[0001] Die Erfindung betrifft keramische Verbundkörper umfassend mindestens zwei Schichten,
insbesondere für Schutzpanzerungen , die für zivile und militärische Einsatzgebiete
geeignet sind. Insbesondere betrifft die Erfindung Körper aus einem überwiegend Siliciumcarbid
(SiC) enthaltenden mehrschichtigen Werkstoffverbund, mit einer im wesentlichen aus
in einer Matrix aus freiem Silicium (Si) gebundenem SiC bestehenden außenliegenden
Werkstoffschicht und einer innenliegenden Werkstoffschicht enthaltend lose gebundenes
SiC- Keramikpulver, sowie ein Verfahren zu deren Herstellung und Verwendungen dieser
Verbundkörper.
[0002] Für Schutzpanzerungen gegen die ballistische Einwirkung von Projektilen werden je
nach Einsatzgebiet unterschiedliche Anforderungen an die geschossbrechende Wirkung,
Multihit-Tauglichkeit, Bauteilgeometrie oder Bauteilgewicht gestellt.
[0003] Im zivilen Bereich konzentriert sich der Einsatz insbesondere auf den Personenschutz,
gepanzerte Limousinen und Schutzwesten. Die Anforderungen an die geschossbrechende
Wirkung sind nicht so hoch, da in diesem Bereich selten mit schweren Waffen beziehungsweise
mittleren und großen Kalibern gerechnet werden muss. Hohe Anforderungen werden unter
anderem an Bauteilgeometrie und Bauteilgewicht gestellt. Es werden komplex geformte
Teile verlangt, gekoppelt mit der Forderung nach einer möglichst geringen Bauteildicke
oder Einbautiefe und geringem Gewicht. Die Distanz zur Bedrohung ist meist sehr kurz
und kann bei nur wenigen Metern liegen. Dies führt im Falle des häufig auftretenden
Mehrfachbeschusses (hier als "Multihit" bezeichnet) zu nahe beieinander liegenden
Treffern. Daraus ergeben sich höchste Anforderungen an die Multihit-Tauglichkeit der
Schutzpanzerung.
[0004] Im militärischen Bereich ist von einer Bedrohung durch Hochgeschwindigkeits- und
großkalibrige Geschosse sowie Explosivgeschosse auszugehen. Obwohl die Anforderungen
an die Bauteildicke und Einbautiefe geringer sind als im zivilen Bereich, ist auch
hier ein geringes spezifisches Gewicht des Panzerungsmaterials von entscheidender
Bedeutung, denn aufgrund der extrem hohen Anforderungen an die energieabsorbierende
Wirkung muss das Schutzpanzerungs-Bauteil im allgemeinen sehr dick ausgeführt werden.
[0005] Die großen Distanzen zu den Zielobjekten bedingen im allgemeinen große Trefferabstände.
Daher werden hier geringere Anforderungen an die Multihit-Tauglichkeit gestellt.
[0006] Zur Panzerung im militärischen Bereich werden heute häufig flache Platten als Zusatzpanzerung
für Land- und Wasserfahrzeuge sowie für Helikopter, Container, Behälter, Unterstände
und Feldbefestigungen eingesetzt.
[0007] Eine Panzerung aus einer oder mehreren Panzerstahlplatten wird üblicherweise so behandelt,
dass zumindest die der Bedrohung zugewandte Seite extrem hart und damit geschossbrechend
wird. Die der Bedrohung abgewandte Seite ist duktiler oder zäher ausgestaltet, um
durch eine Materialdeformation die Energie des Geschosses zu absorbieren. Hieraus
ergibt sich auch der für Panzerplatten aus anderen Materialien typische Aufbau.
[0008] Gegenüber den Metallen weisen die keramischen Werkstoffe den Vorteil höherer Härte
und geringeren spezifischen Gewichts auf. Da die monolithische Keramik beim Beschuss
ein typisches Sprödbruchverhalten zeigt, bersten Keramikplatten (monolithische Keramik)
unter Bildung vieler grober bis feinster Splitter. Die Verwendung von Keramikplatten
ohne zusätzliches Backing (Stützmaterial und Splitterfang) auf der dem Eintritt des
Geschosses abgewandten Seite ist aufgrund des Splitterabgangs beim Beschuss nicht
sinnvoll. Durch den Beschuss wird im allgemeinen die jeweilige Keramikplatte völlig
zerstört. Ein Mehrfachbeschuss (Multi-Hit) kann daraufhin nicht mehr gehalten werden.
