[0001] Die Erfindung betrifft ein Ohrpassstück bzw. eine Otoplastik für Hinter-dem-Ohr (HdO)-Geräte
auf dem Gebiet der Hörakustik. Diese Geräte werden oftmals auch als sogenannte HdO-Secret-Ears
(SE) bezeichnet. Dabei findet ein verhältnismäßig kurzer Schallschlauch Anwendung,
mit dem es gelingt, die Reibungsverluste insbesondere des hochfrequenten Schallanteils
merklich zu reduzieren.
[0002] Der Schallschlauch muss allerdings exakt im bzw. am Gehörgang positioniert werden,
wozu regelmäßig ein Ohrpassstück bzw. eine Otoplastik Verwendung findet, die individuell
an die menschliche Anatomie des Ohres des zu behandelnden Patienten angepasst wird.
Es haben sich bis heute verschiedene Formen der Otoplastik durchgesetzt, wobei einige,
nämlich die sogenannten "offenen" HdO-Otoplastiken besonders bevorzugt werden, um
den Gehörgang möglichst minimal durch einen "Fremdkörper" zu verlegen bzw. bereichsweise
zu verschließen. diese "offene" HdO-Versorgung hat dabei den Vorteil, dass die noch
vorhandene Aufnahmefähigkeit des Gehörs in ihrer Natürlichkeit so gering wie möglich
beeinträchtigt wird.
[0003] Bekannte einschlägige Otoplastiken sind als "SE-Schalenform, SE-Spangenform oder
SE-Krallenform" bekannt (siehe Ulrich Voogdt: Otoplastik - Die individuelle Otoplastik
zur Hörgeräte-Versorgung..., Band 2 der wissenschaftlichen Fachbuchreihe "Akademie
für Hörgeräte-Akustik", Median-Verlag von Killisch-Horn GmbH, 1993). eine Abwandlung
dieser gängigen Otoplastiken stellt die "offene" Lösung dar. Allen Varianten ist jedoch
gemeinsam, dass es häufig nicht gelingt die hörtechnische Korrektur so natürlich wie
möglich abzubilden.
[0004] Aufgabe der Erfindung ist es deshalb, eine Otoplastik für "offene" HdO-Versorgungen,
für CI-Komponenten (Cochlea Implant-Mikrofon-Systeme bzw. CI-HdO-Prozessoren) oder
HdO-Tinnitus-Systeme zu schaffen, die sich nicht nur durch ein minimalisiertes Fremdkörpergefühl
und guten Tragekomfort, sondern vorrangig dadurch auszeichnet, dass die natürliche
Schallverarbeitung im menschlichen Ohr so unverfälscht wie möglich genutzt werden
kann, um dadurch ein Höchstmaß an hörakustischer Korrektur und Natürlichkeit des Hörempfindens
zu gewährleisten.
[0005] Diese Aufgabe wird durch eine Otoplastik nach Anspruch 1 gelöst.
[0006] Die oben angegebene Aufgabe wird dadurch gelöst, dass die Otoplastik erstmalig an
einer Stelle der Ohrmuschel positioniert wird, die vollständig außerhalb der Cavum
conchae liegt. Es hat sich überraschenderweise gezeigt, dass es bei Positionierung
des haltgebenden Teils der Otoplastik in der Cymba ohne weiteres gelingt, im Zusammenwirken
mit der Eigenstabilität des flexiblen Signalleiters bzw. des Schallschlauchs, diesen
exakt und reproduzierbar im Gehörgang zu positionieren, der erfindungsgemäß von keinem
Otoplastik-Bauteil mehr verlegt wird. Damit eignet sich diese Otoplastik in besonderem
Maß neben "offenen" Standard-Applikationen für Anwendungsfälle bei Kindern mit einohriger
Taubheit oder z.B. bei normal hörenden Schülern mit einer sogenannten Lese-Rechtschreibe-Schwäche
in Verbindung mit sogenannten FM (Frequenzmodulation)-Systemen, bei denen das Sprechsignal
des Lehrers über Mikrofon und eine Mikroport-Anlage in den Gehörgang des hörbehinderten
Kindes eingespeist wird. Speziell in diesem Fall kommt es ganz besonders auf die Ausnützung
der natürlichen Gehörgang-Resonanz an, was durch die erfindungsgemäße Otoplastik in
bislang nicht erzieltem Maße gegeben ist. Aufgrund der verbesserten Randbedingungen
wird es darüber hinaus einfacher, die akustische Ankopplung des Hörgeräts zur Frequenz-
und Dynamik-Beeinflussung vorzunehmen, so dass sich die erfindungsgemässe Otoplastik
auch für den Medieneinsatz, wie z.B. bei TV-Live-Interviews als eine Art von "offenem
In-Ear-Monitoring" anbietet, wobei in diesem Fall beispielsweise eine Simultan-Übersetzung
oder das Sprechsignal eines Souffleurs unter möglichst natürlichen Bedingungen in
den Gehörgang eingespeist werden.
