[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Herstellen von Werkstücken
nach dem Innenhochdruck-Umformverfahren aus einem in ein die Werkstück-Geometrie aufweisendes
Werkzeug eingelegten Rohrabschnitt, der während der Aufweitung in der Umformzone der
Werkzeug-Geometrie zumindest von einem Ende her mittels eines Dichtstempels, über
den auch das Druckmittel in den Innenraum des Rohrabschnitts gelangt, axial gestaucht
wird.
[0002] Das Innenhochdruck-Umformverfahren ist im Stand der Technik hinlänglich bekannt und
in der einschlägigen Literatur beschrieben (vgl. VDI, Fortschrittsberichte, Reihe
2, Nr. 142, VDI-Verlag 1987). Es wird vorzugsweise zum Herstellen unterschiedlich
geformter Hohlkörper aus einem Halbzeug, beispielsweise ein rohrförmiges Werkstück,
angewendet. Wie bekannt, wird dabei ein Rohrabschnitt, z.B. aus Stahl, Aluminium oder
Kupfer, in ein mehrteiliges Innenhochdruck-Umformwerkzeug ohne feste Innenmatrize
mit Umformstößeln bzw. Dichtstempeln und einer an diese angeschlossenen Innenhochdruckquelle
eingelegt. Nach dem Verschließen der Enden des Rohrabschnitts durch die Dicht- bzw.
Umformstempel wird der Rohrabschnitt mit Hilfe eines geeigneten Druckmittels mit hohem
Innendruck beaufschlagt und unter gleichzeitiger Beaufschlagung mit axialem Druck
(durch mindestens einen der beiden Dichtstempel) auf die Rohrwandung umgeformt. Der
Axialdruck und der Innendruck bewirken, daß sich der Rohrabschnitt an die die endgültige
Form des Hohlkörpers aufweisende Innenkontur bzw. -wandung entsprechend der Werkzeug-Geometrie
des Umformwerkzeuges anlegt. Beim Innenhochdruck-Umformen wird der Werkstoff in den
plastischen Zustand versetzt, der während des gesamten Umformvorgangs unter Berücksichtigung
von Werkstoffverfestigung und etwaiger Werkzeugkräfte aufrechterhalten wird.
[0003] Von den durch Innenhochdruck-Umformung herzustellenden Bauteilen bzw. Werkstücken
bereiten insbesondere solche Schwierigkeiten, die einen aufgeweiteten Bereich über
eine größer als übliche Länge erfordern, wie das beispielsweise insbesondere bei Benzin-Einfüllstutzen
der Fall ist. Diese große Länge des aufgeweiteten Bereichs bzw. Abschnitts des Rohres
bringt nämlich das große Problem mit sich, daß in diesem Abschnitt keine ausreichende
Knickstabilität mehr gegeben ist, weil die Länge ganz einfach zu groß ist.
[0004] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung
der eingangs genannten Art zu schaffen, die es ermöglichen, auch solche Werkstücke
herzustellen, die einen über die übliche Länge deutlich hinausgehenden aufgeweiteten
Bereich besitzen.
[0005] Diese Aufgabe wird mit einem Verfahren erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß in einem
ersten Schritt das Werkzeug mit dem Rohrabschnitt und dem Dichtstempel ohne Relativbewegung
zueinander in dieselbe Richtung bis in eine Endposition verfahren werden, bei deren
Erreichen der Rohrabschnitt gleichzeitig mit Innendruck entsprechend der Werkzeuggeometrie
umgeformt wird, wonach dann in einem weiteren Schritt das Werkzeug und der Dichtstempel
gegensinnig derart verfahren werden, daß dem Rohrabschnitt eine anwachsende freie
Umformzone zur Verfügung steht, in die er bis zur Werkstück-Endkontur gedrückt wird.
Es wird hiermit erfindungsgemäß ein völlig ungewöhnlicher, neuer Weg zur Herstellung
von Werkstücken durch Innenhochdruck-Umformung beschritten, der aufgrund der erfindungsgemäßen
Bewegungsfolge und -abläufe über eine große Länge eine Aufweitung des Rohrabschnitts
erlaubt, wobei das Werkstück bzw. der umzuformende bzw. aufzuweitende Rohrabschnitt
gleichwohl unverändert knickstabil bleibt.
[0006] Während der ersten Betriebsphase mit einer Bewegung von Werkzeug und Dichtstempel
in dieselbe Richtung bleibt die in das Werkzeug eingesteckte Rohrlänge zu jeder Zeit
gleich, weil keine Relativbewegung stattfindet. Dieser gemeinsam zurückgelegte Weg
schafft quasi ein Polster für das spätere Anwachsen der freien Umformzone beim in
der letzten Betriebsphase gegensinnigen bzw. -läufigen Bewegen von Werkzeug und Dichtstempel.
