(19)
(11) EP 1 306 457 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.05.2003  Patentblatt  2003/18

(21) Anmeldenummer: 02023592.5

(22) Anmeldetag:  23.10.2002
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C22C 38/40, C21D 8/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 23.10.2001 DE 10152293

(71) Anmelder: Stahlwerk Ergste Westig GmbH
58239 Schwerte (DE)

(72) Erfinder:
  • Pacher, Oskar Dr.
    8041 Granz (AT)
  • Kloss-Ulitzka, Gisbert, Dipl.-Ing.
    58809 Neuenrade (DE)

(74) Vertreter: König, Gregor, Dipl. Ing. et al
König Szynka von Renesse, Lohengrinstrasse 11
40549 Düsseldorf
40549 Düsseldorf (DE)

   


(54) Chrom-Stahllegierung


(57) Die Erfindung bezieht sich auf eine Chrom-Stahllegierung mit 10,5 bis 20% Chrom, 0,2 bis 9% Nickel, 0,1 bis 3% Mangan, 0,1 bis 1,5% Silizium, 0,01 bis 2,0% Molybdän, 0,05 bis 0,45% Kohlenstoff, 0,02 bis 0,15% Stickstoff, 0,3 bis 0,8% Kupfer, 0,002 bis 0,05% Aluminium, 0,003 bis 0,1% Titan, 0,003 bis 0,1% Vanadium, 0,001 bis 0,05% Niob, 0,01 bis 0,2% (Titan + Vanadium + Niob) und bis 0,006% Bor, Rest Eisen, die sich insbesondere durch eine hohe Oberflächengüte sowie hohe Festigkeit und Härte auszeichnet. Aufgrund ihrer hervorragenden Planheit und ihres günstigen Schwingverhaltens eignet sich die Stahllegierung insbesondere zum Herstellen von Stanzteilen wie Rietlamellen, Federblätter und Membranen.




Beschreibung


[0001] Stanzteile wie beispielsweise Rietlamellen für Webmaschinen, Federblätter und Membranen werden üblicherweise aus kaltgewalztem Band hergestellt und je nach Verwendungszweck auch gehärtet und beschichtet.

[0002] Neben hoher Festigkeit und Härte müssen solche Stanzteile eine hohe Oberflächenqualität, insbesondere eine geringe Rauigkeit und gute Planheit besitzen. Dies gilt insbesondere für Rietlamellen, die in Webmaschinen dazu dienen, den Abstand der Kettfäden beim Einschießen der Schußfäden möglichst genau einzustellen. Das erfordert insbesondere bei feinen Geweben im Hinblick auf eine möglichst gleichmäßige Fadendichte auch über große Längen mit einem Abstand der Kettfäden unter 0,5 mm dünne und absolut plane Rietlamellen, deren Dicke 0,15 bis 0,25 mm bei einer Länge von beispielsweise 250 mm beträgt.

[0003] Die notwendige Planheit erfordert bei Stanzteilen ein Richten, weil es beim Stanzen aufgrund freigesetzter innerer Spannungen und einer Anisotropie aus der Vorgeschichte des Bandes zu einem Verzug kommt. Zum Richten werden die Lamellen mehrmals in Richtrollen-Maschinen durch eine Folge von Ober- und Unterrollen bzw. -walzen geführt und dabei gebogen und gereckt, bis die den Verzug verursachenden Spannungen abgebaut sind. Nach jedem Richten muß erneut die Planheit gemessen werden, bis ein weiteres Richten nicht mehr erforderlich ist. Das Richten verursacht daher angesichts des apparativen und zeitlichen Aufwandes hohe Kosten, ergibt aber brauchbare Lamellen für Webmaschinen mit mittleren Fadengeschwindigkeiten.

[0004] Bei modernen Webmaschinen wird der Schußfaden jedoch mit Hilfe eines Luft- oder Wasserstrahls mit einer Geschwindigkeit von beispielsweise 500 m/min durch die von den Rietlamellen aufgespreizten Kettffäden geschossen. Dies führt zu örtlichen Turbulenzen und Schwingungen, denen die Lamellen nur dann gewachsen sind, wenn sie eine ausreichende Dauerfestigkeit besitzen. Versuche haben ergeben, daß das Schwingverhalten gerichteter Rietlamellen sehr unterschiedlich ist. Um das zu vermeiden, werden Rietlamellen in der Praxis üblicherweise höchstens zweimal gerichtet. Ist dann die notwendige Planheit nicht erreicht, gelten die betreffenden Lamellen als unbrauchbar.

