(19)
(11) EP 1 416 764 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.05.2004  Patentblatt  2004/19

(21) Anmeldenummer: 03028311.3

(22) Anmeldetag:  09.12.2003
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7H04R 25/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IT LI LU MC NL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK

(71) Anmelder: PHONAK AG
8712 Stäfa (CH)

(72) Erfinder:
  • Kühnel, Volker
    8708 Männedorf (CH)

(74) Vertreter: Troesch Scheidegger Werner AG 
Schwäntenmos 14
8126 Zumikon
8126 Zumikon (CH)

   


(54) Verfahren zur Einstellung eines Hörgerätes sowie Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens


(57) Ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Einstellung eines ersten Hörgerätes (3) basierend auf Einstellungen eines zweiten Hörgerätes (2) sind offenbart, wobei zunächst ein akustisches Testsignal (20) mit einem Mikrophon (2a) des zweiten Hörgerätes (2) in ein elektrisches Testsignal gewandelt wird. Des Weiteren wird ein von einem Hörer (2b) des zweiten Hörgerätes (2) erzeugtes akustisches Signal (21) in ein elektrisches Signal gewandelt, welches in einer Auswerteeinheit (1, 3) ausgewertet wird. Schliesslich werden Einstellungen im ersten Hörgeräte (3) aufgrund von Resultaten der Auswertung in der Auswerteeinheit (1, 3) vorgenommen. Damit sind ein besonders geeignetes Verfahren und eine Vorrichtung zur Erstanpassung von neuen Hörgeräten geschaffen. Es hat sich gezeigt, dass die Erfindung sehr schnell zu einer spontanen Akzeptanz des neu eingestellten Hörgerätes beim Hörgeräteträger führt und den Anpassaufwand gegenüber den heute gebräuchlichen Verfahren erheblich verringert. Darüber hinaus benötigt der Akustiker für eine Erstanpassung weniger Zeit.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren nach dem Oberbegriff von Patentanspruch 1 sowie eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.

[0002] Bei einem Wechsel von einem bestehenden auf ein neues Hörgerät wird auch beim erfahrenen Hörgerätebenutzer wie bei einer Erstanpassung verfahren, d.h. es wird ein Tonaudiogramm als Basis für die Einstellung des neuen Hörgerätes verwendet. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass insbesondere bei langjährigen Hörgerätebenutzern die tatsächlich gewünschte Einstellung der Hörgeräteparameter - wie Verstärkung, Kompression, Begrenzung, Kniepunkt oder Zeitkonstanten - oft sehr stark von der Audiogramm-basierten Voreinstellung abweicht. Bei einem Wechsel auf ein neues Hörgerät wird daher vielmehr eine Einstellung gewünscht, welche der des eigenen gewohnten Hörgerätes möglichst ähnlich ist. Insbesondere bei hochgradig Schwerhörigen kann der Verstärkungsbedarf um bis zu 20 dB von der nach Audiogramm vorberechneten Zielverstärkung nach oben oder unten abweichen. Hier ist eine andere Grundlage der Voreinstellung als das Audiogramm alleine wünschenswert.

[0003] Berichte von Erfahrungen haben aufgezeigt, dass durch Verwendung einer Voreinstellung, basierend auf der alten Hörgeräteinstellung, eine sehr effektive und erfolgreiche Anpassmethode zur Verfügung steht, die häufig der Audiogramm-basierten Anpassung überlegen ist.

[0004] Derzeit ist hierfür keine einfache automatische Prozedur bekannt, die diese Art der Voreinstellung eines Hörgerätes unterstützt. Eine Möglichkeit besteht zwar darin, dass das eigene alte Hörgerät in einer speziell hierfür vorgesehenen Messvorrichtung bei verschiedenen Eingangspegeln auszumessen. Die gemessenen Werte müssen dann manuell in die Anpasssoftware des neuen Hörgerätes übernommen werden, was mühsam und fehleranfällig ist.

