[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum individuellen
Einstellen eines Hörgeräts für einen Hörgeräteträger.
[0002] Technischer Fortschritt und neue wissenschaftliche Erkenntnisse führen zu einer ständigen
Weiterentwicklung von Hörgeräten. Dies betrifft sowohl die eingesetzten Signalverarbeitungsalgorithmen
als auch die aus den audiometrischen Daten berechneten individuellen Parametersätze
für Hörgeräteeinstellungen. In Neugeräten sind diese Weiterentwicklungen vielfach
berücksichtigt.
[0003] Ein Schwerhöriger gewöhnt sich jedoch durch das ständige Tragen eines Hörsystems
an die Übertragungseigenschaften und somit beispielsweise an den Klang dieses Hörsystems.
Benötigt er beispielsweise wegen einer Hörverschlechterung ein neues Gerät, empfindet
er oftmals den ungewohnten Klang als fremd und lehnt ein neues Hörsystem ab. Diese
Ablehnung kommt besonders bei modernen Hörsystemen vor, da bei diesen aufgrund der
Fortschritte in der Digitaltechnik häufig sehr glatte Frequenzgänge realisiert werden
können. Aus diesem Grund wird bei einer Nachversorgung oft anstelle eines modernen
Hörsystems der gleiche Typ des bereits getragenen Hörsystems verwendet. Für den Schwerhörigen
tritt dadurch keine Verbesserung ein und er profitiert nicht von einer Weiterentwicklung
der Hörsysteme.
[0004] Waren Hörgeräteträger dennoch bereit, ein neues Gerät einzusetzen, so versuchten
die Hörgeräteakustiker bislang per Hand die Akustik des alten Geräts mit dem neuen
nachzuempfinden, um den Umstieg zu erleichtern. Da moderne Hörgeräte extrem komplex
sind, ist es auf diese Weise nicht möglich, die optimale Einstellung zu finden, bei
der einerseits der Klang des alten Geräts nachempfunden wird und andererseits die
Vorteile des neuen Geräts noch zur Geltung kommen.
[0005] Eine weitere Erleichterung für einen Umstieg auf ein neues Hörgerätesystem kann dadurch
erzielt werden, dass man sich mehrerer Akklimatisierungsstufen bedient. Die Akklimatisierungsstufen
bewirken ein langsames Herantasten an die eigentlich vorgeschriebene Verstärkung des
Hörsystems unabhängig vom eigentlichen Kundenwunsch. So wird bei der Anpassung eines
neuen Hörsystems zunächst eine bestimmte Akklimatisierungsstufe ("für Unerfahrene")
gewählt. Hat sich der Schwerhörige über einen Zeitraum von einigen Wochen an diese
Einstellung gewöhnt, so wird bei dem nächsten Besuch beim Akustiker die nächste Akklimatisierungsstufe
eingestellt. Auf diese Weise wird die eigentlich angestrebte, aus audiologischer Sicht
optimale Einstellung erreicht. Die setzt aber mehrere Sitzungen beim Akustiker voraus.
Während dieses Akklimatisierungszyklusses musste sich der Schwerhörige an einen neuen
Klang gewöhnen. Falls dies nicht gelang, so musste der Akustiker von Hand beziehungsweise
unterstützt von Fragebögen den Klang des neuen Hörsystems optimieren.
[0006] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, die Einstellung eines
Hörgeräts unter Berücksichtigung eines Kundenwunsches zu optimieren.
[0007] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zum automatischen Einstellen
eines zweiten Hörgeräts durch Analysieren eines ersten Hörgeräts unter Bereitstellung
eines Analyseergebnisses, Ermitteln von Einstellparametern des zweiten Hörgeräts mit
dem Analyseergebnis des ersten Hörgeräts und Einstellen des zweiten Hörgeräts auf
der Grundlage der ermittelten Einstellparameter.
[0008] Darüber hinaus ist erfindungsgemäß vorgesehen eine Vorrichtung zum automatischen
Einstellen eines zweiten Hörgeräts mit einer Analyseeinrichtung zum Analysieren eines
ersten Hörgeräts unter Bereitstellung eines Analyseergebnisses, einer Ermittlungseinrichtung
zum Ermitteln von Einstellparametern des zweiten Hörgeräts mit dem Analyseergebnis
des ersten Hörgeräts und einer Einstelleinrichtung zum Einstellen des zweiten Hörgeräts
auf der Grundlage der ermittelten Einstellparameter.
