[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein System zur Auralisation, d. h. zur Vermittlung
eines Höreindrucks, mit einer Simulationsvorrichtung zur Simulation eines Hörverlusts.
Ferner betrifft die vorliegende Erfindung ein entsprechendes Verfahren zur Vermittlung
eines Höreindrucks.
[0002] Um die Auswirkungen auf die Hörwahrnehmung, die durch einen individuellen Hörverlust
beziehungsweise eine geeignete Hörgeräteversorgung hervorgerufen werden, sowohl für
Normalhörende, als auch für die betroffenen Schwerhörigen hörbar zu machen, werden
mehrkanalige Dynamikexpansionssysteme eingesetzt. Diese Systeme erlauben eine kanalabhängige
Verstärkung in mehreren Kanälen auch in Abhängigkeit vom jeweiligen Eingangspegel.
Die Parameter für die Dynamikexpansionssysteme werden durch audiometrische Messungen
bestimmt.
[0003] Die auftretenden Hörverluste sind sehr vielfältig und beinhalten sehr unterschiedliche
Aspekte. Beispiele für diese Aspekte sind reduzierte Zeit- und Frequenzauflösung,
sowie das sog. Rekruitment, das die veränderte Lautstärkewahrnehmung von Schwerhörigen
beschreibt.
[0004] Bei Hörverlusten ist es nicht nur wichtig, dem Betroffenen den Höreindruck zu vermitteln,
den er hätte, wenn er ein Hörgerät tragen würde. Es ist in vielerlei Hinsicht auch
wichtig, den Angehörigen eine Auralisation der Schwerhörigkeit zu bieten. Dabei kann
den normalhörenden Angehörigen durch Simulation der Höreindruck des Schwerhörigen
mit und ohne Hörgerät vermittelt werden.
[0005] Voraussetzung für die Auralisation ist jedoch eine audiometrische Messung und Erstellung
eines individuellen Audiogramms. Derartige Messungen können jedoch nur von Fachleuten,
nämlich Hörgeräteakustikern und Ärzten, durchgeführt werden. Die entsprechenden Systeme
sind darüber hinaus nur von Experten bedienbar und für diese wirtschaftlich rentabel.
Damit können die betroffenen Schwerhörigen und Angehörigen in der Regel nicht anonym
und kostengünstig eine derartige Auralisation vermittelt bekommen.
[0006] Einfachere Systeme zur Vermittlung von Höreindrücken beziehungsweise Auralisation
verwenden beispielsweise CDs, auf der einige wenige typische Hörverluste als Hörbeispiele
gespeichert sind. Damit ist ein Nutzen für einen individuellen Hörverlust nur in seltenen
Fällen gegeben. Andere Systeme verwenden einfache Filter anstelle der mehrkanaligen
Expansion. Dadurch lässt sich jedoch ein Hörverlust in der Regel nur unzureichend
auralisieren.
[0007] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, die Auralisation von Hörverlusten
und Gewinnen durch Hörgeräte einer breiten Masse von Betroffenen mit hoher Qualität
zur Verfügung zu stellen.
[0008] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein System zur Vermittlung eines
Höreindrucks an einen Benutzer mit einer Simulationsvorrichtung zur Simulation eines
Hörverlusts und/oder Hörgerätegewinns, sowie einem Datennetz, an das die Simulationsvorrichtung
angeschlossen ist, zur Übertragung von Daten bezüglich des Hörverlusts und/oder Hörgerätegewinns
von dem Benutzer an die Simulationsvorrichtung und zur Übertragung von Simulationsdaten
an den Benutzer.
[0009] Ferner wird die oben genannte Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren
zur Vermittlung eines Höreindrucks an einen Benutzer durch Simulation eines Hörverlusts
und/oder Hörgerätegewinns unter Erstellung von Simulationsdaten, sowie Übertragen
der Simulationsdaten bezüglich des Hörverlusts über ein Datennetz zu dem Benutzer.
[0010] In vorteilhafter Weise können damit sowohl die Erfassung audiometrischer Daten und
die Auralisation der damit verbundenen Auswirkungen auf die Hörwahrnehmung als auch
die Auswahl einer geeigneten Hörhilfe und deren Anpassung und Demonstration für die
Betroffenen über das Internet angeboten werden. Damit wird eine kostengünstige oder
kostenlose und anonyme Information für individuelle Hörverluste ermöglicht.