[0009] Eine Panzerung mit keramischen Werkstoffen besteht aus diesen Gründen bevorzugt aus
zwei Schichten. Die Frontplatte aus möglichst monolithischer Keramik hat die Aufgabe,
das Rest-Geschoss zu deformieren und gegebenenfalls den Hartkern zu brechen. Eine
hinter der Keramikplatte angebrachte, verformbare Armierung, das Backing, hat die
Aufgabe das Geschoss, Geschosstrümmer und Keramiksplitter aufzufangen oder zu absorbieren
und die restliche Keramikplatte zu stabilisieren. Sie wird im folgenden auch Absorberschicht
genannt. Das Backing besteht im allgemeinen aus hochdehnbaren und reißfesten Geweben
(Aramidfasergewebe, HDPE-Gewebe, etc.), Metall oder Kunststoffen.
[0010] Moderne Werkstoffkonzepte führen zu faserverstärkten Verbundwerkstoffen, die Bereiche
aus monolithischer Keramik (Geschossbrecher) und faserverstärkter Keramik aufweisen
(Absorberschicht), wie zum Beispiel in der EP-A 0 376 794 beschrieben. Als Nachteil
dieser Konzepte erweist sich im allgemeinen der hohe Preis und die geringe Verfügbarkeit
geeigneter Fasern für faserverstärkte Keramiken. So sind für das üblicherweise angewandte
Sinterverfahren zur Herstellung von faserverstärkter Keramik nur relativ teure Kohlenstofffasern
von technischer Bedeutung.
[0011] Ein weiterer Ansatz, die projektil- und splitterabsorbierende Wirkung durch Keramikmaterial
zu erreichen, ist in der EP-A 0 287 918 ausgeführt. In einer der aufgeführten Varianten
wird eine Mehrschichtpanzerplatte beschrieben, die aus einer konventionellen Keramikplatte
als Frontplatte und einer dahinter liegenden Absorberplatte aus sogenannter chemisch
gebundener Keramik besteht. Die chemisch gebundene Keramik besteht aus harten Füllstoffen,
wie beispielsweise Fasern oder Keramik-Pulver, und einer Bindephase (oder Matrix)
aus mit organischen oder anorganischen Polymeren modifizierten Zementen, die bei niedrigen
Temperaturen aushärten. Die harten Füllstoffe führen zu einer Abstumpfung, Umlenkung
und Zertrümmerung des Projektils.
[0012] Die Herstellung von Mehrschichtpanzerplatten mit komplexer Geometrie und fester chemischer
Verbindung zwischen den zwei Materialschichten ist nach diesem Verfahren allerdings
sehr aufwändig.
[0013] Gegenüber diesem Stand der Technik ist es Aufgabe der Erfindung, einen Keramikverbundkörper
mit einer geschossbrechenden Frontschicht und einer fest mit dieser verbundenen Absorberschicht
mithilfe eines kostengünstigen Herstellungsverfahrens, das auch komplexe Bauteilgeometrien
zulässt, verfügbar zu machen.
[0014] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch einen Verbundkörper, der mindestens
zwei Schichten umfaßt, dadurch gekennzeichnet, daß eine außen liegende geschossbrechende
Keramikschicht (Frontplatte) im wesentlichen aus einem Carbid und einem carbidbildenden
Metall, bevorzugt SiC und Si (Werkstoffschicht A) besteht, und eine mit dieser fest
verbundene innen liegende Schicht (Werkstoffschicht B), die schwach oder lose gebundenes
Keramikpulver enthält, das im wesentlichen aus SiC besteht.
[0015] Weiterhin wird ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Verbundkörpers angegeben,
bei dem der mehrschichtige Verbundwerkstoff durch die Flüssiginfiltration eines porösen
Grünkörpers aus Keramikpartikeln und Kohlenstoffmaterial durch ein carbidbildendes
Metall, insbesondere Siliciummetall, hergestellt wird, wobei durch die Flüssigmetallinfiltration
in einem einzigen gemeinsamen Verfahrensschritt sowohl die außen liegende Keramikschicht
aus Carbid und carbidbildendem Metall, bevorzugt SiC und Si (Werkstoffschicht A),
als auch die innen liegende Schicht aus schwach oder lose gebundenem Keramikpulver
aus überwiegend SiC (Werkstoffschicht B) gebildet wird, sowie beide Schichten fest
miteinander chemisch verbunden werden.