[0005] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein einfaches und rationelles Verfahren zur Einstellung eines ersten Hörgerätes, basierend auf Einstellungen eines zweiten Hörgerätes, anzugeben.

[0006] Diese Aufgabe wird durch die im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sowie eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens sind in weiteren Ansprüchen angegeben.

[0007] Die Erfindung weist die folgenden Vorteile auf: Indem ein vordefiniertes Messsignal einem Mikrophon eines Hörgerätes, das auf einen bestimmten Hörgeräteträger angepasst ist, beaufschlagt wird, und indem ein von einem Hörer dieses Hörgerätes erzeugte akustische Signal aufgezeichnet und in einer Auswerteeinheit ausgewertet wird, wobei Einstellungen in einem neuen Hörgeräte aufgrund von Resultaten der Auswertung in der Auswerteeinheit vorgenommen werden, wird ein besonders geeignetes Verfahren zur Erstanpassung des neuen Hörgerätes geschaffen. Das erfindungsgemässe Verfahren führt sehr schnell zu einer spontanen Akzeptanz des neu eingestellten Hörgerätes beim Hörgeräteträger und verringert gegenüber den heute gebräuchlichen Verfahren den Anpassaufwand erheblich. Darüber hinaus benötigt der Akustiker für eine Erstanpassung weniger Zeit.

[0008] Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Zeichnungen, in denen mögliche Ausführungsformen dargestellt sind, weiter erläutert.

[0009] Dabei zeigt:
Fig. 1
eine erfindungsgemässe Vorrichtung mit einem ersten, anzupassenden Hörgerät, einem zweiten, angepassten Hörgerät sowie einer Kontrolleinheit und
Fig. 2
eine abgewandelte Ausführungsform gegenüber derjenigen gemäss Fig. 1.


[0010] In Fig. 1 ist eine Kontrolleinheit 1, ein bestehendes Hörgerät 2, das auf einen bestimmten Hörgeräteträger eingestellt ist und im folgenden als zweites Hörgerät bezeichnet wird, und ein weiteres Hörgerät 3 dargestellt, das mit dem zweiten Hörgerät 2 wirkverbunden ist und im folgenden als erstes Hörgerät bezeichnet wird. In der Kontrolleinheit 1, welche beispielsweise ein handelsüblicher PC (Personal Computer), im Wesentlichen bestehend aus Eingabe-/Ausgabeeinheit und Recheneinheit, sein kann, wird ein Anpassungsprogramm (fitting software program) abgearbeitet, das dem Akustiker eine möglichst einfache und schnelle Hörgerätanpassung an einen bestimmten Hörgeräteträger ermöglicht. Hierzu ist die Kontrolleinheit 1 einerseits mit einem Lautsprecher 6, mit Hilfe dessen akustische Testsignale 20 erzeugt werden können, anderseits über die Verbindungsleitung 7 mit dem ersten Hörgerät 3 verbunden, das wie üblich mit einem Mikrophon 3a und einem Hörer 3b ausgestattet ist. Des Weiteren weist das erste Hörgerät 3 einen Audioeingang 10 auf, über den ein Audiosignal zugeführt werden kann.

[0011] Das zweite Hörgerät 2 weist ebenfalls ein Mikrophon 2a und einen Hörer 2b auf, wobei dieser mit einem Kuppelelement 5 vollständig abgedeckt ist, so dass ein geschlossener Hohlraum entsteht. In diesem Hohlraum ist zudem ein Messmikrophon 4 angeordnet, dessen Signal dem Audioeingang 10 des ersten Hörgerätes 3 beaufschlagt ist. Ein bekanntes Kuppelelement zur Verwendung bei der vorliegenden Erfindung ist beispielsweise in Phonak Fokus Nr. 20 mit dem Titel "The Desired Sensation Level (DSL) Method for Hearing Aid Fitting in Infants and Children" (Richard C. Seewald, 1995) beschrieben. Eine identische Publikation ist in der Druckschrift mit dem Titel "DSL 4.0 Handbook" vom gleichen Autor enthalten.

