(19)
(11) EP 1 352 885 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.10.2003  Patentblatt  2003/42

(21) Anmeldenummer: 03008136.8

(22) Anmeldetag:  08.04.2003
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C06B 45/10, C06B 45/02, C06B 25/34
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IT LI LU MC NL PT SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO

(30) Priorität: 12.04.2002 DE 10216399

(71) Anmelder: Diehl Munitionssysteme GmbH & Co. KG
90552 Röthenbach (DE)

(72) Erfinder:
  • Hofmann, Heinz
    91220 Schnaittach (DE)
  • Rudolf, Karl
    86529 Schrobenhausen (DE)

(74) Vertreter: Diehl Patentabteilung 
c/o Diehl Stiftung & Co. Stephanstrasse 49
90478 Nürnberg
90478 Nürnberg (DE)

   


(54) Gepresste unempfindliche Sprengstoffmischung


(57) Gepreßte unempfindliche Sprengstoffmischungen aus Oktogen-, Hexogen-Kristallen weisen eine bimodale Kornzusammensetzung, bestehend aus Grobkorn 280-360 µm und Feinkorn 15-45 µm sowie ein Bindersystem HYTEMP® und DOA unter Verwendung eines üblichen Lösungsmittels auf. Es werden Sprengstoffmischungen erzielt, die unterschiedlich unempfindlich und im GAP-Test bis zu der Einstufung wenig empfindlich nach Stanag 4170 erreicht.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf gepreßte unempfindliche Sprengstoffmischungen nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

[0002] Aus der DE 199 55 657 A1 sind derartige Sprengstoffmischungen bekannt. Sprengstoffkristalle, wie Hexogen, Oktogen, CL20, weisen eine Bindermatrix aus sonochemisch hergestellten Feinst-TATB (1,3,5-Triamino-2,4,6-Trinitrobenzol) auf. Dadurch wird erreicht, daß der Sprengstoff gemäß dem GAP-Test als - wenig empfindlich - klassifiziert wurde. Die benötigte Preßkraft beträgt > 2 kbar.

[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, unempfindliche Sprengstoffmischungen vorzuschlagen, die möglichst einfach herstellbar sind und die bei möglichst geringen Preßdrücken von deutlich < 1 kbar der theoretischen Maximaldichte > 98 % erhalten, also eine sehr hohe Preßkörperdichte aufweisen.

[0004] Die Erfindung löst diese Aufgabe entsprechend den erfindungsgemäßen Merkmalen des Anspruchs 1. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind den Unteransprüchen zu entnehmen.

[0005] Vorteilhaft werden durch die Erfindung neben der Unempfindlichkeit hohe Ladungsdichten erzielt im Hinblick auf hohe Detonationsdrücke und -geschwindigkeiten. Aufgrund des niedrigen Preßdruckes sind die Sprengstoffe in komplizierte Gehäuse ohne weiteres einpreßbar. Bei den niedrigen Preßdrücken werden Kristallbrüche des Sprengstoffs vermieden. Problemfrei ist die Verwendung von kostengünstigem Oktogen und Hexogen der Qualität B.

[0006] Die Ladungen sind recyclebar im Sinne einer neuen Granulation.

Weitere Vorteile sind


Ausführungsbeispiele:


Beispiel 1:



[0007] 
  • Oktogen-Mischung mit 8% Bindersystem nahe der Empfindlichkeitsgrenze nach TL (TL = 1376-800)
  • Bimodale Kornzusammensetzung
  • Grobkern mittlere Korngröße 280 - 360 µm
  • Feinkorn 15 µm
  • Lösungsmittel für Bindersystem HYTEMP® und DOA im Mengenverhältnis 1:3
  • Aceton 3-10fache Masse des Bindersystems
  • Preßdruck für die Sprengstoffmischung bei einem Werkzeug von 50 mm Durchmesser: 1,5 kbar

Ergebnis:



[0008] Nichtinitiierung ≤ 31 kbar.

Beispiel 2:



[0009] 
  • Oktogen-Mischung mit 8% Bindersystem mit deutlichem Abstand zur Empfindlichkeitsgrenze nach der o.g. TL


[0010] Wie Beispiel 1 mit folgenden Abweichungen:
  • Grobkern mittlere Korngröße 280-320 µm
  • Feinkorn mittlere Korngröße 30-45 µm
  • Lösungsmittelgemisch: Ethylacetat / Aceton / Ethanol im Verhältnis 20%/20%/60%
  • Preßdruck bei Werkzeugdurchmesser von 50 mm: 1,0 kbar

Ergebnis:



[0011] Nichtinitiierung ≤ 36 kbar.