[0016] Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass pulvrige oder partikelförmige Keramik,
ähnlich einer Sandschüttung, ein sehr günstiges Absorptionsverhalten gegenüber ballistischer
Einwirkung zeigt, sofern das pulvrige Material mechanisch stabilisiert, beziehungsweise
zusammengehalten wird. Dieser Zusammenhalt wird erfindungsgemäß durch die chemisch
fest verbundene Keramikschicht (Werkstoffschicht A), sowie auch durch den während
der Metallschmelzinfiltration stattfindenden Sinterprozess der Keramikmischung des
Grünkörpers im Bereich der Werkstoffschicht B erreicht.
[0017] Der erfindungsgemäße Verbundkörper umfaßt daher mindestens zwei Schichten, eine außen
liegende Werkstoffschicht A, die Phasen aus einem carbidbildenden Metall und dem Carbid
dieses Metalls enthält, bevorzugt reaktionsgebundenes Siliciumcarbid (SiC) und Silicium,
auch als SiSiC bezeichnet, und eine dahinterliegende Werkstoffschicht B, die durch
Sintern lose gebundenes SiC-Keramikpulver oder -Partikel enthält, sowie gegebenenfalls
dahinter angeordnete weitere Schichten, insbesondere aus dem Werkstoff A oder aus
faserhaltigem Backing. Durch diese weitere Schichten wird die energieabsorbierende
Wirkung der Panzerung zusätzlich verbessert.
Unter lose gebundenem Keramikpulver, oder partikeln ist insbesondere Material zu verstehen,
dessen Festigkeit um mindestens 20% unterhalb derjenigen des Materials der Werkstoffschicht
A liegt.
[0018] Beim bevorzugten Verfahren der Flüssigmetallinfiltration -bevorzugt mit einer Siliciumschmelze-
wird in der Werkstoffschicht A durch Reaktion des carbidbildenden Metalls mit Kohlenstoff
eine Keramik gebildet, die neben sehr hoher Härte eine gute Bruchzähigkeit oder Schadenstoleranz
aufweist. Hierdurch wird das für den Mehrfachbeschuss schädliche keramische Sprödbruchverhalten
in vorteilhafter Weise unterdrückt. Als Infiltrationsmetall wird bevorzugt eine Legierung
verwendet, die mindestens einen Massenanteil von 50 % Silicium enthält, besonders
bevorzugt ist technisches Silicium oder reines Silicium. Bei der Infiltration mit
einer siliciumhaltigen Legierung der Metalle, Fe, Cr, oder Ni bildet sich aus dem
im Vorläufer der Werkstoffschicht A enthaltenen Kohlenstoff bevorzugt Siliciumcarbid.
Bei der Infiltration mit einer Titan-Silicium-Legierung bildet sich aus dem Kohlenstoff
bevorzugt Titancarbid neben Siliciumcarbid.
[0019] Die in der Werkstoffschicht B enthaltenen Partikel aus Siliciumcarbid und Nitriden
werden bei der Temperatur der Infiltration mit dem flüssigen Metall an den Berührungsstellen
zusammengesintert, wobei ein loses Gefüge mit Poren entsteht. Die nichtflüchtigen
Pyrolyseprodukte des organischen Binders der Rohstoffmischung tragen ebenso zur Festigkeit
der Werkstoffschicht B bei.
[0020] Die Werkstoffschicht A enthält bevorzugt einen Massenanteil von mindestens 70 % von
SiC-Partikeln, die in einer Matrix aus freiem Silicium eingebettet sind. Bevorzugt
liegt der Massenanteil an SiC oberhalb von 75 % und besonders bevorzugt oberhalb von
85 %. Dabei liegt der Massenanteil an freiem Silicium, worunter auch alle Silicium-Mischphasen
mit weiteren metallischen Elementen verstanden werden sollen, oberhalb von 2,8 %.
Bevorzugt liegt der Massenanteil an freiem Silicium im Bereich von 3 bis 21 % und
besonders bevorzugt im Bereich von 3 bis 15 %. Die Werkstoffschicht A wird so aufgebaut,
dass eine möglichst hohe Härte erreicht wird, was beispielsweise durch eine möglichst
hohe Dichte, idealerweise die theoretische Dichte, erreicht werden kann. Bevorzugt
liegt daher die Porosität (Volumenanteil der Poren am gesamten Volumen) der Werkstoffschicht
A unter 20 % oder die Dichte bei mindestens 2,1 g/cm
3 und besonders bevorzugt liegt die Porosität unterhalb von 10 % beziehungsweise die
Dichte oberhalb von 2,2 g/cm
3. Typischerweise weist der Werkstoff A noch freien Kohlenstoff, sowie gegebenenfalls
keramische Zuschlagstoffe in Massenanteilen von ca. 0,5 bis 15 % auf. Als in bevorzugter
Weise zusätzlich eingesetzte keramische Zuschlagstoffe werden erfindungsgemäß besonders
harte Keramiken auf Nitridbasis eingesetzt. Zu diesen zählen insbesondere die Nitride
der Elemente Si, Ti, Zr, B und Al.
