(19)
(11) EP 1 329 495 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.07.2003  Patentblatt  2003/30

(21) Anmeldenummer: 03004711.2

(22) Anmeldetag:  04.08.1999
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C10L 3/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
LT SI

(30) Priorität: 17.08.1998 DE 19837066

(62) Anmeldenummer der früheren Anmeldung nach Art. 76 EPÜ:
99944331.0 / 1109881

(71) Anmelder:
  • HAARMANN & REIMER GMBH
    37603 Holzminden (DE)
  • Ruhrgas AG
    45138 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Mansfeld, Gerd
    37632 Eschershausen (DE)
  • Rohde, Ute
    37671 Höxter/Stahle (DE)
  • Henke, Fritz
    37603 Holzminden (DE)
  • Kaesler, Heribert
    44797 Bochum (DE)

(74) Vertreter: Eisenführ, Speiser & Partner 
Martinistrasse 24
28195 Bremen
28195 Bremen (DE)

 
Bemerkungen:
Diese Anmeldung ist am 04- 03 - 2003 als Teilanmeldung zu der unter INID-Kode 62 erwähnten Anmeldung eingereicht worden.
 


(54) Odorierung von Gas


(57) Eine Kombination von Acrylsäure und Stickstoffverbindungen eignet sich hervorragend zu einer schwefelfreien Odorierung von Gas.


Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft die Odorierung von Gas.

[0002] Durch thermische Verfahren gewonnene Stadt- und Kokereigase enthielten intensiv riechende Komponenten und besaßen deshalb einen starken Eigengeruch, so daß austretendes Gas leicht wahrgenommen werden konnte.

[0003] Aufgrund seiner Herkunft (Erdgas) und eines höheren Reinheitsgrades ist das heute im öffentlichen Netz verwendete Gas an sich nahezu geruchslos; wenn Leckagen nicht rechtzeitig bemerkt werden, bauen sich schnell explosionsfähige Gas/Luft-Gemische mit hohem Gefahrenpotential auf. Aus Sicherheitsgründen wird Gas deswegen durch Zusatz von Riechstoffen odoriert. So ist in Deutschland vorgeschrieben, daß alle Gase, welche keinen genügenden Eigengeruch besitzen und in der öffentlichen Gasversorgung verteilt werden (DVGW-Arbeitsblatt G 260), nach dem DVGW-Arbeitsblatt G 280 odoriert werden; DVGW = Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V., Eschborn. Diese Odoriermittel sind auch noch in großer Verdünnung wahrnehmbar und rufen aufgrund ihres außergewöhnlich unangenehmen Geruchs wunschgemäß eine Alarmassoziation beim Menschen hervor. In Deutschland werden zur Zeit etwa 90 % des Brauchgases mit Tetrahydrothiophen (THT) odoriert (12 - 25 mg/m3); daneben ist auch noch die Odorierung mit Mercaptanen oder Thioethern üblich.

[0004] THT und Mercaptane sind für eine zuverlässige Odorierung von Gas hervorragend geeignet. Im Zuge eines sensibleren Umgangs mit der Umwelt ist jedoch zu beachten, daß bei der Verbrennung derart odorierter Gase Schwefeldioxid als Verbrennungsprodukt anfällt - an jeder einzelnen Brennstelle nur wenig, landesweit gesehen aber einige hundert Tonnen pro Jahr. Man würde diesen Nachteil gerne überwinden, hat dabei aber eine Reihe von Forderungen zu erfüllen:

1. Der Geruch soll unangenehm und unverwechselbar sein (aus Küche und Haushalte geläufige Riechstoffe scheiden aus). Er soll bei Menschen, die ausgetretenes Gas riechen, eine Alarmassoziation hervorrufen.

2. Jede Person mit durchschnittlichem Riechvermögen und durchschnittlicher physiologischer Kondition muß den Geruch wahrnehmen können.

3. Die Warngeruchsstufe (= mittlere Geruchsintensivität) muß erreicht werden, bevor die Zündgrenze oder ein kinetischer Kohlenmonoxid-Gehalt erreicht ist.

4. Das Odoriermittel soll möglichst ungiftig sein und darf keine toxischen Verbrennungsprodukte bilden.

5. Das Odoriermittel soll eine hohe Flüchtigkeit aufweisen und möglichst rückstandsfrei verdampfen.

6. Ein geeignetes Odoriermittel darf weder bei winterlichen Temperaturen kondensieren noch sich entmischen noch an metallischen Leitungen haften.

7. Das Odoriermittel soll rückstandsfrei verbrennen.

8. Das Odoriermittel soll lagerstabil und gegenüber dem Gas sowie gegenüber den Anlagen chemisch beständig sein. Es darf weder die Korrosion fördern noch übliche Dichtungen angreifen.



