[0001] Die Erfindung betrifft eine Wärmebehandlungsanlage, insbesondere zur Wärmebehandlung
von metallischen Werkstücken, mit einem in einem Stahlgehäuse angeordneten Nutzraum,
Einrichtungen zum Beheizen und Abkühlen des Nutzraumes und Mitteln zum Zirkulieren
des Gases im Nutzraum bzw. Stahlgehäuse sowie ein Verfahren zum Betreiben einer solchen
Anlage.
[0002] Wärmebehandlungsanlagen, häufig auch als Vakuum- oder Vakuum-Kammeröfen bezeichnet,
sind in vielfältigen Ausführungen bekannt. Vakuumöfen mit Gasabschreckung im Unter-
und Überdruckbereich werden heutzutage im allgemeinen für die verschiedensten Wärmebehandlungen
metallischer Werkstücke eingesetzt.
[0003] Öfen mit höheren Gasdruckstufen werden vor allem zum Härten und Anlassen der unterschiedlichsten
Stahlqualitäten benutzt. Öfen mit niedrigen Gasdruckstufen dagegen kommen hauptsächlich
bei Vakuumlötprozessen, Glühprozessen und anderen Wärmebehandlungen von metallischen
Chargen zum Einsatz.
[0004] In der Regel bestehen die Wärmebehandlungen darin, die Werkstücke innerhalb der Heizkammer,
unter neutraler Atmosphäre (Schutzgas oder Vakuum) auf eine bestimmte Temperatur zu
erwärmen und sie dann nach werkstoffbedingten Vorgaben oder nach wirtschaftlichen
Gesichtspunkten wieder abzukühlen. Zu diesem Zweck sind die bekannten Vakuumöfen mit
einer integrierten Gas-Schnellkühlung ausgerüstet. Als Kühlgas wird aus technischen
und Kostengründen überwiegend Stickstoff eingesetzt. Das Gas übernimmt dabei im wesentlichen
zwei Hauptaufgaben, es dient
1. zur Schaffung einer neutralen Atmosphäre im Ofen und
2. als Wärmeträger für die Heißgas- und Kühlgasumwälzung.
[0005] Unabhängig von den vorgenannten Aufgaben werden die Öfen auf verschiedene Gasdruckstufen
ausgelegt. Dies kann der reine Unterdruckbereich bis 1 bar (abs.) sowie auch der Überdruckbereich
bei verschiedenen Drücken bis 10 bar (abs.) oder höher sein.
[0006] Bezogen auf die Abkühlgeschwindigkeit der Charge ist es wichtig, eine gleichmäßige,
aber auf entsprechend den Anforderungen angepasste, regelbare Kühlgeschwindigkeit
innerhalb einer Charge zu erreichen.
[0007] Die verfahrenstechnischen Anforderungen beruhen in erster Linie darauf, dass es bei
derartigen Wärmebehandlungen wichtig ist, gezielte Veränderungen von Werkstoffeigenschaften
zu erreichen.
[0008] Die wirtschaftlichen Gründe ergeben sich aus der allgemeinen Forderung, bei allen
vorkommenden Behandlungsprozessen eine möglichst kostengünstige Verfahrensweise zu
erreichen.
[0009] Das Anwendungsfeld beschränkt sich für die bisher bekannten und beschriebenen Wärmebehandlungsanlagen
in den genannten Punkten auf die nachfolgend genannten Merkmale:
1. Die Anwendungstemperatur (Arbeitstemperatur) im Nutzraum ist ausgelegt auf den
Bereich zwischen Starttemperatur (Raumtemperatur) von ca. +25 °C und der max. Endtemperatur
von +1.350 °C (oder höher). Nach Abkühlung ergibt sich eine Entnahmetemperatur von
ca. +40 bis +50 °C .
2. Die Kühlung der Charge im Nutzraum erfolgt durch ein zirkulierendes Gassystem,
bei dem der Wärmeträger "Gas" die aufgenommene Energie an einen Wärmetauscher, beispielsweise
Gas-Wasser-Wärmetauscher, abgibt.
3. Zur "Schutzgasflutung" des Ofeninnenraumes gelangt Schutzgas von einem externen
Überdruckpufferbehälter oder direkt aus dem Verdampfer der Gasversorgung, in gasförmiger
Form in den Rezipienten des Ofens.