[0005] Das Schwingverhalten der Lamellen bestimmt auch den Reibungsverschleiß und kann daher bei Lamellen geringer Dicke zu einem vorzeitigen Ausfall führen. Ein Lamellenausfall bzw. -wechsel erfordert ein Stillsetzen der Webmaschine und ist daher angesichts der hohen Webgeschwindigkeiten stets mit einem erheblichen Produkutionsausfall verbunden. Schließlich kann sich ein ungünstiges Schwingverhalten einzelner Rietlamellen auch nachteilig auf das Gewebe auswirken.

[0006] Um den negativen Einfluß des Schwingverhaltens der Lamellen zu beseitigen, ist es aus der schweizerischen Patentschrift 562 349 bekannt, spezielle Schwingungstilger zu verwenden, die über Federn die Schwingungen der Rietlamellen egalisieren und verringern. Der gewünschte Erfolg ist jedoch ausgeblieben. Die DD-Patentschrift 294 469 schlägt daher vor, die Lamellen eines Webblattes in Paketen anzuordnen und miteinander zu verschweißen, um die Positionierung der Lamellen im Verhältnis zueinander zu verbessern. Dies wirkt sich jedoch nicht auf das unterschiedliche Schwingungsverhalten und den dadurch verursachten Lamellenverschleiß aus.

[0007] Für Blatt- und Lamellenfedern von Ventilen gilt ähnliches; bei ihnen können vom Stanzen oder Schneiden herrührende innere Spannungen zu einer Geräuschbelästigung und zu unerwünschten Resonanzschwingungen führen.

[0008] Das Schwingverhalten läßt sich sehr gut durch die Federkonstante kennzeichnen; sie sollte hoch sein und eine geringe Streubreite besitzen.

[0009] Vor diesem Hintergrund besteht das der Erfindung zugrundeliegende Problem darin, einen Werkstoff zu finden, der sich insbesondere zum Herstellen von Stanzteilen wie Rietlamellen und Blattfedern für Ventile eignet.

[0010] Die Lösung dieses Problems besteht in einer Chrom-Stahllegierung mit 10,5 bis 20% Chrom, 0,2 bis 9% Nickel, 0,1 bis 3% Mangan, 0,1 bis 1,5% Silizium, 0,01 bis 2,0% Molybdän, 0,05 bis 0,45% Kohlenstoff, 0,02 bis 0,15% Stickstoff, 0,3 bis 0,8% Kupfer, 0,002 bis 0,05% Aluminium, 0,003 bis 0,1% Titan, 0,003 bis 0,1% Vanadium, 0,001 bis 0,05% Niob, 0,01 bis 0,2% (Titan + Vanadium + Niob) und bis 0,006% Bor, Rest Eisen, die der Bedingung

genügt.

[0011] Die erfindungsgemäße Stahllegierung zeichnet sich insbesondere dadurch aus, daß sie sich in der Form von Kaltband als Werkstoff zum Herstellen dünner Lamellen durch Stanzen oder Schneiden eignet. Hinzu kommen eine hohe Zugfestigkeit von 1.400 bis 1.900 N/mm2 und eine hohe Härte von 430 bis 580 HV sowie eine Dauerzeitfestigkeit >5.108 Lastwechsel bei einer Schwingungsamplitude von 2 mm pro 30 mm Federnlänge. Außerdem ist die Legierung aufgrund ihres Chromgehalts rostbeständig, was bei mit Wasserstrahl arbeitenden Webmaschinen von großer Wichtigkeit ist.

[0012] Besonders geeignet ist eine Legierung mit 16 bis 18% Chrom, 6 bis 8% Nickel, 0,5 bis 1,5% Mangan, 0,3 bis 1,5% Silizium, 0,4 bis 1% Molybdän, 0,1 bis 0,3% Kohlenstoff, 0,05 bis 0,1% Stickstoff, 0,002 bis 0,006% Bor, 0,003 bis 0,1% Titan, 0,003 bis 0,1% Vanadium und 0,001 bis 0,05% Niob bei einem Gesamtgehalt an Titan, Vanadium und Niob von 0,01 bis 0,2%.