[0012] Wie eingangs beschrieben worden ist, besteht das Ziel der vorliegenden Erfindung darin, eine Hörgeräteeinstellung für das erste Hörgerät 3 zu finden, die der des zweiten Hörgerätes 2 möglichst ähnlich ist. Damit kann eine hohe spontane Akzeptanz beim erstmaligen Tragen des ersten Hörgerätes 3 erreicht werden. Diese erste Hörgeräteinstellung eignet sich dann vorzüglich als Ausgangspunkt für weitere Feinanpassungen und Optimierungen der Hörgeräteinstellungen.

[0013] Im Folgenden wird das erfindungsgemässe Verfahren beschrieben:

[0014] In einer ersten Ausführungsform der Erfindung kann das erste Hörgerät 3 zu Beginn der Anpassung in einen so genannten Messmodus gebracht werden, in dem die Übertragungseigenschaften des zweiten Hörgerätes 2 analysiert und an die Kontrolleinheit 1 übermittelt werden. Die in der Kontrolleinheit 1 ausgeführte Anpasssoftware transformiert die erhaltenen Informationen in einen Parametersatz, welcher vom ersten Hörgerät 3 verstanden werden kann. Im Übrigen wird der gesamte Ablauf der Einstellung des ersten Hörgerätes 3 durch die Anpasssoftware gesteuert bzw. überwacht. Ebenso werden allfällige Instruktionen oder Fehlermeldungen über die Kontrolleinheit 1 dem Akustiker angezeigt.

[0015] In der Kontrolleinheit 1 wird zur Ansteuerung des Lautsprechers 6 beispielsweise eine so genannte Sound-Karte eingesetzt, wie sie in herkömmlichen Personalcomputern verwendet wird.

[0016] Wie bereits erwähnt worden ist, ist das zweite Hörgerät 2 an das eine bekannte Übertragungseigenschaft aufweisende Kuppelelement 5 angekoppelt, das das Messmikrophon 4, vorzugsweise in der Form eines Sondenmikrophons, enthält (entsprechend IEC Standard 126 2cc-Kuppler HA-1 für ITE-(In-The-Ear)-Hörgeräte oder HA-2 für BTE-(Behind-The-Ear)-Hörgeräte). Das Signal des Messmikrophons 4 wird über den Audioeingang 10 in das erste Hörgerät 3 eingespeist und in diesem analysiert. Dazu kann eine im ersten Hörgerät 3 vorhandene Filterbank, die im Normalbetrieb des Hörgerätes zur Signalverarbeitung eingesetzt wird, verwendet werden. Gleichzeitig nimmt das Mikrophon 3a des ersten Hörgerätes 3 den Schall des Lautsprechers 6 auf und dient als Referenzmikrofon zur Bestimmung der Lautstärke bzw. des Schallpegels und zur Einregelung der Schalldarbietung über die Kontrolleinheit 1. Hierdurch ist auch die Möglichkeit geschaffen, dass eine Kalibrierung des ersten Hörgerätes 3 vorgenommen werden kann. Dabei sollten sich die beiden Hörgeräte 2 und 3 dicht nebeneinander befinden, damit das gleiche Schallfeld vorliegt. Im Übrigen kann die Anpassung des ersten Hörgerätes 3 optimal vorgenommen werden, wenn keine akustischen Störsignale durch die Mikrophone 2a und 3a aufgenommen werden können. Mit Vorteil befindet sich daher die ganze Anordnung in einem schall-gedämpften Raum. Zudem ist vorgesehen, dass Störgeräusche von einem entsprechenden Algorithmus in der Kontrolleinheit 1 detektiert werden, wodurch fehlerhafte Messwerte eliminiert werden können(artefact rejection).

