(19)
(11) EP 1 404 152 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
31.03.2004  Patentblatt  2004/14

(21) Anmeldenummer: 03021043.9

(22) Anmeldetag:  17.09.2003
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7H04R 25/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IT LI LU MC NL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK

(30) Priorität: 30.09.2002 DE 10245567

(71) Anmelder: Siemens Audiologische Technik GmbH
91058 Erlangen (DE)

(72) Erfinder:
  • Mergell, Patrick, Dr.
    91058 Erlangen (DE)

(74) Vertreter: Berg, Peter, Dipl.-Ing. et al
European Patent Attorney, Siemens AG, Postfach 22 16 34
80506 München
80506 München (DE)

   


(54) Vorrichtung und Verfahren zum Anpasssen eines Hörgeräts


(57) Bei der Anpassung von Hörgeräten an bestimmte Hörsituationen sollen Verwechslungen zwischen detektierten Hörsituationen reduziert und individuelle Klassifikationen ermöglicht werden. Hierzu werden Bewertungsdaten für verschiedene vorgegebene Hörsituationen bereitgestellt und das Hörgerät an einen Hörgeräteträger mittels individueller Gewichtung (Schritt 32) angepasst. Die individuelle Gewichtung erfolgt dabei durch eine kontinuierliche Wichtungsfunktion (Schritt 33), die durch Stützpunkte verläuft, welche jeweils eine individuelle Gewichtung der Bewertungsdaten einer der vorgegebenen Hörsituationen darstellen. Damit ist ein kontinuierliches und individuelles Anpassen des Hörgeräts an verschiedene Hörsituationen möglich.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Anpassen eines Hörgeräts durch Bereitstellen von Bewertungsdaten für verschiedene, vorgegebene Hörsituationen und Anpassen des Hörgeräts an einen Hörgeräteträger mittels individueller Gewichtung. Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung eine entsprechende Vorrichtung zum Anpassen eines Hörgeräts sowie ein individuell anpassbares Hörgerät.

[0002] Aus der Druckschrift DE 690 12 582 T1 ist ein Hörgerät bekannt, das der Benutzer menügesteuert individuell einstellen kann. Durch leichte Berührung eines Steuertastkissens erlangt der Benutzer Zugriff auf einen neuen Parametersatz für eine spezifische Antwortfunktion, die dann in einen digitalen Signalprozessor eingegeben wird. Mittels weniger Berührungen kann der Benutzer die zu seiner akustischen Umgebung passende Antwortfunktion und die erforderliche Verstärkung finden. Des Weiteren ist aus dem Dokument US 4 731 850 ein programmierbares digitales Hörhilfesystem bekannt. Durch die Programmierung kann eine Anpassung der elektroakustischen Eigenschaften des Hörgeräts an den Patienten und die Umgebung erfolgen. Ausgewählte Parameterwerte werden in einen programmierbaren Speicher (EEPROM)geladen, der entsprechende Koeffizienten an einen programmierbaren Filter und einen Amplitudenbegrenzer der Hörhilfe liefert, um so eine automatische Anpassung für Umgebungsrauschen, Sprachpegel und dergleichen zu erreichen.

[0003] Grundsätzlich besteht für den Hörgeräteträger die Gefahr, dass das Hörgerät eine detektierte Hörsituation verwechselt. Falls eine derartige Verwechslung eintritt, stellt sich das Hörgerät mit seinen Hörgeräteparametern auf eine Hörsituation ein, die aktuell nicht vorhanden ist. Damit werden die Audiosignale an den Hörgeräteträger ungeeignet weitergegeben. Wird beispielsweise die Hörsituation "Sprache in Ruhe" mit der Hörsituation "Musik" verwechselt, so werden unter Umständen unnötige beziehungsweise störende Frequenzanteile übertragen oder bestimmte Frequenzanteile unpassend verstärkt.