[0010] Das bedeutet, dass bei den bisher bekannten Anlagen zirkulierende Gasströmungen,
die über Gas-Wasser-Wärmetauscher geführt werden, zur Abkühlung dienen. Dabei dient
ein motorgetriebenes Gebläse als Antrieb, wobei der Motor im Kesselraum angeordnet
ist. Dieses Kühlsystem ist vor allem im unteren Temperaturbereich, ab ca. 200 °C bis
zur Entnahmetemperatur der Charge, langsam und träge.
[0011] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, bekannte und zuvor näher beschriebene
Wärmebehandlungsanlagen und ein Verfahren zu ihrem Betreiben so auszugestalten und
weiterzubilden, dass sie für einen größeren Anwendungsbereich nutzbar gemacht werden
können. Weiterhin soll die Effizienz des Kühlsystems hinsichtlich Temperaturbereich
und Abkühlgeschwindigkeit gesteigert werden und damit auch die Wirtschaftlichkeit
der gesamten Anlage.
[0012] Hinsichtlich der Anlage besteht die Lösung der Aufgabe darin, dass der Nutzraum einen
Einlass für eine Leitung eines Flüssiggases umfasst, welche in einem Düsenauslässe
aufweisenden Verdampfungselement endet und dass der Nutzraum einen Auslass für die
Durchleitung von Abgas aufweist.
[0013] Verfahrenstechnisch wird die Aufgabe dadurch gelöst, dass zur Abkühlung flüssige
inerte Stoffe oder Reaktionsstoffe im Inneren des Nutzraumes verdampft werden. Das
Gas wird dazu direkt flüssig in den Nutzraum eingeleitet und dort verdampft und nicht
mehr gasförmig zugeführt, wie dies bei den bekannten Öfen der Fall ist. Dadurch erfolgt
eine wesentliche Erhöhung der Kühlleistung.
[0014] Als flüssige inerte Stoffe kommen flüssige Gase wie Stickstoff, Argon, Helium, Neon
oder Krypton in Frage, als Reaktionsstoff beispielsweise Wasserstoff.
[0015] Die Steigerung der Schnellkühleigenschaften der Anlage durch Verdampfung von flüssigen,
inerten Stoffen erfolgt unmittelbar im Nutzraum, so dass die Kühlcharakteristik der
Anlagen während der Schnellkühlphase verbessert werden.
[0016] Mit der anfangs sehr großen Temperaturdifferenz zwischen verdampfendem Flüssiggas,
beispielsweise bei Stickstoff von -196 °C, und der heißen Charge im Plusbereich, wird
neben der Erhöhung der Abkühlgeschwindigkeit auch eine Zeitverkürzung des Gesamt-Chargenzyklusses
erreicht.
[0017] Erfindungsgemäß ist der Bereich der Chargentemperatur im Nutzraum des Ofens von Raumtemperatur
auf eine Endtemperatur von -185 °C erweitert worden.
[0018] Dabei dient der Tieftemperaturbereich zum "Tiefkühlen" von Stählen. Er findet Anwendung
bei metallkundlichen Vorgängen wie Härten oder Anlassen. Durch die Behandlung bis
-185 °C wird Restaustenit in den stabileren harten Martensit umgewandelt Bei dieser
Umwandlung werden weitere kleinere Kohlenstoffteilchen in Form von Carbiden freigesetzt
und in der Werkstoffmasse gleichmäßig verteilt. Diese tragen zur Abstützung der Martensit-Grundmasse
bei, die inneren Spannungen im behandelten Werkstück nehmen ab.
[0019] Die Vergütung der erfindungsgemäß behandelten Werkstücke durch Abschrecken findet
also im 'Ofen' selbst statt. Dabei nehmen Verschleißfestigkeit, Härte, Zugfestigkeit,
Biegefestigkeit und Zähigkeit zu. Die Lebens- und Anspruchsdauer von Werkzeugstählen
für Bohrer, Fräser und allgemeinen Schneidwerkzeugen und auch Werkstücken aus Vergütungsstählen
nimmt zu.
[0020] Erfindungsgemäß erfolgt die Schutzgaserzeugung durch direktes Verdampfen von Flüssiggas
im Nutzraum, d.h. Ofeninnenraum. Dadurch wird der Ausnutzungsgrad des Gases gesteigert.
Das verdampfende Flüssiggas gibt seine Energie im Ofen ab und kann damit genutzt werden
für eine
- Schaffung einer neutralen Ofenatmosphäre,
- Erzeugung des Kühlgas- bzw. Überdrucks im Ofen und
- Kühlung der Charge bzw. des Ofeninnenraumes.
[0021] Damit erstreckt sich der Bereich der Arbeitstemperatur der Wärmebehandlungsanlagen
von +1350 °C (oder höher) bis auf -185 °C.
