[0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen Sitz zur Lockerung und Entspannung des Stützapparates
entlang der gesamten Wirbelsäule des Benutzers, speziell aber im Lendenwirbelsäulen
-Beckenbereich durch einfaches Sitzen, wobei die Sitzfläche um einen ungefähr in der
Mitte der Sitzfläche befindlichen Drehpunkt gekippt werden kann.
[0002] Durch die Erfindung soll es dem Benutzer ermöglicht werden, im Sitzen die tragenden
Strukturen der Bereiche der unteren Wirbelsäule und des Beckens zu bewegen und zu
lockern, aber diese auch endlagig durch feste Stützung zu entlasten und auszuruhen.
[0003] Es ist ein Faktum, daß viele Arbeitstätigkeiten in industrialisierten Nationen durch
monotone Bewegungen vollbracht werden, wobei dabei zumeist eine sitzende Position
eingenommen wird. Dies hat zur Folge, daß viele Menschen an den Auswirkungen von Haltungsschäden
leiden.
[0004] Das Zusammenwirken des passiven und des aktiven Haltungsapparates (Knochen, Bänder,
Muskeltonus) sowie der Stoffwechsel des Gewebes (Übersäuerung, Verquellungen etc.)
variiert je nach Alter, Kräftezustand, seelischer Verfassung und Veranlagung des Betroffenen.
Lockernde Bewegung sowie Streck- und Dehnübungen sind geeignet, diese schmerzhaften
Auswirkungen von Haltungsschäden zumindest zu lindern und wirken auch sonst gesundheitsfördernd.
Zu beachten ist, daß die meisten der bisher bekannten lockernden Übungen nicht während
der Arbeitstätigkeit durchgeführt werden können, sondern Freizeit für diese zusätzlichen
Übungen "geopfert" werden muß.
[0005] Es ist ein Ziel der vorliegenden Erfindung, einen Sitz zu schaffen, der sowohl im
betrieblichen als auch im privaten Bereich Verwendung finden kann und der neben seinem
primären Zweck -dem Sitzen- auch die wichtige Lockerung zur Verbesserung der Perfusion
und somit der Versorgung und Entsäuerung des entsprechenden Gewebes ermöglicht, wobei
sich die Entdeckung der Arbeitsmedizin zu Nutze gemacht wird, daß weder eine ständige
Ruhigstellung noch ständige Bewegung prinzipiell gesund, sondern nur das dem momentanen
Bedürfnis adäquate Verhalten wohltuend ist.
[0006] Erreicht wird dies dadurch, daß die Kippung der Sitzfläche um einen auf dem Scheitelpunkt
einer Nocke befindlichen Drehpunkt erfolgt. Dies bedeutet, daß die Sitzfläche um eine
individuell wählbare Mittellage zur Lockerung und Entspannung des Halteapparates mäßig
beweglich, aber auch durch den Sitz so von einem fixen, begrenzenden Rahmen umgeben
ist, daß auch ein entspanntes Hineinlehnen in den Sitz möglich ist. Dadurch können
die lockernden Übungen durch vor-, rück- und seitwärtiges Kippen sowie durch kombiniertes
Kreisen des Beckens mehr oder weniger unbewußt während des Arbeitsvorganges stattfinden
und sogar neben der Verhinderung der Belastung durch relativ zwingende Haltungskonstanz
sogar eine Erleichterung haltungsbedingter Beschwerden bewirken. Adäquate Wirkungen
könnten sonst nur durch gymnastische Übungen außerhalb der Arbeitstätigkeit erreicht
werden.
[0007] Um den Sitz individuell an den Benützer anpassen zu können und um ein bequemes und
immer wieder veränderbares Sitzen zu ermöglichen, ist es zweckmäßig, daß der Drehpunkt
der Sitzfläche in der Ebene der Sitzfläche verschoben werden kann.
[0008] Um eine jeweils unterschiedliche Kippung des Sitzes zu ermöglichen ist der Drehpunkt
in vertikaler Richtung veränderbar ausgebildet.
[0009] Wie bereits oben ausgeführt, ist die Sitzfläche nach allen Seiten hin kippbar, zur
Verhinderung von größeren (und gesundheitsschädlichen) Auslenkungen im Lendenbereich
sollte der Neigungswinkel der Sitzfläche nur begrenzt verändert werden können.
[0010] Ein entspanntes Hineinlehnen in den Sitz wird zusätzlich noch dadurch gefördert,
daß die Kippbewegung der Sitzfläche durch eine Lage weichem und nachgiebigem sowie
durch eine zweite Lage von festerem Schaumstoff gedämpft wird. Es können aber auch
noch andere Polsterungs- oder Federungsmöglichkeiten, wie z.B. Stahlfedern oder Plastikbällchen
hohl oder flüssigkeitsgefüllt etc. für weitere Einsatzmöglichkeiten vorgesehen werden.
