[0001] Die Erfindung betrifft eine verschwenkbare Sitzanordnung mit Rückenlehne, die durch
einfachen Körperdruck eine Veränderung des Anstellwinkels der Rückenlehne ermöglicht.
Derartige Sitzanordnungen eignen sich besonders als Bürostühle, können aber auch als
Systembestuhlung, beispielsweise als Ausstattung von Wartehallen und anderen öffentlichen
Räumen, in verschiedenen Verkehrsmitteln, wie Bussen, Bahnen oder Flugzeugen, oder
als Freizeitmöbel, wie Fernsehsessel oder Gartenstühle, zum Einsatz kommen.
[0002] Insbesondere dort, wo Belastungen durch längeres Sitzen auftreten können, ist es
wichtig, häufig einen Wechsel der Sitzposition vorzunehmen, wobei im Falle verstell-
oder verschwenkbarer Sitzmöbel ergonomische und physiologische Anforderungen zu berücksichtigen
sind. Auch bei anderen Verwendungen moderner Sitzmöbel kommt es für ein bequemes Sitzen
häufig auf das Vorhandensein komfortabler Verstellmöglichkeiten der Sitzmöbel an.
Diese gehen in der Regel über ein einfaches Verkippen der Sitzanordnung hinaus. Häufig
sind aufeinander abgestimmte Bewegungen wichtiger funktionaler Bestandteile von Sitzanordnungen,
insbesondere stützender Bestandteile wie Lehne, Sitzfläche und/oder Kopfstütze, teilweise
durch bloßen Körperdruck, zu realisieren. Hierfür ist in vielen Fällen eine aufwendige
Synchronmechanik erforderlich, um die Bewegungen der einzelnen Bestandteile mechanisch
miteinander zu koppeln. Derartige Synchronmechaniken sind teuer in der Herstellung
und darüber hinaus häufig verschleißanfällig und teilweise recht geräuschintensiv,
wenn eine Verstellung oder Verschwenkung der Sitzposition erfolgt.
[0003] Ein weiteres Problem verschwenkbarer oder verstellbarer Sitzanordnungen besteht häufig
in einer Erhöhung der Instabilität der Sitzanordnung bei zunehmender Ausstellung der
verschwenkbaren Bestandteile, d. h. es ist mit zunehmender Verschwenkung ein wachsender
Kraftaufwand nötig, um in die Ausgangsposition zurückzukehren. Deshalb sind mechanische
Elemente vorzusehen, die im Falle der Ausstellung Rückstellkräfte erzeugen, die häufig
zusätzlich an das Körpergewicht des jeweils Sitzenden angepasst werden müssen. Diese
Anpassbarkeit stellt einen zusätzlichen mechanischen Aufwand dar, der eine derartige
Synchronmechanik weiter verteuert.
[0004] Der komplizierte Aufbau einer herkömmlichen Synchronmechanik verhindert häufig den
einfachen Austausch einzelner Bestandteile der Sitzanordnung, z. B. den Austausch
von Sitzfläche oder Lehne. Insbesondere die nur schwer zu lösende Verbindung mit einem
evtl. vorhandenen Untergestell wird häufig als störend empfunden.
[0005] Bei längerer sitzender Tätigkeit ist eine optimierte Stützfunktion aufeinander abgestimmt
angeordneter Bestandteile einer Sitzanordnung oft nicht ausreichend, da auch durch
fehlende Belastung auf längere Sicht Körperschäden auftreten können. Auch bei optimaler
Stützung des Körpers treten Beschwerden auf, die nur durch eine aktiv-dynamische Komponente
verschwenkbarer Sitzanordnungen vermieden werden können. Die hierfür vorzusehenden
zusätzlichen mechanischen, evtl. elastischen Bauteile stellen eine weitere Erhöhung
des konstruktiven Aufwandes der betreffenden Synchronmechanik dar, was insbesondere
bei preiswerteren Sitzmöbeln einen erheblichen Nachteil bildet.
[0006] Ein weiteres häufiges Problem bei verstellbaren Sitzanordnungen besteht darin, dass
mit einem Verschwenken der Rückenlehne in eine rückwärtige Position in der Regel eine
Vergrößerung des Abstandes zwischen Oberkörper und einem Bezugspunkt, beispielsweise
einer Computertastatur, verbunden ist. Bei größeren Verschwenkwinkeln kann es soweit
kommen, dass bis dahin bequem zu handhabende Gegenstände an einem Arbeitsplatz plötzlich
außerhalb der Reichweite, zumindest aber außerhalb eines Bereiches, in dem eine bequeme
Handhabung möglich ist, liegen. Dadurch wird eine Veränderung der Position der gesamten
Sitzanordnung durch Verrücken erforderlich, was insbesondere bei schweren Bürostühlen
bzw. Sitzmöbeln ohne fahrbares Untergestell eine erhebliche Unbequemlichkeit darstellt.
[0007] Ein weiteres Problem herkömmlicher verschwenkbarer Sitzanordnungen besteht in der
Verlagerung des Schwerpunktes während des Verstellens. Wird eine verschwenkbare Rückenlehne
in die rückwärtige Position gebracht, so verlagert sich damit zumindest der Oberkörper
des Sitzenden ebenfalls in eine rückwärtige Position, was zu einer horizontalen Verschiebung
seines Schwerpunktes führt. Um trotz dieser teilweise erheblichen Verschiebung des
Schwerpunktes in jedem Zustand des Verschwenkens einen stabilen Stand des Sitzmöbels
zu gewährleisten, muss die Sitzanordnung entweder fest im Raum fixiert oder mit großen
und/oder schweren Fußkonstruktionen versehen werden.
[0008] Aus DE 38 00 754 C2 ist ein Sitz für einen Bürostuhl mit einem durch Körpergewichtsverlagerung
verstellbaren Sitz- und Rückenteil bekannt. Das Sitz- und Rückenteil kann relativ
zu einem Rahmengestell wie eine Schaukel um eine feste Schwenkachse verschwenkt werden.