[0021] Die mittlere Partikelgröße des SiC,das sowohl für die Werkstoffschicht A als auch
für die Werkstoffschicht B eingesetzt werden kann, liegt typischerweise im Bereich
von 20 bis 750 µm. Da im allgemeinen verfahrensbedingt zunächst ein homogener Grünkörper
(Vorkörper der Metallinfiltration) aus den Keramikpulvern hergestellt wird, unterscheiden
sich die Partikelgrößen in den Werkstoffschichten A und B nur unwesentlich. Ebenso
ist es aber auch möglich, verschiedene Partikelgrößen für die Schichten vorzusehen,
wobei dann die Werkstoffschicht A bevorzugt feineres Material als die Werkstoffschicht
B enthält. Besonders bevorzugt liegt dann die mittlere Partikelgröße in der Schicht
A unterhalb von 50 µm und in der Schicht B oberhalb von 50 µm.
[0022] Auch die Werkstoffschicht B ist bevorzugt zum überwiegenden Teil aus SiC-Partikeln
aufgebaut. Bevorzugt liegt der Massenanteil an SiC-Partikeln oberhalb von 70 % und
besonders bevorzugt oberhalb von 90 %. Auch der Gehalt an keramischen Zuschlagstoffen
liegt bei vergleichbaren Anteilen wie in der Schicht A. Bevorzugt enthält die Werkstoffschicht
B zumindest eines der Nitride der Elemente Si, Ti, Zr, B und Al in Massenanteilen
von 0,05 bis 15 %. Im wesentlichen Unterschied zum Werkstoff A ist in der Werkstoffschicht
B die Keramik, beziehungsweise deren Keramikpartikel, nicht durch Silicium reaktionsgebunden,
es ist nahezu keine Matrix aus Silicium oder einer Siliciumlegierung vorhanden. Der
Massenanteil an freiem Silicium beziehungsweise an Silicium/Metall-Phasen liegt typischerweise
unterhalb von 5 %, bevorzugt unterhalb 2,5 % und besonders bevorzugt unterhalb von
1 %.
[0023] Die Keramikpartikel in der Werkstoffschicht B sind nur schwach gebunden, teils über
Kohlenstoff-Bindephasen, teils direkt über Sinterbrücken untereinander. Die Werkstoffschicht
B weist daher eine vergleichsweise hohe Porosität auf, die typischerweise von 5 %
bis 35 % reicht, und bevorzugt im Bereich von 12 bis 27 % liegt.
[0024] Die Dichte der Werkstoffschicht B liegt im allgemeinen unterhalb von 2,55 g/cm
3 , bevorzugt unterhalb 2,05 g/cm
3 und besonders bevorzugt unterhalb von 1,96 g/cm
3. Typischerweise liegt die Porosität in der Werkstoffschicht B um mindestens 7 % höher
als in der Werkstoffschicht A.
[0025] Für die erfindungsgemäße Wirkung der Werkstoffschicht B ist die nur lose Bindung
zwischen den Keramikpartikeln wesentlich. Unter anderem wird hierdurch die für den
Sprödbruch typische Rissausbreitung durch weite Bereiche eines zusammenhängenden Werkstückteiles
verhindert, wobei dennoch die Härte der Keramikpartikel genutzt wird. Diese Wirkung
wird ebenso erreicht, wenn die Poren in dieser Schicht durch gegenüber der Keramik
deutlich weicheres Material gefüllt sind.
[0026] In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung sind daher die Zwischenräume
zwischen den Keramikpartikeln in der Werkstoffschicht B mit einem weichen Material
gefüllt. Üblicherweise wird als weiches Material ein Kunststoff oder ein Metall eingesetzt,
wobei das Metall eine Härte auf der Mohs-Skala von höchstens 5 aufweist. Geeignet
sind insbesondere thermoplastische Polymere, Harze, Klebstoffe, Elastomere oder Aluminium.
Bevorzugt ist dann zumindest die Hälfte des Raums, der zwischen den keramischen Partikeln
gebildet wird, mit dem weichen Material gefüllt.
