[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Anpassen eines Hörgeräts durch
Bereitstellen von Bewertungsdaten für verschiedene, vorgegebene Hörsituationen und
Anpassen des Hörgeräts an einen Hörgeräteträger mittels individueller Gewichtung.
Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung eine entsprechende Vorrichtung zum
Anpassen eines Hörgeräts sowie ein individuell anpassbares Hörgerät.
[0002] Aus der Druckschrift DE 690 12 582 T1 ist ein Hörgerät bekannt, das der Benutzer
menügesteuert individuell einstellen kann. Durch leichte Berührung eines Steuertastkissens
erlangt der Benutzer Zugriff auf einen neuen Parametersatz für eine spezifische Antwortfunktion,
die dann in einen digitalen Signalprozessor eingegeben wird. Mittels weniger Berührungen
kann der Benutzer die zu seiner akustischen Umgebung passende Antwortfunktion und
die erforderliche Verstärkung finden. Des Weiteren ist aus dem Dokument US 4 731 850
ein programmierbares digitales Hörhilfesystem bekannt. Durch die Programmierung kann
eine Anpassung der elektroakustischen Eigenschaften des Hörgeräts an den Patienten
und die Umgebung erfolgen. Ausgewählte Parameterwerte werden in einen programmierbaren
Speicher (EEPROM)geladen, der entsprechende Koeffizienten an einen programmierbaren
Filter und einen Amplitudenbegrenzer der Hörhilfe liefert, um so eine automatische
Anpassung für Umgebungsrauschen, Sprachpegel und dergleichen zu erreichen.
[0003] Grundsätzlich besteht für den Hörgeräteträger die Gefahr, dass das Hörgerät eine
detektierte Hörsituation verwechselt. Falls eine derartige Verwechslung eintritt,
stellt sich das Hörgerät mit seinen Hörgeräteparametern auf eine Hörsituation ein,
die aktuell nicht vorhanden ist. Damit werden die Audiosignale an den Hörgeräteträger
ungeeignet weitergegeben. Wird beispielsweise die Hörsituation "Sprache in Ruhe" mit
der Hörsituation "Musik" verwechselt, so werden unter Umständen unnötige beziehungsweise
störende Frequenzanteile übertragen oder bestimmte Frequenzanteile unpassend verstärkt.
[0004] Bei derzeitigen Hörgeräten besteht vielfach ein unklarer Zusammenhang zwischen einer
speziell detektierten Hörsituation und den Hörgeräteparametern. Vielfach ist der Zusammenhang
zwischen detektierten Hörsituationen und entsprechenden Hörgeräteeinstellungen beim
gegenwärtigen Stand der Technik auch sehr einfach realisiert. In Störgeräuschsituationen
wird beispielsweise das Richtmikrofon und die Störgeräuschreduktion aktiviert. Ein
Klassifikator erkennt und klassifiziert eine aktuelle Hörsituation und schaltet zwischen
einer Auswahl an Hörgeräteprogrammen mit einer Vielzahl von Parametern hin und her.
Dabei besteht jedoch das Problem, dass eine aktuelle Hörsituation nicht ohne weiteres
einer standardisierten, typischen Hörsituation entspricht. Dementsprechend besteht
eine gewisse Unsicherheit, in welches Hörgeräteprogramm das Hörgerät schalten soll
beziehungsweise welche Hörgeräteparameter für die optimale Nutzung des Hörgeräts einzustellen
wären. Typische Problemfälle sind Mischsituationen, wenn beispielsweise Sprache vor
dem Hintergrund von Musik und anderen Nebengeräuschen übermittelt werden soll.
[0005] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht demzufolge darin, die Anpassung eines
Hörgeräts an eine aktuelle Hörsituation zu verbessern.
[0006] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zum Anpassen eines
Hörgeräts durch Bereitstellen von Bewertungsdaten für verschiedene vorgegebene Hörsituationen
und Anpassen des Hörgeräts an einen Hörgeräteträger mittels individueller Gewichtung,
wobei die individuelle Gewichtung durch eine kontinuierliche Wichtungsfunktion erfolgt,
die durch Stützpunkte verläuft, welche jeweils eine individuelle Gewichtung der Bewertungsdaten
einer der vorgegebenen Hörsituationen darstellen.