[0005] Man hat bereits Anstrengungen unternommen, neue Gasodoriermittel bereitzustellen. So wurden beispielsweise vorgeschlagen
  • Alkylacrylate, Vinyl- bzw. Alkylether und deren Mischungen (JP 76-7481),
  • n-Valeriansäure, gegebenenfalls in Kombination mit Ethylacrylat und/oder Triethylamin (JP 76-34 841),
  • Mischungen aus Schwefelverbindungen und aliphatischem Aldehyd (JP 78-35 562),
  • Cycohexen (JP 83-42 235),
  • Norbornenderivate (JP 87-1998) und
  • gesättigte Ether, gesättigte Ester sowie deren Mischungen mit Mercaptanen.


[0006] Es wurde nun gefunden, daß man durch Zusätze von

A. Acrylsäure-C1-C12-, vorzugsweise -C1-C8-alkylestern,

B. Stickstoffverbindungen und gegebenenfalls

C. Antioxidantien

fortschrittlich odoriertes Gas erhält, das die wünschenswerten Eigenschaften weitgehend in sich vereinigt. Das neue Odoriermittel kann dem Gas in gleicher Größenordnung wie schwefelhaltige Verbindungen zugesetzt werden und erzeugt bei der Verbrennung keine korrosionsfördernden Produkte.

[0007] Die Acrylsäureester A umfassen Acrylsäuremethyl-, -ethyl-, -n-propyl-, -isopropyl-, -n-butyl-, -isobutyl-, -tert.-butyl-, -pentyl-, -hexyl-, -heptyl-, -octyl- und -dodecylester. In einer bevorzugten Ausführungsform werden als Komponente A Mischungen aus Acrylsäure-C1-C6-alkylestern eingesetzt; eine besonders bevorzugte Kombination enthält nebeneinander Acrylsäuremethyl- und -ethylester. Die Acrylatmischungen können die niederen und die höheren Ester jeweils im Gewichtsverhältnis von 9:1 bis 1:9, vorzugsweise 7:3 bis 3:7 enthalten.

[0008] Bevorzugte Stickstoffverbindungen B umfassen vor allem Verbindungen
  • mit einem Flammpunkt über 20°C, vorzugsweise über 40°C (gemessen nach ISO 2719),
  • mit einem Molekulargewicht von 80 bis 160, vorzugsweise 110 bis 145,
  • mit einem Siedepunkt von 90 bis 210, vorzugsweise 110 bis 165°C.


[0009] Die Stickstoffverbindungen B umfassen beispielsweise

[0010] Lactone wie Caprolacton
Nitrile wie 2-Nonennitril und Verbindungen der Formel

wobei
R1 bis R4
unabhängig voneinander für Wasserstoff oder C1-C4-Alkyl, bevorzugt Methyl oder Ethyl stehen.


[0011] Bevorzugte Verbindungen (1) sind z.B. 2-Methylpyrazin, 2,3-Dimethylpyrazin, 2,6-Dimethylpyrazin, 2,3,5-Trimethylpyrazin, Tetramethylpyrazin, 2-Ethylpyrazin, 2,3-Diethylpyrazin, 5,2-Methylethylpyrazin, 2,3-Methylethylpyrazin, 5,2,3-Methyldiethylpyrazin und 3,5,2- sowie 3,6,2-Dimethylethylpyrazin, 2,3-Methylethylpyrazin und Tetramethylpyrazin sind bevorzugt.

[0012] Die Stickstoffverbindungen B können in Mengen von 1 bis 100, vorzugsweise 30 bis 100, insbesondere 10 bis 50 Gewichtsteilen pro 1 000 Gewichtsteile A eingesetzt werden.

[0013] Die Odoriermittel können zum Schutz vor unerwünschter Oxidation Antioxidantien enthalten, wie sie beispielsweise bei Römpp-Lexikon Chemie Version 1.3 beschrieben sind. Bevorzugte Antioxidantien umfassen Butylhydroxyanisol, Jonol = tert.-Butylhydroxytoluol, Hydrochinonmonomethylether und α-Tocopherol.

[0014] Die Antioxidantien C werden bevorzugt in Mengen von 0,01 bis 5, insbesondere 0,05 bis 2, speziell 0,1 bis 1 Gewichtsteilen pro 1 000 Gewichsteile A eingesetzt.