Beispiel 3:



[0012] 
  • Oktogen-Mischung mit 4 % Bindersystem nahe der Empfindlichkeitsgrenze nach der o.g. TL


[0013] Wie Beispiel 2 mit folgenden Abweichungen:
  • Grobkorn mittlere Korngröße 280-300 µm, Kristalle < 500µm
  • Lösungsmittelgemisch: Ethylacetat / Aceton im Verhältnis 50%/50%
  • Werkzeugdurchmesser 50 mm bei einem Preßdruck von 0,95 kbar

Ergebnis:



[0014] Nichtinitiierung ≤ 26 kbar.

Beispiel 3.1: Wenig empfindlich, nahe STANAG 4170.



[0015] 
  • Oktogen-Mischung mit 8% Bindersystem


[0016] Wie Beispiel 3 mit folgender Abweichung:
  • Preßdruck 0,65 kbar - 0,7 kbar bei Werkzeugdurchmesser 110 mm
  • Preßdruck 0,95 kbar bei Werkzeugdurchmesser 50 mm.

Ergebnis:



[0017] Nichtinitiierung ≤ 46 kbar.

Beispiel 4:



[0018] 
  • Hexogen-Mischung mit 8% Bindersystem und RDX-Qualität B mit Abstand zur Unempfindlichkeitsgrenze nach TL
  • Bimodale Kornzusammensetzung wie Beispiel 3
  • Grobkörner < 700 µm
  • Werkzeugdurchmesser 50 mm erforderlicher spezifischer Preßdruck < 0,95 kbar
  • bei Werkzeugdurchmesser 110 mm, spezifischer Preßdruck 0,65-0,7 kbar

Ergebnis:



[0019] Nichtinitiierung ≤ 28 kbar.

[0020] Durch Wahl der bimodalen Korngrößenverteilung und Zusammensetzung des Lösungsmittels für die Anfertigung des Binderlackes HYTEMP® und DOA, sowie unterschiedlicher Anteil an Lösungsmittelmischung im Lack führen zu Sprengstoffmischungen, die unterschiedlich unempfindlich und im GAP-Test bis zu der Einstufung wenig empfindlich nach Stanag 4170 und bei spezifischen Preßdrükken - kaliberabhängig - bereits von 0,6 - 0,9 kbar mehr als 98 % der theoretischen Dichte erreichen.

[0021] Erläuterung zu Marken und Abkürzungen.
HYTEMP®
eingetragene Marke der ZEON Chemicals L.P., 4100 Bells Lane, Louisville, Kentucky 40211

Familien von Weichmachern *



[0022] 

* Acycl. Dicarbonsäureester

DOA
Ester der Adipinsäure wie Di-2-ethylhexyladipat
DIDA
Diisodecyladipat

* Phthalate

DOP
Di-2-ethylhexylphthalat
DINP
Di-isononyl
DIDP
Diisodecylphthalat

* Polymerweichmacher




Ansprüche

1. Gepreßte unempfindliche Sprengstoffmischungen, bei denen Sprengstoffkristalle durch ein Bindersystem gebunden ist,
dadurch gekennzeichnet,
daß eine bimodale Kornzusammensetzung, bestehend aus grob- und feinkörnigen Sprengstoffkristallen durch ein Bindersystem, bestehend aus einem Weichmacher und HYTEMP®, gebunden ist,
und im Lösungsmittelverfahren hergestellt ist.
 
2. Sprengstoffmischungen nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Grobkorn eine mittlere Körnung von 280 - 360 µm mit Oberbegrenzung 500 - 700 µm und das Feinkorn eine Körnung von 15 - 45 µm aufweist.
 
3. Sprengstoffmischungen nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß als Weichmacher verwendbar die Mitglieder folgender Familien verwendbar sind:

* Acycl. Dicarbonsäureester

DOA   Ester der Adipinsäure wie Di-2-ethylhexyladipat

DIDA   Diisodecyladipat

* Phthalate

DOP   Di-2-ethylhexylphthalat

DINP   Di-isononyl

DIDP   Diisodecylphthalat

* Polymerweichmacher.


 
4. Sprengstoffmischungen nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Lösungsmittel Aceton für das Bindersystem die 3-10fache Masse des Bindersystems aufweist.
 
5. Sprengstoffmischungen nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Lösungsmittelgemisch aus Ethylacetat, Aceton und Ethanol im Verhältnis 20 %/20 %/60 % oder
aus Ethylacetat und Aceton im Verhältnis 50 %/50 % vorgesehen ist.