[0022] Nachfolgend wird die Erfindung anhand einer lediglich bevorzugte Ausführungsbeispiele
darstellenden Zeichnung näher beschrieben. In der Zeichnung zeigen
- Fig. 1
- schematisch eine erfindungsgemäße Wärmebehandlungsanlage im Längsschnitt,
- Fig. 2
- den Nutzraum einer erfindungsgemäßen Wärmebehandlungsanlage gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel
im Querschnitt und
- Fig. 3
- den Nutzraum einer erfindungsgemäßen Wärmebehandlungsanlage gemäß einem zweiten Ausführungsbeispiel
im Querschnitt.
[0023] Im dargestellten und insoweit bevorzugten Ausführungsbeispiel ist ein in einem nur
schematisch angedeuteten doppelwandigen zylindrischen Stahlgehäuse 1 angeordneter
Nutzraum 2 mit im wesentlichen rechteckigen Umrissen dargestellt. Zur besseren Darstellung
der Erfindung sind die notwendigen Einrichtungen zum Beheizen und Abkühlen des Nutzraumes
2 sowie Mittel zum Zirkulieren des Gases im Nutzraum 2 bzw. Stahlgehäuse 1 nicht dargestellt.
[0024] Erfindungsgemäß weist der Nutzraum 2 einen Einlass 3 für eine nicht näher bezeichnete
Leitung für ein Flüssiggas auf, die mit einem entsprechenden unter leichtem Druck
stehenden Flüssiggasspeicher (nicht dargestellt) verbunden ist. Unterhalb des Einlasses
3 ist ein Verdampfungselement erkennbar, welches im Ausführungsbeispiel als Verdampfungsrohr
4 ausgeführt ist, das sich über die gesamte Breite des Nutzraumes erstreckt und an
seiner Unterseite eine Vielzahl von Düsenauslässen 5 aufweist. Ein entsprechender
Auslass 6 sorgt dafür, dass das Abgas aus dem Nutzraum 2 entweichen kann.
[0025] Nach einer weiteren Lehre der Erfindung ist unterhalb des Verdampfungselementes eine
Zerstäubereinheit vorgesehen, welche aus einem hitzebeständigen Flügelrad 8 besteht,
das über eine Welle mit einem außerhalb des Nutzraumes 2 angeordneten Antrieb 9 verbunden
ist.
[0026] Die Fig. 2 und 3 zeigen zwei denkbare Ausgestaltungen von Zerstäubereinheiten 7,
einmal mit einem Flügelrad 8 (Fig. 2) und einmal mit zwei Flügelrädern 8 (Fig. 3),
wobei nach einer weiteren Lehre der Erfindung die Anordnung beider Flügelräder 8 bezogen
auf den Nutzraum 2 symmetrisch erfolgt.
[0027] Es ist klar und nicht näher ausgeführt, dass die Zufuhrleitungen für das Flüssiggas
mit einer speziellen Dämmung und Ummantelung versehen sind, und dass sämtliche Bauteile
so ausgelegt sind, dass sie den hohen Temperaturen und den Temperaturwechseln Stand
halten.
[0028] Gleichfalls ist nicht dargestellt, dass der Einlass 3 und Auslass 6 jeweils ein,
vorzugsweise elektromagnetisch betätigbares, Ventil aufweisen.
[0029] Der Wärmebehandlungsvorgang beim Verdampfen des Flüssiggases im Nutzraum 2 läuft
nun wie folgt ab:
[0030] Das Flüssiggas befindet sich in einem (nicht dargestellten) Tank unter leichtem Überdruck.
Durch Öffnen eines automatisch betätigten Einlassventils gelangt der flüssige inerte
Stoff über eine Zuleitung und eine vakuum- und überdruckdichte (nicht dargestellte)
Durchführung in das Stahlgehäuse 1. Über diese Durchführung wird der flüssige Stickstoff
in den Ofenrezipienten geführt. Von dort gelangt er über eine weitere Zuleitung in
den wärmegedämmten Nutzraum 2 zum eigentlichen Verdampfungselement, dem Verdampfungsrohr
4, über dessen Längsachse Austrittsöffnungen 5 in Düsenform angebracht sind.
[0031] Im Bereich des Verdampfungsrohres im Nutzraum 2 ist die Zerstäubereinheit 7 positioniert,
die im wesentlichen aus wenigstens einem hitzebeständigen Flügelrad 8 besteht.