[0017] Dieser Anordnung werden nun unterschiedliche akustische Testsignale 20 dargeboten, wie zum Beispiel weisses Rauschen mit unterschiedlichen Pegeln. Als Testsignale sind aber auch Sinus- bzw. sinusförmige Signale, Wobbel-Töne, natürliche Sprache oder Musik denkbar. Durch Aufzeichnen von akustischen Signalen 21, welche durch den Hörer 2b ins Kuppelelement 5 abgegeben und durch das Messmikrophon 4 aufgenommen werden, kann die Übertragungsfunktion des zweiten Hörgerätes 2 im ersten Hörgerät 3 ermittelt werden. Weiter können transiente Testsignale 20 (z.B. Pegelsprünge) benutzt werden, um das zeitliche Verhalten, wie etwa die Zeitkonstanten der Kompression, zu bestimmen.

[0018] Basierend auf diesen Messdaten kann nun das erste Hörgerät 3 so eingestellt werden, dass die Übertragungsfunktionen des ersten und zweiten Hörgerätes 3 und 2 so ähnlich wie möglich werden.

[0019] Es wird darauf hingewiesen, dass das zweite, zu vermessende Hörgeräte 2 ein beliebiges Hörgerät sein kann. Das "neue", erste Hörgerät 3 verfügt über eine Frequenzauflösung und über einen Audioeingang 10, an den eine einfache Ankoppelung des Messmikrophons 4 möglich ist.

[0020] Die Messung erfolgt in einem möglichst ruhigen Raum - was im Übrigen auch für die Messung der Feedback-Schwelle eines Hörgeräts oder der Hörschwelle des Schwerhörigen erforderlich ist. Die Bedingungen an den für die Messungen benötigten Raum bei einem Akustiker sind daher ohne weiteres bereits erfüllt.

[0021] Das zweite Hörgerät 2 wird an das Kuppelelement 5 angeschlossen, welches beispielsweise ein so genannter 2cc-Kuppler ist. Der 2cc-Kuppler ist gemäss Standard IEC 126 (siehe vorstehende Literatur von Richard C. Seewald) definiert, wobei auch andere Kuppler verwendet werden können, so lange ein definiertes Volumen mit entsprechender Ankopplung vorhanden sind. Eine Umrechnung auf standardisierte 2cc-Werte ist dann jederzeit möglich. Anstelle eines Standardmikrophons ist ein Adapter mit Kanal für einen Sondenschlauch in das Kuppelelement 5 eingeführt. Das eigentliche Messmikrophon 5 bildet beispielsweise ein RECD (Real-Ear-to-Coupler Difference)- direct Audioschuh (siehe wiederum IEC 126 bzw. die angegebene Literatur von Richard C. Seewald), dessen Sondenschlauch über den Adapter in das 2cc-Volumen ragt.

[0022] In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung werden das erste und das zweite Hörgerät 2 bzw. 3 so auf eine glatte Fläche gelegt, dass die Mikrofone 2a und 3a der beiden Hörgeräte 2 und 3 nahe beieinander liegen. Der Lautsprecher 6, der für die Beschallung mit Testsignalen 20 verwendet wird, steht beispielsweise in etwa 50 cm Entfernung zu den Mikrophonen 2a und 3a.

[0023] Wie bereits erwähnt worden ist, werden für die Messung über den Lautsprecher 6 zum Beispiel stationäres oder sprachmoduliertes weisses Rauschen oder ICRA-noise wiedergegeben. Eine Definition des ICRA-noise ist beispielsweise im Aufsatz von W. A. Dreschler, H. Verschuure, C. Ludvigsen und S. Westermann mit dem Titel "ICRA noises: Artificial noise signals with speech-like spectral and temporal properties for hearing aid assessment" (Audiology, Bd. 40, Nr. 3, Mai-Juni, 2001, S. 148-157) enthalten. Die Testsignale 20 werden über die Sound-Karte des als Kontrolleinheit 1 arbeitenden Personalcomputers auf den Lautsprecher 6 gegeben.