[0013] Für die Entwicklung der mechanischen Eigenschaften wirkt sich ein bis zu 200 Minuten dauerndes Entspannungsglühen bei 180 bis 480 besonders günstig aus, dem sich eine weitere Glühstufe mit einer Dauer von 10 bis 160 Minuten bei einer Temperatur von 320 bis 480 Grad anschließen kann. Das Entspannungsglühen findet vorzugsweise im Stapel unter Formzwang, d.h. unter einer statischen Belastung statt. Hierfür eignet sich eine Flächenpressung von 0,5 bis 30 N/cm2, vorzugsweise von mindestens 1 N/cm2 oder auch höchstens 10 N/cm2. Besonders geeignet sind Glühtemperaturen von 150 bis 480°C für die erste und 300 bis 420°C für die zweite Glühstufe.

[0014] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Zeichnungen und Ausführungsbeispielen des näheren erläutert. In der Zeichnung zeigen:
Figs. 1
ein Blockdiagramm zur Veranschaulichung der bisherigen Verfahrensweise beim Herstellen von Rietlamellen,
Fig. 2
ein Blockdiagramm zur Veranschaulichung der Verwendung der erfindungsgemäßen Chrom-Stahllegierung zum Herstellen von Rietlamellen und
Fig. 3
eine übliche Rietlamelle.


[0015] Rietlamellen besitzen beispielsweise eine Länge von 120 mm und eine Dicke von 0,2 mm sowie eine einseitige Ausnehmung der Abmessung 15 x 8 mm. Sie werden nach dem Verfahrensschema der Fig. 1 aus Kaltband durch Stanzen oder Feinschneiden hergestellt. Dem schließt sich ein Entgraten und Verrunden der Kanten sowie eine Prüfung auf Planheit an. Je nachdem wie diese Prüfung ausfällt, müssen die Lamellen ein- oder zweimal in einer Rollenrichtmaschine gerichtet werden, ehe sie nach einem Reinigen verwendbar sind. Ergibt sich nach einem zweimaligen Richten immer noch keine ausreichende Planheit, ist eine Verwendung der Lamellen aus Gründen der Qualität nicht mehr möglich.

[0016] Bei der erfindungsgemäßen Stahllegierung entfällt das Richten nach dem Stanzen oder Feinschneiden bzw. Entgraten und Kantenverrunden (Fig. 2). Dem Reinigen kann sich jedoch ein statisches Richten in Gestalt einer Wärmebehandlung unter Vorspannung mit einem Abkühlen an Luft auf Raumtemperatur anschließen.

[0017] Bei Versuchen mit erfindungsgemäßen Stahllegierungen 1 bis 5 und 9 sowie nicht unter die Erfindung fallenden Vergleichslegierungen 6 bis 8 gemäß Tabelle I wurden aus kaltgewalztem Band mit einer sich jeweils aus der Tabelle II ergebenden Dicke Lamellen hergestellt. Die Lamellen wurden nach dem Stanzen entgratet und an den Kanten verrundet. Dabei wurden die Lamellen zusammen mit einem Schleifpulver, Wasser und Füllkörpern aus Keramik in eine Drehtrommel gegeben und mehrere Stunden entgratet und an den Kanten verrundet. Anschließend wurden die Lamellen gereinigt und auf Verzug und Planheit untersucht. Danach wurden jeweils 100 Lamellen in einem Rahmen gestapelt und der Stapel so belastet, daß die Lamellen völlig plan aufeinanderlagen.

[0018] Die auf diese Weise vorgespannten Lamellen wurden unter Aufrechterhaltung der Spannung zweistufig im Temperaturbereich von 150 bis 480°C bzw. 300 bis 420°C mit den sich aus der Tabelle II ergebenden Glühtemperaturen im Einzelfall geglüht.

[0019] Die Versuche wurden an rechteckigen Lamellen 1 der Abmessungen 160 x 6 mm ohne den Schußkanal 2 durchgeführt, um die Verwendung wegen des Schußkanals sehr teurer Stanzwerkzeuge zu vermeiden. Auf den Verzug der Versuchslamellen in Längsrichtung wirkt sich dies jedoch nicht aus.




Beispiel 1



[0020] Aus Kaltband der Legierungen 1 bis 9 wurden Lamellen mit den in Tabelle II angegebenen Dicken D gestanzt und an jeweils 200 Stück der Verzug gemessen. Nach einem ersten Vermessen wurde bei allen Legierungsvarianten ein Höhenverzug (bauchige Ausbildung der Lamellen) festgestellt. Durchschnittlich konnte bei 94 bis 97% aller Proben eine Höhenverzug mit einem Wert hz>0,05 mm festgestellt werden. Einzelne Lamellen zeigten sogar einen Höhenverzug hz>1 mm. Alle Proben wiesen ferner einen umlaufenden Stanzgrat auf.