[0032] Das Flüssiggas tritt mit Überdruck aus den Düsenauslässen 5 des Verdampfungsrohres
4 aus. Dabei trifft es auf das sich drehende Flügelrad 8 (bzw. die sich drehenden
Flügelräder 8) und zerstäubt. Diese Maßnahme beschleunigt durch die Verwirbelung den
Verdampfungsprozess erheblich. Versuche haben gezeigt, dass ein Verdampfen ohne Verwirbelung
zwar auch funktioniert, doch dass dieser Vorgang wesentlich länger dauert.
[0033] Der flüssige Stickstoff wandelt sich dabei von der Liquidusphase in die Gasphase
um. Die dabei nötige Wärme wird dem Material des Nutzraumes 2 sowie der Charge entzogen,
der Kühlprozeß läuft.
[0034] Der Umwandlungsfaktor dieser beiden Zustände liegt für Stickstoff bei 1 zu 700, d.h.
aus 1 Raumteil (flüssig) werden 700 Raumteile (gasförmiger Stickstoff).
[0035] Der dabei entstehende Überdruck kann bis zum zulässigen Kesseldruck genutzt werden.
[0036] Das erwärmte Gas tritt über den Auslass 6 wieder aus dem Nutzraum 2 aus und gelangt
zur vakuum- und überdruckdichten Durchführung am Ofenrezipienten.
[0037] Eingeleitet wird dieser Vorgang durch das Betätigen des Gas-Ablassventils 10. Das
Gas strömt über die Abgasleitung ins Freie.
[0038] Dieser Funktionsablauf wird temperatur- und druckabhängig gesteuert. Hierfür kann
der bereits vorhandene, zur Ofengrundausstattung gehörende Prozeßregler eingesetzt
werden.
1. Wärmebehandlungsanlage, insbesondere zur Wärmebehandlung von metallischen Werkstücken,
mit einem in einem Stahlgehäuse angeordneten Nutzraum, Einrichtungen zum Beheizen
und Abkühlen des Nutzraumes und Mitteln zum Zirkulieren des Gases im Nutzraum bzw.
Stahlgehäuse,
dadurch gekennzeichnet, dass der Nutzraum (2) einen Einlass (3) für eine Leitung für ein Flüssiggas umfasst, welche
in einem Düsenauslässe (5) aufweisenden Verdampfungselement endet und dass der Nutzraum
einen Auslass (6) für die Durchleitung von Abgas aufweist.
2. Anlage nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass das Verdampfungselement wenigstens ein im Nutzraum (2) angeordnetes Verdampfungsrohr
(4) ist.
3. Anlage nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass im Bereich des Verdampfungselementes eine Zerstäubereinheit (7) vorgesehen ist.
4. Anlage nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet, dass die Zerstäubereinheit (7) wenigstens ein Flügelrad (8) aufnimmt.
5. Anlage nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet, dass die Zerstäubereinheit (7) zwei bezogen auf den Nutzraum (2) symmetrisch angeordnete
Flügelräder (8) aufweist.
6. Anlage nach einem der Ansprüche 3 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, dass der Antrieb der Zerstäubereinheit (7) mittels wenigstens eines, außerhalb des Nutzraumes
angeordneten Antriebes (9) erfolgt.
7. Anlage nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, dass der Einlass ein automatisch betätigbares Einlassventil umfasst.
8. Anlage nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, dass der Auslass ein automatisch betätigbares Ablassventil umfasst.
9. Anlage nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
dadurch gekennzeichnet, dass die Anlage als Nachrüstungsmodul für vorhandene Wärmebehandlungsanlagen ausgeführt
ist.
10. Verfahren zum Betreiben einer Wärmebehandlungsanlage nach einem der Ansprüche 1 bis
9,
dadurch gekennzeichnet, dass zur Abkühlung flüssige inerte Stoffe oder Reaktionsstoffe im Inneren des Nutzraumes
verdampft werden.
11. Verfahren nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet, dass zur temperatur- und druckabhängigen Steuerung des Funktionsablaufes ein Prozessregler
eingesetzt wird.
12. Verfahren nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet, dass als flüssiger inerter Stoff Stickstoff verwendet wird.
13. Verfahren nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet, dass als flüssiger inerter Stoff Argon verwendet wird.
14. Verfahren nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet, dass als flüssiger inerter Stoff Helium verwendet wird.
15. Verfahren nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet, dass als flüssiger inerter Stoff Neon verwendet wird.
16. Verfahren nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet, dass als flüssiger inerter Stoff Krypton verwendet wird.
17. Verfahren nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet, dass als Reaktionsstoff Wasserstoff verwendet wird.