[0007] Ferner wird die oben genannte Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch eine Vorrichtung
zum Anpassen eines Hörgeräts mit einer Speichereinrichtung zum Bereitstellen von Bewertungsdaten
für verschiedene vorgegebene Hörsituationen und einer Anpasseinrichtung zum Anpassen
des Hörgeräts an einen Hörgeräteträger mittels individueller Gewichtung, wobei mit
der Anpasseinrichtung die individuelle Gewichtung durch eine kontinuierliche Gewichtungsfunktion
ausführbar ist, die durch Stützpunkte verläuft, welche jeweils eine individuelle Gewichtung
der Bewertungsdaten einer der vorgegebenen Hörsituationen von der Speichereinrichtung
darstellen.
[0008] In vorteilhafter Weise können damit die Hörgeräteparameter kontinuierlich an verschiedene
Hörsituationen angepasst werden. Die sprunghafte Änderung eines kompletten Hörgeräteparametersatzes
kann hierdurch vermieden werden, so dass eine aktuelle Hörsituation nicht diskret
einer vorbestimmten Klasse zugeordnet werden muss.
[0009] Günstigerweise werden die Bewertungsdaten durch eine Schallsignalanalyse offline
vorab ermittelt. Damit kann eine Datenbank mit mehreren Bewertungsdaten für eine Vielzahl
von Hörsituationen als Stützpunkte für eine kontinuierliche Funktion aufgebaut werden.
Die Bewertungsdaten können dabei Gewichtsvektoren bezüglich spezifischer Audiosignale,
die für die vorgegebenen Hörsituationen charakteristisch sind, umfassen. Derartige
Gewichtsvektoren lassen sich vorteilhafterweise durch eine Eigenvektoranalyse der
spezifischen Audiosignale ermitteln.
[0010] In einer sogenannten Fitting-Analyse kann die Wichtungsfunktion für die individuelle
Gewichtung aus für den Hörgeräteträger charakteristischen Hörsituationen bestimmt
werden. Damit kann speziell auf die Lebensgewohnheiten des Hörgeräteträgers eingegangen
und diejenigen Hörsituationen, die bei ihm am häufigsten auftreten, als Grundlage
für die Einstellung des Hörgeräts verwendet werden.
[0011] Die Wichtungsfunktion wird günstigerweise aus mindestens einem Anpassparameter und
mindestens einem Wert der Bewertungsdaten ermittelt. Zur Verfeinerung der Individualisierung
eines Hörgeräts können auch mehrere Werte der Bewertungsdaten zum Gewinnen der Wichtungsfunktion
herangezogen werden.
[0012] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert,
in denen zeigen:
- Figur 1
- ein Ablaufdiagramm für eine Offline-Schallsignalanalyse;
- Figur 2
- ein Ablaufdiagramm für eine Offline-Anpassanalyse; und
- Figur 3
- ein Ablaufdiagramm für eine Echtzeit-Klassifikation.
[0013] Die nachfolgend beschriebenen Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen
der vorliegenden Erfindung dar. Erfindungsgemäß beinhaltet das Verfahren zum Anpassen
eines Hörgeräts an einen Hörgeräteträger beziehungsweise dessen Hörverlust zwei Offline-Verfahren
und ein Echtzeitverfahren. Zunächst wird in einer Offline-Schallsignalanalyse eine
Vielzahl von typischen Audiosignalen nach charakteristischen Bewertungsdaten analysiert.
Anschließend wird in einer Offline-Anpassanalyse eine für einen Hörgeräteträger individuelle
Anpassfunktion mit den charakteristischen Bewertungsdaten als Parameter gewonnen.
Schließlich wird in einem Echtzeitverfahren mit Hilfe der gewonnenen Anpassfunktion
das Hörgerät für eine aktuelle Hörsituation individuell eingestellt.
