[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Beschichtung auf einem
Werkstück oder eines Formteils in einem Kaltgasspritzprozess, wobei ein Trägergas
und pulverförmige Spritzpartikel in einer Kaltgas-Spritzpistole entspannt werden und
die Spritzpartikel dabei auf hohe Geschwindigkeiten, zum Beispiel von bis zu 2000
m/s, gebracht werden.
[0002] Es ist bekannt, auf Werkstoffe unterschiedlichster Art Beschichtungen mittels thermischen
Spritzens aufzubringen. Bekannte Verfahren hierfür sind beispielsweise Flammspritzen,
Lichtbogenspritzen, Plasmaspritzen oder Hochgeschwindigkeits-Flammspritzen. In jüngerer
Zeit wurde ein Verfahren entwickelt, das sog. Kaltgasspritzen, bei welchem die Spritzpartikel
in einer Kaltgas-Spritzpistole in einem "kalten" Gasstrahl auf hohe Geschwindigkeiten
beschleunigt werden. Die Beschichtung wird durch das Auftreffen der Partikel auf dem
Werkstück mit hoher kinetischer Energie gebildet. Beim Aufprall bilden die Partikel,
die in dem "kalten" Gasstrahl nicht schmelzen, eine dichte und fest haftende Schicht,
wobei plastische Verformung und daraus resultierende lokale Wärmefreigabe für Kohäsion
und Haftung der Spritzschicht auf dem Werkstück sorgen. Ein Aufheizen des Trägergasstrahls
erwärmt die Partikel zur besseren plastischen Verformung beim Aufprall und erhöht
die Strömungsgeschwindigkeit des Gases und somit auch die Partikelgeschwindigkeit.
Die damit verbundene Gastemperatur kann bis zu 800 °C betragen, liegt aber deutlich
unterhalb der Schmelztemperatur des Beschichtungswerkstoffs, so dass ein Schmelzen
der Partikel im Gasstrahl nicht stattfindet. Eine Oxidation und/oder Phasenumwandlungen
des Beschichtungswerkstoffes lassen sich somit weitgehend vermeiden. Die Spritzpartikel
werden als Pulver zugegeben, indem die Partikel mit einem Hilfsgasstrom in den Hauptgasstrom
gefördert werden. Das Pulver umfasst dabei üblicherweise Partikel mit einer Größe
von 1 bis 50 µm. Die hohe kinetische Energie erhalten die Spritzpartikel bei der Gasentspannung.
Im allgemeinen wird das Gas nach der Injektion der Spritzpartikel in den Hauptgasstrahl
in einer Düse entspannt, wobei Trägergas und Spritzpartikel auf Geschwindigkeiten
über Schallgeschwindigkeit beschleunigt werden. Aber auch eine Injektion der Spritzpartikel
in den bereits beschleunigten Hauptgasstrahl wird praktiziert. Ein solches Verfahren
und eine Vorrichtung zum Kaltgasspritzen sind in der europäischen Patentschrift EP
0 484 533 B1 im einzelnen beschrieben.
Als Trägergase werden im allgemeinen Stickstoff, Helium und Stickstoff-Helium-Gemische
verwendet. Für Haupt- und Hilfsgasstrom kann dabei das gleiche Gas oder es können
unterschiedliche Gase verwendet werden. Stickstoff, das am häufigsten verwendete Trägergas,
eignet sich als inertes und preiswertes Gas gut für den Kaltgasspritzprozess. Luft
hingegen kommt trotz seines hohen Stickstoffanteils aufgrund des Sauerstoffanteils
nur für wenige Anwendungen in Betracht. Mit Helium als Trägergas werden, wie Grundlagenuntersuchungen
zeigen, die höchsten Partikelgeschwindigkeiten erreicht. Da sehr große Mengen Trägergas
benötigt werden, kommen in der Praxis jedoch nur Stickstoff-Helium-Gemische mit geringem
Heliumanteil zum Einsatz.
[0003] Wirtschaftliche Gründe geben bei der Wahl des Trägergases aufgrund des außerordentlich
hohen Trägergasverbrauchs den Ausschlag. So liegt der Verbrauch an Trägergas beim
Kaltgasspritzen zwischen 40 und 150 m
3/h. Der Gasverbrauch richtet sich dabei nach dem verwendeten Trägergas für Haupt-
und Hilfsgasstrom und dem Material der Spritzpartikel. Versuche mit Helium als Trägergas
haben gezeigt, dass, um 3 kg Spritzmaterial (z.B. McrAIY) zu verspritzen, ein Bündel
Helium mit 110 m
3 notwendig ist. Bei der Wahl des Trägergases stehen folglich wirtschaftliche Aspekte
im Vordergrund, welche den Einsatz von verfahrenstechnisch optimalen Trägergasen nicht
zulassen.
