(19)
(11) EP 1 306 281 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.05.2003  Patentblatt  2003/18

(21) Anmeldenummer: 02023528.9

(22) Anmeldetag:  22.10.2002
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B61D 15/06, B61G 11/16
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 26.10.2001 DE 10152986

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Schmidt, Gerhard
    81476 München (DE)
  • Waldeck, Harald
    42551 Velbert (DE)

   


(54) Kletterschutzvorrichtung für Schienenfahrzeuge mit Seitenpuffern


(57) Bei einer Vorrichtung zum Verhindern des gegenseitigen vertikalen Abgleitens der Frontflächen (Aufklettem) von mit Puffern (1) ausgerüsteten Schienenfahrzeugen bei Frontalkollisionen werden horizontale Rippen (2) verwendet. Die Rippen (2) der Rippenplatte (3) umschließen die Puffer (1) von oben und unten, wobei die Puffer (1) bei definiert begrenztem Kraftniveau mindestens bis zur Ansatzfläche der Rippen (2) eindrückbar sind.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Verhindern des gegenseitigen vertikalen Abgleitens der Frontflächen (Aufklettern) von mit Puffern ausgerüsteten Schienenfahrzeugen bei Frontalkollisionen unter Verwendung von horizontalen Rippen.

[0002] Da Schienenfahrzeuge im allgemeinen für die Bildung längerer Zugverbände und damit zur Übertragung der daraus resultierenden hohen Längskräfte ausgelegt sind, besitzen sie im Höhenbereich von Zug- und Stoßeinrichtungen verstärkte Untergestelle. Je nach Bauweise des Fahrzeuges vereinigt ein solches Untergestell einen großen Teil der Festigkeit der Fahrzeugstruktur in sich. Wenn bei Frontalzusammenstößen ein solcher vertikaler Versatz der Untergestelle auftritt, daß sie sich übereinander schieben können (Aufklettern oder Überpufferung), stehen nur noch die oft wesentlich weniger tragfähigen Aufbauten der Fahrzeuge zum Abbau der Kollisionsenergie zur Verfügung, womit die Folgen des Unfalls drastisch verschlimmert werden.

[0003] Der Einsatz von Platten mit horizontalen Rippen an der Front von Schienenfahrzeugen ist grundsätzlich ein gängiger Ansatz zum Verhindern des Aufkletterns. Voraussetzung hierzu ist, daß diese Platten sich so weit gegenseitig annähern können, daß ihre Rippen in Eingriff kommen und so vertikale Kräfte übertragen können. Im normalen Betrieb von gekuppelten Fahrzeugen hingegen muß wegen der Gefahr von unzulässigen Radentlastungen ein Verhaken der Rippen ausgeschlossen werden. Bei Fahrzeugen mit Mittelpufferkupplung existieren hierzu Lösungen mit einer speziell abgestimmten Federcharakteristik, meist realisiert durch separate Federstufen. Die erste Stufe erlaubt nur die für den Betrieb erforderlichen Hübe ohne Gefahr des Verhakens der Rippen. Nachgeschaltete Elemente ermöglichen nach Überschreitung einer definierten Ansprechkraft, die höher ist als die maximale betriebliche Kraft, weiteren Hub bis zum Kontakt der Rippen.

[0004] Bei Fahrzeugen mit Mittelpufferkupplungen, die im Mischbetrieb mit Fahrzeugen mit Seitenpuffem verkehren, sind häufig in der nominellen Position für Seitenpuffer Prallplatten angeordnet, um bei gelegentlichen Berührungen mit Seitenpuffern Schäden zu vermeiden. Gängige Praxis ist deshalb, den Aufkletterschutz einfach in Verbindung mit der oben beschriebenen Kupplungscharakteristik durch Anordnen von Rippen auf den Prallplatten zu realisieren. Nachteil der meisten ausgeführten Vorrichtungen ist, daß sie nur beim Zusammenstoß mit gleichartig ausgestatteten Fahrzeugen Formschluß herstellen können, nicht jedoch mit normalen Seitenpuffern mit glatter Oberfläche, die zudem noch geschmiert ist. Eine Weiterentwicklung, die diesen Nachteil beseitigt, wurde im EU geförderten BRITE-EURAM Forschungsprojekt "Safetrain" erfolgreich getestet. Hier wurde die mit Rippen versehene Prallplatte in der Höhe so vergrößert, daß sie oben wie unten über den auftreffenden Pufferteller übersteht und durch diesen in der Mitte so eingedrückt wird, daß die Rippen den Rand des Puffertellers formschlüssig umfassen können.