[0009] Die herkömmliche Sitzanordnung gemäß DE 38 00 754 C2 mit der ortsfesten Schwenkachse
besitzt in Bezug auf die Stabilität und den Sitzkomfort die folgenden Nachteile. Mit
der herkömmlichen Sitzanordnung wird ein Verschwenken realisiert, das dem Bewegungsablauf
einer Kinderschaukel entspricht (Schaukelprinzip). Wenn die sitzende Person sich nach
vorne neigt, rückt das Sitzteil nach hinten, so dass sich die Person, beispielsweise
um einen Schreibtisch zu erreichen, weiter nach vorne neigen muss. Dadurch verlagert
sich der Schwerpunkt nach vorne weg von der Schwenkachse. In dieser Situation muss
sich die sitzende Person mit den Beinen abstützen, um ein Kippen nach vorn zu vermeiden.
Beim umgekehrten Ablauf besteht die Gefahr eines Abkippens nach hinten. Ein zusätzlicher
Nachteil besteht darin, dass die Person zur entgegengesetzten Bewegung in den unverschwenkten
Zustand Schwung holen oder sich einen "Ruck" geben muss. Zur Verschwenkung ist eine
kräftige Körperverlagerung notwendig.
[0010] Weitere Nachteile ergeben sich aus dem komplizierten mechanischen Aufbau. Zapfen
oder Zahnräder, die in Schlitzen geführt werden, besitzen einen unerwünschten hohen
mechanischen Widerstand. Im Laufe des Gebrauchs kommt es zum Beispiel durch Materialdeformationen
oder Verunreinigungen zu einem unerwünschten Verklemmen oder zu Quietschgeräuschen.
[0011] Die Aufgabe der Erfindung ist es, eine verbesserte Sitzanordnung anzugeben, mit der
die Nachteile herkömmlicher verschwenkbarer Sitzanordnungen überwunden werden und
die insbesondere ein stabiles Sitzen und unabhängig vom Körpergewicht des Sitzenden
mit geringem Aufwand eine Synchronbewegung von Sitzfläche und Rückenlehne ermöglicht.
Die Sitzanordnung soll des Weiteren einen auch bei längerem Gebrauch zuverlässigen
und wartungsfreien Aufbau besitzen. Die Aufgabe der Erfindung ist es auch, mit derartigen
verbesserten Sitzanordnungen ausgestattete Sitzmöbel und Anwendungen der Sitzanordnung
anzugeben.
[0012] Diese Aufgabe wird durch eine Sitzanordnung mit den Merkmalen gemäß Anspruch 1 gelöst.
Vorteilhafte Ausführungsformen und Anwendungen der Erfindung ergeben sich aus den
abhängigen Ansprüchen.
[0013] Ein wichtiges Merkmal der Erfindung besteht darin, dass eine verschwenkbare Sitzanordnung
mindestens ein mechanisches Bauteil enthält, das auf einem tragenden Rahmenelement
eine Abrollbewegung ausführen kann. Durch die Ausgestaltung der Fläche auf dem tragenden
Rahmenelement, auf der die Abrollbewegung erfolgt, und/oder der Fläche des abrollenden
Bauelements, die mit dem tragenden Rahmenelement in Verbindung kommt, lässt sich eine
Anpassung der Abrollcharakteristik an verschiedene Anforderungen in verschwenkbaren
Sitzanordnungen realisieren. Diese Abrollcharakteristik bestimmt maßgeblich das Verstellverhalten
der Sitzanordnung. Das tragende Rahmenelement ist so gestaltet, dass es die Verstellmöglichkeiten
der Sitzanordnung nicht beschränkt und den Sitzkomfort nicht beeinträchtigt.
[0014] Zur Lösung der genannten Aufgabe wird erfindungsgemäß insbesondere vorgeschlagen,
eine gattungsgemäße Sitzanordnung dahingehend weiter zu entwickeln, dass mindestens
ein abrollendes Bauelement starr mit einem Träger verbunden sind, an dem wiederum
die Sitzfläche befestigt ist, wobei bei Verschwenkung der Sitzfläche der Träger relativ
zu der mindestens einen Abrollfläche verschwenkt wird.
[0015] Mit der Anordnung der Sitzfläche ggf. mit vertikalem Abstand von den Abrollflächen,
die durch den Träger vermittelt wird, wird erfindungsgemäß ein grundsätzlich verändertes
Schwenkprinzip realisiert, das im Unterschied zum herkömmlichen Schaukelprinzip (feste
Schwenkachse) einen Bewegungsablauf wie eine Wiege besitzt, bei der sich die aktuelle
Schwenkachse bei der Schwenkbewegung in die gleiche Richtung wie der Schwerpunkt der
sitzenden Person verschiebt (Wiegenprinzip). Dadurch sitzt man auch bei weiten Auslenkungen
nach vorne oder hinten stabiler als beim herkömmlichen Schaukelprinzip mit ortsfester
Schwenkachse.
[0016] Ein weiteres wichtiges Merkmal der Erfindung besteht darin, dass mit dem abrollenden
Bauelement eine Rückenlehne verbunden ist, die im Falle des Abrollens um den Abrollwinkel
verschwenkt wird. Weiterhin starr mit dem abrollenden Bauelement verbunden ist ein
Träger, an dem eine Sitzfläche befestigt ist. Der Träger zwischen dem abrollenden
Bauelement und der Sitzfläche sorgt dafür, dass je nach seiner Länge bei der Abrollbewegung
neben der Winkelveränderung der Trägerposition eine horizontale Verlagerung der Position
der Sitzfläche erfolgt. Diese horizontale Verlagerung der Sitzposition ist um so größer,
je größer der Abstand zwischen der Sitzfläche und der Abrollfläche ist. Das abrollende
Bauelement bildet eine Wippe, deren Bewegung mit einem Verschwenken der Rückenlehne
und einer horizontalen Verschiebung der Sitzfläche, verbunden mit einer geringfügigen
Anhebung oder Absenkung der Sitzfläche, verbunden ist.