Denn wenn im Anschluß an das übliche Umformen mit axialem Stauchen unter Einleitung
von Innendruck in den Rohrabschnitt das Werkzeug in entgegengesetzter Richtung zum
Dichtstempel verfahren wird, läßt sich beim Rückstellen des Werkzeugs in seine Ausgangsposition
sozusagen ein Rückzieh-Aufweitstauchen erreichen. Das im Werkzeug befindliche Rohr
wird nämlich in die immer länger werdende freie Umformzone herausgedrückt und erfährt
somit während des Anwachsens des aufgeweiteten Bereiches keine Beeinträchtigung der
Knickstabilität. Es lassen sich damit Werkstücke mit im Grunde einer beliebigen Länge
des aufgeweiteten Bereiches herstellen, natürlich unter Berücksichtigung der Abmessung
des Rohlings, d.h. des zur Umformung in das Werkzeug eingelegten Rohrabschnitts.
[0007] Bei einer Vorrichtung zum Herstellen solcher Werkstücke mit einem deutlich längeren
aufgeweiteten Bereich, insbesondere zum Durchführen des Verfahrens, ist das Werkzeug
in einem axial beweglichen Schieber angeordnet, der mit einer Hülse versehen ist,
die in das Werkzeug eintaucht und an ihrem vorderen, der Werkzeug-Geometrie zugewandten
Ende mit einer zu der Werkzeug-Geometrie komplementären Werkstück-Teilgeometrie ausgebildet
ist, und bei gegensinniger Verfahrbewegung von Schieber und Dichtstempel tritt der
Rohrabschnitt in den anwachsenden freien Aufweitbereich der Umformzone der Werkzeug-Geometrie
ein. Der um das Werkzeug bzw. dessen beiden Werkzeughälften herumgebaute Schieber
ermöglicht in einfacher Weise nicht nur die erforderlichen Verfahrbewegungen, sondern
er nimmt gleichzeitig auch die Hülse auf, die an ihrem vorderen Ende mit der komplementären
Werkzeug-Teilgeometrie versehen ist, so daß bei der gegenläufigen Bewegung von Schieber
und Dichtstempel beim Rückzug des Schiebers in seine Ausgangsposition das Rohr aus
dem Schieber raus in den freien Aufweitbereich der Umformzone aus Werkzeug- und Hülsen-Teilgeometrie
anwächst. Es wird damit nicht von vornherein ein Aufweitbereich mit großer Länge umgeformt,
was die Probleme bezüglich der Knickstabilität mit sich bringen würde, sondern es
wird zunächst in einer wie üblich klein bemessenen Umformzone aufgeweitet und danach
wächst diese Umformzone sukzessive bis zur Endkontur zunehmend an. Der Dichtstempel
liegt hierbei dem nur mit kurzer Länge anwachsenden Ende des Rohrabschnitts an.
[0008] Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen und
der nachfolgenden Beschreibung eines in den Zeichnungen sehr schematisch dargestellten
Ausführungsbeispiels des Gegenstandes der Erfindung. Es zeigen:
- Figur 1
- als Einzelheit einer als solche hinlänglich bekannten Innenhochdruck-Umformmaschine
einen Schieber mit darin angeordnetem Werkzeug und den darin eingelegten Rohrabschnitt;
- Figur 2
- die Einrichtung nach Figur 1 in einer ersten Betriebsphase; und
- Figur 3
- die Einrichtung nach den Figuren 1 und 2 in einer weiteren Betriebsphase.
[0009] Von einer Innenhochdruck-Umformmaschine bzw. -presse sind in den Fig. 1 bis 3 als
Einzelheit lediglich ein aus zwei Werkzeughälften 1a, 1b bestehendes Werkzeug 1 gezeigt,
das mit der eine Umformzone 2 zum Aufweiten eines in das Werkzeug 1 eingelegten Rohrabschnitts
3 darstellenden Werkstück-Geometrie 4 ausgebildet ist. Das Werkzeug 1 ist in einem
mittels eines mit seinem Stößel 11 angreifenden Verstellantriebs 10 linear beweglichen
Schieber 5 angeordnet. Dieser trägt eine in das Werkzeug 1 eintauchende Hülse 6, die
an ihrem vorderen Ende mit einer zu der Werkstück-Geometrie 4 des Werkzeugs 1 komplementären
Werkstück-Teilgeometrie 7 gestaltet ist. In der in Fig. 1 dargestellten Ausgangsposition
wird der Rohrabschnitt 3 an einer Stirnseite von einem Stößel 8 eines Dichtstempels
9 verschlossen, über den auch das zur Umformung benötigte Druckmedium, zugeführt von
einer nicht gezeigten Druckmittelquelle, in den Innenraum des umzuformenden Rohrabschnitts
3 eingeleitet wird. Das andere Ende des Rohrabschnitts ist über den Block des Werkzeugs
1, d.h. dessen vor der Umformzone 2 bzw. der Werkstück-Geometrie 4 liegenden Abschnitt
abgedichtet.
