(19)
(11) EP 1 336 439 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.08.2003  Patentblatt  2003/34

(21) Anmeldenummer: 03002366.7

(22) Anmeldetag:  04.02.2003
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B21D 26/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IT LI LU MC NL PT SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO

(30) Priorität: 13.02.2002 DE 10206094
14.03.2002 DE 10211087

(71) Anmelder: Schuler Hydroforming GmbH & Co. KG
57234 Wilnsdorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Prier, Matthias, Dr.-Ing.
    57234 Wilnsdorf (DE)
  • Gummersbach, Tobias, Dipl.-Ing.
    57462 Olpe (DE)
  • Engel, Bernd, Dr.-Ing.
    57299 Burbach (DE)

(74) Vertreter: Valentin, Ekkehard 
Patentanwälte,Valentin-Gihske-Grosse, Eduard-Schloemann-Strasse 55
40237 Düsseldorf
40237 Düsseldorf (DE)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zum Herstellen von Werkstücken nach dem Innenhochdruck-Umformverfahren


(57) Bei einem Verfahren zum Herstellen von Werkstücken nach dem Innenhochdruck-Umformverfahren aus einem in ein die Werkstück-Geometrie (4) aufweisendes Werkzeug (1) eingelegten Rohrabschnitt (3), der während der Aufweitung in der Werkzeug-Geometrie zumindest von einem Ende her mittels eines Dichtstempels (9), über den auch das Druckmittel in den Innenraum des Rohrabschnitts gelangt, axial gestaucht wird, werden in einem ersten Schritt das Werkzeug (1) mit dem Rohrabschnitt (3) und der Dichtstempel (9) ohne Relativbewegung zueinander in dieselbe Richtung (12) bis in eine Endposition verfahren, bei deren Erreichen der Rohrabschnitt (3) mit Innendruck entsprechend der Werkzeuggeometrie (4; 7) umgeformt wird, wonach dann in einem weiteren Schritt das Werkzeug (1) und der Dichtstempel (9) gegensinnig derart verfahren werden, daß dem Rohrabschnitt (3) eine anwachsende freie Umformzone (2') der Werkstück-Geometrie (4; 7) zur Verfügung steht, in die er sukzessive bis zur Werkstück-Endkontur gedrückt wird. Ein hierzu geeignetes Werkzeug (1) ist in einem axial beweglichen Schieber (5) angeordnet, der mit einer Hülse (6) versehen ist, die in das Werkzeug eintaucht und an ihrem vorderen, der Werkzeug-Geometrie (4) zugewandten Ende mit einer zu der Werkstück-Geometrie komplementären Werkzeug-Teilgeometrie (7) ausgebildet ist, wobei bei gegensinniger Verfahrbewegung von Schieber (5) und Dichtstempel (9) der Rohrabschnitt (3) in den anwachsenden freien Aufweitbereich der Umformzone (2') eintritt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Herstellen von Werkstücken nach dem Innenhochdruck-Umformverfahren aus einem in ein die Werkstück-Geometrie aufweisendes Werkzeug eingelegten Rohrabschnitt, der während der Aufweitung in der Umformzone der Werkzeug-Geometrie zumindest von einem Ende her mittels eines Dichtstempels, über den auch das Druckmittel in den Innenraum des Rohrabschnitts gelangt, axial gestaucht wird.

[0002] Das Innenhochdruck-Umformverfahren ist im Stand der Technik hinlänglich bekannt und in der einschlägigen Literatur beschrieben (vgl. VDI, Fortschrittsberichte, Reihe 2, Nr. 142, VDI-Verlag 1987). Es wird vorzugsweise zum Herstellen unterschiedlich geformter Hohlkörper aus einem Halbzeug, beispielsweise ein rohrförmiges Werkstück, angewendet. Wie bekannt, wird dabei ein Rohrabschnitt, z.B. aus Stahl, Aluminium oder Kupfer, in ein mehrteiliges Innenhochdruck-Umformwerkzeug ohne feste Innenmatrize mit Umformstößeln bzw. Dichtstempeln und einer an diese angeschlossenen Innenhochdruckquelle eingelegt. Nach dem Verschließen der Enden des Rohrabschnitts durch die Dicht- bzw. Umformstempel wird der Rohrabschnitt mit Hilfe eines geeigneten Druckmittels mit hohem Innendruck beaufschlagt und unter gleichzeitiger Beaufschlagung mit axialem Druck (durch mindestens einen der beiden Dichtstempel) auf die Rohrwandung umgeformt. Der Axialdruck und der Innendruck bewirken, daß sich der Rohrabschnitt an die die endgültige Form des Hohlkörpers aufweisende Innenkontur bzw. -wandung entsprechend der Werkzeug-Geometrie des Umformwerkzeuges anlegt. Beim Innenhochdruck-Umformen wird der Werkstoff in den plastischen Zustand versetzt, der während des gesamten Umformvorgangs unter Berücksichtigung von Werkstoffverfestigung und etwaiger Werkzeugkräfte aufrechterhalten wird.