[0004] Bei derzeitigen Hörgeräten besteht vielfach ein unklarer Zusammenhang zwischen einer speziell detektierten Hörsituation und den Hörgeräteparametern. Vielfach ist der Zusammenhang zwischen detektierten Hörsituationen und entsprechenden Hörgeräteeinstellungen beim gegenwärtigen Stand der Technik auch sehr einfach realisiert. In Störgeräuschsituationen wird beispielsweise das Richtmikrofon und die Störgeräuschreduktion aktiviert. Ein Klassifikator erkennt und klassifiziert eine aktuelle Hörsituation und schaltet zwischen einer Auswahl an Hörgeräteprogrammen mit einer Vielzahl von Parametern hin und her. Dabei besteht jedoch das Problem, dass eine aktuelle Hörsituation nicht ohne weiteres einer standardisierten, typischen Hörsituation entspricht. Dementsprechend besteht eine gewisse Unsicherheit, in welches Hörgeräteprogramm das Hörgerät schalten soll beziehungsweise welche Hörgeräteparameter für die optimale Nutzung des Hörgeräts einzustellen wären. Typische Problemfälle sind Mischsituationen, wenn beispielsweise Sprache vor dem Hintergrund von Musik und anderen Nebengeräuschen übermittelt werden soll.

[0005] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht demzufolge darin, die Anpassung eines Hörgeräts an eine aktuelle Hörsituation zu verbessern.

[0006] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zum Anpassen eines Hörgeräts durch Bereitstellen von Bewertungsdaten für verschiedene vorgegebene Hörsituationen und Anpassen des Hörgeräts an einen Hörgeräteträger mittels individueller Gewichtung, wobei die individuelle Gewichtung durch eine kontinuierliche Wichtungsfunktion erfolgt, die durch Stützpunkte verläuft, welche jeweils eine individuelle Gewichtung der Bewertungsdaten einer der vorgegebenen Hörsituationen darstellen.

[0007] Ferner wird die oben genannte Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch eine Vorrichtung zum Anpassen eines Hörgeräts mit einer Speichereinrichtung zum Bereitstellen von Bewertungsdaten für verschiedene vorgegebene Hörsituationen und einer Anpasseinrichtung zum Anpassen des Hörgeräts an einen Hörgeräteträger mittels individueller Gewichtung, wobei mit der Anpasseinrichtung die individuelle Gewichtung durch eine kontinuierliche Gewichtungsfunktion ausführbar ist, die durch Stützpunkte verläuft, welche jeweils eine individuelle Gewichtung der Bewertungsdaten einer der vorgegebenen Hörsituationen von der Speichereinrichtung darstellen.

[0008] In vorteilhafter Weise können damit die Hörgeräteparameter kontinuierlich an verschiedene Hörsituationen angepasst werden. Die sprunghafte Änderung eines kompletten Hörgeräteparametersatzes kann hierdurch vermieden werden, so dass eine aktuelle Hörsituation nicht diskret einer vorbestimmten Klasse zugeordnet werden muss.

[0009] Günstigerweise werden die Bewertungsdaten durch eine Schallsignalanalyse offline vorab ermittelt. Damit kann eine Datenbank mit mehreren Bewertungsdaten für eine Vielzahl von Hörsituationen als Stützpunkte für eine kontinuierliche Funktion aufgebaut werden. Die Bewertungsdaten können dabei Gewichtsvektoren bezüglich spezifischer Audiosignale, die für die vorgegebenen Hörsituationen charakteristisch sind, umfassen. Derartige Gewichtsvektoren lassen sich vorteilhafterweise durch eine Eigenvektoranalyse der spezifischen Audiosignale ermitteln.

[0010] In einer sogenannten Fitting-Analyse kann die Wichtungsfunktion für die individuelle Gewichtung aus für den Hörgeräteträger charakteristischen Hörsituationen bestimmt werden. Damit kann speziell auf die Lebensgewohnheiten des Hörgeräteträgers eingegangen und diejenigen Hörsituationen, die bei ihm am häufigsten auftreten, als Grundlage für die Einstellung des Hörgeräts verwendet werden.

[0011] Die Wichtungsfunktion wird günstigerweise aus mindestens einem Anpassparameter und mindestens einem Wert der Bewertungsdaten ermittelt. Zur Verfeinerung der Individualisierung eines Hörgeräts können auch mehrere Werte der Bewertungsdaten zum Gewinnen der Wichtungsfunktion herangezogen werden.

[0012] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert, in denen zeigen:
Figur 1
ein Ablaufdiagramm für eine Offline-Schallsignalanalyse;
Figur 2
ein Ablaufdiagramm für eine Offline-Anpassanalyse; und
Figur 3
ein Ablaufdiagramm für eine Echtzeit-Klassifikation.