[0005] Der Zeitschrift ZEV + DET Glas. Ann. 119 (1995) Seite 305 - siehe insbesondere die Bilder 5 und 6 - ist ein Schienenfahrzeug (TGV DUPLEX) zu entnehmen, bei dem ein angetriebener Kopfwagen und ein angrenzender Mittelwagen betrieblich nicht trennbar durch eine Schraubenkupplung und spezielle Seitenpuffer miteinander gekuppelt sind. Durch eine dieser Sonderkonstruktion von Puffern zugeordnete Fangeinrichtung wird eine Überpufferung und damit ein Aufklettern der verbundenen Wagenkästen verhindert. Die am Mittelwagen angebrachten Fangeinrichtungen umschließen dabei bereits im regulären Betrieb die Pufferteller des Kopfwagens, deren Höhe deshalb gegenüber der Regelausführung reduziert ist. Durch die asymmetrische Anordnung und die erforderlichen Sonderabmessungen ist dieses Prinzip nicht für frei einreihbare Fahrzeuge anwendbar.

[0006] Ausgehend von dem bei Mittelpufferkupplungen realisierten Funktionsprinzip liegt der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Aufklettern von Fahrzeugen mit üblichen Seitenpuffern, die für die betriebliche Druckkraftübertragung zwischen den Einzelfahrzeugen geeignet sind, sicher zu vermeiden.

[0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Rippen der Rippenplatte die Puffer von oben und unten umschließen, wobei die Puffer bei definiert begrenztem Kraftniveau mindestens bis zur Ansatzfläche der Rippen eindrückbar sind.

[0008] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.

[0009] Im weiteren wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels näher beschrieben, das in der Zeichnung prinzipartig dargestellt ist. Es zeigen
Fig. 1
den Frontbereich eines Schienenfahrzeuges im Schnitt nach der Linie A - A in Fig. 2, in unbelasteter Ausgangsstellung,
Fig. 2
die Draufsicht zu Fig. 1,
Fig. 3
die Vorderansicht zu Fig. 1 und 2,
Fig. 4
einen der Fig. 1 entsprechenden Schnitt, jedoch in einer Stellung am Ende eines betrieblichen Pufferhubes,
Fig. 5
einen der Fig. 1 entsprechenden Schnitt, bei dem der Puffer eine voll hinter die Rippenplatte zurückgeschobene Stellung einnimmt,
Fig. 6
eine der Fig. 3 entsprechende Vorderansicht mit einer zusätzlichen, seitlich angeordneten Rippenplatte.


[0010] Die Rippenplatte 3, auf der die Rippen 2 angeordnet sind, ist horizontal so geteilt, daß der Seitenpuffer 1 zwischen dem oberen Teil und dem unteren Teil der Rippenplatte 3 eintauchen kann. Durch Begrenzung der Eindrückkräfte des Puffers durch geeignete reversible und ggf. auch irreversible Energie absorbierende Elemente kann sichergestellt werden, daß sich zunächst der Teller des Puffers 1 so weit zurückschieben läßt, daß er in einer Ebene mit der Ansatzfläche der Rippen 2 liegt (Fig. 5). Bei gleichartig ausgerüsteten Fahrzeugen oder solchen mit einer durchgehenden Rippenplatte an der gleichen Position wird so die vertikale Kraft zum Verhindern des Aufklettems über den Eingriff der Rippen 2 übertragen. Normale Seitenpuffer von Fahrzeugen ohne die erfindungsgemäße Kletterschutzvorrichtung können nach dem Einrücken des Puffertellers 1 in die kletterschutzvorrichtung zwischen deren Rippen 2 eintauchen.