[0004] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben,
welches die Auswahl eines für den Kaltgasspritzprozess optimalen Trägergases für Haupt-
und Hilfsgasstrom erlaubt und das Verfahren des Kaltgasspritzens verbessert.
[0005] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass der Kaltgasspritzprozess im
Niederdruck bei Werten unterhalb von 800 mbar (80 kPa) ausgeführt wird. Dazu kann
die Spritzpistole in dem Gehäuse einer Vakuumkammer angebracht sein, so dass sie in
den Innenraum zielt oder es werden die Kaltgas-Spritzpistole und das zu beschichtende
Werkstück beziehungsweise das Formteil in eine Vakuumkammer gebracht. Da sich nun
die Kaltgasspritzpistole sowie das Spritzgut in einer Vakuumkammer befinden, findet
der gesamte Spritzprozess unter Vakuumbedingungen statt. Damit erniedrigt sich der
Verbrauch an Trägergas drastisch. Dadurch wird es möglich, das Trägergas nach seinen
Eigenschaften und nicht nach seiner wirtschaftlichen Verfügbarkeit auszuwählen. Auch
die Spritzpartikelgeschwindigkeit, die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erreicht
wird, liegt deutlich über der Spritzpartikelgeschwindigkeit, welche mit analoger Anordnung
unter Normalbedingungen erreicht wird. Durch die hohe Spritzpartikelgeschwindigkeit
sind die Ergebnisse beim Kaltgasspritzen von hoher Qualität. Da bei dem erfindungsgemäßen
Kaltgasspritzen unter Vakuumbedingungen der Luftwiderstand, welcher die Spritzpartikel
nach dem Austreten aus der Kaltgas-Spritzpistole bis zum Erreichen des Spritzgutes
bremst, nahezu entfällt, bleibt die hohe Spritzpartikelgeschwindigkeit, welche beim
Austreten aus der Spritzpistole vorherrscht, bis zum Auftreffen auf das Werkstück
erhalten. Aufgrund der hohen Partikelgeschwindigkeit wiederum ist die kinetische Energie
der Partikel höher und ihre plastische Verformung beim Aufprall stärker. Dadurch entstehen
sehr dichte und festhaftende Schichten. Auch der Abstand des Spritzgutes von der Spritzpistole
kann, da die Spritzpartikel auf diesem Weg nicht durch den Luftwiderstand abgebremst
werden, größer gewählt werden als unter Atmosphäre. Dies hat den Vorteil, dass alle
Geometrien an Formteilen und Werkstücken beschichtet werden können. Darüber hinaus
erlaubt das Kaltgasspritzverfahren unter Vakuumbedingungen auch die Verwendung eines
breiten Spritzstrahls. Das Erhaltenbleiben der hohen Geschwindigkeiten der Partikel
im Niederdruck bis hin zum Werkstück zeigt sich besonders ausgeprägt, wenn Werkstück
und Spritzpistole einen Abstand von mehr als 60 mm aufweisen. Dies ist darauf zurückzuführen,
dass die Geschwindigkeit der Partikel direkt nach dem Verlassen der Spritzpistole
noch zunimmt, bevor sich die Abbremsung durch die Umgebungsluft bemerkbar macht. Liegen
die Spritzabstände über 60 mm zeigen sich die Vorteile des Niederdrucks und das damit
verbundene Fehlen der Abbremsung deutlich. Spritzabständen von mehr als 60 mm erweisen
sich als vorteilhaft, wenn große Werkstücke oder sehr viele Werkstücke beschichtet
werden, da auf dem längeren Weg zum Werkstück hin der Spritzstrahl weiter auffächert
und der aufgefächerte Strahl eine im Vergleich zum gebündelten Strahl großflächigere
Beschichtung ermöglicht. Ferner können, wenn der Spritzabstand so groß gewählt wird,
auch Werkstücke mit unebener Oberfläche, bei denen der Abstand zwischen Spritzpistole
und Werkstoffoberfläche örtlich stark variiert, ohne Probleme beschichtet werden.
