14.
[0026] Anstelle des Roheisens können alle anderen hochkohlenstoff-haltigen Eisen-Schmelzen
mit einem Kohlenstoff-Gehalt größer 2% für eine Entschwefelung der erfindungsgemäßen
Vakuumbehandlung mit Schlackenbehandlung unterzogen werden. Das Verfahren arbeitet
mit hohem Wirkungsgrad, so dass die werkstoffkundlichen Eigenschaften des Endproduktes
wesentlich verbessert werden.
1. Verfahren zur Behandlung von hoch-kohlenstoffhaltigen Eisen-Schmelzen mit einem Kohlenstoff-Gehalt
größer 2% (2) zur Verringerung oder Entfernung von unerwünschten Begleitelementen,
insbesondere von Schwefel,
dadurch gekennzeichnet,
dass die hoch-kohlenstoffhaltige Eisen-Schmelze mit einem Kohlenstoff-Gehalt größer 2%
einer Vakuumbehandlung unterzogen wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass vor der Vakuumbehandlung sich ggf. gebildete Schlacke von der hoch-kohlenstoffhaltigen
Eisen-Schmelze mit einem Kohlenstoff-Gehalt größer 2% (2) dekantiert wird,
dass vor und/oder während der Vakuumbehandlung Schlackenbildner (10) zugegeben werden
und
dass während der Vakuumbehandlung die hoch-kohlenstoffhaltige Eisen-Schmelze mit einem
Kohlenstoff-Gehalt größer 2% (2) und die Schlackenbildner (10) intensiv durchmischt
werden.
3. Verfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Durchmischung durch Einleiten eines Inertgases (7) oder Inertgasgemisches mittels
einer Bodenspüleinrichtung (8) und/oder einer Spüllanze erfolgt.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Vakuumbehandlung als Pfannenentgasung durchgeführt wird und
dass hierzu die hoch-kohlenstoffhaltige Eisen-Schmelze mit einem Kohlenstoff-Gehalt größer
2% (2) in einen metallurgischen Behälter (3) chargiert wird,
der metallurgische Behälter (3) von der Außenatmosphäre mittels eines Verschlusselementes
(5) abgetrennt wird,
der auf die Schmelze (2) im metallurgischen Behälter (3) wirkende Arbeitsdruck (PA) abgesenkt wird und
die Schmelze (2) unter Einleiten eines Inertgases (7) mit den vor oder während der
Vakuumbehandlung zugegebenen Schlackenbildnern (10) durchmischt wird.
5. Vorrichtung (1) zur Durchführung eines Verfahrens zur Behandlung einer hoch-kohlenstoffhaltigen
Eisen-Schmelze mit einem Kohlenstoff-Gehalt größer 2% zur Verringerung oder Entfernung
von unerwünschten Begleitelementen, insbesondere von Schwefel, nach einem der Ansprüche
1 bis 4, gekennzeichnet durch
einen mit der Schmelze (2) befüllbaren metallurgischen Behälter (3) mit einem Verschlusselement
(5) zum Trennen der Schmelze (2) von der Außenatmosphäre sowie Mittel (6) zum Absenken
des auf die Schmelze wirkenden Arbeitsdruckes (PA).
6. Vorrichtung nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass der metallurgische Behälter (3) zum Einleiten von inerten Gasen eine Bodenspüleinrichtung
(8) und/oder eine Spüllanze aufweist, die gasdicht in den metallurgischen Behälter
hineinragt, sowie
Mittel (11) zum Zugeben von Schlackenbildnern (10).
7. Vorrichtung nach Anspruch 5 oder 6,
gekennzeichnet durch
einen Tank (4) zur Aufnahme des mit der Schmelze (2) gefüllten metallurgischen Behälters
(3), der mittels eines Deckels als Verschlusselement (5) vakuumdicht verschließbar
ist.
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 5 bis 7,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Mittel zum Absenken des auf die Schmelze wirkenden Arbeitsdrucks (PA) ein Vakuumpumpenaggregat (6) mit Wasserringpumpen und/oder Dampfstrahlern und/oder
mechanischen Pumpen umfassen.
9. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 5 bis 8,
dadurch gekennzeichnet,
dass der metallurgische Behälter (3) eine Roheisenchargierpfanne ist.
10. Verwendung einer Vakuumbehandlungsvorrichtung nach einem der Ansprüche 5 bis 9 zur
Behandlung einer hoch-kohlenstoffhaltigen Eisen-Schmelze mit einem Kohlenstoffgehalt
größer 2% (2) zur Verringerung oder Entfernung von unerwünschten Begleitelementen,
insbesondere von Schwefel.