[0014] Im Einzelnen dient die Offline-Schallsignalanalyse zur Bestimmung generischer Hörsituationen,
aus denen sich Hörsituationen wie "Sprache in Ruhe" oder "Musik" zusammensetzen beziehungsweise
zusammenmischen lassen. Der Vorteil der Betrachtung von generischen Hörsituationen
ist, dass sie sich eindeutig trennen lassen. Mathematisch werden diese generischen
Hörsituationen durch Merkmalsvektoren beschrieben, die orthogonal zueinander sind
und sich aus einer Principle-Component-Analyse (PCA) der Merkmalsvektoren von gängigen
Hörsituationen ergeben. Gängige Hörsituationen jedoch, wie etwa Musik, Sprache etc.,
sind nicht orthogonal zueinander und lassen sich folglich nicht eindeutig voneinander
trennen. Die Beschreibung gängiger Hörsituationen durch generische Hörsituationen
in Form von orthogonalen Merkmalsvektoren reduziert den weiteren Datenverarbeitungsaufwand
enorm. Die Ergebnisse einer PCA sind wesentlicher Input für weitere Schritte.
[0015] In dem Verlaufsdiagramm von FIG 1 sind die wesentlichen Schritte einer Offline-Schallsignalanalyse
prinzipiell dargestellt. In einem Schritt 10 werden zunächst N-Klassen von Hörsituationen
bestimmt. Derartige Klassen wären beispielsweise: H
1 = Sprache in Ruhe, H
2 = laute Sprache in Ruhe, H
3 = Sprache bei Rauschen, H
4 = Musik etc.
[0016] In Schritt 11 werden M-Signalmerkmale, die durch die digitale Signalverarbeitung
des Hörgeräts verändert werden können, definiert. Derartige Signalmerkmale wären beispielsweise:
F
1...i = spektrale Einhüllende (LPC-Koeffizienten), F
i...j = Modulationsleistungsdichtespektrum etc.
[0017] In einem anschließenden Schritt 12 werden Q-typische Audiosignale für jede Hörsituation
{x
i}
Hj gesammelt. Diese entsprechen dann einer Schallbeispieldatenbank für die unterschiedlichen
Hörsituationen.
[0018] Gemäß Schritt 13 werden daraufhin die Merkmale der in Schritt 12 gesammelten Audiosignale
bestimmt. Diese ergeben sich zu F
ijk = F
i ({X
j}
Hk), i=1..M, j=1..Q, k=1..N.
[0019] Für jede Hörsituation wird in Schritt 14 die Merkmalskorrelation einzeln (a) und
insgesamt (b) ermittelt. Hieraus resultieren die Korrelationsmatrizen C
a und C
b.
[0020] Schließlich werden in Schritt 15 die Eigenvektoren, die den generischen Hörsituationen
entsprechen, beziehungsweise die Eigenmerkmale der Korrelationsmatrizen C
a und C
b durch Diagonalisieren bestimmt. Ferner werden die normalisierten Eigenwerte (statistische
Gewichte) für den nachfolgenden Anpassprozess bestimmt.
[0021] In diesem Zusammenhang werden beispielsweise der Sprachmerkmalsvektor V
max und generische Merkmalsvektoren V
gi ermittelt. Der Sprachmerkmalsvektor V
max entspricht dem C
a-Eigenvektor für "Sprache in Ruhe" mit dem höchsten Eigenwert. Die generischen Merkmalsvektoren
V
gi repräsentieren hingegen die n C
b-Eigenvektoren mit den höchsten Eigenwerten, mit denen beispielsweise 95 % aller Audiosignale
wieder hergestellt werden können.
[0022] Der Merkmalsvektor eines beliebigen Audiosignals kann als eine Superposition generischer
Merkmalsvektoren betrachtet werden: F = a
1*V
g1 + a
2*V
g1 + ... Dabei bedeuten a
1, ... , a
n die Gewichtungsvektoren eines spezifischen Audiosignals.