[0006] In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird der Kaltgasspritzprozess
bei einem Druck zwischen 1 und 500 mbar (0,1 bis 50 kPa), vorzugsweise zwischen 20
bis 100 mbar (2 bis 10 kPa) ausgeführt. Bei diesem Niederdruck sind die vorgenannten
Vorteile des Kaltgasspritzen unter Vakuumbedingungen gegeben. Dieser Druckbereich
wird mit handelsüblichen Vakuumpumpen problemlos erreicht.
[0007] Die Erfindung hat den großen Vorteil, dass nunmehr mit wesentlich kleinerem Aufwand
gleich hohe Partikelgeschwindigkeiten erreicht werden oder mit gleichem Aufwand höhere
Geschwindigkeiten. Benötigt man z.B. 40 bar, um unter Umgebungsdruck Partikel auf
eine gewünschte Geschwindigkeit zu bringen, so reichen bei 500 mbar Druck in der Kammer
20 bar Gasdruck. Beim Sprühen in eine Kammer mit 100 bar reichen sogar 4 bar Gasdruck
für die gleichen Effekte
[0008] Das erfindungsgemäße Verfahren ist prinzipiell mit allen Gasen und Gasmischungen
sowie Luft durchführbar. Als Gase eignen sich besonders die Edelgase und inerte Gase
sowie deren Gemische. Insbesondere werden Helium, Argon und Stickstoff sowie Gemische
aus diesen Gasen verwendet. Mit besonderem Vorteil ist Helium im Trägergas enthalten.
Mit Helium und heliumhaltigen Gemischen als Trägergas werden sehr hohe Partikelgeschwindigkeiten
erreicht. Hohe Spritzpartikelgeschwindigkeiten garantieren dichte und festhaftende
Beschichtungen und damit qualitativ hochwertige Ergebnisse beim Kaltgasspritzen.
[0009] Mit besonderem Vorteil enthält das Trägergas mindestens 20 Vol.-% Helium vorzugsweise
zwischen 30 und 80 Vol.-%. Diese Heliumanteile gewährleisten die hohen Spritzpartikelgeschwindigkeiten.
Besonders vorteilhaft haben sich dabei Mischungen aus Helium und Stickstoff sowie
aus Helium und Argon erwiesen. Aber auch Argon-Stickstoff-Mischungen werden eingesetzt.
[0010] In einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung wird es möglich, Spritzpartikel
mit einer Komgröße von bis zu 150 µm zu verwenden. Größere Spritzpartikel müssen auf
höhere Partikelgeschwindigkeiten beschleunigt werden als kleinere Partikel bis ihre
kinetische Energie ausreicht, um auf dem zu beschichtenden Werkstück haften zu bleiben.
Bisher übliche Spritzpartikel weisen Korngrößen im Bereich von 5 bis 25 µm, teilweise
auch bis 50 µm auf und werden meist in Luft oder Stickstoff beschleunigt. Mit dem
erfindungsgemäßen Verfahren wird es nun möglich auch Helium oder heliumhaltige Gasmischungen
als Trägergas im größeren Umfang zu verwenden. Mit Helium werden deutlich höhere Spritzpartikelgeschwindigkeiten
erzielt, wodurch auch größere Spritzpartikel mit einer Korngröße im Bereich von 80
bis 150 µm genügend stark beschleunigt werden, so dass sie am Werkstück gut haften.
Größere Spritzpartikel wiederum haben gegenüber kleineren Spritzpartikeln den Vorteil,
dass sie weniger leicht in der Düse der Spritzpistole anbacken und diese verstopfen.
Da größere Spritzpartikel im Vergleich zu kleineren Spritzpartikel deutlich kostengünstiger
sind, erhöht sich die Wirtschaftlichkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens.
In Weiterbildung der Erfindung wird das Trägergas nach dem Kaltgasspritzprozess einer
Rückgewinnungseinheit zugeführt. Die Rückgewinnungseinheit reinigt das Trägergas von
Verunreinigungen, welche beim Kaltgasspritzen und beim Zu- und Ableiten in das Trägergas
gelangten. Dazu wird das verbrauchten Trägergas aus der Vakuumkammer mit einer Vakuumpumpe,
welcher ein Partikelfilter vorgeschaltet ist, entnommen und der Rückgewinnungseinheit
zugeführt. Die Rückgewinnungseinheit reinigt das verbrauchte Trägergas von den Verunreinigungen
und trennt evtl. einzelne Gaskomponenten ab. Insbesondere das Rückgewinnen von Helium
ist wirtschaftlich sehr vorteilhaft und ermöglicht es auch Helium als Trägergas einzusetzen.