[0024] Zur Kalibrierung des ersten Hörgerätes 3 wird über den Lautsprecher 6 ein stationäres weisses Rauschen als Testsignal 20 wiedergegeben. Im ersten Hörgerät 3 vorhandene Eingangspegelmittelwertbildner werden ausgelesen und die Wiedergabe gegebenenfalls spektral und im Pegel korrigiert, sofern keine zu grossen Änderungen notwendig sind. Andernfalls wird der Akustiker darüber informiert, dass die Lautsprecher-Qualität nicht ausreichend ist. Wenn eine spektrale Korrektur über die Kontrolleinheit 1 nicht möglich ist, kann das Verfahren dennoch durchgeführt werden. Allerdings ist die Aussagefähigkeit der Ergebnisse etwas eingeschränkt.

[0025] Vor und nach der Kalibrierung der Wiedergabepegel wird der spektrale Hintergrundpegel im Testraum mit derselben Methode ermittelt. Liegt er so hoch, dass eine sinnvolle Messung nicht möglich ist, wird der Akustiker, beispielsweise über die Kontrolleinheit 1, entsprechend informiert.

[0026] Eine erste Messung besteht beispielsweise darin, dass über den Lautsprecher 6 ein moduliertes Testrauschen (siehe oben) als akustisches Testsignal 20 nacheinander mit den Pegeln 50, 65 und 80 dB wiedergegeben wird. Im Kuppelelement 5 wird mit Hilfe des Messmikrophons 4 jeweils die Wiedergabe des auszumessenden, zweiten Hörgeräts 2 erfasst. Diese Wiedergabe ist repräsentativ für die Wiedergabe modulierter Signale wie z.B. Sprache.

[0027] Eine zweite Messung besteht beispielsweise darin, dass über den Lautsprecher 6 ein unmoduliertes Testrauschen (siehe oben) bei 65 dB als akustisches Testsignal 20 wiedergegeben wird. Am Kuppelelement 5 wird die Wiedergabe des zu messenden, zweiten Hörgeräts 2 erfasst. Diese Wiedergabe ist repräsentativ für die Wiedergabe stationärer Geräusche. Aus der Wiedergabedifferenz zwischen der ersten und der zweiten Messung wird das Ausmass an Rauschunterdrückung (Noise Cancelling) ermittelt.

[0028] Eine dritte Messung besteht bei Bedarf beispielsweise darin, dass über den Lautsprecher 6 ein unmoduliertes Rauschen mit einem Pegelsprung von 25 dB in der Mitte des Signals wiedergegeben wird (zuerst 55 dB, dann 80 dB und dann 55 dB). Aus der im Kuppelelement 5 erfassten Antwort kann die Grössenordnung der Ein- und Ausschwingzeiten ermittelt werden.

[0029] Bei einer alternativen dritten Messung wird über den Lautsprecher 6 reale Sprache oder ein äquivalentes moduliertes Testrauschen (siehe oben) mit dem Pegel 65 dB als akustisches Testsignal 20 ausgegeben. Die Amplitudenverteilung des aufgenommenen Signals wird ausgewertet und daraus lassen sich die effektive Dynamikkompression und die Zeitkonstanten der Kompression bestimmen, was im folgenden weiter erläutert wird.

[0030] Die effektive Dynamikkompression eines Signals wird wie folgt bestimmt: Zunächst bestimmt man die Dynamik des Eingangssignals eines typischen modulierten Signals, so beispielsweise von Sprache bei 65 dB SPL. Sie ergibt sich z.B. aus der Differenz etwa des 10-ten und 95-ten Perzentils der Amplitudenverteilung. Nun wird das mit dem Mikrophon 2a aufgenommene und im zweiten Hörgerät 2 verarbeitete Signal auf die gleiche Weise analysiert. Das Verhältnis des oben bestimmten Dynamikbereichs zu dem nun erhaltenen Dynamikbereich gibt das effektive Kompressionsverhältnis der Signalverarbeitung vom zweiten Hörgerät 2 an.