[0023] Die Wahrscheinlichkeit, dass ein beliebiges Audiosignal der typischen Hörsituation
"Sprache in Ruhe" entspricht ist:

[0024] Mit der Offline-Schallsignalanalyse werden damit durch Korrelation der Einzelmerkmale,
wie zum Beispiel Modulationstiefe, Modulationsfrequenz, Energie in einem Frequenzband
etc., die Hauptmerkmale beziehungsweise Haupteigenvektoren typischer Hörsituationen
ermittelt. Die Gewichte der Hauptmerkmale stellen, wie bereits erwähnt, etwa 95 %
der Summe aller Gewichte dar, womit die übrigen Merkmale vernachlässigbar sind.
[0025] Jede typische Hörsituation kann somit durch wenige Hauptmerkmale verhältnismäßig
eindeutig charakterisiert werden.
[0026] Die Offline-Anpass-Analyse dient einerseits zur Bestimmung einer individuellen Basisanpassung,
z. B. die Hörgeräteanpassung, die ein bestimmter schwerhöriger Mensch als optimal
für Sprache in Ruhe beurteilt. Andererseits dient die Offline-Anpass-Analyse zur Bestimmung
der erforderlichen Parameteränderungen in Abhängigkeit des Mischungsverhältnisses
der generischen Hörsituationen. Es ergibt sich ein funktioneller Zusammenhang zwischen
den Mischungsparametern einer gegebenen Hörsituation und der für diese Situation individuellen
und optimalen Hörgeräteparameter. Der Vorteil dabei ist, dass die zu einer Hörsituation
passenden Hörgeräteparameter für den Hörgeräteträger individuell bestimmt werden und
bei fließenden Übergängen von Hörsituationen fließend geändert werden können, da der
funktionelle Zusammenhang ermittelt wurde. Dieses Verfahren sollte in der Hörgeräte-Anpass-Software
implementiert sein, denn die Funktion, die die Mischungsparameter auf die Hörgeräteparameter
abbildet, muss mit der Anpass-Software bestimmt und in das Hörgerät programmiert werden.
[0027] Die individuelle Hörschwäche eines Patienten wird bei der Offline-Fitting- oder -Anpass-Analyse
im Einzelnen folgendermaßen berücksichtigt. Der Patient wird zunächst in Schritt 20
nach charakteristischen Hörsituationen in seinem sozialen Umfeld befragt. Hierbei
nennt er diejenigen Hörsituationen, die für ihn die meiste Bedeutung haben beziehungsweise
am häufigsten vorkommen wie beispielsweise "Sprache in Ruhe", "Telefonieren" usw.
[0028] Hierzu werden mehrere geeignete Audiobeispiele aus der gemäß den Schritten 10 bis
12 erstellten Audiodatenbanken ausgewählt. Der Datensatz x
0 entspricht z. B. dem Audiobeispiel "Sprache in Ruhe". Es stehen n verschiedene Audiobeispiele
x
0 ... x
n zur Verfügung.
[0029] In Schritt 22 werden die Gewichtsvektoren a
0... a
n der gewählten Schallbeispiele ermittelt. Sie werden der bei der Offline-Schallsignalanalyse
erstellten Datenbank entnommen.
[0030] Die beste individuelle Anpassung mit entsprechenden Anpassparametervektoren wird
gemäß Schritt 23 ermittelt. Hierzu wird beispielsweise der Ansatz des interaktiven,
adaptiven Fittings für die Schallbeispiele gewählt. Die entsprechenden Anpass- oder
Fitting-Parametervektoren sind b
0... b
n. Dieser Schritt gewährleistet eine subjektive Bewertung typischer, objektiver Hörsituationen.
[0031] In Schritt 24 wird schließlich eine Funktion ermittelt, mit der individuelle Anpassungen
aufgrund von Änderungen der Gewichtsvektoren kontinuierlich durchgeführt werden können.
Beispielsweise ist es mit Hilfe der Werte a
0 und b
0 als Referenz möglich, individuelle Anpassänderungen als Funktion der Gewichtungsänderungen
vorherzusagen. Die Komplexität dieser Vorhersage beziehungsweise deren Genauigkeit
hängt von der Dimension der Vektoren a und b, d. h. der Anzahl der analysierten Merkmale
und der Anzahl der Anpassparameter, ab. Als Resultat ergibt sich eine Funktion b =
b
0 + ϕ (|a
0-a|) beziehungsweise b = b
0 + c
1 |a
0-a| + c
2 |a
0-a|
2+ ... Die Taylor-Koeffizienten c
1, c
2... können durch Regression bestimmt werden. Die ermittelte Funktion, gestützt auf
einen oder mehrere Koeffizienten, quantisiert somit die Beziehung zwischen objektiver
Hörsituation und subjektiver Wahrnehmung.