[0011] Voraussetzung für die Funktion der Vorrichtung sowohl im normalen Betrieb als auch bei Unfällen ist die Sicherstellung der geeigneten Abfolge der Hübe analog zu den existierenden Lösungen für Mittelpufferkupplungen. Dementsprechend können auch ähnliche Konstruktionselemente für deren technische Umsetzung verwendet werden. Naheliegend ist also wieder eine Aufteilung in einen Hub, der das Verhaken der Rippenplatten im normalen Betrieb verhindert und eine weitere Verformbarkeit nach Überschreiten der maximal betrieblich zu erwartenden Kraft. Diese weitere Verformung kann auf einem definierten Kraftniveau erfolgen oder angesichts des relativ geringen Weges durch einfaches Abreißen, d. h. nach Überwindung einer anfänglichen Kraftspitze weitgehend kraftlos. In den Zeichnungen ist diese Funktionalität ohne Festlegung von Details durch zwei zueinander bewegliche Teile dargestellt, bei denen es sich um die Hülse des reversiblen Federapparates 4 und den Befestigungsflansch 5 handelt.

[0012] Fig. 4 zeigt die Stellung am Ende des betrieblichen Hubes, bei der die Rippenplatten 3 noch hinter der Frontfläche des Puffertellers liegen.

[0013] Fig. 5 zeigt den voll hinter die Rippenplatte 3 zurückgeschobenen Pufferteller.

[0014] Wie aus Fig. 6 ersichtlich ist, kann zur ergänzenden Absicherung der Kletterschutzfunktion der Rippen 2 eine zusätzliche Rippenplatte 7 seitlich der Pufferteller angeordnet werden.

[0015] Da Kletterschutzvorrichtungen meist im Rahmen einer weitergehenden crashgerechten Auslegung des Fahrzeuges eingesetzt werden und die mögliche Energieaufnahme durch die relativ geringen Hübe innerhalb der beschriebenen Vorrichtung begrenzt bleibt, ist eine Kombination mit einer nachgeschalteten Knautschzone günstig. Diese kann entweder Bestandteil des Wagenkastens sein oder auch - wie dargestellt - zusammen mit dem Puffer und der Kletterschutzvorrichtung als eine vorgesetzte, leicht tauschbare Einheit 6 für Energieverzehr ausgebildet sein.

Liste der Bezugszeichen



[0016] 
1
Puffer
2
Rippe
3
Rippenplatte
4
Federapparat
5
Befestigungsflansch
6
Einheit für Energieverzehr
7
Seitliche Rippenplatte



Ansprüche

1. Vorrichtung zum Verhindern des gegenseitigen vertikalen Abgleitens der Frontflächen (Aufklettem) von mit Puffern (1) ausgerüsteten Schienenfahrzeugen bei Frontalkollisionen unter Verwendung von horizontalen Rippen (2), dadurch gekennzeichnet, daß die Rippen (2) der Rippenplatte (3) die Puffer (1) von oben und unten umschließen, wobei die Puffer (1) bei definiert begrenztem Kraftniveau mindestens bis zur Ansatzfläche der Rippen (2) eindrückbar sind.
 
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Federapparat (4) des Puffers (1) bei den im normalen Betrieb auftretenden Kräften höchstens einen Hub zuläßt, bei dem die Rippen (2) diejenigen eines gekuppelten, gleichartig ausgerüsteten Fahrzeuges noch nicht berühren.
 
3. Vorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Begrenzung des Pufferhubes durch eine Aufteilung des gesamten Hubes auf mehrere hintereinander geschaltete Elemente realisiert wird, wobei sich bei den betrieblich auftretenden Kräften nur diejenigen Elemente bewegen, deren Hübe in der Summe den zulässigen Wert nicht überschreiten.
 
4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Struktur hinter den Rippenplatten (3) derart als Knautschzone ausgebildet ist, daß sie sich vor dem übrigen Rohbau des Wagenkastens verformt.
 
5. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Puffer (1) so zum Fahrzeugende hin vor dem verformbaren Teil der Knautschzone befestigt ist, daß der Befestigungspunkt bei Verformung der Knautschzone relativ zum übrigen Wagenkasten bewegt wird.
 
6. Vorrichtung nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß die kletterschutzvorrichtung und die Knautschzone Teil einer separat gefertigten und nach einem Unfall leicht auswechselbaren Struktur sind.
 
7. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß Rippenplatten (7) auch seitlich der Pufferteller angeordnet sind.
 




Zeichnung










Recherchenbericht