[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ermittlung der Reibkraft zwischen wenigstens
zwei Elementen eines mechanischen Systems, wobei eines der Elemente einer erzwungenen
Bewegung, insbesondere einer Schwingung, ausgesetzt ist, beispielsweise zwischen einer
oszillierenden Kokille und einer Strangschale oder zwischen der oszillierenden Schale
und dem flüssigen Kern des Gussproduktes, vornehmlich zur Ermittlung der Sumpfspitze
im Innern eines Gussstranges nach dessen Austritt aus der Kokille mit einer einen
Kern aus flüssigem Metall umgehenden Strangschale, die infolge zunehmender Wärmeabgabe
mit wachsender Dicke bis zum Solidus-Punkt der Sumpfspitze reicht, und dann ein durcherstarrtes
Stranggussprodukt, insbesondere eine Stranggussbramme ausbildet.
[0002] Bei der Erzeugung von Brammen werden üblicherweise Stranggießanlagen mit Plattenkokillen
verwendet, aus welchen der Gussstrang die Kokille mit von einer erstarrten Strangschale
zunehmender Dicke umschlossener Flüssigschmelze verlässt. Ein Rollengerüst dient dabei
dem Zweck, den noch nicht völlig durcherstarrten Strang zu stützen und zu formen.
Dabei ist es aus wirtschaftlichen Gründen von Vorteil, möglichst eine so große Gießgeschwindigkeit
einzustellen, dass die Durcherstarrung des Stranges idealerweise "an der letzten Rolle"
vollendet ist.
[0003] Ist die Gießgeschwindigkeit zu gering, dann wird die Länge der Anlage nicht ausreichend
genutzt, es geht Produktivität verloren; ist die Gießgeschwindigkeit zu hoch, kann
sich ein sogenannter "Walfisch" bilden, wobei die Bramme völlig die Form verliert
und ein sofortiger Gießabbruch die Folge wäre.
[0004] Daraus ergibt sich für den Gießbetrieb die Forderung, möglichst exakt festzustellen,
an welcher Stelle innerhalb einer Bramme die Sumpfspitze liegt bzw. wo die Position
der beginnenden Durcherstarrung sich befindet.
[0005] Hierzu gibt es einerseits gewisse Erfahrungswerte der Anlagenbetreiber und andererseits
seit einiger Zeit auch Rechenmodelle, mit welchen zum Teil online die Lage der Sumpfspitze
mittels aktueller Randbedingungen errechenbar ist. Es hat sich jedoch gezeigt, dass
auch leistungsfähige, z. B. Thermal Trekking-Programme, nicht in der Lage sind, ohne
äußerst aufwendige Optimierungen die Lage der Sumpfspitze mit zufriedenstellender
Genauigkeit und Spontaneität zu ermitteln.
[0006] Bekannt ist aus dem Dokument EP 0 980 295 B1 ein Verfahren zum Erzeugen von Brammen
aus Stahl, wobei die Führung eines Stranges mit Hilfe von Führungsrollen stufenlos
eingestellt wird. Dabei wird die Maulweite der Führungsrollen mit einer vorgebbaren
Amplitude oszillierend um eine Mittellinie beim Ausziehen des Stranges in der Weise
geändert, dass die dynamischen Einflüsse auf die Führungsrollen und die Strangschale
vernachlässigbar klein sind und keine plastische Verformung der Strangschale auftritt;
es wird die aktuelle Maulweite erfasst; gleichzeitig wird die Stellkraft der Verstellelemente
sowie die Amplitude der Stellkraft ermittelt, und bei steigender Amplitude der Stellkraft
wird die Maulweite auf ein vorgebbares Maß eingestellt und/oder über mindestens ein
Verstellelement druckgeregelt geführt. Der Verlauf der Stellkraft besitzt in zweiter
Näherung die Form einer Hysterese, wobei die Ausbreitung der Stellkraft, bezogen auf
eine zugehörige Maulweite als Maß der Viskosität des in der Bramme befindlichen flüssigen
Sumpfes, und in Abhängigkeit der ermittelten Viskosität Rückschlüsse auf die Position
der Sumpfspitze gezogen werden, sowie die Maulweitenverstellung angepasst wird.