[0032] Die Echtzeitklassifikation beziehungsweise Echtzeiteinstellung des Hörgeräts ermöglicht,
dass bei Detektion eines bestimmten Mischungsverhältnisses von generischen Hörsituationen
der entsprechende Hörgeräteparametersatz aktiv ist und die Übergänge fließend sind.
[0033] Die in den Schritten 20 bis 24 in FIG 2 ermittelte individuelle Funktion wird während
des Betriebs des Hörgeräts zur Echtzeit-Klassifikation gemäß dem Verfahrensablauf
von FIG 3 verwendet. Bei dieser Echtzeit-Einstellung des Hörgeräts wird gemäß Schritt
30 ein Haupteinstellparameter zur Grundeinstellung des Hörgeräts eingesetzt. Der Haupteinstellparameter
b
0 klassifiziert diejenige Hörsituation, die für den Patienten individuell am wichtigsten
ist.
[0034] In Schritt 31 wird der Merkmalsvektor des Eingangssignals als Funktion der Zeit F
= F(x) ermittelt. Grundlage dieser Ermittlung ist das Eingangssignal in einem zeitfenster,
womit sich der Merkmalsvektor eben für dieses Fenster ergibt.
[0035] Der Gewichtungsvektor wird in Schritt 32 gemäß der oben beschriebenen Funktion F
= a
1*V
g1 + a
2*V
g1 + ..., als Funktion der Zeit ermittelt.
[0036] Mit Hilfe der in Schritt 24 ermittelten individuellen Anpassfunktion b = b
0 + ϕ (|a
0+a|) wird in Schritt 33 die beste individuelle Einstellung beziehungsweise Anpassung
des Hörgeräts an die aktuelle Hörsituation vorgenommen. Dabei ist es möglich, Mischsituationen
kontinuierlich zu berücksichtigen und das Hörgerät auf individuelle Bedürfnisse des
Patienten beziehungsweise Hörgeräteträgers einzustellen.
[0037] Hierfür wird schließlich in Schritt 34 der Einstell- beziehungsweise Anpassvektor
geglättet.
[0038] Der Vorteil dieser Echtzeitklassifikation ist der verhältnismäßig geringe Rechenaufwand
von M-Multiplikationen, wobei M der Anzahl der Merkmale entspricht. Darüber hinaus
ist verhältnismäßig geringer Speicherplatz erforderlich, nämlich M Bytes. Allerdings
sind ca. N zusätzliche Steuersignale erforderlich, wobei N der Anzahl der angesteuerten
Hörgeräteparameter entspricht.
[0039] Erfindungsgemäß ist somit eine Individualisierung bezüglich der Einstellung eines
Hörgeräts sowie eine verbesserte Anpassung an Mischungen von typischen Hörsituationen
möglich.
[0040] Durch die erfindungsgemäße Vorrichtung beziehungsweise das erfindungsgemäße Verfahren
werden Verwechslungen zwischen detektierten Hörsituationen stark reduziert. Es findet
eine eindeutige Abbildung von Hörsituationen zu Hörgeräteparametern sowie eine individuelle
Klassifikation statt.
1. Verfahren zum Anpassen eines Hörgeräts durch
Bereitstellen von Bewertungsdaten (Schritte 10 bis 15) für verschiedene vorgegebene
Hörsituationen und
Anpassen des Hörgeräts (Schritte 20 bis 34) an einen Hörgeräteträger mittels individueller
Gewichtung,
dadurch gekennzeichnet, dass
die individuelle Gewichtung (Schritt 24) durch eine kontinuierliche Wichtungsfunktion
erfolgt, die durch Stützpunkte verläuft, welche jeweils eine individuelle Gewichtung
der Bewertungsdaten einer der vorgegebenen Hörsituationen darstellen.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Bewertungsdaten durch eine Schallsignalanalyse
(Schritte 10 bis 15) ermittelt werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Bewertungsdaten Gewichtsvektoren bezüglich
spezifischer Audiosignale, die für die vorgegebenen Hörsituationen charakteristisch
sind, umfassen.