[0021] Zum Entfernen des Stanzgrates wurden die Lamellen in einen Polyäthylen-Behälter gebracht und mit einem Gemisch aus ca. 8 mm großen keramischen Füllkörpern, 150 g SiC-Schleipfulver und 4 Litern Wasser mit darin gelöstem Verdickungs- und Benetzungsmittel versetzt. Danach wurde der Behälter verschlossen und 5 Stunden einer drehenden Schüttelbewegung ausgesetzt. Nach dieser Behandlung waren die Stranzgrate vollständig abgetragen und die Kanten zeigten eine gleichmäßige Rundung.

[0022] Die Lamellen wurden anschließend gewaschen, getrocknet und einem zweiten Vermessen unterworfen. Dabei wurde festgestellt, daß die Häufigkeit des Höhenverzuges hz>0,5 mm generell zugenommen hatte. Für den Verzug hz>1 mm zeigte sich hingegen ein sehr uneinheitliches Bild mit gegenüber dem ersten Vermessen teilweise auch geringeren Häufigkeitswerten.

Beispiel 2



[0023] Zur Beseitigung des Höhenverzuges wurde eine handelsübliche Zwölf-Rollen-Richtmaschine mit zwei angetriebenen Einzugswalzen verwendet. Mittels dieser Einzugswalzen wurden jeweils 200 Lamellen der Legierungen 1 und 6 einzeln in den Richtrollensatz der Richtmaschine eingeführt (Versuche 10 und 11). Durch die unterschiedliche Eintauchtiefe der Rollen des Richtrollensatzes, die zwischen 0,3 und 0,1 mm variiert wurde, kommt es bei dieser Behandlung zu einer Dehnung über den Elastizitätsbereich hinaus, wodurch innere Spannungen abgebaut werden.

[0024] Nach einem ersten Durchlauf von 200 Lamellen der Legierung Nr. 1 zeigten 92 Lamellen einen Höhenverzug unter 0,05 mm und wurden als "gut" befunden. Die restlichen 108 Lamellen wurden ein zweites Mal gerichtet, wonach 45 Lamellen immer noch einen zu großen Verzug zeigten. Nach einer dritten Richtbehandlung verblieben noch 12 Lamellen (6%) mit einem Höhenverzug hz>0,05 mm. Diese 12 Lamellen wurden als Ausschuß verworfen. Bei der Legierung 6 lag der Ausschuß bei 12%.

Beispiel 3



[0025] 100 Lamellen der Dicke D der in Tabelle I angeführten Legierungen 1, 2, 3, 5, 6 und 7 (Versuche 12 bis 16, 17 bis 20, 21 bis 22, 27 bis 28, 29 bis 31, 38 bis 39) wurden entsprechend der Vorbehandlung nach Beispiel 1 hergestellt und vom Stranzgrat befreit. Die Lamellen wurden danach auf einer Unterlegplatte mit einem seitlich 60 mm überstehenden Anschlag flächendeckend übereinander gestapelt und bündig ausgerichtet. Auf die so gestapelten und ausgerichteten Lamellen wurden eine bzw. mehrere Stahlschienen mit unterschiedlichem Eigengewicht aufgelegt und durch seitliche Führungsleisten am Verrutschen gehindert. Mit Hilfe des unterschiedlichen Eigengewichts der Stahlschienen konnte die Flächenpressung F innerhalb relativ weiter Grenzen variiert werden.

[0026] Die so fixierten und unter Flächenpressung stehenden Lamellen wurden anschließend in einem Ofen unter Schutzgas zunächst bei den aus der Tabelle II ersichtlichen Temperaturen T1 mit einer Haltezeit t1 geglüht.

[0027] Danach wurde die Temperatur mit Ausnahme der Versuche 16 bis 18 und 39 auf den Wert T2 erhöht, die Haltezeit t2 eingestellt und die Proben sodann im Ofen abgekühlt. Danach wurde der Höhenverzug mit den aus der Tabelle II ersichtlichen Ergebnissen gemessen.