[0013] Die nachfolgend beschriebenen Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung dar. Erfindungsgemäß beinhaltet das Verfahren zum Anpassen eines Hörgeräts an einen Hörgeräteträger beziehungsweise dessen Hörverlust zwei Offline-Verfahren und ein Echtzeitverfahren. Zunächst wird in einer Offline-Schallsignalanalyse eine Vielzahl von typischen Audiosignalen nach charakteristischen Bewertungsdaten analysiert. Anschließend wird in einer Offline-Anpassanalyse eine für einen Hörgeräteträger individuelle Anpassfunktion mit den charakteristischen Bewertungsdaten als Parameter gewonnen. Schließlich wird in einem Echtzeitverfahren mit Hilfe der gewonnenen Anpassfunktion das Hörgerät für eine aktuelle Hörsituation individuell eingestellt.

[0014] Im Einzelnen dient die Offline-Schallsignalanalyse zur Bestimmung generischer Hörsituationen, aus denen sich Hörsituationen wie "Sprache in Ruhe" oder "Musik" zusammensetzen beziehungsweise zusammenmischen lassen. Der Vorteil der Betrachtung von generischen Hörsituationen ist, dass sie sich eindeutig trennen lassen. Mathematisch werden diese generischen Hörsituationen durch Merkmalsvektoren beschrieben, die orthogonal zueinander sind und sich aus einer Principle-Component-Analyse (PCA) der Merkmalsvektoren von gängigen Hörsituationen ergeben. Gängige Hörsituationen jedoch, wie etwa Musik, Sprache etc., sind nicht orthogonal zueinander und lassen sich folglich nicht eindeutig voneinander trennen. Die Beschreibung gängiger Hörsituationen durch generische Hörsituationen in Form von orthogonalen Merkmalsvektoren reduziert den weiteren Datenverarbeitungsaufwand enorm. Die Ergebnisse einer PCA sind wesentlicher Input für weitere Schritte.

[0015] In dem Verlaufsdiagramm von FIG 1 sind die wesentlichen Schritte einer Offline-Schallsignalanalyse prinzipiell dargestellt. In einem Schritt 10 werden zunächst N-Klassen von Hörsituationen bestimmt. Derartige Klassen wären beispielsweise: H1 = Sprache in Ruhe, H2 = laute Sprache in Ruhe, H3 = Sprache bei Rauschen, H4 = Musik etc.

[0016] In Schritt 11 werden M-Signalmerkmale, die durch die digitale Signalverarbeitung des Hörgeräts verändert werden können, definiert. Derartige Signalmerkmale wären beispielsweise: F1...i = spektrale Einhüllende (LPC-Koeffizienten), Fi...j = Modulationsleistungsdichtespektrum etc.

[0017] In einem anschließenden Schritt 12 werden Q-typische Audiosignale für jede Hörsituation {xi}Hj gesammelt. Diese entsprechen dann einer Schallbeispieldatenbank für die unterschiedlichen Hörsituationen.

[0018] Gemäß Schritt 13 werden daraufhin die Merkmale der in Schritt 12 gesammelten Audiosignale bestimmt. Diese ergeben sich zu Fijk = Fi ({Xj} Hk), i=1..M, j=1..Q, k=1..N.

[0019] Für jede Hörsituation wird in Schritt 14 die Merkmalskorrelation einzeln (a) und insgesamt (b) ermittelt. Hieraus resultieren die Korrelationsmatrizen Ca und Cb.

[0020] Schließlich werden in Schritt 15 die Eigenvektoren, die den generischen Hörsituationen entsprechen, beziehungsweise die Eigenmerkmale der Korrelationsmatrizen Ca und Cb durch Diagonalisieren bestimmt. Ferner werden die normalisierten Eigenwerte (statistische Gewichte) für den nachfolgenden Anpassprozess bestimmt.

[0021] In diesem Zusammenhang werden beispielsweise der Sprachmerkmalsvektor Vmax und generische Merkmalsvektoren Vgi ermittelt. Der Sprachmerkmalsvektor Vmax entspricht dem Ca-Eigenvektor für "Sprache in Ruhe" mit dem höchsten Eigenwert. Die generischen Merkmalsvektoren Vgi repräsentieren hingegen die n Cb-Eigenvektoren mit den höchsten Eigenwerten, mit denen beispielsweise 95 % aller Audiosignale wieder hergestellt werden können.