[0027] Die Anwendung der erfindungsgemäßen Verbundkörper liegt im Bereich der Schutzpanzerungen,
insbesondere gegen ballistische Einwirkung. Aufgrund der guten thermischen Eigenschaften,
insbesondere des hohen Schmelz- oder Zersetzungspunktes von SiC, zeigt der Verbundwerkstoff
auch eine gute Eignung als Panzerungsmaterial im Tresor- und Schutzgebäudebau.
[0028] Bauteile aus den erfindungsgemäßen Verbundkörpern werden üblicherweise so ausgelegt,
dass die gesamte Dicke der Werkstoffschichten A und B im Bereich von 6 bis 300 mm
liegt. Auch weitere Schichten, insbesondere aus dem Werkstoff A oder faserhaltigem
Backing können hinter der Schicht aus dem Werkstoff B angeordnet sein. Die Schichtdicke
des Werkstoffs A liegt üblicherweise oberhalb von 1 mm, für Panzerplatten bevorzugt
oberhalb von 3 mm. Das Schichtdickenverhältnis der Werkstoffschichten A und B liegt
typischerweise unterhalb von 1:50, bevorzugt unterhalb von 1:10, wobei hier nur die
der Beschußseite zugewandte Frontschicht aus dem Werkstoff A und die darauf folgende
Schicht aus dem Werkstoff B zu verstehen sind.
[0029] Die Werkstoffschicht A geht in die Werkstoffschicht B über, wobei der Übergang im
allgemeinen durch eine deutliche Abnahme des Gehaltes an Silicium in der Matrix zu
erkennen ist.
[0030] Fig. 1 zeigt eine mikroskopische Schliff-Aufnahme der Grenzfläche zwischen den Werkstoffschichten
A und B eines erfindungsgemäßen Verbundkörpers. Die grauen Bereiche (1) sind SiC-Partikel,
welche annähernd gleichmäßig über den gesamten Ausschnitt verteilt sind. In der oberen
Hälfte (A), die dem Werkstoff A entspricht, sind die SiC-Bereiche durch eine kontinuierliche
helle Phase (2) verbunden. Dies ist die Matrix aus Silicium. Die untere Hälfte (B),
die dem Werkstoff B entspricht, weist statt der Matrix Poren auf (schwarze Bereiche,
3). Die weiteren Bestandteile aus Kohlenstoff oder Nitridpartikeln lassen sich in
dieser Darstellung nicht von den anderen Materialien unterscheiden.
[0031] Aufgrund der verfahrensbedingt einfachen Herstellbarkeit eines allseitig mit einer
Werkstoffschicht A umgebenen Werkstoffs B ist für flächige Bauteile die Schichtabfolge
einer Frontplatte aus dem Werkstoff A, einer Absorberzone aus dem Werkstoff B und
Rückenplatte (oder Backing) aus dem Werkstoff A besonders bevorzugt.
[0032] Erfindungsgemäß werden die Verbundkörper durch die Metall-Flüssiginfiltration von
SiC-, Kohlenstoff- und Nitridhaltigen porösen Grünkörpern hergestellt.
[0033] Das Verfahren weist die folgenden wesentlichen Prozeßschritte auf:
a) Herstellung eines porösen kohlenstoffhaltigen Grünkörpers, enthaltend Carbide,
Nitride und Kohlenstoffmaterial
b) Zuführung einer Schmelze eines carbidbildenden Metalls über mindestens eine Außenfläche
des Grünkörpers
c) Metallinfiltration und Reaktion zumindest eines Teiles der Metallschmelze mit Kohlenstoff
zu Metallcarbid, wobei hierdurch die unterschiedlichen Werkstoffschichten A und B
gebildet werden.
[0034] Bei der Herstellung des porösen kohlenstoffhaltigen Grünkörpers wird zunächst eine
Mischung der Feststoffe, enthaltend Siliciumcarbid, Nitride, gegebenenfalls Kohlenstoff
und organischem Binder hergestellt. Diese Mischung wird nach den üblichen Verfahren
der keramischen Industrie (unter anderem Pressen, Spritzgießen, Schlickern) in Form
gebracht, wobei die Aushärtung des organischen Binders für die Festigkeit des resultierenden
Körpers verantwortlich ist. Der gehärtete Körper wird hierauf durch eine Temperaturbehandlung
im Bereich von ca. 650 bis 1600 °C, bevorzugt 1000 °C, carbonisiert. Erfindungsgemäß
ist der organische Binder carbonisierbar, das heißt, bei Erhitzen unter nicht oxidierenden
Bedingungen wird der Binder nicht vollständig verflüchtigt, sondern es bildet sich
ein Kohlenstoffrückstand aus. Der resultierende Körper, der Grünkörper, besteht nunmehr
aus den eingesetzten Feststoffen, insbesondere den Keramikpartikeln, die von einer
Bindephase aus pyrolytisch erzeugtem Kohlenstoff zusammengehalten werden.