Beispiel 4



[0028] 100 Lamellen der Dicke D der Legierungen 4, 6, 7, 8 und 9 (Versuche 23 bis 26, 32 bis 33, 34 bis 37, 40, 41 bis 42) aus Tabelle I wurden entsprechend dem Beispiel 1 hergestellt. Danach wurden der Höhenverzug mit den aus Tabelle II ersichtlichen Werten festgestellt. Dabei zeigten mehr als 94% der Lamellen einen Höhenverzug von hz>0,05 mm. Das erfindungsgemäße thermische Entspannung geschah wie in Beispiel 3 beschrieben. Davon abweichend wurden jedoch die Unterlegplatte und die Stahlschienen jeweils mit einem Gleitmittel beschichtet, um während des Glühens Unterschiede in der Längenänderung durch Gleiten auszugleichen. Die Lamellen wurden danach in einen Ofen eingebracht und unter Stickstoff, während der in Tabelle II angegebenen jeweiligen Haltezeiten t1, t2 bei den Temperaturen T1 und T2 geglüht. Nach Ablauf der zweiten Haltezeit T2 wurde der Heizstrom abgeschaltet, der Stickstoffdruck auf 4 bar erhöht, und ein Gas-Umwälzventilator zugeschaltet. Durch diese Maßnahmen konnte die Abkühlzeit um bis zu 70% verkürzt werden. Bei einer Ofentemperatur von 80°C wurde der Gas-Umwälzventilator abgeschaltet, der Überdruck weggenommen und der Ofen geöffnet. Nach dem Abkühlen der Lamellen auf Raumtemperatur wurden deren Höhenverzug gemessen. Die Ergebnisse sind in Tabelle II zusammengestellt.

Beispiel 5



[0029] Aus den Legierungen 2, 3, 5 und 6 wurden Lamellenfedern mit den Abmessungen 35 x 7 mm und der in Tabelle III aufgeführten jeweiligen Dicken d gestanzt und entsprechend dem Beispiel 1 verrundet. Aus Proben jeder Legierung wurden mehrere Lamellen für die Bestimmung und Berechnung der Federkonstanten D entnommen. Die Zahlenwerte für D wurden entsprechend der Formel D=Kraft/Auslenkung aus dem Kraft-Weg-Diagramm für eine Auslenkung von 3,5 mm, unter Berücksichtigung des jeweiligen Höhenverzuges, der nur den Nullpunkt bei der Wegmessung verschiebt, für einseitig eingespannte Proben berechnet. Der Mittelwert der berechneten Federkonstanten wurde für die jeweilige Legierung auf 1 normiert und als Referenzwert betrachtet. Dazu ergänzend wurden die jeweiligen maximalen Abweichungen als Mindest- und Höchstwert bestimmt (Versuche F1, F8, F10 und F13).

[0030] Die Wirkung der erfindungsgemäßen Glühbehandlung auf den Mittelwert und auf die Streuung von D wurde innerhalb der Legierungen 2, 3, 5 und 6 auf den jeweiligen Referenzwert bezogen. Dadurch kommen Verbesserungen oder Verschlechterungen deutlicher zum Ausdruck.



[0031] Aus der Tabelle II ist ersichtlich, daß bei allen Legierungen nach dem Stanzen und Verrunden ein Höhenverzug auftritt (Versuche 1 bis 9 mit 94 bis 100% Verzug). Dies ist verständlich, da im Kaltband nach dem Kaltwalzen immer innere Spannungen vorhanden sind. Es ist nun prinzipiell zu erwarten, daß bei Federlamellen mit hohen inneren Spannungen auch die Federkonstante auch als Federhärte bezeichnet hoch liegt. Dies würde im Umkehrschluß bedeuten, daß der mechanische Abbau von inneren Spannungen - wie beim Rollenrichten üblich - zu einer Abnahme von D führt. Daß dies auch zutrifft, zeigen die Versuche F2 bis F4 im Vergleich zu F1. Da immer die relativen Änderungen interessant sind, wurden die Mittelwerte von D bei den Versuchen F1, F8, F10 und F13 jeweils auf 1 (100%) normiert und für die jeweilige Legierungszusammensetzung als Referenzwert genommen.

[0032] Beim Vergleich der D-Werte der Versuche F2 bis F4 mit F1 wird nun verständlich, warum in der Praxis das Rollenrichten auf einen Wert N<3 (Fig. 1) begrenzt wird. Der Grund liegt in der relativ starken Abnahme von D durch das Rollenrichten. Ein kleinerer D-Wert hat zur Folge, daß eine gegebene Krafteinwirkung einen stärkeren Schwingungsausschlag bewirkt, da Kraft = D x Auslenkung ist. In der Praxis wird deshalb wie oben erwähnt maximal zweimal gerichtet.