[0015] Bevorzugte Gasodorierungsmittel können beispielsweise folgende Zusammensetzungen besitzen:
Beispiel 1
Ethylacrylat 600 g
Methylacrylat 360 g
5,2,3-Methyldiethylpyrazin 39 g
Jonol 1 g
Beispiel 2
Ethylacrylat 535 g
Methylacrylat 400 g
2-Methylpyrazin 64 g
Jonol 1 g
Beispiel 3
Ethylacrylat 320 g
Methylacrylat 637 g
3,5(6),2-Dimethylethylpyrazin 42 g
Jonol 1 g
Beispiel 4
Ethylacrylat 460 g
Methylacrylat 460 g
2,6-Dimcthylpyrazin 79 g
Jonol 1 g
Beispiel 5
Ethylacrylat 520 g
Methylacrylat 459 g
2,3,5-Trimethylpyrazin 20 g
Jonol 1 g
Beispiel 6
Ethylacrylat 885 g
Methylacrylat 100 g
2,3-Methylethylpyrazin 14 g
Jonol 1 g
Beispiel 7
Ethylacrylat 700 g
Methylacrylat 274 g
2,3-Dimethylpyrazin 25 g
Jonol 1 g
Beispiel 8
Ethylacrylat 350 g
Methylacrylat 600 g
Tetramethylpyrazin 49 g
Jonol 1 g
Beispiel 9
Ethylacrylat 144 g
Methylacrylat 800 g
2-Ethylpyrazin 56 g
Beispiel 10
Ethylacrylat 615 g
Methylacrylat 300 g
5,2-Methylethylpyrazin 85 g
Beispiel 11
Ethylacrylat 320 g
Methylacrylat 649 g
3,5(6),2-Dimethylethylpyrazin 15 g
2,3-Dimethylethylpyrazin 15 g
Jonol 1 g
Beispiel 12
Ethylacrylat 120 g
Methylacrylat 807 g
2-Ethylpyrazin 30 g
5,2-Methylethylpyrazin 42 g
Jonol 1 g
Beispiel 13
Ethylacrylat 520 g
Methylacrylat 434 g
2,6-Dimethylpyrazin 20 g
2,3-Methylethylpyrazin 25 g
Jonol 1 g
Beispiel 14
Ethylacrylat 320 g
Methylacrylat 633 g
2,3-Diethylpyrazin 34 g
2,3-Methylethylpyrazin 12 g
Jonol 1 g
Beispiel 15
Ethylacrylat 759 g
Methylacrylat 200 g
2-Methylpyrazin 30 g
Tetramethylpyrazin 10 g
Jonol 1 g

1. Verfahren zum Odorieren von Gas durch Zusatz

A. mindestens eines Acrylsäure-C1-C12-alkylesters,

B. mindestens einer N-Verbindung mit einem Siedpunkt von 90 bis 210°C und einem Molekulargewicht von 80 bis 160 und gegebenenfalls

C. eines Antioxidans.

2. Verfahren nach Aspekt 1, wonach man mindestens 2 verschiedene Acrylsäureester A zusetzt.

3. Verfahren nach Aspekt 1, wonach man als Komponente A eine Mischung aus zwei unterschiedlichen Acrylsäure-C1-C6-alkylestern zusetzt.

4. Verfahren nach Aspekt 3, wonach das Gewichtsverhältnis der beiden Acrylsäureester-Klassen 9:1 bis 1:9 beträgt.

5. Verfahren nach Aspekten 1 bis 4, wonach man als Komponente B eine Verbindung der Formel

einsetzt, wobei
R1 bis R4 unabhängig voneinander für Wasserstoff oder C1-C4-Alkyl stehen.

6. Verfahren nach Aspekten 1 bis 5, wonach die Komponente B in einer Menge von 1 bis 100 Gewichtsteilen pro 1 000 Gewichtsteile A eingesetzt wird.

7. Verfahren nach Aspekten 1 bis 6, wonach die Komponente C in einer Menge von 0,01 bis 5 Gewichtsteilen pro 1 000 Gewichtsteile A eingesetzt wird.

8. Nach Verfahren gemäß Aspekten 1 bis 6 odoriertes Gas.




Ansprüche

1. Gasodorierungsmittel, umfassend

A. mindestens einen Acrylsäure-C1-C12-alkylester

B. eine Verbindung der Formel

   wobei
R1 bis R4 unabhängig voneinander für Wasserstoff oder C1-C4-Alkyl stehen und ggf.

C. ein Antioxidans.


 
2. Gasodorierungsmittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es mindestens zwei Acrylsäure-C1-C12-alkylester umfasst.
 
3. Gasodorierungsmittel nach Anspruch 1, umfassend als Komponente A eine Mischung aus zwei unterschiedlichen Acrylsäure-C1-C6-alkylestern.
 
4. Gasodorierungsmittel nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Gewichtsverhältnis der beiden Acrylsäureesterklassen 9:1 bis 1:9 beträgt.
 
5. Gasodorierungsmittel nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass Komponente B in einer Menge von 1 bis 100 Gewichtsteilen pro 1000 Gewichtsteile A vorliegt.
 
6. Gasodorierungsmittel nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Komponente C in einer Menge von 0,01 bis 5 Gewichteilen pro 1000 Gewichtsteile A vorliegt.