(19)
(11) EP 1 310 306 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.05.2003  Patentblatt  2003/20

(21) Anmeldenummer: 02022059.6

(22) Anmeldetag:  02.10.2002
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B08B 3/12, C11D 3/20, C11D 3/36
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 08.11.2001 DE 10154922

(71) Anmelder:
  • Benteler Automobiltechnik GmbH & Co. KG
    33104 Paderborn (DE)
  • Henkel KGaA
    40589 Düsseldorf (DE)
  • RPE Pape Anlagentechnik GmbH & Co.KG
    32602 Vlotho (DE)

(72) Erfinder:
  • Pape, Ralf
    32457 Porta Westfalica (DE)
  • Walter, Heinz-Gerd Dr.
    50354 Hürth (DE)
  • Tröster, Thomas Dr.
    33154 Salzkotten (DE)
  • Krogmeier, Jürgen
    33161 Hövelhof (DE)
  • Böke, Johannes Dr.
    31855 Aerzen (DE)

(74) Vertreter: Ksoll, Peter, Dr.-Ing. 
Patentanwälte Bockermann, Ksoll, Griepenstroh, Bergstrasse 159
44791 Bochum
44791 Bochum (DE)

   


(54) Verfahren zur Reinigung von metallischen Bauteilen


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Reinigung von metallischen Bauteilen, insbesondere zur Entfernung von oxidischen Belägen, wobei die metallischen Bauteile aus einem härtbaren Stahl mit einem Kohlenstoffanteil von wenigstens 0,1 % bestehen und wenigstens partiell gehärtet sind. Bei dem Verfahren werden die Bauteile in einem Behälter mit einem flüssigen Reiniger mit einem pH-Wert im Bereich von 4 bis 8 und unter dem Einfluss von Schallwellen gereinigt. Die Verwendung von energiereichen Schallwellen ermöglicht den Einsatz von temperierten, speziell formulierten Reinigern mit einem höheren pH-Wert, wodurch die Wasserstoffentwicklung während des Reinigungsvorgangs erheblich vermindert ist. Die Kombination der energiereichen Schallwellen mit dem speziell formulierten Reiniger ermöglicht es, auch hochfeste, metallische Bauteile, die stark zur Warmstoffversprödung neigen, zu reinigen.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Reinigung von metallischen Bauteilen, insbesondere zur Entfernung von oxidischen Belägen.

[0002] Überall dort, wo im Produktionsprozess Metalle bearbeitet werden, müssen sie vor der Weiterverarbeitung wie Galvanisieren, Lackieren, Emaillieren und anderen Beschichtungen gründlich gereinigt und entfettet werden. Diese Aufgabe übernehmen Reiniger, die in pulver- und/oder flüssiger Form angeboten werden. Sie sind einsetzbar im Tauch- oder Spritzverfahren.

[0003] Beizen ist in der Metalloberflächenbehandlung allgemein das chemische Entzundern und Entrosten durch Mineralsäuren. Zur Behandlung von Stahl kommen vorwiegend saure Beizen wie Salzsäure, Schwefelsäure und Salpetersäure zum Einsatz. Heute geht die Tendenz beim Beizen zu Salzsäure, weil damit auch die Oberflächen leicht legierter Stähle metallisch reiner behandelt werden können.

[0004] Zum Beizen von Normalstahl, d.h. zum Entfernen von Rost und zum Entzundern, werden entweder vorkonfektionierte Produkte verwendet oder Inhibitoren, die den zum Beizen verwendeten Säuren zugesetzt werden. Beizinhibitoren sind chemische Substanzen, die bewirken, dass lediglich die Metalloberfläche von Verunreinigungen befreit wird, nicht aber das Metall als solches abgetragen wird. Durch den Zusatz dieser Inhibitoren wird der Metallabtrag beim Beizen beträchtlich verringert.

[0005] Durch die Reaktion der Beize mit der ungeschützten Metalloberfläche entsteht Wasserstoff, der im Beizbad aufsteigt. Problematisch ist hierbei, dass der Wasserstoff von Metall, insbesondere von Stahl, teilweise aufgenommen wird, was zu einer Materialversprödung und damit zu Spannungsrisskorrosionen führen kann. Zwar hemmen die Inhibitoren die Abtragung des Metalls als solches, jedoch ist nicht klar, unter welchen Bedingungen sie die Wasserstoffaufnahme des Metalls beschleunigen oder verlangsamen. Die Hersteller von inhibierten Beizentfettern sind daher dazu übergegangen, für die verschiedenen Einsatzfälle speziell konfigurierte Beizen bereitzustellen, beispielsweise spezielle auf minimale Wasserversprödung optimierte Tensid/Inhibitoren-mischungen. Aber selbst bei hochkritischen Stahlteilen wie z.B. hochfesten Stählen dürfen diese nur kurze Zeit dem Beizbad ausgesetzt sein, um eine Wasserstoffversprödung zu verhindern.