[0017] Vorteile in Bezug auf den Aufbau der Sitzanordnung können sich ergeben, wenn zwei
Abrollflächen und zwei zugehörige abrollende Bauelemente vorgesehen sind.
[0018] Die Bezeichnung "abrollendes Bauelement" bezieht sich ausdrücklich auch auf jede
in den beweglichen Teil einer verschwenkbaren Sitzanordnung integrierte Fläche, die
eine erfindungsgemäße Abrollbewegung ermöglicht. Die Bezeichnung Träger umfasst jede
stabile Verbindung zwischen der Sitzfläche und dem abrollenden Bauelement, die ausreicht,
um die Gewichtskraft eines Sitzenden auf die abrollende Fläche zu übertragen. Mit
"Verschwenkbarkeit" der erfindungsgemäßen Sitzanordnung wird die Fähigkeit bezeichnet,
dass die Position und Ausrichtung insbesondere der Rückenlehne und der Sitzfläche
vom Nutzer, insbesondere von einer sitzenden Person durch Gewichtsverlagerung oder
durch Abstoßen mit den Beinen oder Armen verändert werden. Es wird sowohl ein Verstellen,
d. h. eine Bewegung in eine veränderte Position und Fixierung in dieser, als auch
ein Verschwenken, d. h. ein dynamisches Verhalten umfasst.
[0019] Allein durch die Geometrie der beim Abrollen in Berührung kommenden Flächen sowie
durch deren Lage in Bezug auf den Schwerpunkt der Sitzanordnung bei Belastung kann
bereits für eine ausreichende Stabilität der Sitzanordnung in jeder Position gesorgt
werden. Liegt die Abrollfläche, also das tragende Rahmenelement, deutlich unterhalb
oder in gleicher Höhe relativ zum Schwerpunkt des beweglichen Teils der Sitzanordnung,
ist beispielsweise auf einer geraden Abrollfläche der Krümmungsmittelpunkt der abrollenden
Fläche des abrollbaren Bauelements so einzustellen, dass er deutlich über dem Schwerpunkt
des beweglichen Teils der Sitzanordnung liegt, was zu einer Selbststabilisierung ähnlich
dem Prinzip eines "Stehaufmännchens" führt.
[0020] Wird eine stärker gekrümmte abrollende Fläche genutzt, also der Krümmungsmittelpunkt
tiefer eingestellt, so nimmt die Stabilität ab, was eine aktiv-dynamische Aufrechterhaltung
der Sitzposition erfordert und gegebenenfalls aus medizinischen Gründen erwünscht
ist.
[0021] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung besitzt das tragende Rahmenelement
eine ebene Abrollfläche, während das abrollende Bauelement eine gekrümmte Oberfläche
besitzt, deren Form je nach den praktischen Anforderungen an das Sitz- und Schwenkverhalten
und die Stabilität der Sitzeinrichtung gewählt ist. Alternativ kann erfindungsgemäß
zur zusätzlichen Stabilisierung vorgesehen sein, die Abrollfläche selbst konkav zu
gestalten und durch einen evtl. variablen Krümmungsradius das abrollende Bauelement
wie in einer Schale zu führen. Der Krümmungsradius des abrollenden Bauteils oder der
Abrollfläche kann zu den Rändern der jeweiligen Fläche verändert werden, um ein bestimmtes
Schwenkverhalten zu realisieren. Es kann beispielsweise vorgesehen sein, dass die
Kraft, die erforderlich ist, um den beweglichen Teil der Sitzanordnung aus einer Mittelposition
herauszuschwenken, mit zunehmendem Verschwenkwinkel anwächst. Dadurch ist in der Nähe
der Mittelposition, die einer aufrechten Sitzhaltung entsprechen sollte, für ein aktiv-dynamisches
Sitzen gesorgt. In der rückwärtigen Sitzposition, in der eine aktive Aufrechterhaltung
der Sitzposition zu Fehlbelastungen führen kann, ist dagegen eine ausreichende Andruckkraft
an der Rückenlehne kompensierbar, was ein entspanntes Anlehnen ermöglicht.
[0022] Eine besonders vorteilhafte Ausgestaltung besteht darin, das tragende Rahmenelement
bzw. die auf diesem befindliche Abrollfläche an einer Position anzubringen, die über
dem Schwerpunkt des beweglichen Teils der Sitzanordnung liegt. In diesem Falle ergibt
sich, dass der mit dem abrollenden Bauelement verbundene Träger von diesem nach unten
führen kann, was stets für eine hängende Position der mit diesem Träger verbundenen
Sitzfläche sorgt. Die Sitzfläche bildet somit zusammen mit dem Träger und dem abrollenden
Bauelement eine Pendelbaugruppe, die auch ohne Vorhandensein rückstellender mechanischer
Bauteile eine stabile Ausgangsposition einnimmt.
[0023] Die mit der Schwenkbaugruppe über das abrollende Bauelement verbundene Rückenlehne
führt zu einer zusätzlichen Beeinflussung der mechanischen Gleichgewichtslage. Da
der Einfluss des Gewichts der Rückenlehne bei einer durchschnittlich belasteten Sitzanordnung
gering ist, bleibt dieser Einfluss auf die Lage des mechanischen Gleichgewichts bei
bestimmungsgemäßem Gebrauch der Sitzanordnung gering. Bei geeigneter Wahl der Krümmung
der sich beim Abrollen berührenden Flächen, der Länge des Trägers, an dem die Sitzfläche
hängt, und Positionierung der Abrollfläche in Bezug auf den Schwerpunkt lässt sich
die Größe des Rückstellmoments bei einer Auslenkung der Pendelbaugruppe so einstellen,
dass es etwa so groß ist, wie das in umgekehrter Richtung wirkende Kippmoment, das
durch das Anlehnen des Sitzenden an der Rückenlehne entsteht. Da beide Momente linear
vom Körpergewicht des Sitzenden abhängen, müssen keine gewichtsabhängigen Rückstellkräfte
durch zusätzliche mechanische Bauteile erzeugt werden. Die Dimensionierung der beweglichen
Teile und/oder die Form und Lage der Abrollfläche kann so erfolgen, dass eine möglichst
genaue Aufhebung der gegenseitigen Drehmomente erfolgt, was zu einer Verschwenkung
der Sitzanordnung durch sehr geringe Druckkräfte führt. Dieses wird bei einer Verschwenkung
durch bloßen Körperdruck häufig als sehr angenehm empfunden. Die beweglichen Teile
der Sitzanordnung können jedoch auch so dimensioniert werden, dass sich die entgegengesetzt
wirkenden Momente nicht vollständig aufheben, was dazu führt, dass zur Verschwenkung
der Rückenlehne eine - wenn auch geringe - jedoch deutlich spürbare Stellkraft aufgebracht
werden muss.