[0010] Zur Umformung des Rohrabschnitts 3 zu einem fertigen Werkstück mit einem sich über
eine große Länge erstreckenden Aufweitbereich werden gemäß Fig. 2 der Schieber 5 über
den mit seinem Stößel 11 angreifenden Verstellantrieb 10 und der Dichtstempel 9 in
die gleiche Richtung - hier gemäß Pfeil 12 nach links - verfahren. Hierbei bleibt
die in der Hülse 6 des Schiebers 5 eingesteckte Länge des Rohrabschnitts 3 zu jeder
Zeit gleich, da keine Relativbewegung zwischen dem Dichtstempel 9 und dem Schieber
5 stattfindet. Sobald dann die in Fig. 2 dargestellte Endposition der gemeinsamen
Verfahrbewegung erreicht ist, in der die Hülse 6 mit ihrer Werkstück-Teilgeometrie
7 die Werkstück-Geometrie 4 des Werkzeugs 1 komplettiert, wird der Rohrabschnitt 3
mit Innendruck umgeformt und mittels des Stößels 8 des Dichtstempels 9 axial gestaucht,
bis der Rohrabschnitt in der Umformzone 2, die sich in dieser Betriebsphase aus der
Werkstück-Teilgeometrie 7 der Hülse 6 und der davor, d.h. links vor der Hülse 6 verbleibenden
Werkstück-Geometrie 4 des Werkzeugs 1 zusammensetzt, aufgeweitet ist.
[0011] Danach werden - wie in der Betriebsphase nach Fig. 3 dargestellt - der Schieber 5
und der Dichtstempel 9 in eine gegensinnige bzw. -läufige Richtung verfahren, d.h.
der Dichtstempel 9 unverändert in Pfeilrichtung 12 nach links und der Schieber 5 mit
der Hülse 6 entsprechend der Pfeilrichtung 13 nach rechts. Mit den sich entsprechend
verlagernden Werkstück-Geometrien 4 bzw. 7 einerseits des Werkzeugs 1 und andererseits
der Hülse 6, die sich auseinanderziehen, wird der sich im Schieber 5 befindende Rohrabschnitt
3 aus dem Schieber 5 heraus in die immer länger werdende freie Umformzone 2' gedrückt
und aufgeweitet. Durch dieses sukzessive Anwachsen des Aufweitbereiches bzw. der freien
Umformzone 2' wird die Knickstabilität des Werkstückes bzw. Fertigrohres trotz des
gegenüber herkömmlichen Herstellverfahren sehr viel längeren Aufweitbereichs nicht
beeinträchtigt.
1. Verfahren zum Herstellen von Werkstücken nach dem Innenhochdruck-Umformverfahren aus
einem in ein die Werkstück-Geometrie aufweisendes Werkzeug eingelegten Rohrabschnitt,
der während der Aufweitung in der Werkzeug-Geometrie zumindest von einem Ende her
mittels eines Dichtstempels, über den auch das Druckmittel in den Innenraum des Rohrabschnitts
gelangt, axial gestaucht wird,
dadurch gekennzeichnet,
daß in einem ersten Schritt das Werkzeug (1) mit dem Rohrabschnitt (3) und dem Dichtstempel
(9) ohne Relativbewegung zueinander in dieselbe Richtung (12) bis in eine Endposition
verfahren werden, bei deren Erreichen der Rohrabschnitt (3) mit Innendruck entsprechend
der Werkstückgeometrie (4 und 7) umgeformt wird, wonach dann in einem weiteren Schritt
das Werkzeug (1) und der Dichtstempel (9) gegensinnig derart verfahren werden, daß
dem Rohrabschnitt (3) eine anwachsende freie Umformzone (2') der Werkzeug-Geometrie
(4 und 7) zur Verfügung steht, in die er sukzessive bis zur Werkstück-Endkontur gedrückt
wird.
2. Vorrichtung zum Herstellen von Werkstücken nach dem Innenhochdruck-Umformverfahren
aus einem in ein die Werkstück-Geometrie aufweisendes Werkzeug eingelegten Rohrabschnitt,
der während der Aufweitung in der Werkzeug-Geometrie zumindest von einem Ende her
mittels eines Dichtstempels, über den auch das Druckmittel in den Innenraum des Rohrabschnitts
gelangt, axial gestaucht wird, insbesondere zum Durchführen des Verfahrens nach Anspruch
1,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Werkzeug (1) in einem axial beweglichen Schieber (5) angeordnet ist, der mit
einer Hülse (6) versehen ist, die in das Werkzeug (1) eintaucht und an ihrem vorderen,
der Werkzeug-Geometrie (4) zugewandten Ende mit einer zu der Werkstück-Geometrie (4)
komplementären Werkstück-Teilgeometrie (7) ausgebildet ist, und bei gegensinniger
Verfahrbewegung von Schieber (5) und Dichtstempel (9) der Rohrabschnitt (3) in den
anwachsenden freien Aufweitbereich der Umformzone (2') eintritt.