[0011] Der Vorteil ergibt sich im Wesentlichen aus der Kombination eines Datennetzes beziehungsweise
des Internets mit einem Auralisationsverfahren, das durch die Verwendung eines Gehörmodells
die Auswirkungen von Schwerhörigkeit realistisch hörbar machen kann. Eine Weiterentwicklung
besteht darin, auf Seiten des Benutzers an einem Terminal des Datennetzes beziehungsweise
Internets beispielsweise zu Hause und nicht beim Hörgeräteakustiker einen Hörtest
durchzuführen. Eine vorteilhafte Weiterbildung der vorliegenden Erfindung besteht
ferner darin, dass eine repräsentative Menge von Hörverlusten statistisch beispielsweise
durch eine PCA-Analyse (Principal Component Analysis) aufbereitet und für die Auralisation
zur Verfügung gestellt werden kann.
[0012] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert,
die ein Datenflussdiagramm für die erfindungsgemäße internetbasierte Auralisation
von Schwerhörigkeit darstellt.
[0013] Das nachfolgende Ausführungsbeispiel ist eine bevorzugte Ausführungform der vorliegenden
Erfindung.
[0014] Die Darstellung zeigt in der linken Hälfte, wie die Simulationsdaten für die Auralisation
offline generiert werden. In der rechten Hälfte der Darstellung ist angedeutet, wie
dem Benutzer die Simulation der Höreindrücke online zur Verfügung steht.
[0015] Für die Simulation wird zunächst offline eine Simulationsdatenbank 1 erstellt. Hierzu
wird eine repräsentative Auswahl von Hörverlusten in einem Speichermedium 2 aufgezeichnet.
Die Daten der einzelnen Hörverluste werden in einer Analyseeinrichtung 3 einer PCA-Analyse
unterzogen. Durch die PCA-Analyse wird die Anzahl und Art der unterscheidbaren "Standard-Hörverluste"
eines Hörtests mittels orthogonaler Komponentenzerlegung bestimmt. Für die Art des
Hörverlusts sind insbesondere von Bedeutung die Hörschwelle HTL (hearing threshold
level) und der Pegel der unangenehmen Lautstärke UCL (uncomfortable level). Die PCA-Analyse
liefert Standard-Audiogramme, die beispielsweise unmittelbar in der Datenbank 1 gespeichert
werden können, damit sie für einen Vergleich mit einem individuellen Audiogramm zur
Verfügung stehen.
[0016] In einer ersten Simulationseinrichtung 4 können die Hörverluste eines Schwerhörigen
für Normalhörende simuliert werden. Hierbei werden Hörbeispiele erstellt, die einem
Normalhörenden die Hörsituation eines Schwerhörigen vermitteln beziehungsweise auralisieren.
Die Hörbeispiele werden wiederum in der Datenbank 1 abgelegt.
[0017] In einer Auswahl- und Anpasseinrichtung 5 können entsprechend dem jeweiligen Standard-Audiogramm
ein geeignetes Hörgerät ausgewählt und angepasst werden. Um die Übertragungseigenschaften
des Hörgerätes realistisch zu erfassen, werden mit einer geeigneten Vorrichtung (z.
B. Kunstkopf, KEMAR), an die das Hörgerät angebracht ist, Aufnahmen gemacht. Um eine
möglichst natürliche akustische Situation zu erzeugen, werden hierbei natürliche Schalle
aus einer oder mehreren Schallquellen dargeboten. Diese Aufnahmen werden anschließend
entzerrt. Sowohl Aufnahme als auch Entzerrung erfolgen in Einheit 6. Als Ausgangssignal
der Einheit 6 ergibt sich eine Auralisation für den Schwerhörigen in einer Situation,
in der er ein Hörgerät tragen würde. Diese Auralisationsbeispiele werden ebenfalls
in der Datenbank 1 abgelegt.
[0018] Damit auch der Normalhörende erfahren kann, welche Wahrnehmung der Schwerhörige mit
Hörgerät hat, können die Auralisationsdaten der Einheit 6 einer zweiten Simulationseinrichtung
7 zugeführt werden, die wiederum den Hörverlust des Schwerhörenden simuliert. Auch
diese Simulationsdaten werden in der Datenbank 1 abgelegt. Die erste und zweite Simulationseinrichtung
4 und 7 können identisch sein.
[0019] Die Simulationsdatenbank 1 wird nun für den online-Betrieb im Internet 8 zur Verfügung
gestellt. Der Benutzer führt einen internetbasierten Hörtest 9 durch und ermittelt
so sein individuelles Audiogramm. Dieses individuelle Audiogramm wird mit den in der
Datenbank 1 hinterlegten Standard-Audiogrammen verglichen und das dem individuellen
Audiogramm ähnlichste Standard-Audiogramm wird in der Auswahl 10 ermittelt. Aufgrund
dieser Auswahl können Hörbeispiele über das Internet von der Datenbank 1 zum Benutzer,
d. h. dem Schwerhörigen oder Angehörigen, geladen und zur Darbietung 11 gebracht werden.