[0007] Das Dokument EP 0 350 431 B1 beschreibt ein Verfahren zum Stranggießen von Brammen
mit einer gegenüber dem Gusszustand verringerten Dicke, wobei ein teilweise erstarrter
Strang zwischen Rollenpaaren geführt, mittels angetriebener Rollen abgezogen und einzelne
Rollen gegenüber dem Strang verformbar wirkend anstellbar sind. Zur Herstellung eines
Produktes mit hohem Anteil an Walzgefüge, das coilfähig ist, werden die Drehzahl,
die Stromaufnahme der angetriebenen Rollen und deren Anpressdruck erfasst und je einem
Regler zugeführt. Jeder die Drehzahl einzelner angetriebener Rollen bestimmende Regler
ist über einen übergeordneten Regler derart einstellbar, dass durch mindestens ein,
gegen Anschläge anstellbares, die Dicke des Stranges bestimmendes, auf einen bereits
durcherstarrten Teil des Stranges verformend einwirkendes Rollenpaar das Endmaß und
die Abzugsgeschwindigkeit des Stranges bestimmt wird. Vorgeordnete bzw. nachgeordnete
Rollen werden in der Drehzahl und der Stromaufnahme ihrer Antriebe in Abhängigkeit
von der durch die Rollen erzeugten Formänderung des Stranges eingestellt, wobei aus
den Messwerten Stromaufnahme, Reaktionskraft des Stranges und der Rollenabstand die
Lage der Sumpfspitze ermittelt und die Anpressdrücke der Rollen derart eingestellt
werden, dass die Sumpfspitze vor wenigstens einem gegen Anschläge auf einen vorbestimmbaren
Abstand einstellbaren Rollenpaar liegt.
[0008] Das Dokument DE-OS 25 30 032 offenbart ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Bestimmung
der auf einen Stranggusskörper während seiner Verfestigung einwirkenden Kräfte, bei
dem der Gusskörper aus einer Kokille austritt und zwischen mehreren Walzenpaaren durchläuft
und in einer Ebene mit Abstand unterhalb der Kokille über seinen ganzen Querschnitt
erstarrt. Die Ebene der vollständigen Verfestigung wird durch Messen an einer Vielzahl
von Walzenpaaren auftretender Druckkräfte und Vergleichen der Messwerte an verschiedenen
Walzenpaaren zur Bestimmung desjenigen Walzenpaares ermittelt, jenseits dessen kein
weiterer Anstieg der Belastung erfolgt.
[0009] Das Dokument DE-OS 34 23 977 A1 beschreibt ein Verfahren zur berührungslosen Messung
der erstarrten Randschicht eines Gussteils aus Metall mit nicht erstarrtem Innenkern.
An das Gussteil wird ein magnetisches Wechselfeld angelegt, wodurch die Stärke der
im Gussteil erzeugten Wirbelströme durch eine Messspuleneinrichtung berührungslos
gemessen wird. Die Dicke einer erstarrten Randschicht wird aus der Stärke der Wirbelströme
gemäß dem Unterschied des spezifischen elektrischen Widerstands zwischen einem nicht
erstarrten geschmolzenen Teil und einem erstarrten Teil des Gussstücks bestimmt.
[0010] Das Dokument JP 11083814 A beschreibt ein Verfahren zur Ermittlung des Erstarrungszustandes
eines Gussstücks. Es besteht darin, ein mit elektromagnetischem Überschall auf ein
Gussstück einwirkendes Element im Zusammenwirken mit einem das Überschallsignal empfangenden
Schaltsystem vorzusehen, welches die Intensität der sich ausbreitenden Ultraschallwellen
erfasst, auswertet und miteinander vergleicht.
[0011] Das Dokument JP 63174770 beschreibt ein anderes Verfahren zur Ermittlung des nicht
erstarrten Endes eines Gussstranges. Eine Vielzahl von Rollen sind beim horizontalen
Bereich einer Stranggießanlage vorgesehen und mit einer Anzahl von Drucksensoren in
axialer Richtung der Oberflächen von diesen Rollen versehen. Dadurch wird beim Stranggießprozess
der seitliche Druck im Strang durch in der Rolle vorhandene Sensoren erfasst. In einem
Bereich, in dem ein noch flüssiger Teil des Stranges in dessen Innern existiert, wird
die seitliche Druckkraft infolge geringer Dehnung erfasst. Auf diese Weise wird die
Position und die Form des nicht erstarrten Teils im Gussstrang aufgespürt.