[0022] Der Merkmalsvektor eines beliebigen Audiosignals kann als eine Superposition generischer Merkmalsvektoren betrachtet werden: F = a1*Vg1 + a2*Vg1 + ... Dabei bedeuten a1, ... , an die Gewichtungsvektoren eines spezifischen Audiosignals.

[0023] Die Wahrscheinlichkeit, dass ein beliebiges Audiosignal der typischen Hörsituation "Sprache in Ruhe" entspricht ist:



[0024] Mit der Offline-Schallsignalanalyse werden damit durch Korrelation der Einzelmerkmale, wie zum Beispiel Modulationstiefe, Modulationsfrequenz, Energie in einem Frequenzband etc., die Hauptmerkmale beziehungsweise Haupteigenvektoren typischer Hörsituationen ermittelt. Die Gewichte der Hauptmerkmale stellen, wie bereits erwähnt, etwa 95 % der Summe aller Gewichte dar, womit die übrigen Merkmale vernachlässigbar sind.

[0025] Jede typische Hörsituation kann somit durch wenige Hauptmerkmale verhältnismäßig eindeutig charakterisiert werden.

[0026] Die Offline-Anpass-Analyse dient einerseits zur Bestimmung einer individuellen Basisanpassung, z. B. die Hörgeräteanpassung, die ein bestimmter schwerhöriger Mensch als optimal für Sprache in Ruhe beurteilt. Andererseits dient die Offline-Anpass-Analyse zur Bestimmung der erforderlichen Parameteränderungen in Abhängigkeit des Mischungsverhältnisses der generischen Hörsituationen. Es ergibt sich ein funktioneller Zusammenhang zwischen den Mischungsparametern einer gegebenen Hörsituation und der für diese Situation individuellen und optimalen Hörgeräteparameter. Der Vorteil dabei ist, dass die zu einer Hörsituation passenden Hörgeräteparameter für den Hörgeräteträger individuell bestimmt werden und bei fließenden Übergängen von Hörsituationen fließend geändert werden können, da der funktionelle Zusammenhang ermittelt wurde. Dieses Verfahren sollte in der Hörgeräte-Anpass-Software implementiert sein, denn die Funktion, die die Mischungsparameter auf die Hörgeräteparameter abbildet, muss mit der Anpass-Software bestimmt und in das Hörgerät programmiert werden.

[0027] Die individuelle Hörschwäche eines Patienten wird bei der Offline-Fitting- oder -Anpass-Analyse im Einzelnen folgendermaßen berücksichtigt. Der Patient wird zunächst in Schritt 20 nach charakteristischen Hörsituationen in seinem sozialen Umfeld befragt. Hierbei nennt er diejenigen Hörsituationen, die für ihn die meiste Bedeutung haben beziehungsweise am häufigsten vorkommen wie beispielsweise "Sprache in Ruhe", "Telefonieren" usw.

[0028] Hierzu werden mehrere geeignete Audiobeispiele aus der gemäß den Schritten 10 bis 12 erstellten Audiodatenbanken ausgewählt. Der Datensatz x0 entspricht z. B. dem Audiobeispiel "Sprache in Ruhe". Es stehen n verschiedene Audiobeispiele x0 ... xn zur Verfügung.

[0029] In Schritt 22 werden die Gewichtsvektoren a0... an der gewählten Schallbeispiele ermittelt. Sie werden der bei der Offline-Schallsignalanalyse erstellten Datenbank entnommen.

[0030] Die beste individuelle Anpassung mit entsprechenden Anpassparametervektoren wird gemäß Schritt 23 ermittelt. Hierzu wird beispielsweise der Ansatz des interaktiven, adaptiven Fittings für die Schallbeispiele gewählt. Die entsprechenden Anpass- oder Fitting-Parametervektoren sind b0... bn. Dieser Schritt gewährleistet eine subjektive Bewertung typischer, objektiver Hörsituationen.