[0024] Eine besonders vorteilhafte Ausgestaltung mit hoch liegender Abrollfläche bietet
sich bei Sitzmöbeln, die über Armlehnen verfügen. Es besteht die Möglichkeit, im Inneren
dieser Armlehnen sowohl Abrollflächen auf tragenden Rahmenelementen und auf diesen
in Form von Wippen abrollende mechanische Bauelemente unterzubringen, an denen die
Sitzfläche hängt. Das bietet automatisch den Vorteil einer relativ hohen Lage der
Abrollfläche, die nur durch evtl. einschlägige Normvorgaben (DIN etc.) begrenzt wird,
damit verbunden eine hohe Stabilität durch die Pendelwirkung und gleichzeitig eine
effektive Nutzung von ohnehin für die Armstützen zur Verfügung zu stellenden Raumes.
Die Baugröße eines derartigen Sitzmöbels unterscheidet sich somit kaum von einem ohne
die dargestellte Verschwenkbarkeit.
[0025] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen umfassen eine Arretierbarkeit der verschwenkbaren
Sitzanordnung in jeder Verstellposition. Das kann beispielsweise durch Positionierung
sperrender mechanischer Bauteile zwischen abrollender Fläche und Abrollfläche geschehen.
Weisen diese Bauteile einen hohen Reibungskoeffizienten auf, so genügen bereits geringe
Andruckkräfte, um eine effektive Keilwirkung zu erzielen und einen wirksamen Stop
der Abrollbewegung zu bewirken und somit ein weiteres Verschwenken zu verhindern.
[0026] Um bei längerem Sitzen für eine aktiv-dynamische Komponente zu sorgen, können die
beim Abrollen in Kontakt kommenden Flächen auch so gestaltet bzw. positioniert werden,
dass zwar eine geringe Rückstellkraft in dem Bereich maximaler Verschwenkung erzeugt
wird, in Positionen in der Nähe der Ausgangsposition jedoch für eine Instabilität
des Systems, beispielsweise durch eine konvexe Überhöhung der Abrollfläche, gesorgt
wird. Das erfordert eine ständige aktive Aufrechterhaltung der Standardsitzposition,
ermöglicht jedoch gleichzeitig eine Verschwenkung in eine deutlich rückwärtige und
beim Anlehnen stabile Sitzposition, die zur gelegentlichen Entspannung eingenommen
werden kann. Auch in dieser Ausführungsform können die erforderlichen Stellkräfte
gering gehalten werden.
[0027] Vorteilhafterweise kann die Schwenkcharakteristik der erfindungsgemäßen Sitzanordnung
durch die Gestaltung der abrollenden Flächen einerseits und der Abrollflächen andererseits
vorgegeben werden. Allgemein können eine oder beide der genannten Flächen je nach
der gewünschten Schwenkcharakteristik konvex oder konkav gebildet sein. Es kann ferner
eine der genannten Flächen eben und die jeweils andere Fläche konvex gebildet sein.
[0028] Besonders vorteilhaft kann es sein, das abrollende Bauelement und/oder das tragende
Rahmenelement mit einer auswechselbaren Abrollfläche zu versehen. Das kann beispielsweise
durch einen Wechseleinsatz realisiert werden, der sich mit wenigen Handgriffen, z.
B. über ein Bajonett oder einen Klettverschluss mit dem jeweiligen Teil verbinden
lässt, und der eine Oberfläche enthält, die den jeweiligen Anforderungen an die gewünschte
Abrollcharakteristik angepasst ist. So kann ein Einsatz mit einer kreisförmigen Abrollfläche
schnell durch einen Einsatz mit konvexer parabolischer oder hyperbolischer Abrollfläche
oder durch einen Einsatz, der eine Abrollfläche enthält, in welcher sich verschiedene
Mulden zur Fixierung verschiedener Verschwenkpositionen befinden, ersetzt werden.
[0029] Es ist weiterhin vorteilhaft, auf der Abrollfläche und/oder dem abrollenden Bauelement
an mindestens einem Ende der jeweiligen Fläche einen mechanischen Endanschlag vorzusehen.
Dieser kann vorteilhafterweise vom Nutzer eingestellt werden. In einer oder beiden
Schwenkrichtungen kann mit dem Endanschlag ein Umkippen oder Überschlagen verhindert
werden. Erfindungsgemäß können Endanschläge mit lösbaren Arretierungen ausgestattet
sein, um den Sitz im verschwenkten Zustand zeitweilig zu fixieren.
[0030] Durch die Abhängigkeit der Abrollcharakteristik von der Form der sich bei der Abrollbewegung
berührenden Bauteile ist die Verschwenkcharakteristik bereits durch Aufsetzen des
beweglichen Teiles der Sitzanordnung auf das tragende Rahmenelement mit der entsprechenden
Abrollfläche gegeben. Verbindende oder den Bewegungsablauf beeinflussende Elemente
sind deshalb unter Umständen überflüssig, was einen schnellen Austausch der beweglichen
Teile der Sitzanordnung ermöglicht. Das kann insbesondere von Bedeutung sein, wenn
derartige Sitzanordnungen als Systembestuhlung zum Einsatz kommen, und ein schneller
Wechsel einer großen Zahl von Sitzen erforderlich wird, beispielsweise bei einem Wechsel
der farblichen Ausgestaltung der Möblierung in öffentlichen Räumen.