[0011] Um ein bequemes Anlehnen des Oberkörpers zu ermöglichen, kann bei der gegenständlichen
Erfindung eine Sitzlehne mit zwei an ihrer Rückseite verschiebbaren Lordosenstützen
vorgesehen werden, die ihre Kippachse nicht wie üblich in der Sitzhöhe hat, sondern
im Vergleich zu dem allgemein üblichen Modus wesentlich nach oben versetzt -in der
Höhe etwa des Überganges von der Brust zur Lendenwirbelsäule bei einem normal großen,
sitzenden Erwachsenen- hat. Dadurch kann sich die Rückenlehne -durch Schaumstoff oder,
wie oben schon bei der Sitzfläche besprochen, anders gefedert- immer abhängig von
der jeweiligen Stellung des Beckens an die Lendenwirbelsäule stützend anlehnen. Damit
wird das "dynamische" Sitzen und das "statische" Ausruhen des Benutzers noch besser
ermöglicht. Üblicherweise werden bei der gegenständlichen Erfindung auch höhenverstellbare
Armlehnen vorgesehen sein, die zusätzlich noch mit Achselstücken versehen sein können,
um ein "Hineinhängen" des Benutzers zu ermöglichen.
[0012] Nachstehend ist die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispieles beschrieben, welches
in den Zeichnungen dargestellt ist, wobei die Erfindung keinesfalls auf dieses Beispiel
beschränkt ist.
- Dabei zeigt die Fig. 1 einen erfindungsgemäßen Sitz in einer Totalen;
- weiters stellt Fig. 2 einen Kippmechanismus eines erfindungsgemäßen Sitzes in Ansicht dar;
- Fig. 3 zeigt in schaubildlicher Ansicht einen Teil des Kippmechanismus der Erfindung und
- Fig. 4 zeigt einen Teil des bereits in Fig. 3 gezeigten Teiles des Kippmechanismus
in Seitenansicht.
[0013] Gemäß der Fig. 1 besteht ein Sitz 1 aus einer Sitzfläche 2, einer Lehne 3, einem
Kippmechanismus 4 und einer Gasdruckfeder 5. Der Kippmechanismus 4 befindet sich auf
einer Halteplatte 6, wobei sich oberhalb dieses Kippmechanismus 4 eine Widerlagerplatte
18 samt Sitzfläche 2 befindet.
[0014] In der gegenständlichen Figur nicht gezeigt sind mögliche Armlehnen am Rande der
Sitzfläche 2; am unteren Ende der Gasdruckfeder 5 befinden sich die (nicht gezeigten)
Füße des Sitzes 1, in der Regel wird wohl ein Fünf-Sterne-Fußkreuz angelenkt sein.
[0015] Die nicht gezeigten Armlehnen können höhenverstellbar angeordnet werden, wobei es
auch möglich ist die Armlehnen mittels (in der Figur nicht gezeigten) Achselstücken
zu versehen, in die sich der Benutzer zur Entlastung seines Stützapparates (Wirbelsäule
etc.) einhängen kann. Möglich ist auch, daß die Lehne 3 in an und für sich bekannter
Weise höhenverstellbar, respektive neigbar angeordnet ist.
[0016] Die Fig. 2 zeigt die Halteplatte 6 in einer Draufsicht, die oberhalb der Halteplatte
6 befindliche Sitzfläche 2 samt Widerlagerplatte 18 ist nicht gezeigt.
[0017] Die Kippung der Sitzfläche 2 und der damit verbundenen Widerlagerplatte 18 wird dadurch
erreicht, daß eine auf einer Flügelstange 7 angelenkte Nocke 8 die Widerlagerplatte
18 ungefähr mittig anhebt, sodaß die Widerlagerplatte 18 (samt der oberhalb befindlichen
Sitzfläche 2) um den auf dem Scheitelpunkt der Nocke 8 befindlichen Drehpunkt gekippt
werden kann.
[0018] Durch Verdrehen der Flügelstange 7 (samt Nocke 8) verändert sich der Drehpunkt in
vertikaler Richtung, wobei dadurch einmal ein größerer und einmal ein kleinerer möglicher
Neigungswinkel der Sitzfläche 2 erreicht wird. Durch ein Vor- oder Zurückschieben
in Pfeilrichtung p' der Flügelstange 7 samt der Nocke 8 kann der Drehpunkt etwas vom
Mittelpunkt der Halteplatte 6 weg verlagert werden.