[0007] Ein besonderer Vorzug der Otoplastik ist auch darin zu sehen, dass bezüglich der
Gestaltung des den Rand der Ohrmuschel bogenförmig übergreifenden Bügels eine große
Freiheit besteht, was wiederum zur zusätzlichen Stabilisierung der Otoplastik genutzt
werden kann. Die Weiterbildung nach Anspruch 2 geht in diese Richtung.
[0008] Wenn sich der haltgebende Hauptkörper der Otoplastik gemäß Anspruch 3 in den Bereich
der Crus Anthelicis hinein erstreckt, wird die Stabilisierung des Hauptkörpers weiter
verbessert, wodurch es gelingt, die Größe des Hauptkörpers weiter zu verringern. Dies
verbessert gleichzeitig den Tragekomfort und hat auch hinsichtlich der Kosmetik Vorteile.
[0009] Die Ausführungsform hat den Vorzug, dass sie bei speziellen Sonder-Applikationen,
wie z.B. bei sehr engem Gehörgang oder starker Terminal-Behaarung im Gehörgang oder
sonstigen Anomalien der Ohranatomie ohne Komplikationen einsetzbar ist.
[0010] Mit den Weiterbildungen der Ansprüche 4 bis 7 wird den individuell vorliegenden anatomischen
Gegebenheiten zusätzlich Rechnung getragen.
[0011] Bei der Weiterbildung nach Anspruch 4 wird die Schallschlauchöse etwas nach unten
verlegt, so dass auch der den Rand der Ohrmuschel übergreifende Bügel schräg nach
unten verläuft, um den Schallschlauch in der Nähe des Eintritts in den Gehörgang besser
stabilisieren zu können.
[0012] Eine noch wirksamere Stabilisierung des Schallschlauchs ergibt sich mit den Weiterbildungen
nach den Ansprüchen 5 bis 7.
[0013] Die Weiterbildung nach Anspruch 5 ist die kosmetisch anspruchsvollste Variante.
[0014] Weiterbildungen der Erfindung sind Gegenstand der übrigen Unteransprüche.
[0015] Nachstehend werden anhand schematischer Zeichnungen Ausführungsbeispiele der Erfindung
näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 die Ansicht eines Ohrs von der Seite mit eingesetzter Otoplastik einer ersten
Ausführungsform;
Fig. 2 den Schnitt II-II in Fig. 1;
Fig. 3, Fig. 4 in vergrößertem Maßstab Darstellungen einer tatsächlich hergestellten
Otoplastik der Ausführungsform nach Fig. 1, 2;
Fig. 5 eine vergrößerte Ansicht einer weiteren Ausführungsform der Otoplastik mit
kleiner dimensioniertem Hauptkörper;
Fig. 6 die Ansicht einer in eine Ohrmuschel eingesetzten Otoplastik nach Fig. 5;
Fig. 7 eine der Fig. 6 entsprechende Ansicht einer weiteren Ausgestaltung der Otoplastik
nach den Fig. 1 bis 6;
Fig. 8 und 9 Ansichten einer ersten Ausführungsform der Otoplastik nach Fig. 7;
Fig. 10 eine der Fig. 6 ähnliche Ansicht der Otoplastik nach den Fig. 8 und 9;
Fig. 11 und 12 Ansichten einer zweiten Ausführungsform der Otoplastik nach Fig. 7;
Fig. 13 und 14 Ansichten einer dritten Ausführungsform der Otoplastik nach Fig. 7;
und
Fig. 15 und 16 Ansichten einer Variante der dritten Ausführungsform der Otoplastik
nach Fig. 13 und 14.
[0016] In den Fig. 1 bis 6 ist eine erste Ausführungsform der erfindungsgemäßen Otoplastik
gezeigt.
[0017] Die Otoplastik, die schraffiert hervorgehoben ist, ist mit dem Bezugszeichen 120
bezeichnet. Sie ist derart angeordnet, dass die Cavum conchae vollständig frei bleibt.
Stattdessen ist die Otoplastik im Bereich der Cymba conchae 50, im gezeigten Fall
mit einer Erstreckung in den Bereichen der Crus anthelicis 52, 54 angeordnet.