[0031] In Schritt 24 wird schließlich eine Funktion ermittelt, mit der individuelle Anpassungen aufgrund von Änderungen der Gewichtsvektoren kontinuierlich durchgeführt werden können. Beispielsweise ist es mit Hilfe der Werte a0 und b0 als Referenz möglich, individuelle Anpassänderungen als Funktion der Gewichtungsänderungen vorherzusagen. Die Komplexität dieser Vorhersage beziehungsweise deren Genauigkeit hängt von der Dimension der Vektoren a und b, d. h. der Anzahl der analysierten Merkmale und der Anzahl der Anpassparameter, ab. Als Resultat ergibt sich eine Funktion b = b0 + ϕ (|a0-a|) beziehungsweise b = b0 + c1 |a0-a| + c2 |a0-a|2+ ... Die Taylor-Koeffizienten c1, c2... können durch Regression bestimmt werden. Die ermittelte Funktion, gestützt auf einen oder mehrere Koeffizienten, quantisiert somit die Beziehung zwischen objektiver Hörsituation und subjektiver Wahrnehmung.

[0032] Die Echtzeitklassifikation beziehungsweise Echtzeiteinstellung des Hörgeräts ermöglicht, dass bei Detektion eines bestimmten Mischungsverhältnisses von generischen Hörsituationen der entsprechende Hörgeräteparametersatz aktiv ist und die Übergänge fließend sind.

[0033] Die in den Schritten 20 bis 24 in FIG 2 ermittelte individuelle Funktion wird während des Betriebs des Hörgeräts zur Echtzeit-Klassifikation gemäß dem Verfahrensablauf von FIG 3 verwendet. Bei dieser Echtzeit-Einstellung des Hörgeräts wird gemäß Schritt 30 ein Haupteinstellparameter zur Grundeinstellung des Hörgeräts eingesetzt. Der Haupteinstellparameter b0 klassifiziert diejenige Hörsituation, die für den Patienten individuell am wichtigsten ist.

[0034] In Schritt 31 wird der Merkmalsvektor des Eingangssignals als Funktion der Zeit F = F(x) ermittelt. Grundlage dieser Ermittlung ist das Eingangssignal in einem zeitfenster, womit sich der Merkmalsvektor eben für dieses Fenster ergibt.

[0035] Der Gewichtungsvektor wird in Schritt 32 gemäß der oben beschriebenen Funktion F = a1*Vg1 + a2*Vg1 + ..., als Funktion der Zeit ermittelt.

[0036] Mit Hilfe der in Schritt 24 ermittelten individuellen Anpassfunktion b = b0 + ϕ (|a0+a|) wird in Schritt 33 die beste individuelle Einstellung beziehungsweise Anpassung des Hörgeräts an die aktuelle Hörsituation vorgenommen. Dabei ist es möglich, Mischsituationen kontinuierlich zu berücksichtigen und das Hörgerät auf individuelle Bedürfnisse des Patienten beziehungsweise Hörgeräteträgers einzustellen.

[0037] Hierfür wird schließlich in Schritt 34 der Einstell- beziehungsweise Anpassvektor geglättet.

[0038] Der Vorteil dieser Echtzeitklassifikation ist der verhältnismäßig geringe Rechenaufwand von M-Multiplikationen, wobei M der Anzahl der Merkmale entspricht. Darüber hinaus ist verhältnismäßig geringer Speicherplatz erforderlich, nämlich M Bytes. Allerdings sind ca. N zusätzliche Steuersignale erforderlich, wobei N der Anzahl der angesteuerten Hörgeräteparameter entspricht.

[0039] Erfindungsgemäß ist somit eine Individualisierung bezüglich der Einstellung eines Hörgeräts sowie eine verbesserte Anpassung an Mischungen von typischen Hörsituationen möglich.

[0040] Durch die erfindungsgemäße Vorrichtung beziehungsweise das erfindungsgemäße Verfahren werden Verwechslungen zwischen detektierten Hörsituationen stark reduziert. Es findet eine eindeutige Abbildung von Hörsituationen zu Hörgeräteparametern sowie eine individuelle Klassifikation statt.