[0003] Von den durch Innenhochdruck-Umformung herzustellenden Bauteilen bzw. Werkstücken bereiten insbesondere solche Schwierigkeiten, die einen aufgeweiteten Bereich über eine größer als übliche Länge erfordern, wie das beispielsweise insbesondere bei Benzin-Einfüllstutzen der Fall ist. Diese große Länge des aufgeweiteten Bereichs bzw. Abschnitts des Rohres bringt nämlich das große Problem mit sich, daß in diesem Abschnitt keine ausreichende Knickstabilität mehr gegeben ist, weil die Länge ganz einfach zu groß ist.

[0004] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung der eingangs genannten Art zu schaffen, die es ermöglichen, auch solche Werkstücke herzustellen, die einen über die übliche Länge deutlich hinausgehenden aufgeweiteten Bereich besitzen.

[0005] Diese Aufgabe wird mit einem Verfahren erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß in einem ersten Schritt das Werkzeug mit dem Rohrabschnitt und dem Dichtstempel ohne Relativbewegung zueinander in dieselbe Richtung bis in eine Endposition verfahren werden, bei deren Erreichen der Rohrabschnitt gleichzeitig mit Innendruck entsprechend der Werkzeuggeometrie umgeformt wird, wonach dann in einem weiteren Schritt das Werkzeug und der Dichtstempel gegensinnig derart verfahren werden, daß dem Rohrabschnitt eine anwachsende freie Umformzone zur Verfügung steht, in die er bis zur Werkstück-Endkontur gedrückt wird. Es wird hiermit erfindungsgemäß ein völlig ungewöhnlicher, neuer Weg zur Herstellung von Werkstücken durch Innenhochdruck-Umformung beschritten, der aufgrund der erfindungsgemäßen Bewegungsfolge und -abläufe über eine große Länge eine Aufweitung des Rohrabschnitts erlaubt, wobei das Werkstück bzw. der umzuformende bzw. aufzuweitende Rohrabschnitt gleichwohl unverändert knickstabil bleibt.

[0006] Während der ersten Betriebsphase mit einer Bewegung von Werkzeug und Dichtstempel in dieselbe Richtung bleibt die in das Werkzeug eingesteckte Rohrlänge zu jeder Zeit gleich, weil keine Relativbewegung stattfindet. Dieser gemeinsam zurückgelegte Weg schafft quasi ein Polster für das spätere Anwachsen der freien Umformzone beim in der letzten Betriebsphase gegensinnigen bzw. -läufigen Bewegen von Werkzeug und Dichtstempel. Denn wenn im Anschluß an das übliche Umformen mit axialem Stauchen unter Einleitung von Innendruck in den Rohrabschnitt das Werkzeug in entgegengesetzter Richtung zum Dichtstempel verfahren wird, läßt sich beim Rückstellen des Werkzeugs in seine Ausgangsposition sozusagen ein Rückzieh-Aufweitstauchen erreichen. Das im Werkzeug befindliche Rohr wird nämlich in die immer länger werdende freie Umformzone herausgedrückt und erfährt somit während des Anwachsens des aufgeweiteten Bereiches keine Beeinträchtigung der Knickstabilität. Es lassen sich damit Werkstücke mit im Grunde einer beliebigen Länge des aufgeweiteten Bereiches herstellen, natürlich unter Berücksichtigung der Abmessung des Rohlings, d.h. des zur Umformung in das Werkzeug eingelegten Rohrabschnitts.