1. Die Bramme ist durcherstarrt.
Der Strang verhält sich dabei in erster Näherung wie eine Stahlfeder. Durch die Oszillation
wird nur in sehr geringem Maße Energie in das System eingebracht und damit auch praktisch
keine Wirkleistung benötigt, der Phasenwinkel (ϕ) ist vergleichsweise groß.
2. Die Bramme enthält flüssigen Sumpf.
Dieser Bereich ist geprägt durch einen hohen Anteil an flüssigem Metall. Durch die
Oszillation erfolgt im flüssigen Bereich keine elastische Verformung. Für diese nicht
elastische Verformung wird im Gegensatz zur Durcherstarrung Wirkleistung benötigt,
z. B. für das Hin- und Herpumpen der flüssigen Schmelze.
Der Phasenwinkel (ϕ) ist vergleichsweise klein.
3. Übergangsbereich zur Sumpfspitze.
Da hier sowohl elastische als auch nicht elastische Verformung stattfindet, bewegt
sich der Phasenwinkel (ϕ) im mittleren Bereich.
[0012] Somit lässt sich aus dem Phasenwinkel (ϕ) die Lage der Sumpfspitze ableiten.
[0013] Die Erfindung wird nachfolgend anhand des in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispieles
näher erläutert.
[0014] Es zeigen:
- Figur 1
- den Phasenwinkel (ϕ) der Scheinleistung im Koordinatensystem in Abhängigkeit von der
Wirkleistung PW der Abszisse, und der Blindleistung PB der Ordinate,
[0015] Ausgehend vom vorgenannten Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde,
ein Verfahren aufzuzeigen, durch welches die mechanischen bzw. dynamischen Eigenschaften
eines aufgezwungenen oszillatorisch bewegten Systems gemessen und zur direkten Ermittlung
des Systemzustandes eines Gussstranges herangezogen werden, um die Lage der Sumpfspitze
genau festzulegen.
[0016] Zur Lösung der Aufgabe wird bei einem Verfahren der im Oberbegriff von Anspruch 1
genannten Art erfindungsgemäß vorgeschlagen, dass dem Stranggussprodukt mit Hilfe
eines Elementes, beispielsweise eines Rollengerüstes der Stranggussanlage, eine Oszillation
aufgezwungen wird und dabei die aufgebrachte mechanische Leistung bzw. Arbeit in einem
Koordinatensystem anteilig in Schein- (P
S), Wirk- (P
w) und Blindleistung (P
B) bzw. Arbeit zerlegt, und aus einem daraus herleitbaren Phasenwinkel (ϕ) nach Maßgabe
dieser Anteile die Position der Sumpfspitze ermittelt wird.
[0017] Dabei macht sich die Erfindung zu Nutze, dass sich die mechanischen bzw. dynamischen
Eigenschaften einer gegossenen Bramme in Abhängigkeit von deren Konsistenz, z. B.
fest oder flüssig bzw. der Mischungen, in der Entfernung von dem Kokillen-Auslauf
bis zum Sumpfende ändern.
[0018] Dabei ändert sich das Verhältnis von Wirkleistung (-arbeit), Blindleistung (-arbeit)
bzw. Scheinleistung (-arbeit) und kann zur Bestimmung des Phasenwinkels (ϕ) ausgewertet
werden. Dieser charakterisiert dann den jeweils aktuellen Zustand der Konsistenz des
Systems bzw. der Bramme. Dabei wird der ermittelte Phasenwinkel als signifikantes
Merkmal des mechanischen Systems ausgewertet und zur Bestimmung der Position der Sumpfspitze
herangezogen.
[0019] Zwingt man der Bramme z. B. mit Hilfe eines Rollengerüstes eine Oszillation auf,
so können drei Zustände unterschieden werden:
- Figur 2
- den Phasenwinkel (ϕ) in Abhängigkeit von der Durcherstarrung einer Bramme unterhalb
einer Kokille.