Ansprüche

1. Verfahren zum Anpassen eines Hörgeräts durch
Bereitstellen von Bewertungsdaten (Schritte 10 bis 15) für verschiedene vorgegebene Hörsituationen und
Anpassen des Hörgeräts (Schritte 20 bis 34) an einen Hörgeräteträger mittels individueller Gewichtung,
dadurch gekennzeichnet, dass
die individuelle Gewichtung (Schritt 24) durch eine kontinuierliche Wichtungsfunktion erfolgt, die durch Stützpunkte verläuft, welche jeweils eine individuelle Gewichtung der Bewertungsdaten einer der vorgegebenen Hörsituationen darstellen.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Bewertungsdaten durch eine Schallsignalanalyse (Schritte 10 bis 15) ermittelt werden.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Bewertungsdaten Gewichtsvektoren bezüglich spezifischer Audiosignale, die für die vorgegebenen Hörsituationen charakteristisch sind, umfassen.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3, wobei die Gewichtsvektoren durch Eigenvektoranalyse (Schritt 15) der spezifischen Audiosignale ermittelt werden.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei die Wichtungsfunktion für die individuelle Gewichtung aus für den Hörgeräteträger charakteristischen Hörsituationen (Schritt 20) bestimmt wird.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei die Wichtungsfunktion aus mindestens einem Anpassparameter und mindestens einem Wert der Bewertungsdaten ermittelt wird.
 
7. Verfahren zum Betreiben eines Hörgeräts durch Aufnehmen eines Audiosignals einer aktuellen Hörsituation,
Berechnen von Signalbewertungsdaten aus dem Audiosignal (Schritt 31),
Gewichten der Signalbewertungsdaten (Schritte 32 und 33) mit Hilfe einer kontinuierlichen Wichtungsfunktion, die gemäß einem der Ansprüche 1 bis 6 gewonnen wird, und
Anpassen des Hörgeräts entsprechend den gewichteten Signalbewertungsdaten an die aktuelle Hörsituation insbesondere unter Echtzeitbedingungen.
 
8. Vorrichtung zum Anpassen eines Hörgeräts mit
einer Speichereinrichtung zum Bereitstellen von Bewertungsdaten für verschiedene vorgegebene Hörsituationen und
einer Anpasseinrichtung zum Anpassen des Hörgertäs an einen Hörgeräteträger mittels individueller Gewichtung,
dadurch gekennzeichnet, dass
mit der Anpasseinrichtung die individuelle Gewichtung durch eine kontinuierliche Gewichtungsfunktion ausführbar ist, die durch Stützpunkte verläuft, welche jeweils eine individuelle Gewichtung der Bewertungsdaten einer der vorgegebenen Hörsituationen von der Speichereinrichtung darstellen.
 
9. Vorrichtung nach Anspruch 8, die eine Schallsignalanalyseeinrichtung umfasst, mit der die Bewertungsdaten für die vorgegebenen Situationen ermittelbar sind und von der die Bewertungsdaten in die Speichereinrichtung übertragbar sind.
 
10. Vorrichtung nach Anspruch 8 oder 9, wobei die Bewertungsdaten Gewichtsvektoren bezüglich spezifischer Audiosignale, die für die vorgegebenen Hörsituationen charakteristisch sind, umfassen.
 
11. Vorrichtung nach Anspruch 10, die eine Analyseeinrichtung aufweist, mit der die Gewichtsvektoren durch Eigenvektoranalyse der spezifischen Audiosignale ermittelbar sind.
 
12. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 11, die eine Offline-Einstelleinrichtung zur Ermittlung der Wichtungsfunktion für die individuelle Gewichtung aus für den Hörgeräteträger charakteristischen Hörsituationen aufweist.
 
13. Vorrichtung nach Anspruch 12, wobei durch die Offline-Einstelleinrichtung die Wichtungsfunktion aus mindestens einem Anpassparameter und mehreren der Bewertungsdaten ermittelbar ist.
 
14. Hörgerät mit
einer Aufnahmeeinrichtung zum Aufnehmen eines Audiosignals einer aktuellen Hörsituation,
einer Recheneinrichtung zum Berechnen von Signalbewertungsdaten aus dem Audiosignal,
einer Gewichtungseinrichtung zum Gewichten der Signalbewertungsdaten mit Hilfe einer kontinuierlichen Wichtungsfunktion und
einer Steuer- oder Regeleinrichtung zum Anpassen des Hörgeräts entsprechend den gewichteten Signalbewertungsdaten an die aktuelle Hörsituation insbesondere unter Echtzeitbedingungen.
 




Zeichnung