Das gereinigte Trägergas bzw. die wiedergewonnene Gaskomponente wird nun entweder
in einem Behälter gesammelt und einer andersartigen Verwendung zugeführt oder nach
Speicherung in einem Zwischenbehälter der Kaltgas-Spritzvorrichtung wieder zugeführt.
[0011] Die Aufgabe wird hinsichtlich der Vorrichtung dadurch gelöst, dass die Kaltgas-Spritzpistole
(3) und das zu beschichtende Werkstück / das Formteil (5) in einer Vakuumkammer (4)
angeordnet sind. Diese Anordnung ermöglicht das Kaltgasspritzen unter Vakuumbedingungen
mit all seinen vorgenannten Vorteilen.
[0012] Die Erfindung sowie weitere Einzelheiten der Erfindung werden im Folgenden anhand
eines, in der Zeichnung dargestellten, Ausführungsbeispiels näher erläutert:
[0013] Die Figur 1 zeigt eine erfindungsgemäße Vorrichtung zum Kaltgasspritzen unter Vakuumbedingungen.
[0014] Figur 1 umfasst eine Kaltgasspritzpistole 3, eine Vakuumkammer 4, ein Werkstück 5,
die Zuleitungen 1, 2 und 6, sowie eine Partikelfilter 7 und eine Vakuumpumpe 8. Über
die Gaszuleitung 1 gelangt der Hauptgasstrom, beispielsweise eine Helium-Stickstoffmischung
mit 40 Vol.-% Helium, und über die Zuleitung 2 die Spritzpartikel im Hilfsgasstrom
in die Vakuumkammer 4, wo ein Druck von 40 mbar herrscht, und dort in die Kaltgas-Spritzpistole
3. Die Zuleitungen 1 und 2 werden dazu in die Vakuumkammer 4 hineingeführt, in welcher
sich sowohl die Kaltgas-Spritzpistole 3 als auch das Werkstück 5 befindet. Der gesamte
Kaltgasspritzprozess findet somit in der Vakuumkammer 4 statt. Das Trägergas, welches
beim Kaltgasspritzen zusammen mit den Spritzpartikeln aus der Spritzpistole 3 spritzt
und die Spritzpartikel zum Werkstück trägt, gelangt nach dem Spritzprozess in die
Vakuumkammer 4. Das verbrauchte Trägergas wird über die Gasleitung 6 aus der Vakuumkammer
4 mittels der Vakuumpumpe 8 entfernt. Zwischen Vakuumpumpe 8 und Vakuumkammer 4 ist
der Partikelfilter 7 geschaltet, welcher freie Spritzpartikel aus dem verbrauchten
Trägergas entfernt, damit die Festkörperteilchen die Pumpe nicht beschädigen.
1. Verfahren zur Herstellung einer Beschichtung auf einem Werkstück oder eines Formteils
in einem Kaltgasspritzprozess, wobei ein Trägergas in einer Kaltgas-Spritzpistole
entspannt wird und dabei Spritzpartikel auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt und
auf das Werkstück/Formteil aufgebracht werden, dadurch gekennzeichnet, dass der Kaltgasspritzprozess im Niederdruck bei Werten unterhalb von 800 mbar (80 kPa)
ausgeführt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Kaltgasspritzprozess bei einem Druck zwischen 1 und 500 mbar (0,1 bis 50 kPa),
vorzugsweise zwischen 20 bis 100 mbar (2 bis 10 kPa) ausgeführt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass Helium im Trägergas enthalten ist.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass im Trägergas mindestens 20 Vol.-% Helium, vorzugsweise 30 bis 80 Vol.-% Helium enthalten
sind.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass Spritzpartikel mit einer Korngröße von bis zu 150 µm verwendet werden.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis5, dadurch gekennzeichnet, dass das Trägergas nach dem Kaltgasspritzprozess einer Rückgewinnungseinheit zugeführt
wird.
7. Vorrichtung zur Herstellung einer Kaltgasspritz-Beschichtung auf einem Werkstück oder
eines Formteils umfassend eine Kaltgas-Spritzpistole (3) und eine Werkzeughalterung
für das zu beschichtende Werkstück / das Formteil (5), dadurch gekennzeichnet, dass die Kaltgas-Spritzpistole (3) und das zu beschichtende Werkstück / das Formteil (5)
in einer Vakuumkammer (4) angeordnet sind.