[0007] Bei einer Vorrichtung zum Herstellen solcher Werkstücke mit einem deutlich längeren aufgeweiteten Bereich, insbesondere zum Durchführen des Verfahrens, ist das Werkzeug in einem axial beweglichen Schieber angeordnet, der mit einer Hülse versehen ist, die in das Werkzeug eintaucht und an ihrem vorderen, der Werkzeug-Geometrie zugewandten Ende mit einer zu der Werkzeug-Geometrie komplementären Werkstück-Teilgeometrie ausgebildet ist, und bei gegensinniger Verfahrbewegung von Schieber und Dichtstempel tritt der Rohrabschnitt in den anwachsenden freien Aufweitbereich der Umformzone der Werkzeug-Geometrie ein. Der um das Werkzeug bzw. dessen beiden Werkzeughälften herumgebaute Schieber ermöglicht in einfacher Weise nicht nur die erforderlichen Verfahrbewegungen, sondern er nimmt gleichzeitig auch die Hülse auf, die an ihrem vorderen Ende mit der komplementären Werkzeug-Teilgeometrie versehen ist, so daß bei der gegenläufigen Bewegung von Schieber und Dichtstempel beim Rückzug des Schiebers in seine Ausgangsposition das Rohr aus dem Schieber raus in den freien Aufweitbereich der Umformzone aus Werkzeug- und Hülsen-Teilgeometrie anwächst. Es wird damit nicht von vornherein ein Aufweitbereich mit großer Länge umgeformt, was die Probleme bezüglich der Knickstabilität mit sich bringen würde, sondern es wird zunächst in einer wie üblich klein bemessenen Umformzone aufgeweitet und danach wächst diese Umformzone sukzessive bis zur Endkontur zunehmend an. Der Dichtstempel liegt hierbei dem nur mit kurzer Länge anwachsenden Ende des Rohrabschnitts an.

[0008] Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen und der nachfolgenden Beschreibung eines in den Zeichnungen sehr schematisch dargestellten Ausführungsbeispiels des Gegenstandes der Erfindung. Es zeigen:
Figur 1
als Einzelheit einer als solche hinlänglich bekannten Innenhochdruck-Umformmaschine einen Schieber mit darin angeordnetem Werkzeug und den darin eingelegten Rohrabschnitt;
Figur 2
die Einrichtung nach Figur 1 in einer ersten Betriebsphase; und
Figur 3
die Einrichtung nach den Figuren 1 und 2 in einer weiteren Betriebsphase.


[0009] Von einer Innenhochdruck-Umformmaschine bzw. -presse sind in den Fig. 1 bis 3 als Einzelheit lediglich ein aus zwei Werkzeughälften 1a, 1b bestehendes Werkzeug 1 gezeigt, das mit der eine Umformzone 2 zum Aufweiten eines in das Werkzeug 1 eingelegten Rohrabschnitts 3 darstellenden Werkstück-Geometrie 4 ausgebildet ist. Das Werkzeug 1 ist in einem mittels eines mit seinem Stößel 11 angreifenden Verstellantriebs 10 linear beweglichen Schieber 5 angeordnet. Dieser trägt eine in das Werkzeug 1 eintauchende Hülse 6, die an ihrem vorderen Ende mit einer zu der Werkstück-Geometrie 4 des Werkzeugs 1 komplementären Werkstück-Teilgeometrie 7 gestaltet ist. In der in Fig. 1 dargestellten Ausgangsposition wird der Rohrabschnitt 3 an einer Stirnseite von einem Stößel 8 eines Dichtstempels 9 verschlossen, über den auch das zur Umformung benötigte Druckmedium, zugeführt von einer nicht gezeigten Druckmittelquelle, in den Innenraum des umzuformenden Rohrabschnitts 3 eingeleitet wird. Das andere Ende des Rohrabschnitts ist über den Block des Werkzeugs 1, d.h. dessen vor der Umformzone 2 bzw. der Werkstück-Geometrie 4 liegenden Abschnitt abgedichtet.