[0018] Die Otoplastik ist der Anatomie des Patienten individuell angepasst und sie besteht
im Wesentlichen aus zwei Komponenten, nämlich einem haltgebenden Teil 156, der formschlüssig
versenkt in der Cymba conchae 50 aufgenommen ist, und einem den Rand 58 der Ohrmuschel
bogenförmig übergreifenden Hügel 160, der an seinem Ende die Halterung für den flexiblen
Schallschlauch 128 ausbildet. Der Schallschlauch 128 ist - wie in Fig. 2 gezeigt -
abgewinkelt in das Innere des Gehörgangs 26 geführt und kann dort beispielsweise einen
sogenannten Cerumdefender 162 tragen.
[0019] Diese Ausführungsform der Otoplastik hat ein kleines Bauvolumen und sie lässt - wie
in der Fig. 2 entnehmbar ist - den Gehörgang quasi unbeeinflusst.
[0020] In den Fig. 3 und 4 ist eine in der Praxis eingesetzte Otoplastik vergrößert wiedergegeben.
Man erkennt deutlich die mehrfach gekrümmte Oberflächengestaltung des Hauptkörpers,
die für den passgenauen und verschiebesicheren Sitz in der Cymba conchae verantwortlich
ist. Die Ausführungsform nach Fig. 3, 4 ist für einen Patienten hergestellt worden,
bei dem die Cymba conchae ausgesprochen großvolumig ausgebildet ist.
[0021] In den Fig. 5 und 6 ist eine weitere Ausführungsform gezeigt, die bei einem Patienten
mit wesentlich kleinerer Cymba conchae angewendet wurde. Die mit 220 bezeichnete Otoplastik
hat einen wesentlich kleineren Hauptkörper 256, der allerdings wiederum mehrfach räumlich
gekrümmt ist, so dass die erforderliche Hinterschneidung mit der Oberfläche des Ohrs
zustande kommt.
[0022] Der Ansicht nach Fig. 6 kann entnommen werden, dass der sichtbare Teil der Otoplastik
220 minimal gehalten ist.
[0023] Selbstverständlich können für die erfindungsgemäßen Otoplastiken alle gängigen Werkstoffe
verwendet werden, wie z.B. heiß- und kalt-polymerisierendes PMMA oder Lichtpolymerisat.
Aufgrund des geringen Volumens der Otoplastik bieten sich insbesondere auch farbige
Gestaltungen eventuell mit Schmuckapplikationen an. Aber auch Metalle, wie Edelstahl,
Gold, Silber, Platin, Titan (Spritzguß- oder Schleuderguß-Verfahren) können eingesetzt
werden, wobei es auch möglich ist mit der Galvanotechnik zu arbeiten.
[0024] Fig. 7 verdeutlicht eine Möglichkeit der Ausgestaltung der Otoplastik nach den Fig.
1 bis 6 im Hinblick auf eine anatomisch optimierte Stabilisierung des Schallschlauchs
im Bereich des Eintritts in den Gehörgang. Auch hier sind zur Vereinfachung der Beschreibung
für Abschnitte und Komponenten, die in Fig. 1 bis 6 ein Pendant besitzen, gleiche
Bezugszeichen verwendet, denen eine "4" vorangestellt ist.
[0025] Man erkennt, dass der den Rand 458 der Ohrmuschel bogenförmig übergreifende Bügel
460 aus der mit strichpunktierter Linie angedeuteten Lage nach unten geschwenkt ist,
so dass er quasi den oberen Abschnitt der Crus Helicis 424 überbrückt.
[0026] Fig. 8 bis 10 zeigen eine erste Ausführungsform dieser Modifikation. Mit dem Bezugszeichen
461 ist eine Schallschlauchöse bezeichnet, die einen Schallschlauch 428 stabilisiert.
Die Anordnung ist derart getroffen, dass sich die Schallschlauchöse 461 unmittelbar
oberhalb der Incisura Anterior 425, d.h. zwischen dem Tragus 427 und der Crus Helicis
424 befindet.
[0027] Ansonsten entspricht die Ausführungsform derjenigen gemäß Fig. 1 bis 6, d.h. der
Otoplastikkörper ist hälftig in der Cymba untergebracht, während die andere Hälfte
unterhalb der Helix 431 über den Crus Inferior Anthelicis 433 in Richtung Fossa Triangularis
435 verlaufen kann. Dies ist beispielsweise in Fig. 10 dargestellt.
[0028] Eine zweite Variante der Abwandlung der Otoplastik nach Fig. 7 zeigen die Fig. 11
und 12. Auch hier sind zur Vereinfachung der Beschreibung für Abschnitte und Komponenten,
die in den Fig. 8 bis 10 ein Pendant besitzen, gleiche Bezugszeichen verwendet, denen
allerdings eine "5" vorangestellt ist.