[0035] Die Zusammensetzung der Ausgangsmischung wird bevorzugt so gewählt, dass der Massenanteil
an Siliciumcarbid im porösen kohlenstoffhaltigen Grünkörper mindestens 50 %, bevorzugt
mindestens 65 % beträgt. Der Massenanteil an Kohlenstoff, aus carbonisiertem Binder
und eingesetzten Feststoffen, liegt typischerweise oberhalb von 4 % und bevorzugt
oberhalb von 8 %, der Massenanteil an Gehalt an Nitriden oberhalb von 1 %, bevorzugt
oberhalb von 3 % und besonders bevorzugt zwischen 3 und 12 %. Die Nitride sind insbesondere
ausgewählt aus mindestens einem der Nitride der folgenden Elemente: Ti, Zr, Si, B
und Al.
[0036] Das als Feststoff eingesetzte Kohlenstoffmaterial ist ausgewählt aus der Gruppe Kohle,
Koks, Naturgraphit, technischer Graphit, carbonisiertes organisches Material, Kohlenstoffasern,
Glaskohlenstoff und Verkokungsprodukten. Besonders geeignet sind natürlicher Graphit
oder synthetischer Graphit.
[0037] Ein wesentlicher Vorteil der Erfindung ist, dass auf teure Kohlenstoffasern nahezu
vollständig oder vollständig verzichtet werden kann.
[0038] Erfindungsgemäß ist es auch möglich, einen mehrschichtigen Grünkörper aus verschiedenen
Ausgangsmischungen herzustellen. Bevorzugt sind hierfür Zusammensetzungen, bei denen
der Bereich, der der späteren Werkstoffschicht B entspricht, einen höheren Gehalt
an Nitriden aufweist. Hierdurch wird das ballistische Verhalten des mehrschichtigen
Verbundkörpers vorteilhaft beeinflusst.
[0039] Im Schritt b), der Zuführung einer Metallschmelze, wird ein carbidbildendes Metall
in den porösen Grünkörper infiltriert. Die Infiltration wird durch die Kapillarwirkung
und die während der Infiltration stattfindende chemische Reaktion zwischen dem freien
Kohlenstoff des Grünkörpers mit dem carbidbildenden Metall unterstützt. Im allgemeinen
erfolgt die Infiltration bei verringertem Druck oder Vakuum, bei Temperaturen von
ca. 150 °C oberhalb der Schmelztemperatur des Infiltrationsmetalls.
[0040] Als Infiltrationsmetall werden bevorzugt Siliciumlegierungen, typischerweise aus
Si und mindestens einem der Elemente Ti, Fe, Cr und Mo, und besonders bevorzugt technisch
reines Si eingesetzt.
[0041] Durch die Flüssigmetallinfiltration werden die Poren des Grünkörpers im Außenbereich
durch Infiltrationsmetall und dessen Reaktionsprodukten mit Kohlenstoff gefüllt, wogegen
der innere Bereich im wesentlichen frei von Infiltrationsmetall und/oder dessen Reaktionsprodukten
mit Kohlenstoff bleibt. Der Massenanteil an durch die Infiltration zugeführtem Infiltrationsmetall
im Inneren des erfindungsgemäßen Verbundwerkstoffs, entsprechend der Werkstoffschicht
B, liegt typischerweise unterhalb von 1 %, und der Massenanteil an durch das Infiltrationsmetall
neu gebildetem Metallcarbid unterhalb von 3 %.
[0042] Erfindungsgemäß sind die chemische Zusammensetzung und die Porosität des Grünkörpers
und das Infiltrationsmetall-Angebot so gewählt, dass der Grünkörper nur teilweise
infiltriert wird. Insbesondere durch das Verhältnis von Carbiden, Kohlenstoff und
Nitriden kann die Infiltrationstiefe gezielt gesteuert werden.
[0043] Durch die Nitride wird die Benetzung des Grünkörpers mit dem schmelzflüssigen Silicium
verschlechtert. Insbesondere hierdurch wird die Infiltrationstiefe der siliziumhaltigen
Schmelze verringert und der Umsetzungsgrad des Grünkörpers gesteuert.