[0031] Werden nun zusätzlich die gleichen Messungen mit einem unmodulierten Signal durchgeführt, erhält man das statische Kompressionsverhältnis.

[0032] Die Zeitkonstanten der Kompressionsregelung lassen sich auf der anderen Seite folgendermassen bestimmen:

[0033] Man berechnet die Modulationsspektren des durch das zweite Hörgerät 2 verarbeiteten Signals für ein Sprachsignal oder ein sprachartig moduliertes Signal sowie für das gleiche unverarbeitete Signal. Da eine dynamische Kompressionsregelung als Modulations-Hochpassfilter wirkt, hat eine Differenz dieser beiden Modulationsspektren üblicherweise eine Hochpasscharakteristik mit einer gewissen Abschneidefrequenz. Diese Abschneidefrequenz des Modulationshochpasses ist ein direktes Mass für die Regelzeiten der Kompression.

[0034] Die Ergebnisse der ersten Messung werden zur Einstellung der Eingang-/Ausgang-Funktionen der verschiedenen Kanäle verwendet. Die Differenz zwischen der zweiten und der ersten Messung dient der Einstellung der Stärke der Geräuschunterdrückung (Noise Cancelling). Wenn Zeitkonstanten der Verstärkungsregelung zu den Fitting-Parametern gehören, kann die dritte Messung zur Einstellung der Ausschwingzeiten herangezogen werden.

[0035] Bei Hörgeräten, bei denen verschiedene Hörprogramme wählbar sind, werden die einzelnen Programme nacheinander im auszumessenden, zweiten Hörgerät 2 aktiviert und mit der beschriebenen Methode gemessen.

[0036] Der Lautstärkensteller wird beim auszumessenden, zweiten Hörgerät 2 vorzugsweise in diejenige Stellung gebracht, die für das Hören mittellauter Schalle geeignet ist. Damit ist eine Kundeneinstellung gemeint, die für angenehmes Hören in ruhiger Umgebung geeignet ist. Bei digitalen Hörgeräten ist dies meist die Einstellung direkt nach dem Einschalten des Hörgerätes.

[0037] Wenn die Begrenzung des auszumessenden, zweiten Hörgeräts 2 auch erfasst werden soll (Einstellung eines Limiters), muss das zweite Hörgerät 2 zusätzlich mit 90 dB beschallt werden. Im Übrigen wird die beschriebene Methode verwendet. Eine 90 dB-Darbietung ist gewöhnlich unangenehm für den Akustiker und für den Hörgerätträger.

[0038] Fig. 2 zeigt eine weitere Ausführungsform der Erfindung, wobei sich diese von der in Fig. 1 gezeigten Ausführungsform lediglich dadurch unterscheidet, dass das akustische Testsignal 20 mit Hilfe des ersten Hörgerätes 3 erzeugt wird. Hierzu ist ein weiteres Kuppelelement 50 zwischen dem zweiten und dem ersten Hörgerät 2 bzw. 3 notwendig. Der Lautsprecher 6 ist bei dieser Ausführungsform lediglich für die erwähnte Kalibrierung erforderlich. Die Hauptverarbeitung der Signale erfolgt dabei - unter Anleitung der Kontrolleinheit 1 - hauptsächlich im ersten Hörgerät 3. Im Übrigen sind die verschiedenen Messverfahren, die im Zusammenhang mit der in Fig. 1 dargestellten Ausführungsform beschrieben worden sind, entsprechend bei der Ausführungsform gemäss Fig. 2 verwendbar und bedürfen daher keiner weiteren Erläuterung mehr.