[0031] In anderen Ausgestaltungen kann es dagegen vorteilhaft sein, ein Abheben des beweglichen
Teils der Sitzanordnung vom tragenden Rahmenelement zu verhindern, was insbesondere
bei Bürostühlen der Fall ist, die häufig getragen werden müssen. In diesem Falle genügt
es, in an sich bekannter Weise eine Arretierung vorzusehen, die verhindert, dass sich
beim Anheben der Sitzanordnung deren beweglicher Teil vom tragenden Rahmenelement
löst.
[0032] Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung beinhaltet über eine geometrische Optimierung
der abrollenden Flächen hinaus eine zusätzliche Beeinflussung der Abrollcharakteristik
durch elastische oder dämpfende Bauelemente. So ist beispielsweise durch Belegung
der Abrollfläche mit einem plastischen Material eine permanente Dämpfung der Verschwenkbewegung
realisierbar. Dadurch entsteht auch bei optimierter Geometrie ein ständiger Widerstand
gegenüber einer Verschwenkung der Sitzposition, was dazu führt, dass einerseits die
Sitzposition nicht zu leicht durch geringe Bewegungen verstellt wird, andererseits
aber auch nicht für jede gewollte Verschwenkung eine evtl. vorhandene Arretierung
gelöst werden muss. Gleichzeitig hat diese Ausführungsform den Vorteil, dass für jeden
Verschwenkwinkel nahezu die gleiche Stellkraft erforderlich ist. Bei ausreichender
Auslegung der Dämpfungswirkung werden bereits angeführte reibungserhöhende Keilelemente
zur Fixierung der Sitzposition überflüssig.
[0033] Ein weiterer Vorteil erfindungsgemäßer Sitzanordnungen mit über der Sitzfläche liegender
Abrollfläche besteht darin, dass durch die mit der als Pendelbewegung ablaufenden
Verschwenkung eine Horizontalverschiebung der Sitzfläche erfolgt. Eine Vergrößerung
des Abstandes von der Arbeitsfläche (z. B. Tisch), die bei anderen verschwenkbaren
Sitzanordnungen mit dem Einnehmen der rückwärtigen Sitzposition verbunden ist, wird
damit vermieden. Besonders effektiv ist diese Kompensation, wenn die Abrollfläche
von im tragenden Rahmenelement befestigten drehbaren Rollen gebildet wird. Die Abrollbewegung
des abrollenden Bauelements erfolgt dann als reine Drehung um den angestrebten Schwenkwinkel,
jedoch ohne Veränderung der horizontalen Position des abrollenden Bauelements. Diese
Ausführung sorgt für eine maximale Vorverlagerung der Position der Sitzfläche, da
ansonsten die angesprochene Vorverlagerung durch die mit dem direkten Abrollen auf
dem tragenden Rahmenelement verbundene Veränderung der horizontalen Position des abrollenden
Bauelements überlagert wird.
[0034] Ein weiterer Vorteil der Lagerung auf Rollen besteht in der geringen Verschiebung
des Schwerpunktes in horizontaler Richtung, was für eine hohe Standfestigkeit auch
bei freistehenden Sitzmöbeln sorgt. Unabhängig vom erfindungsgemäßen Prinzip der Abrollbewegung
und der damit verbundenen Synchronisation einer Verschwenkung der Rückenlehne mit
einer Vorverlagerung der Sitzfläche ist es zweckmäßig, entweder das tragende Rahmenelement
und/oder das abrollende Bauelement so zu gestalten, dass während der Abrollbewegung
eine seitliche Führung des abrollenden Bauelements gegeben ist. Das kann beispielsweise
durch aufeinander abgestimmte Laufprofile von Abrollfläche und/oder rollender Fläche
realisiert werden. Durch die Größe und gleichzeitig geringe Beanspruchung der sich
berührenden Flächen kommt es auch bei häufiger Verschwenkung in erfindungsgemäßen
Sitzanordnungen zu sehr geringen Verschleißerscheinungen. Gleichzeitig ist die derart
realisierte Verschwenkung nahezu geräuschlos. Durch Wahl entsprechender Materialien
bzw. entsprechende Beschichtung der beweglichen Teile mit geräuschmindernden Materialien
kann die Geräuschentwicklung noch weiter reduziert werden. Hierfür kommen insbesondere
Beläge aus Filz oder Gummi in Frage.
[0035] Erfindungsgemäß ist die Sitzfläche mit dem abrollenden Element verbunden. Allgemein
kann eine starre Verbindung vorgesehen sein, so dass sich die Sitzanordnung bei Verschwenken
wie ein Schaukelstuhl verhält. Eine abgewandelte Ausgestaltung besteht darin, die
Sitzfläche beweglich mit dem Träger zu verbinden. Bei einer Verschwenkung wird die
horizontale und vertikale Position, nicht aber die Ausrichtung der Sitzfläche vorbestimmt.
Die Ausrichtung der Sitzfläche erfolgt vielmehr aktiv durch den Sitzenden, was zur
Vermeidung von Fehlbelastungen im Lendenwirbelbereich führt und eine zusätzliche aktiv-dynamische
Komponente bildet. Die bewegliche Verbindung zwischen Sitzfläche und Träger kann vorteilhafterweise
durch elastische Verbindungselemente erfolgen.