[0029] Hier ist die Anordnung derart getroffen, dass eine Halterung 561 für den Schallschlauch
528 zwischen der Incisura Anterior 525 und dem Tragus 527 im Eingangsbereich des Gehörgangs
526 versenkt ist. Der Bügel 560 verläuft noch steiler als bei der Ausführungsform
nach den Fig. 8 bis 10.
[0030] Da sich mit dieser Variante der Schallschlauchummantelung der Eingangsbereich des
Gehörgangs, insbesondere im ersten Drittel des Gehörgangs verkleinert, ergeben sich
entsprechende Verschiebungen der OEG-Resonanz. Außerdem ist zu beachten, dass die
Materialabdeckung um den Bereich der Crus Helicic eine sensible Abformnahme bzw. eine
gezielte Abformbearbeitung dieses Bereichs bedingt.
[0031] Eine zweite Variante der Abwandlung der Otoplastik nach Fig. 7 zeigen die Fig. 13
und 14. Auch hier sind zur Vereinfachung der Beschreibung für Abschnitte und Komponenten,
die in Fig. 1 bis 11 ein Pendant besitzen, gleiche Bezugszeichen verwendet, denen
hier eine "6" vorangestellt ist.
[0032] Der Unterschied zur Variante nach Fig. 11 und 12 besteht darin, dass die Schallschlauchhalterung
von einem im oberen Bereich des Gehörgangs berührungslos angeordneten Gehörgangszapfen
644 gebildet ist, der den Schallschlauch 628 oder ein Otoplastik-Winkelstück umschließt.
[0033] Schließlich zeigen die Fig. 15 und 16 eine Abwandlung der Varianten der Fig. 11 bis
14 derart, dass sich eine weitere Verbesserung der Stabilisierung der Otoplastik ergibt.
Die Schallschlauchhalterung 744 ist über eine schraffiert angedeutete Stützkralle
780 stabilisiert, die sich von der Unterseite der Schallschlauchhalterung 744 ausgehend
in Richtung Antitragus 730 erstreckt, wobei sie sich an die Concha 722 anschmiegt.
1. Otoplastik für Hinter-dem-Ohr(HdO)-Versorgungen von hörakustischen Geräten, mit der
ein vom HdO-Gerät kommender, vorzugsweise flexibler Signalleiter, wie z.B. ein Schallschlauch
(128) im Gehörgang positionierbar ist, wobei die Otoplastik und insbesondere deren
haltgebender Teil der Anatomie des Patienten individuell angepasst ist, dadurch gekennzeichnet, dass der haltgebende Teil (156) der Otoplastik (120) in der Cymba (50) formschlüssig versenkt
aufgenommen ist und einen den Rand (58; 458; 558; 658) der Ohrmuschel bogenförmig
übergreifenden Bügel (160; 460; 560; 660) trägt, dessen Ende die Halterung für den
flexiblen Signalleiter (128; 428; 528; 628) bildet.
2. Otoplastik nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Bügel (160) endseitig verbreitert ist und eine Schallschlauchöse (461; 561; 661)
ausbildet.
3. Otoplastik nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass sich der haltgebende Hauptkörper (156) in den Bereich der Crus Anthelicis (54) hinein
erstreckt.
4. Otoplastik nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass sich die Schallschlauchöse (461) unmittelbar oberhalb der Incisura Anterior (425),
d.h. zwischen dem Tragus (427) und der Crus Helicis (424) befindet.
5. Otoplastik nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Schallschlauchhalterung (561) zwischen der Incisura Anterior (525) und dem Tragus
(527) im Eingangsbereich des Gehörgangs versenkt ist.
6. Otoplastik nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Schallschlauchhalterung von einem vorzugsweise im oberen Bereich des Gehörgangs
berührungslosen Gehörgangzapfen (644) gebildet ist, der den Schallschlauch (628) oder
ein Otoplastik-Winkelstück umschließt.
7. Otoplastik nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Schallschlauchhalterung (744) über eine Stützkralle (780) stabilisiert ist, die
sich von der Unterseite der Schallschlauchhalterung (744) ausgehend in Richtung Antitragus
(730) erstreckt, wobei sie sich an die Concha (722) anschmiegt.
8. Otoplastik nach einem der Ansprüche 1 bis 7, gekennzeichnet durch die Verwendung mit Cochlea-Implant-Mikrofonen bzw. CI-HdO-Prozessoren, mit HdO-Tinnitus-Systemen,
wie Breitbandrauschsystemen (Masker oder Soft-Masker).