[0020] In der Figur 1 lässt das Koordinatensystem erkennen, dass bei maximaler Blindleistung
P
B, wobei der Winkel von P
S gegen 90° geht, die Wirkleistung P
W gegen Null abnimmt, wogegen bei tendenzieller Abnahme der Blindleistung P
B gegen Null die Wirkleistung P
W gegen ein Maximum tendiert.
[0021] In der Figur 2 sind die Systemzustände
a) Bramme mit flüssigem Sumpf,
b) Bramme durcherstarrt, und
c) Übergangsbereich zur Sumpfspitze
bei entsprechenden Positionen der Bramme unterhalb der Kokille, sowie die Position
der letzten Rolle des Rollengerüstes dargestellt. Das Diagramm zeigt deutlich die
Größe des Phasenwinkels ϕ, der den einzelnen Systemzuständen der Bramme entspricht.
Mit der Erfindung ergeben sich die folgenden Vorteile:
[0022] Direkte Messung des Systemzustandes, keine indirekte Berechnung. Dadurch erhöhte
Genauigkeit und Zuverlässigkeit.
[0023] Je nach Beschaffenheit des bereits vorhandenen Systems ist diese Methode ohne bzw.
mit nur sehr geringem mechanischem und antriebstechnischen Aufwand realisierbar (z.
B. CyberLink-Segmente, Resonanzkokillen).
[0024] Das System kann bis in Grenzzustände hinein sicher genutzt werden:
o Bei der Strangführung:
■ Die Sumpfspitze kann "bis zur letzten Rolle getrieben werden". Das bedeutet eine
Maximierung der Produktivität.
■ Die Dynamische Softreduction wird präziser und damit effektiver, da sie genauer
in den Bereich der Sumpfspitze gelegt werden kann.
Das bedeutet eine Verbesserung der Brammenqualität.
o Bei der Kokille:
■ Reibkraftvisualisierung zur Klebeerkennung des gegossenen Stranges an der Kokille
ohne Thermoelemente.
Das bedeutet geringere Investitionen, geringerer Erhaltungsaufwand, sowie höhere Zuverlässigkeit.
1. Verfahren zur Ermittlung der Reibkraft zwischen wenigstens zwei Elementen eines mechanischen
Systems, wobei eines der Elemente einer erzwungenen Bewegung, insbesondere einer Schwingung,
ausgesetzt ist, beispielsweise zwischen einer oszillierenden Kokille und einer Strangschale
oder zwischen der oszillierende Strangschale und dem flüssigen Kern des Gussproduktes,
vornehmlich zur Ermittlung der Sumpfspitze im Innern eines Gussstranges nach dessen
Austritt aus der Kokille mit einer einen Kern aus flüssigem Metall umgehenden Strangschale,
die infolge zunehmender Wärmeabgabe mit wachsender Dicke bis zum Solidus-Punkt der
Sumpfspitze reicht, und dann ein durcherstarrtes Stranggussprodukt, insbesondere eine
Stranggussbramme ausbildet,
dadurch gekennzeichnet,
dass dem Stranggussprodukt mit Hilfe eines Elementes, beispielsweise eines Rollengerüstes
der Stranggussanlage, eine Oszillation aufgezwungen wird und dabei die aufgebrachte
mechanische Leistung bzw. Arbeit in einem Koordinatensystem anteilig in Schein- (PS), Wirk- (PW) und Blindleistung bzw. Arbeit (PB) zerlegt, und aus einem daraus herleitbaren Phasenwinkel (ϕ) des Koordinatensystems
nach Maßgabe dieser Anteile die Position der Sumpfspitze ermittelt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass eine Oszillationsfrequenz zwischen 0,5 und 10 Hz und vorzugsweise zwischen 1 und
4 Hz eingestellt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass eine Oszillationsamplitude zwischen 0,1 und 1 mm und vorzugsweise zwischen 0,2 und
0,4 mm eingestellt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass Oszillationsfrequenz und/oder Oszillationsamplitude während der Messung modifiziert
werden.
5. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der gesamte Segmentoberrahmen des Rollengerüstes oszilliert wird.
6. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Segmenteinlauf bzw. der Segmentauslauf des Rollengerüstes oszilliert wird.
7. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Oszillationsenergie direkt in die entsprechenden Segmente des Rollengerüstes
beispielsweise über deren Hydraulikzylinder eingeleitet wird.