[0036] Da für das Funktionieren der erfindungsgemäßen Sitzanordnung lediglich die Bereitstellung
einer oder mehrerer ausreichend fester Abrollflächen erforderlich ist, auf denen die
bewegliche Baugruppe abrollen kann, eignet sich die Sitzanordnung auch für einen Einbau
ohne Bodenkontakt. Entsprechende Träger, auf denen sich die Abrollflächen befinden
oder durch Wechselsysteme angebracht werden, können beispielsweise direkt an Wände
oder sonstige Stützkonstruktionen montiert werden, so dass keine Einschränkung der
Bodenfreiheit erfolgt und trotzdem die volle Funktionalität genutzt werden kann. Das
gleiche gilt auch für eine Verwendung in Verkehrsmitteln.
[0037] Eine andere Einsatzmöglichkeit besteht in der Verwendung erfindungsgemäßer Sitzanordnungen
in sogenannten Freischwingern. Dazu wird ein an sich bekanntes Schwingelement mit
bereits beschriebenen erfindungsgemäßen Abrollflächen versehen. Das Schwingelement
wird so zum tragenden Rahmenelement im Sinne der Erfindung. Auf die Abrollflächen
wird die bewegliche Baugruppe mit dem abrollenden Bauelement aufgesetzt. Auf diese
Weise erhält man eine Sitzanordnung, die das bekannte und als angenehm empfundene
Schwingverhalten mit den erfindungsgemäßen Verschwenkmöglichkeiten verbindet, eine
Ausführungsform, die insbesondere ein betont aktiv-dynamisches Sitzen fördert.
[0038] Die Bereitstellung der Abrollflächen kann auch auf einem schnell zu montierenden
Rahmenelement erfolgen, das beispielsweise durch Spannmittel oder bloßes Aufstecken
an einer Tischplatte befestigt werden kann. Befinden sich die Abrollflächen etwa in
der Ebene der Tischplatte, kann als bewegliche Baugruppe eine Sitzschale aufgesetzt
werden, die mit entsprechenden abrollenden Bauelementen ausgestattet ist und einen
Kindersitz bildet, der bei den erfindungsgemäßen Verschwenkmöglichkeiten fest mit
dem Tisch verbunden ist. Das gleiche Prinzip lässt sich bei entsprechender Auslegung
der Montagemittel und des Rahmenelements an jedem Platz verwirklichen, der kurzfristig
mit einer komfortablen Sitzeinrichtung zu versehen ist.
[0039] Das erfindungsgemäße Konstruktionsprinzip ermöglicht vorteilhafterweise eine problemlose
Anpassung der Sitzanordnungen an verschiedenste Anforderungen, die sich aus der jeweiligen
Verwendung ergeben. Durch die konsequente Zweiteilung der verwendeten Baugruppen in
starre und bewegliche Bauteile, wobei die starren Bauteile durch ihre Verbindung mit
dem tragenden Rahmenelement gekennzeichnet sind und die Bewegung aller beweglichen
Bauteile durch die Bewegung des abrollenden Bauelements bestimmt wird, lässt sich
eine besonders einfache Erweiterbarkeit um weitere konstruktive Details realisieren,
was zur besonderen Vielseitigkeit der Sitzanordnung führt. So ist es problemlos möglich,
weitere Accessoires, die mit der Veränderung der Sitzposition mit bewegt werden sollen,
durch mehr oder weniger direkte Verbindung mit dem abrollenden Bauelement, also beispielsweise
durch Montage an der Sitzfläche oder dem bereits erwähnten Träger anzubringen, was
automatisch zu einer synchronisierten Bewegung dieser Accessoires führt. Hierzu sind
beispielsweise starre oder ausziehbare Fußstützen oder besonders ausgestattete Armlehnen
oder Ablagen geeignet. Alle auf diese Weise zum beweglichen Teil der Sitzanordnung
zuzuordnenden Bauteile sind auch auf eine Weise zu montieren, dass sich beispielsweise
durch eine einfache Spannvorrichtung, deren Position bezüglich einer Ausgangsstellung
des abrollenden Bauelements oder der Sitzfläche voreinstellen lässt. Das ist besonders
bei der Befestigung der Rückenlehne für eine komfortable Anpassung an verschiedene
Körperhaltungen von Vorteil.
[0040] Die erfindungsgemäße Sitzanordnung eignet sich besonders für einen Einsatz mit wechselnder
Belastung, d. h. einem Wechsel zwischen typischen Arbeitshaltungen, beispielsweise
im Büro, und typischen Sitzhaltungen, die überwiegend der Entspannung dienen (sog.
power napping). Insbesondere bei entspannten Haltungen kommt mangels aktiver Aufrechterhaltung
der Muskelspannung einer physiologischen und möglichst vollständigen Abstützung des
Körpers, vor allem der Wirbelsäule, eine besondere Bedeutung zu. Deshalb ist es besonders
vorteilhaft, die erfindungsgemäße Sitzanordnung mit Lehnen auszustatten, die diese
Funktion optimal gewährleisten. Als besonders vorteilhaft haben sich dabei zweigeteilte
Lehnen mit Kopfstütze erwiesen, die so geteilt sind, dass die Kopfstütze fest mit
einem oberen Lehnenbereich verbunden ist, der als Schulter- und Nackenstütze wirkt.
Ein weiterer unterer Lehnenbereich ist für die Stützung des unteren Rückenbereichs,
insbesondere des Lendenbereiches, ausgelegt. Bei einer Verschwenkung derartiger Lehnen
in eine rückwärtige Position wird der Winkel zwischen beiden Lehnenbereichen so verändert,
dass die Bewegung des oberen Lehnenbereiches einer Schwenkung um eine deutlich vor
der Lehne liegende virtuelle Schwenkachse entspricht. Dadurch wird erreicht, dass
sich die effektive Länge der Lehne entsprechend einer anatomisch bedingten Verlängerung
des Rückens in einer gekrümmten Haltung ändert. Diese Verlängerung wird durch eine
Vergrößerung des Abstandes zwischen den beiden Lehnenteilen im Bereich der Brustwirbelsäule
realisiert, was eine Minimierung des Verlustes an Stützwirkung der Lehne bedeutet,
da in diesem Bereich des Rückens eine fehlende Unterstützung besonders leicht kompensiert
werden kann.