[0019] Die Halteplatte 6 ist aus mehreren Schichten Material aufgebaut, die das Kippen der
Sitzfläche 2 dämpfen. Eine Grundplatte 9 (vorzugsweise aus Holz ausgebildet) ist mit
einer Lage aus festem Schaumstoff 10 und einer Lage aus weichem Schaumstoff 11 verbunden.
Dies hat zur Folge, daß trotz einer Höhenverstellung durch ein Verdrehen der Nocke
8 mit Hilfe der Flügelstange 7 sowohl eine leichte wie auch eine kräftige Komponente
des Kippens erhalten bleibt. Ein derartiges Sitzgefühl wird vom Benutzer als angenehm
empfunden.
[0020] Nicht gezeigt sind weitere aber bekannte Federungsmöglichkeiten (Federn etc.), welche
anstatt der Lage aus festem Schaumstoff 10 und der Lage aus weichem Schaumstoff 11
eingesetzt werden können.
[0021] Zwei kleine Transportschienen 12 an den Positionen P' und P", die in Folge ihrer
zweifachen Kröpfung 13 in die im rechten Winkel an der Flügelstange 7 entsprechend
angesetzten Transportflügel 14 einrasten, laufen in ihren beiden queren Rillen 15'
und 15" und bewegen beim drehenden Verstellen der Nocke 8 die Fixierblöcke 16. Diese
Fixierblöcke 16 sind an den Enden der Transportschiene 12 mit dieser verbunden. Die
Fixierblöcke 16 kommen in der Feststellposition direkt unter Fixierblöcken 17 zu liegen,
die auf der Widerlagerplatte 18 angebracht sind (sichtbar in Fig. 1).
[0022] Durch die in der Zeichnung gezeigte besondere Form der Halteplatte 6 wird eine stärkere
Kippung des Sitzes 1 nach vorne, eine schwächere Kippung nach hinten und ein wesentlich
geringeres Auslenken zu den Seiten hin erlaubt. Diese Anordnung kommt den physiologischen
Bedürfnissen der Mobilitäten normaler Wirbelsäulen entgegen und ist daher medizinisch
von Vorteil.
[0023] Zugfedern 19 auf beiden Seiten der zentralen Ausnehmung 20 der Nocke 8 in der Halteplatte
6 sorgen für den nötigen ständigen Anpreßdruck der Halteplatte 6 samt der Sitzfläche
2 an die Nocke 8. Bohrungen 21 erlauben ein Anlenken der Halteplatte 6 an die Gasfeder
5.
[0024] Gemäß der Fig. 3 ist auf der Flügelstange 7 eine Nocke 8 angelenkt. Auf beiden Seiten
der Nocke 8 befinden sich die Transportflügel 14.
[0025] Fig. 4 zeigt die Nocke 8. Auf drei Vierteln ihres Umfanges weist die Nocke 8 im Mittel
den gleichen Abstand von ihrem Zentrum und nur in einem Viertel einen größeren Abstand
von ihrem Zentrum auf. An der Basisseite und an der der exzentrischen Seite gegenüberliegenden
Seite ist die Nocke 8 tangential eine kurze Strecke gerade (an der Stelle P"') und
nicht bombiert, also flach, und nur mit gerundeten Übergängen versehen. Dies gewährleistet
ein Fixieren der gewählten Einstellung. Für den Benutzer wird subjektiv ein "Einrasten"
erfolgen.
1. Sitz (1) zur Lockerung und Entspannung des Stützapparates entlang der gesamten Wirbelsäule
des menschlichen Benutzers, speziell des Lendenwirbelsäulen - Beckenbereiches durch
einfaches Sitzen, wobei die Sitzfläche (2) um einen ungefähr in der Mitte der Sitzfläche
(2) befindlichen Drehpunkt gekippt werden kann, dadurch gekennzeichnet, daß die Kippung der Sitzfläche (2) um einen auf dem Scheitelpunkt einer Nocke (8) befindlichen
Drehpunkt erfolgt.
2. Sitz (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Drehpunkt der Sitzfläche (2) in der Ebene der Sitzfläche (2) verschoben werden
kann.
3. Sitz (1) nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Drehpunkt in vertikaler Richtung veränderbar ausgebildet ist.
4. Sitz (1) nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Neigungswinkel der Sitzfläche (2) nur begrenzt verändert werden kann.
5. Sitz (1) nach Anspruch 1, 2, 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Kippen der Sitzfläche (2) durch eine Lage von weichem und nachgiebigem Schaumstoff
(11) sowie durch eine zweite Lage von festerem Schaumstoff (10) gedämpft wird.