4. Verfahren nach Anspruch 3, wobei die Gewichtsvektoren durch Eigenvektoranalyse (Schritt
15) der spezifischen Audiosignale ermittelt werden.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei die Wichtungsfunktion für die individuelle
Gewichtung aus für den Hörgeräteträger charakteristischen Hörsituationen (Schritt
20) bestimmt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei die Wichtungsfunktion aus mindestens
einem Anpassparameter und mindestens einem Wert der Bewertungsdaten ermittelt wird.
7. Verfahren zum Betreiben eines Hörgeräts durch Aufnehmen eines Audiosignals einer aktuellen
Hörsituation,
Berechnen von Signalbewertungsdaten aus dem Audiosignal (Schritt 31),
Gewichten der Signalbewertungsdaten (Schritte 32 und 33) mit Hilfe einer kontinuierlichen
Wichtungsfunktion, die gemäß einem der Ansprüche 1 bis 6 gewonnen wird, und
Anpassen des Hörgeräts entsprechend den gewichteten Signalbewertungsdaten an die aktuelle
Hörsituation insbesondere unter Echtzeitbedingungen.
8. Vorrichtung zum Anpassen eines Hörgeräts mit
einer Speichereinrichtung zum Bereitstellen von Bewertungsdaten für verschiedene vorgegebene
Hörsituationen und
einer Anpasseinrichtung zum Anpassen des Hörgertäs an einen Hörgeräteträger mittels
individueller Gewichtung,
dadurch gekennzeichnet, dass
mit der Anpasseinrichtung die individuelle Gewichtung durch eine kontinuierliche Gewichtungsfunktion
ausführbar ist, die durch Stützpunkte verläuft, welche jeweils eine individuelle Gewichtung
der Bewertungsdaten einer der vorgegebenen Hörsituationen von der Speichereinrichtung
darstellen.
9. Vorrichtung nach Anspruch 8, die eine Schallsignalanalyseeinrichtung umfasst, mit
der die Bewertungsdaten für die vorgegebenen Situationen ermittelbar sind und von
der die Bewertungsdaten in die Speichereinrichtung übertragbar sind.
10. Vorrichtung nach Anspruch 8 oder 9, wobei die Bewertungsdaten Gewichtsvektoren bezüglich
spezifischer Audiosignale, die für die vorgegebenen Hörsituationen charakteristisch
sind, umfassen.
11. Vorrichtung nach Anspruch 10, die eine Analyseeinrichtung aufweist, mit der die Gewichtsvektoren
durch Eigenvektoranalyse der spezifischen Audiosignale ermittelbar sind.
12. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 11, die eine Offline-Einstelleinrichtung
zur Ermittlung der Wichtungsfunktion für die individuelle Gewichtung aus für den Hörgeräteträger
charakteristischen Hörsituationen aufweist.
13. Vorrichtung nach Anspruch 12, wobei durch die Offline-Einstelleinrichtung die Wichtungsfunktion
aus mindestens einem Anpassparameter und mehreren der Bewertungsdaten ermittelbar
ist.
14. Hörgerät mit
einer Aufnahmeeinrichtung zum Aufnehmen eines Audiosignals einer aktuellen Hörsituation,
einer Recheneinrichtung zum Berechnen von Signalbewertungsdaten aus dem Audiosignal,
einer Gewichtungseinrichtung zum Gewichten der Signalbewertungsdaten mit Hilfe einer
kontinuierlichen Wichtungsfunktion und
einer Steuer- oder Regeleinrichtung zum Anpassen des Hörgeräts entsprechend den gewichteten
Signalbewertungsdaten an die aktuelle Hörsituation insbesondere unter Echtzeitbedingungen.