[0041] Die Relativbewegung beider Lehnenteile erfolgt vorteilhafterweise synchronisiert
mit dem Wechsel der Sitzposition, also während der Bewegung von einer aufrechten in
eine rückwärtige Sitzhaltung und umgekehrt. Für diese Synchronisation werden in bekannter
Weise Verbindungsmittel eingesetzt, die zwischen beweglichen und starren Teilen der
Sitzanordnung anzubringen sind. In der erfindungsgemäßen Sitzanordnung steht für eine
Befestigung einer Synchronisationsmechanik an starren Teilen praktisch das gesamte
tragende Rahmenelement zur Verfügung.
[0042] Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung werden im folgenden unter Bezug auf
die beigefügten Zeichnungen beschrieben. Es zeigen:
- Fig. 1:
- eine schematische Seitenansicht der mechanischen Teile einer Ausführungsform einer
erfindungsgemäßen Sitzanordnung als Bürostuhl, und
- Fig. 2:
- eine schematische Vorderansicht der mechanischen Teile einer Ausführungsform einer
erfindungsgemäßen Sitzanordnung.
[0043] Die Erfindung wird im folgenden beispielhaft unter Bezug auf eine Ausführungsform
mit bestimmten mechanischen Teilen zur Realisierung der Abrollbewegung beim Verschwenken
der Sitzanordnung erläutert, ohne auf die konkret beschriebene Form der einzelnen
Teile eingeschränkt zu sein. Vielmehr kann die Erfindung auch mit anderen Formen der
tragenden und/oder beweglichen Teile realisiert werden, die eine Abrollbewegung beim
Verschwenken der Sitzanordnung ermöglichen. Einzelheiten von Sitzanordnungen, die
deren an sich bekannte Polsterung und Bespannung betreffen, werden im folgenden nicht
beschrieben. Ebenso werden an sich bekannte Teile insbesondere von Bürostühlen, wie
z. B. eine Synchronmechanik, im folgenden nicht beschrieben.
[0044] Fig. 1 zeigt einen Bürostuhl ohne Bespannung und Verkleidung. Auf einem an sich bekannten
fahrbaren Fuß 1 ist über eine Gasdruckfeder 2 ein tragendes Rahmenelement 3 befestigt,
das gabelförmig bis in Höhe der Armstützen (hier nicht dargestellt) führt und dort
durch zwei waagerechte Träger 4 abgeschlossen wird, die im wesentlichen in Richtung
der Armstützen weisen. Die Oberseiten dieser Träger sind eben und bildet die Abrollflächen
5 für den erfindungsgemäßen Bewegungsablauf. Auf jeder dieser Abrollflächen liegt
ein abrollendes Bauelement 6 auf, das an seiner Unterseite durch eine konvexe Fläche
7 begrenzt wird, die auf der Abrollfläche 5 des tragenden Rahmenelements 3 abrollen
kann. An diesem abrollenden Bauelement 6 befestigt ist ein nach unten führender Träger
8, an dem über Verbindungselemente 9 eine Sitzfläche 10 befestigt ist.
[0045] Die Verbindungselemente 9 sind je nach Ausführungsform starr oder elastisch gebildet.
Mit starren Verbindungselementen 9 verschwenkt die Sitzfläche 10 mit dem Träger 8.
Durch elastische Verbindungselemente 9 ist eine Verschwenkung der Sitzfläche 10 um
eine horizontale Achse quer zur Sitzrichtung möglich. Ebenfalls verbunden mit dem
abrollenden Bauelement 6 ist eine einfache Rückenlehne 11, deren Winkel in Bezug auf
das abrollende Bauelement 6 mit einer Spannvorrichtung 12 voreingestellt werden kann.
Bei einer Abrollbewegung des abrollenden Bauelements 6 erfolgt eine Verschwenkung
der Rückenlehne 11 um genau den Abrollwinkel. Um den gleichen Winkel verschwenkt wird
der Träger 8, an dem die Sitzfläche 10 hängt. Das führt zu einer Horizontalverschiebung
der Sitzfläche 10 bei nur geringer Änderung der Höhe der Sitzfläche 10. Durch die
elastischen Verbindungselemente 9 ist es möglich, die Sitzfläche 10 unabhängig von
der Verschwenkung stets in einer waagerechten Position zu halten. Die Abrollbewegung
kann durch die Positionierung entsprechender Hartgummiwalzen 13, 13' zwischen Abrollfläche
5 und abrollendem Bauelement 6 gehemmt werden, wodurch eine Fixierung der jeweiligen
Sitzposition eintritt.
[0046] Die Unterseite des abrollenden Bauelements 6 besitzt eine gekrümmte Oberfläche, die
in Zusammenwirkung mit der vorzugsweise ebenen Abrollfläche 5 das Schwenkverhalten
der Sitzanordnung bestimmt. Mit der Geometrie des Bauelements 6 sind verschiedene
Schwenkmerkmale einstellbar. Beispielsweise kann eine asymmetrische Krümmung vorgesehen
sein, die relativ zur Sitzrichtung nach vorn flacher (mit einem größeren Krümmungsradius)
und nach hinten steiler (mit einem engeren Krümmungsradius) verläuft, wobei der Krümmungsradius
von der Mitte zum Rand der Unterseite hin veränderlich sein kann. Die Beeinflussung
der Schwenkbewegung durch Variation der Form der abrollenden Fläche stellt einen wichtigen
Vorteil der erfindungsgemäßen Sitzanordnung dar. Der Aufbau der Schwenk-mechanik ist
darüber hinaus erheblich einfacher als beispielsweise bei einem Stuhl mit Synchronmechanik.
[0047] Die erfindungsgemäße Sitzanordnung besitzt im Gebrauch den folgenden besonderen Vorteil.