[0010] Zur Umformung des Rohrabschnitts 3 zu einem fertigen Werkstück mit einem sich über eine große Länge erstreckenden Aufweitbereich werden gemäß Fig. 2 der Schieber 5 über den mit seinem Stößel 11 angreifenden Verstellantrieb 10 und der Dichtstempel 9 in die gleiche Richtung - hier gemäß Pfeil 12 nach links - verfahren. Hierbei bleibt die in der Hülse 6 des Schiebers 5 eingesteckte Länge des Rohrabschnitts 3 zu jeder Zeit gleich, da keine Relativbewegung zwischen dem Dichtstempel 9 und dem Schieber 5 stattfindet. Sobald dann die in Fig. 2 dargestellte Endposition der gemeinsamen Verfahrbewegung erreicht ist, in der die Hülse 6 mit ihrer Werkstück-Teilgeometrie 7 die Werkstück-Geometrie 4 des Werkzeugs 1 komplettiert, wird der Rohrabschnitt 3 mit Innendruck umgeformt und mittels des Stößels 8 des Dichtstempels 9 axial gestaucht, bis der Rohrabschnitt in der Umformzone 2, die sich in dieser Betriebsphase aus der Werkstück-Teilgeometrie 7 der Hülse 6 und der davor, d.h. links vor der Hülse 6 verbleibenden Werkstück-Geometrie 4 des Werkzeugs 1 zusammensetzt, aufgeweitet ist.

[0011] Danach werden - wie in der Betriebsphase nach Fig. 3 dargestellt - der Schieber 5 und der Dichtstempel 9 in eine gegensinnige bzw. -läufige Richtung verfahren, d.h. der Dichtstempel 9 unverändert in Pfeilrichtung 12 nach links und der Schieber 5 mit der Hülse 6 entsprechend der Pfeilrichtung 13 nach rechts. Mit den sich entsprechend verlagernden Werkstück-Geometrien 4 bzw. 7 einerseits des Werkzeugs 1 und andererseits der Hülse 6, die sich auseinanderziehen, wird der sich im Schieber 5 befindende Rohrabschnitt 3 aus dem Schieber 5 heraus in die immer länger werdende freie Umformzone 2' gedrückt und aufgeweitet. Durch dieses sukzessive Anwachsen des Aufweitbereiches bzw. der freien Umformzone 2' wird die Knickstabilität des Werkstückes bzw. Fertigrohres trotz des gegenüber herkömmlichen Herstellverfahren sehr viel längeren Aufweitbereichs nicht beeinträchtigt.


Ansprüche

1. Verfahren zum Herstellen von Werkstücken nach dem Innenhochdruck-Umformverfahren aus einem in ein die Werkstück-Geometrie aufweisendes Werkzeug eingelegten Rohrabschnitt, der während der Aufweitung in der Werkzeug-Geometrie zumindest von einem Ende her mittels eines Dichtstempels, über den auch das Druckmittel in den Innenraum des Rohrabschnitts gelangt, axial gestaucht wird,
dadurch gekennzeichnet,
daß in einem ersten Schritt das Werkzeug (1) mit dem Rohrabschnitt (3) und dem Dichtstempel (9) ohne Relativbewegung zueinander in dieselbe Richtung (12) bis in eine Endposition verfahren werden, bei deren Erreichen der Rohrabschnitt (3) mit Innendruck entsprechend der Werkstückgeometrie (4 und 7) umgeformt wird, wonach dann in einem weiteren Schritt das Werkzeug (1) und der Dichtstempel (9) gegensinnig derart verfahren werden, daß dem Rohrabschnitt (3) eine anwachsende freie Umformzone (2') der Werkzeug-Geometrie (4 und 7) zur Verfügung steht, in die er sukzessive bis zur Werkstück-Endkontur gedrückt wird.
 
2. Vorrichtung zum Herstellen von Werkstücken nach dem Innenhochdruck-Umformverfahren aus einem in ein die Werkstück-Geometrie aufweisendes Werkzeug eingelegten Rohrabschnitt, der während der Aufweitung in der Werkzeug-Geometrie zumindest von einem Ende her mittels eines Dichtstempels, über den auch das Druckmittel in den Innenraum des Rohrabschnitts gelangt, axial gestaucht wird, insbesondere zum Durchführen des Verfahrens nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Werkzeug (1) in einem axial beweglichen Schieber (5) angeordnet ist, der mit einer Hülse (6) versehen ist, die in das Werkzeug (1) eintaucht und an ihrem vorderen, der Werkzeug-Geometrie (4) zugewandten Ende mit einer zu der Werkstück-Geometrie (4) komplementären Werkstück-Teilgeometrie (7) ausgebildet ist, und bei gegensinniger Verfahrbewegung von Schieber (5) und Dichtstempel (9) der Rohrabschnitt (3) in den anwachsenden freien Aufweitbereich der Umformzone (2') eintritt.
 




Zeichnung







Recherchenbericht