[0044] Im Schritt c) findet die Umsetzung zumindest eines Teils des freien Kohlenstoffs
mit dem Infiltrationsmetall statt. Insbesondere über Temperatur und Prozessdauer kann
der Umsatz gesteuert werden. In diesem Schritt werden die Werkstoffschichten A und
B ausgebildet. In der Werkstoffschicht A wird eine dichte Keramik aus reaktionsgebundenem
Metallcarbid, im bevorzugten Fall der Infiltration mit flüssigem Silicium also SiSiC,
gebildet. In der Werkstoffschicht B, wohin nahezu kein Infiltrationsmetall gelangt,
findet bei der Temperatur des Schrittes c) eine Sinterreaktion zwischen den Keramikpartikeln
statt, die unter anderem zu einer mechanischen Stabilisierung der Werkstoffschicht
führt. Die Festigkeit (Bruchfestigkeit) muss nur so hoch sein, dass der Werkstoff
B handhabbar wird und nicht ohne weiteres zerfällt. Die eigentliche mechanische Stabilisierung
der Werkstoffschicht B erfolgt indes über die fest angebundene Werkstoffschicht A.
Die Festigkeit der Schicht B kann erhöht werden, wenn der Mischung für den Grünkörper
Sinterhilfsmittel zugegeben werden, die bevorzugt Si-Verbindungen oder -pulver enthalten.
[0045] Die Metallschmelze wird üblicherweise über Dochte oder über Metallpulverschüttungen
zugeführt. Typischerweise erfolgt die Metallinfiltration im wesentlichen über die
gesamte Oberfläche, so dass die Werkstoffschicht A eine geschlossene Werkstoffoberfläche
ergibt. Werden plattenförmige Grünkörper eingesetzt, so resultiert ein Bauteil, das
in Richtung der Flächennormalen, der bevorzugten Richtung der ballistischen Bedrohung,
die Schichtabfolge der Werkstoffschichten A B A aufweist.
[0046] Diese einfache verfahrenstechnische Vorgehensweise, diesen bevorzugten Schichtaufbau
zu erreichen, ist einer der wesentlichen Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens.
[0047] Die mechanische Stabilität der Werkstoffschicht B läßt sich verbessern, ohne dass
die einer losen Pulverschüttung ähnlichen typischen erfindungsgemäßen Eigenschaften
verloren gehen, wenn die Poren des Werkstoffs B zusätzlich durch ein weiches Material
gefüllt werden. Dies kann zum Beispiel durch eine Schmelzinfiltration mit einem thermoplastischen
Polymer oder durch Flüssiginfiltration mit einem Polymerharz erreicht werden. Bevorzugt
werden die Poren dabei mit Polyolefinen oder Epoxidharzen zumindest zu 30 % ausgefüllt.
In einer weiteren vorteilshaften Ausgestaltung der Erfindung werden die Poren mit
Klebstoffen infiltriert, welche sich insbesondere zur Verklebung mit einem Backing
eignen. Dabei sind Backingmaterialien aus Aramidfasern besonders geeignet.
[0048] In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird der Verbundkörper,
insbesondere die Werkstoffschicht B, mit einem Leichtmetall, insbesondere Al, infiltriert.
[0049] Werden die Poren durch ein weiches Material gefüllt, so liegt die Restporosität der
Schicht B bevorzugt unterhalb von 15 %.
[0050] Die Füllung der Poren der Werkstoffschicht B mit einem Polymer kann besonders vorteilhaft
zum Verkleben mit einem Backing, insbesondere einem Backing aus Fasermatten oder Geweben,
genutzt werden.
1. Keramischer Verbundkörper umfassend mindestens zwei Schichten A und B, dadurch gekennzeichnet, dass die eine Schicht A Phasen aus einem Metall und dem Carbid dieses Metalls enthält,
und dass die andere Schicht B teilweise über Kohlenstoff-Bindephasen, teilweise direkt
über Sinterbrücken gebundene Partikel aus Siliciumcarbid enthält und einen Volumenanteil
an Poren von 10 % bis 35 % aufweist.
2. Keramischer Verbundkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkstoffschicht A einen Volumenanteil an Poren unterhalb 20 % und die Werkstoffschicht
B einen Volumenanteil an Poren von 5 bis 35 % aufweist.
3. Keramischer Verbundkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Schicht B einen Volumenanteil an Poren von 12 % bis 27 % aufweist.
4. Keramischer Verbundkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkstoffschicht A eine Dichte oberhalb 2,1 g/ccm und die Werkstoffschicht B
eine Dichte unterhalb 2,55 g/ccm aufweist.