Im Anschluss an die Darbietung der Auralisation 11 kann über ein Bestellformular 12
online eine Hörhilfe beim entsprechenden Hersteller bestellt werden.
[0020] Für diejenigen Standard-Hörverluste, mit denen 90 % der Hörverluste beschrieben werden
können, werden Auswahl und Anpassung einer geeigneten Hörhilfe offline durchgeführt.
Ebenfalls offline vorgefertigt werden die Auralisationen der Standard-Hörverluste
- wie bereits beschrieben - und die Auralisationen der entsprechend angepassten Hörgeräte
in verschiedenen natürlichen akustischen Umgebungen, z. B. bei einer Cocktail-Party,
einem Konzert etc.
1. System zur Vermittlung eines Höreindrucks an einen Benutzer mit
einer Simulationsvorrichtung (4, 7) zur Simulation eines Hörverlusts und/oder Hörgerätegewinns,
gekennzeichnet durch
ein Datennetz (8), an das die Simulationsvorrichtung (4, 7) angeschlossen ist, zur
Übertragung von Daten bezüglich des Hörverlusts und/oder Hörgerätegewinns von dem
Benutzer an die Simulationsvorrichtung (4, 7) und zur Übertragung von Simulationsdaten
an den Benutzer.
2. System nach Anspruch 1, wobei das Datennetz (8) das Internet umfasst.
3. System nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Simulationsvorrichtung (4, 7) eine Analyseeinrichtung
(3) zur Analyse der Daten bezüglich mehrerer Hörverluste umfasst.
4. System nach Anspruch 3, wobei mit der Analyseeinrichtung (3) eine Komponentenanalyse
insbesondere nach orthogonalen Komponenten von Hörverlusten durchführbar ist.
5. System nach einem der Ansprüche 1 bis 4, das ein Speichermedium (2), in dem vorgegebene
Hörverlusttypen gespeichert sind und das an die Simulationsvorrichtung angeschlossen
ist, umfasst.
6. System nach einem der Ansprüche 1 bis 5, das eine Hörtesteinrichtung (9), welche an
das Datennetz (8) angeschlossen ist, als Terminal bei dem Benutzer zur Erstellung
eines individuellen Audiogramms umfasst.
7. System nach Anspruch 6, wobei die Hörtesteinrichtung (9) eine Auswahleinrichtung (10)
zur Auswahl eines vorgegebenen Audiogramms auf der Basis des individuellen Audiogramms
umfasst.
8. System nach Anspruch 7, wobei die Hörtesteinrichtung (9) eine Darbietungseinrichtung
(11) zur Vermittlung eines Höreindrucks auf der Basis des ausgewählten Audiogramms
und der Simulationsdaten von dem Datennetz (8) umfasst.
9. Verfahren zur Vermittlung eines Höreindrucks an einen Benutzer durch
Simulation (4, 7) eines Hörverlusts und/oder Hörgerätegewinns unter Erstellung von
Simulationsdaten,
gekennzeichnet durch
Übertragen der Simulationsdaten bezüglich des Hörverlusts und/oder Hörgerätegewinns
über ein Datennetz (8) zu dem Benutzer.
10. Verfahren nach Anspruch 9, wobei das Datennetz (8) das Internet umfasst.
11. Verfahren nach Anspruch 9 oder 10, wobei vor dem Simulieren (4, 7) ein Analysieren
(3) standardisierter Hörverluste stattfindet.
12. Verfahren nach Anspruch 11, wobei das Analysieren (3) eine Komponentenanalyse insbesondere
nach orthogonalen Komponenten von Hörverlusten umfasst.
13. Verfahren nach Anspruch 11 oder 12, wobei vor dem Analysieren (3) ein Speichern einer
Vielzahl von Hörverlustdaten in einem Speichermedium (2) erfolgt.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 13, wobei bei dem Benutzer ein Hörtest (9)
durchgeführt wird und das gewonnene individuelle Audiogramm über das Datennetz (8)
zu der Simulationsvorrichtung (4, 7) übermittelt wird.
15. Verfahren nach Anspruch 14, wobei für den Benutzer aufgrund seines individuellen Audiogramms
ein vorgegebenes Audiogramm für die Simulation (4, 7) ausgewählt wird.
16. Verfahren nach Anspruch 15, wobei zur Vermittlung des Höreindrucks auf der Basis des
ausgewählten Audiogramms Simulationsdaten über das Datennetz (8) zu dem Benutzer übermittelt
werden.