Ansprüche

1. Verfahren zur Einstellung eines ersten Hörgerätes (3) basierend auf Einstellungen eines zweiten Hörgerätes (2), dadurch gekennzeichnet,

- dass ein akustisches Testsignal (20) mit einem Mikrophon (2a) des zweiten Hörgerätes (2) in ein elektrisches Testsignal gewandelt wird,

- dass ein von einem Hörer (2b) des zweiten Hörgerätes (2) erzeugtes akustisches Signal (21) in ein elektrisches Signal gewandelt wird,

- dass das elektrische Signal in einer Auswerteeinheit (1, 3) ausgewertet wird und

- dass Einstellungen im ersten Hörgeräte (3) aufgrund von Resultaten der Auswertung in der Auswerteeinheit (1, 3) vorgenommen werden.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das akustische Testsignal (20) in einer ausserhalb der Hörgeräte (2, 3) vorhandenen Kontrolleinheit (1) generiert wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das akustische Testsignal (20) im ersten Hörgerät (3) generiert wird.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Auswertung des elektrischen Signals (21) in einer bzw. in der ausserhalb der Hörgeräte (2, 3) vorhandenen Kontrolleinheit (1) vorgenommen wird.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das akustische Testsignal (20) gleichzeitig einem Mikrophon (3a) des ersten Hörgerätes (3) zu dessen Kalibrierung zugeführt wird.
 
6. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass als akustisches Testsignal (20) ein stationäres oder ein sprachmoduliertes Rauschen verwendet wird.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass als akustisches Testsignal (20) ein unmoduliertes Rauschen mit einem Pegelsprung von vorzugsweise 25 dB verwendet wird.
 
8. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Einstellung des ersten Hörgerätes (3) in allen verfügbaren Hörprogrammen vorgenommen wird.
 
9. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass für das akustische Testsignal (20) ein Schallpegel zwischen 40 und 90 dB SPL eingestellt wird.
 
10. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass ein erstes Hörgerät (3), basierend auf Einstellungen eines zweiten Hörgerätes (2), einstellbar ist, wobei

- ein akustisches Testsignal (20) einem Mikrophon (2a) des zweiten Hörgerätes (2) beaufschlagt ist,

- ein von einem Hörer (2b) des zweiten Hörgerätes (2) erzeugtes akustisches Signal (21) aufzeichenbar und in einer Auswerteeinheit (1, 3) auswertbar ist und

- Einstellungen im ersten Hörgeräte (3) aufgrund von Resultaten der Auswertung in der Auswerteeinheit (1, 3) vornehmbar sind.


 
11. Vorrichtung nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass ausserhalb der Hörgeräte (2, 3) eine Kontrolleinheit (1) vorhanden ist, die mit dem ersten Hörgerät (3) wirkverbunden ist.
 
12. Vorrichtung nach Anspruch 10 oder 11, dadurch gekennzeichnet, dass das ein Lautsprecher (6) vorgesehen ist, die mit der Kontrolleinheit (1) verbunden ist.
 
13. Vorrichtung nach einem oder mehreren der Ansprüche 10 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass als akustisches Testsignal (20) ein stationäres oder ein sprachmoduliertes Rauschen verwendbar ist.
 
14. Vorrichtung nach einem oder mehreren der Ansprüche 10 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass als akustisches Testsignal (20) ein unmoduliertes Rauschen mit einem Pegelsprung von vorzugsweise 25 dB verwendbar ist.
 
15. Vorrichtung nach einem oder mehreren der Ansprüche 10 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass die Einstellung des ersten Hörgerätes (3) in allen verfügbaren Hörprogrammen vornehmbar ist.
 
16. Vorrichtung nach einem oder mehreren der Ansprüche 10 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass für das akustische Testsignal (20) ein Schallpegel von mindestens 90 dB einstellbar ist.
 




Zeichnung