[0033] Da die Federkonstanten das Schwingungsverhalten bestimmen, bestimmen sie auch den Reibungsverschleiß. Dies deshalb, weil Lamellen mit einer kleinen Federkonstanten im Betrieb stärker und häufiger an Nachbarlamellen anschlagen, was eine spezielle Variante des Reibkontaktes darstellt. Dadurch bilden sich örtlich scharfe Kanten aus (die Verrundung geht verloren), was wiederum die Turbulenz und Kraftwirkung erhöht. Damit setzt eine Selbstverstärkung beim Reibverschleiß ein, was dazu führen kann, daß der vorbeigeführte Webfaden an scharfkantigen Stellen scheuert und beschädigt wird. Dies ist natürlich sehr unerwünscht, da sich dadurch der Glanz des Webstoffes ändert und auch ein Fadenbruch eintreten kann.

[0034] Auslöser für den Verschleiß ist somit das unterschiedliche Schwingungsverhalten einzelner Rietlamellen (bei kleinem D). Da das Schwingungsverhalten unter praxisnahen Bedingungen schwierig zu testen ist, dienen die Bestimmung der Federkonstanten und deren Streubreite zur Kennzeichnung des Schwingungsverhaltens (Tabelle III).

[0035] Die Ergebnisse in Tabelle II zeigen, daß durch die Erfindung die Planheit (%-Anteil mit Verzug) verbessert wird. Gleichzeitig zeigt Tabelle III, daß auch die Federkonstanten ansteigen und deren Streuung (Minimal- und Maximalwerte) abnimmt. Dies ist generell als Verbesserung des Schwingungsverhaltens anzusehen. Begründung: Rietlamellen mit einer höheren und einheitlicheren Federkonstanten, also mit geringerer Streuung, werden im Einsatz weniger oft aneinander scheuern und damit einen geringeren Reibverschleiß verursachen.

[0036] Aus Tabelle III ist ferner ersichtlich, daß - bezogen auf den jeweiligen Referenzwert - die Federkonstante D bei allen erfindungsgemäßen Legierungen ansteigt. Dies ist ein Vorteil, da "steifere" Federn/Lamellen günstigere Eigenschaften besitzen. Der Anstieg erklärt sich so, daß beim Glühen unter Formzwang zunächst mechanische Spannungen abgebaut werden, sich gleichzeitig aber auch im Gefüge Feinausscheidungen bilden, die den Anstieg des jeweiligen D-Werts bewirken. Diese Ausscheidungen bestehen vermutlich aus Karbonitriden verschiedener Elemente.


Ansprüche

1. Chrom-Stahllegierung mit
   10,5 bis 20% Chrom,
   0,2 bis 9% Nickel,
   0,1 bis 3% Mangan,
   0,1 bis 1,5% Silizium,
   0,01 bis 2,0% Molybdän,
   0,05 bis 0,45% Kohlenstoff,
   0,02 bis 0,15% Stickstoff,
   0,3 bis 0,8% Kupfer,
   0,002 bis 0,05% Aluminium,
   0,003 bis 0,1% Titan,
   0,003 bis 0,1% Vanadium,
   0,001 bis 0,05% Niob,
   0,01 bis 0,2% (Titan + Vanadium + Niob)
   bis 0,006% Bor,
   Rest Eisen, die der Bedingung

genügt.
 
2. Chrom-Stahllegierung nach Anspruch 1, die jedoch
   16 bis 18% Chrom,
   6 bis 8% Nickel,
   0,5 bis 1,5% Mangan,
   0,3 bis 1,5% Silizium,
   0,4 bis 1% Molybdän,
   0,1 bis 0,3% Kohlenstoff,
   0,05 bis 0,1% Stickstoff,
   0,002 bis 0,006% Bor,
   0,003 bis 0,1% Titan,
   0,003 bis 0,1% Vanadium und
   0,001 bis 0,05% Niob
enthält.
 
3. Verfahren zum Glühen einer Legierung nach Anspruch 1 oder 2, gekennzeichnet durch ein fünfzehnminütiges bis zweistündiges Glühen bei 180 bis 480 °C.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3, gekennzeichnet durch ein anschließendes Schlußglühen bei 320 bis 480 °C.
 
5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß Lamellen im Stapel mit einer Flächenpressung von 0,5 bis 20 N/cm2 geglüht werden.
 
6. Verwendung einer Legierung nach Anspruch 1 oder 2 als Werkstoff zum Herstellen von Stanzteilen.
 
7. Verwendung einer Legierung nach den Ansprüchen 1 oder 2 als Werkstoff zum Herstellen von Ventilen, Lamellen, Blattfedern und Membranen.
 




Zeichnung