Da die Gewichtskraft einer sitzenden Person über den starr an den abrollenden Bauelementen
befestigten Träger nach Art eines Hebels an den abrollenden Bauelementen angreift,
führen diese eine echte Abrollbewegung aus, wobei sich der Berührungspunkt zwischen
den abrollenden Bauelementen und der Abrollfläche je nach der Schwenkrichtung auf
der Abrollfläche bewegt. Entsprechend bewegt sich der aktuelle Krümmungsmittelpunkt
der abrollenden Bauelemente, durch den die aktuelle Schwenkachse verläuft. Die sich
somit bewegende Schwenkachse bleibt in der Nähe des Schwerpunkts, so dass ein stabileres
Sitzverhalten und sogar ein mit zunehmender Außenlenkung wachsender Bremseffekt erzielt
wird. Die Schwenkbewegung ist damit automatisch gedämpft, auf Begrenzer kann verzichtet
werden. Die sitzende Person kann bei einer selbststabilisierenden Ausbildung der abrollenden
Bauelemente durch einfaches Aufnehmen der Füße vom Boden automatisch in die horizontale
Position zurückschwenken.
[0048] In der in Fig. 2 dargestellten Vorderansicht ist besonders die Ausgestaltung des
tragenden Rahmenelements 3 und der Abrollflächen 5 erkennbar. Durch die Gabelform
des Rahmenelements 3 kommt es zu keiner Verringerung des Platzangebots auf dem Stuhl.
Die ebenen Abrollflächen 5 befinden sich etwa in Höhe der Armstützen (hier nicht dargestellt).
Um eine seitliche Führung zu gewährleisten, sind die abrollenden Bauelemente so ausgelegt,
dass sie eine glatte Fläche 7 aufweisen, die auf der Abrollfläche 5 abrollen kann
und jeweils auf der Außenseite neben dem tragenden Rahmenelement 3 eine Randwulst
14 aufweisen, die eine Führung entlang der Abrollfläche 5 gewährleistet.
[0049] Die erfindungsgemäße Sitzanordnung besitzt die folgenden weiteren Vorteile. Der Sitzkomfort
ist durch die erhöhte Stabilität erheblich verbessert. Des Weiteren besitzt die Sitzanordnung
einen einfachen mechanischen Aufbau mit symmetrischen Bauteilen, die allein mit einem
Werkzeug herstellbar sind.
[0050] Die in der vorstehenden Beschreibung, den Zeichnungen und den Ansprüchen offenbarten
Merkmale der Erfindung können sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination für
die Verwirklichung der Erfindung in ihren verschiedenen Ausgestaltungen von Bedeutung
sein.
1. Verschwenkbare Sitzanordnung mit Lehne (11), Sitzfläche (10) und einem tragenden Rahmenelement
(3), an dem sich mindestens eine Abrollfläche (5) befindet, auf der jeweils ein abrollendes
Bauelement (6) aufliegt, wobei die Sitzfläche (10) und die Lehne (11) relativ zum
tragenden Rahmenelement verschwenkbar sind und bei Verschwenkung des mindestens einen
abrollenden Bauelementes (6) auf der mindestens einen Abrollfläche (5) eine Abrollbewegung
ausführen, dadurch gekennzeichnet, dass mit dem abrollenden Bauelement (6) ein Träger (8) starr verbunden ist, an dem die
Sitzfläche (10) befestigt ist, und der Träger (8) bei Verschwenkung der Sitzfläche
(10) und der Lehne (11) relativ zu der Abrollfläche (5) verschwenkt wird.
2. Sitzanordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sich die mindestens eine Abrollfläche (5) am tragenden Rahmenelement (3) unterhalb
oder in der Höhe der Ebene der Sitzfläche (10) befindet.
3. Sitzanordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sich die mindestens eine Abrollfläche (5) am tragenden Rahmenelement (3) oberhalb
der Ebene der Sitzfläche (10) befindet.
4. Sitzanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Abrollfläche (5) eben oder konkav gekrümmt ist.
5. Sitzanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das abrollende Bauelement (6) eine zur Abrollfläche (5) des tragenden Rahmenelements
(3) weisende Unterseite mit einer gekrümmten Oberfläche (7) besitzt.
6. Sitzanordnung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Oberfläche der Unterseite eine Krümmung mit konstantem Radius aufweist.
7. Sitzanordnung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Krümmungsradius der Oberfläche der Unterseite von der Mitte hin zu den Rändern
variiert.
8. Sitzanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Abrollfläche und/oder das mindestens eine abrollende Bauelement
mit unterschiedlicher Geometrie austauschbar vorgesehen sind.
9. Sitzanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Sitzfläche (10) mit dem mindestens einen abrollenden Bauelement über elastische
Verbindungselemente (9) verbunden ist.
10. Sitzanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass sich das tragende Rahmenelement (3) am fahrbaren Untergestell eines Bürostuhles befindet
oder ein federndes Teil eines Freischwingers ist.
11. Sitzanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass das tragende Rahmenelement (3) einen frei platzierbaren Rahmen bildet, der durch
Aufstecken oder mittels Spannvorrichtungen an vorgegebenen Fixpunkten befestigt werden
kann.
12. Sitzanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass das tragende Rahmenelement (3) fester Bestandteil einer Systembestuhlung ist.
13. Sitzanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass sich zwei Abrollflächen (5) und die abrollenden Bauelemente (6) im Inneren von Armstützen
befinden.
14. Sitzanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 13, dadurch gekennzeichnet, dass an der Sitzfläche (10) ausziehbare Fußstützen befestigt sind.
15. Sitzanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass die Position der Lehne (11) voreinstellbar ist.
16. Sitzanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass eine Verschwenkposition der Sitzfläche (10) und der Lehne (11) durch eine mechanische
Hemmung zwischen der mindestens einen Abrollfläche (5) und dem mindestens einen abrollenden
Bauelement fixiert werden kann.
17. Sitzanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass Mittel zur Dämpfung der Abrollbewegung vorhanden sind.
18. Sitzanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 17, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Abrollfläche (5) und/oder das mindestens eine abrollende Bauelement
(6) eine geräuschmindernde Beschichtung aufweisen.