5. Keramischer Verbundkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Siliciumlegierung einen Massenanteil von mindestens 25 % Silicium enthält.
6. Keramischer Verbundkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass er drei Schichten umfaßt, wobei die äußeren Schichten aus dem Werkstoff A bestehen
und die innere Schicht eine Werkstoffschicht B ist.
7. Keramischer Verbundkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkstoffschicht B einen Massenanteil von mindestens 70 % Siliciumcarbid enthält.
8. Keramischer Verbundkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest die Werkstoffschicht B Nitride mindestens eines der Elemente Silicium,
Titan, Zirkon, Bor und Aluminium enthält.
9. Keramischer Verbundkörper nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkstoffschichten A und B den gleichen Massenanteil an Nitriden aufweisen.
10. Keramischer Verbundkörper nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Massenanteil der Nitride im Werkstoff A und/oder B 0,05 bis 15 % beträgt.
11. Keramischer Verbundkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkstoffschicht A einen Massenanteil von mindestens 70 % an Siliciumcarbid aufweist.
12. Keramischer Verbundkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest ein Teil des nicht von SiC erfüllten Volumens der Werkstoffschicht B durch
Kunststoffe, Kunstharze, Elastomere, Klebstoffe oder Metalle mit einer Härte von höchstens
5 auf der Mohs-Skala gefüllt ist.
13. Verfahren zur Herstellung von keramischen Verbundkörpern nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß in einem ersten Schritt ein Grünkörper hergestellt wird, der Siliciumcarbid und Metallnitrid
in Form eines Pulvers und einen carbonisierbaren organischen Binder enthält, dieser
Grünkörper im zweiten Schritt durch Erhitzen in einer nicht oxidierenden Atmosphäre
auf Temperaturen im Bereich von 650 °C bis 1800 °C zu einem porösen Kohlenstoffkörper
carbonisiert wird, und im dritten Schritt der Kohlenstoffkörper von einer oder mehreren
Seiten mit einer siliziumhaltigen Metallschmelze infiltriert wird, wobei die Temperatur
so gewählt wird, daß zumindest ein Teil des Kohlenstoffs mit dem Metall und/oder Silicium
zu Carbiden reagiert, und wobei die Menge der Metallschmelze und des Metallnitrids
so gewählt wird, daß der innere Bereich des Körpers im wesentlichen frei von dem Metall
und/oder Silicium bleibt.
14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die siliciumhaltige Metallschmelze einen Massenanteil von mindestens 25 % an Silicium
enthält.
15. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die Metallnitride im Grünkörper ausgewählt sind aus Titannitrid, Zirkonnitrid, Siliciumnitrid,
Bornitrid und Aluminiumnitrid.
16. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass der Grünkörper zusätzlich Kohlenstoff in Form von Koks, Naturgraphit, synthetischem
Graphit, carbonisiertem organischem Material, Kohlenstofffasern oder Glaskohlenstoff
enthält.
17. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die nach der Infiltation mit einer siliciumhaltigen Metallschmelze im Verbundkörper
verbleibende Prosität zumindest teilweise mit Kunststoff, Kunstharz, Elastomeren,
Klebstoff oder Metall mit einer Härte von höchstens 5 auf der Mohs-Skala aufgefüllt
wird.
18. Verwendung von keramischen Verbundkörpern nach Anspruch 1 in Form von zwei- oder mehrschichtigen
Platten als Schutzpanzerung.
19. Verwendung nach Anspruch 18, dadurch gekennzeichnet, dass die gesamte Dicke der Platten aus den Werkstoffschichten A und B im Bereich von 6
bis 300 mm liegt.
20. Verwendung nach Anspruch 18 oder 19, dadurch gekennzeichnet, dass das Schichtdickenverhältnis der der Beanspruchungsrichtung zugewandten Werkstoffschicht
A und der Werkstoffschicht B höchstens 1:20 beträgt.
21. Verwendung nach Anspruch 18, dadurch gekennzeichnet, dass dreischichtige Platten mit der Schichtabfolgen einer Werkstoffschicht A, einer Werkstoffschicht
B und einer Werkstoffschicht A eingesetzt werden.
22. Verwendung nach Anspruch 18 oder 21, dadurch gekennzeichnet, dass die der Beanspruchungsrichtung abgewandte Seite der zwei- oder mehrschichtigen Platten
mit einer Lage aus Fasermaterial oder Textilien verstärkt ist.