[0006] Im Stand der Technik ist ferner eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Entfernung von Oxidschichten auf Bauteilen bekannt, bei dem durch den Einsatz eines in einem beckenförmigen Modul gespeicherten fett-, schmutz- und oxidschichtlösenden temperierten flüssigen Mediums und in das Medium eingelagerte Schwingungen in einem Arbeitsgang die zu beschichtenden Bauteiloberflächen gereinigt, entfettet und von der Oxidschicht befreit werden können, ohne dass hierfür eine Umsetzung in ein anderes Arbeitsmodul notwendig ist (DE 298 05 737 U1).

[0007] Bisherige chemische Verfahren (Beizen) lassen sich bei partiell oder komplett gehärteten Fahrwerks- oder Sicherheitsstrukturteilen aufgrund der Gefahr der Wasserstoffversprödung nicht einsetzen. Beim Beizen entwickelt sich durch die zuvor beschriebene chemische Reaktion an der Metalloberfläche Wasserstoff, der zu einer Versprödung des Stahls führen kann. Bei sehr hohen Härten des Stahls ist die Säurebehandlung in einem Beizbad daher nicht zulässig. Bei geringeren Härten des Stahls ist zumindest die Zugabe eines Inhibitors erforderlich sowie üblicherweise eine anschließende Temperaturbehandlung zur Entfernung etwaiger Wasserstoffrückstände.

[0008] Verfahren mit abrasiver Wirkung, wie das Sand- oder Kugelstrahlen, bringen die Gefahr mit sich, dass sich die Bauteile mit geringen Wanddicken verziehen. Zudem sind Verfahren mit abrasiver Wirkung bei hinterschnittenen oder mit Hohlräumen versehenen Bauteilen nicht oder nur sehr schwer einsetzbar.

[0009] Der Erfindung liegt hiervon ausgehend die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Reinigung von metallischen Bauteilen, insbesondere zur Entfernung von oxidischen Belägen, bereitzustellen, mit welchem zur Wasserstoffversprödung neigende Stähle weitestgehend frei von Wasserstoffversprödungen von oxidischen Belägen befreit werden können.

[0010] Die Lösung dieser Aufgabe ist ein Verfahren mit den Maßnahmen des Patentanspruchs 1. Hierbei werden metallische Bauteile in einem Behälter mit einem flüssigen Reiniger mit einem pH-Wert im Bereich von 4 bis 8 und unter dem Einfluss von Schallwellen gereinigt. Die metallischen Bauteile bestehen hierbei aus einem härtbaren Stahl mit einem Kohlenstoffanteil von wenigstens 0,1 % und sind zumindest partiell gehärtet. Im Unterschied zu herkömmlichen Beizen ermöglicht die Verwendung von energiereichen Schallwellen bei dem erfindungsgemäßen Verfahren den Einsatz von temperierten, speziell formulierten Reinigern mit einem höheren pH-Wert im Bereich von 4 bis 8. Aufgrund des hohen pH-Wertes wird die Wasserstoffentwicklung während des Reinigungsvorgangs damit erheblich vermindert. Die Kombination der energiereichen Schallwellen mit dem speziell formulierten Reiniger ermöglicht es somit, auch hochfeste, metallische Bauteile, die stark zur Wasserstoffversprödung neigen, zu reinigen.

[0011] Es können dadurch härtbare Stähle mit einem Kohlenstoffanteil von wenigstens 0,1 % gereinigt werden, insbesondere aber auch hochfeste Stähle, die zumindest partiell gehärtet sind.

[0012] Nach Anspruch 2 ist vorgesehen, dass der flüssige Reiniger eine wässrige Lösung mit einem pH-Wert im Bereich von 5 bis 7 ist.

[0013] Gemäß den Merkmalen des Anspruchs 3 enthält der wässrige Reiniger folgende Komponenten:

a) 1 bis 3 Gew.-% organische Carbonsäuren, ausgewählt aus mehrbasigen Carbonsäuren und aus Hydroxycarbonsäuren mit jeweils 3 bis 10 C-Atomen, oder deren Anionen;

b) 0,2 bis 2 Gew.-% organische Phosphorsäuren, ausgewählt aus Phosphonsäuren mit mindestens zwei Phosphonsäuregruppen und aus Phosphoncarbonsäuren, oder deren Anionen;

c) 0,05 bis 0,5 Gew.-% Tenside;

d) 0,001 bis 0,005 Gew.-% Beizinhibitoren und

e) auf 100 Gew.-% Wasser.



[0014] Die Temperatur des Reinigers ist dabei in einem Temperaturbereich bis 100°C einstellbar (Anspruch 4). Der bevorzugte Frequenzbereich für die verwendeten Schallwellen liegt zwischen 10 kHz und 100 kHz (Anspruch 5).

[0015] Die Maßnahmen des Anspruchs 6 sehen vor, dass die Bauteile dem Reiniger in dem Behälter kontinuierlich oder diskontinuierlich zugeführt werden. Die zu reinigenden Teilen können also einzeln oder satzweise in Körben oder Racks in das Reinigungsbad gegeben werden. Die Befüllung kann dabei manuell oder auch maschinell von einem Roboter ausgeführt werden. Selbstverständlich ist bei entsprechender Verweildauer der zu reinigenden Bauteile auch ein automatischer Band- oder Kettendurchlauf realisierbar. Die zu reinigenden Bauteile können in dem Behälter stehend, hängend oder liegend platziert sein.

[0016] Die Schallwellen gehen von einem oder mehreren Schwingelementen aus, die einen eckigen oder kreisförmigen Querschnitt besitzen (Anspruch 7). Die Schwingelemente können dabei als Flachschwinger, beispielsweise in Form eines Quaders oder in zylindrischer Form als Stabschwinger ausgeführt sein. In Abhängigkeit von der Konfiguration der zu reinigenden Bauteile können mehrere Schwingelemente in einem Behälter angeordnet sein. Die Schwingelemente können dabei wenigstens einen Teil der Innenflächen des Behälters bedecken (Anspruch 8). Selbstverständlich können sie aber auch in der Mitte oder an einer anderen Position innerhalb des Behälters angeordnet sein. Es ist auch denkbar, dass eine oder mehrere Innenflächen des Behälters selbst als Schwingelemente ausgeführt sind (Anspruch 9). Beispielsweise durch die Konfiguration des Behälterbodens als Schwingelement.

[0017] Um die Reinigungswirkung zu erhöhen, ist es nach Anspruch 10 möglich, in dem Behälter Vorrichtungen vorzusehen, um Schallwellen auf das Bauteil zu konzentrieren, um eine möglichst hohe Reinigungsleistung am Bauteil zu erreichen.

[0018] Die Reinigungsleistung kann auch dadurch gesteigert werden, dass die Bauteile in dem Behälter und die Schwingelemente relativ zueinander bewegt werden. Insbesondere können die Bauteile in dem Behälter gegenüber feststehenden Schwingelementen gewendet werden oder sogar rotieren, um an allen Bauteilbereichen eine optimale Reinigungswirkung zu erzielen. Bei sehr sperrigen Bauteilen ist es auch denkbar, dass die Schwingelemente relativ zu einem feststehenden Bauteil bewegt werden.

[0019] Wesentlich ist, dass der an der Oberfläche der Bauteile durch chemische Reaktion mit dem Reiniger entstehende Wasserstoff von den Schallwellen schnell abgetragen wird, um dadurch eine Wasserstoffversprödung der Bauteile zu verhindern (Anspruch 12).


Ansprüche

1. Verfahren zur Reinigung von metallischen Bauteilen, insbesondere zur Entfernung von oxidischen Belägen, wobei die metallischen Bauteile aus einem härtbaren Stahl mit einem Kohlenstoffanteil von wenigstens 0,1 % bestehen und wenigstens partiell gehärtet sind, bei welchem die Bauteile in einem Behälter mit einem flüssigen Reiniger mit einem pH-Wert im Bereich von 4 bis 8 und unter dem Einfluss von Schallwellen gereinigt werden.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der flüssige Reiniger eine wässrige Lösung mit einem pH-Wert im Bereich von 5 bis 7 ist.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der wässrige Reiniger folgende Komponenten enthält:

a) 1 bis 3 Gew.-% organische Carbonsäuren, ausgewählt aus mehrbasigen Carbonsäuren und aus Hydroxycarbonsäuren mit jeweils 3 bis 10 C-Atomen, oder deren Anionen

b) 0,2 bis 2 Gew.-% organische Phosphorsäuren, ausgewählt aus Phosphonsäuren mit mindesten zwei Phosphonsäuregruppen und aus Phosphoncarbonsäuren, oder deren Anionen

c) 0,05 bis 0,5 Gew.-% Tenside

d) 0,001 bis 0,005 Gew.-% Beizinhibitoren

e) auf 100 Gew.-% Wasser


 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Temperatur des Reinigers in einem Temperaturbereich bis 100 °C einstellbar ist.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Schallwellen eine Frequenz von 10 kHz bis 100 kHz haben.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Bauteile dem Reiniger in dem Behälter kontinuierlich oder diskontinuierlich zugeführt werden.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Schallwellen von einem oder mehreren Schwingelementen ausgehen, die einen eckigen oder kreisförmigen Querschnitt besitzen.
 
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Schwingelemente wenigstens einen Teil der Innenflächen des Behälters bedecken.
 
9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass eine oder mehrere Innenflächen des Behälters als Schwingelemente ausgeführt sind.
 
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass in dem Behälter Vorrichtungen vorgesehen werden, um die Schallwellen auf das Bauteil zu konzentrieren.
 
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass die Bauteile in dem Behälter und die Schwingelemente relativ zueinander bewegt werden.
 
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass an der Oberfläche der Bauteile durch chemische Reaktion mit dem Reiniger entstehender Wasserstoff von den Schallwellen abgetragen wird, wodurch eine Wasserstoffversprödung der Bauteile verhindert wird.
 





Recherchenbericht