[0009] Mit Hilfe der Erfindung kann das Hörsystem wie das alte Hörsystem eingestellt werden,
wobei der Klang in ruhiger Umgebung dem Klang des alten Hörsystems ähnlich ist. In
geräuschvoller Umgebung kann der Hörgeräteträger jedoch von den Vorteilen eines neuen
Hörsystems, wie zum Beispiel Spracherkennung, Richtmikrofon usw., profitieren. Durch
den vertrauten Klang wird der Kunde sich schneller an das neue Hörsystem gewöhnen
können.
[0010] Das Analysieren kann ein Auslesen der Einstellparameter des alten beziehungsweise
des ersten Hörgeräts umfassen. Dieses Auslesen ist ein gutes Hilfsmittel, um rasche
Analyseergebnisse zu erhalten.
[0011] Alternativ oder zusätzlich kann das erste Hörgerät analysiert werden, indem Eingangsschallsignale
dargeboten und die am Hörgeräteausgang erzeugten Ausgangsschallsignale untersucht
werden. Dies führt auch bei Hörgeräten zum Ziel, die mit einer Ausleseeinrichtung
hinsichtlich Hardware oder Software inkompatibel sind.
[0012] Das automatische Analysieren kann aber auch ein Auslesen von Einstellparametern und
Simulieren des Verhaltens des ersten Hörgeräts mit einem Simulationsmodell umfassen.
Durch diese Simulation kann auf aufwändige Messungen verzichtet werden.
[0013] Nach dem Einstellen des zweiten Hörgeräts sollte es akustisch vermessen werden. Dies
dient der Überprüfung der Einstellung, die auf der Grundlage der Einstellparameter
des ersten Hörgeräts durchgeführt wurde.
[0014] Das Einstellen des zweiten Hörgeräts kann durch kontaktgebundenes oder kontaktloses
Einspeisen von Einstellwerten erfolgen. Damit ist es nicht mehr notwendig, dass ein
Akustiker die entsprechenden Einstellungen manuell vornimmt.
[0015] Weiterhin kann die Einstellung des zweiten Hörgeräts anhand eines dynamischen Modells
erfolgen. Dies erleichtert den Einstellvorgang, da die Resultate der vorgenommenen
Einstellungen bereits vorab modelliert werden können.
[0016] Dabei bedeutet ein dynamisches Modell gegenüber einem statischen Modell ein Modell,
mit dem die Ausgangsaudiosignale eines Hörgeräts simuliert werden können, die von
beliebigen Eingangssignalen herrühren. Insbesondere können mit dem dynamischen Modell
Einschwingeffekte des Hörgeräts berücksichtigt werden. Demgegenüber werden mit einem
statischen Modell lediglich eingeschwungene Zustände simuliert. Mit einem statischen
Modell werden üblicherweise nur Verstärkungskurven gewonnen, die aus der spektralen
Eingangsinformation ermittelt werden können.
[0017] Aktuelle audiologische Messungen sollten bei der Einstellung des zweiten Hörgeräts
jedoch stets berücksichtigt werden. Aufgrund dieser Messungen kann eine Zielvorgabe
entwickelt werden, die sich dann anhand der Einstellparameter des ersten Hörgeräts
abändern lässt.
[0018] Nach dem Einstellen des zweiten Hörgeräts mit den ermittelten Einstellparametern
können die Einstellparameter in einer vorgegebenen Zeitspanne zu vordefinierten Einstellparametern
geändert werden. Damit ist es möglich, die zunächst dem alten Hörgerät entsprechende
Einstellung allmählich zu einer neuen, fortschrittlichen Einstellung, die nur das
neue Hörgerät ermöglicht, zu ändern. Durch diesen zeitlich kontinuierlich verlaufenden
Anpassvorgang wird die Akzeptanz eines neuen Hörgeräts deutlich erhöht. Dabei kann
die Zeitspanne für die kontinuierliche automatische Anpassung beliebig gewählt werden.
[0019] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert,
in denen zeigen:
- FIG 1
- ein Ablaufdiagramm zur Optimierung der Hörgerätevoreinstellung bei einer Zweitversorgung;
- FIG 2
- eine Skizze einer ersten Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Einstellvorrichtung;
- FIG 3
- eine Skizze einer zweiten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Einstellvorrichtung;
- FIG 4
- eine Skizze einer dritten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Einstellvorrichtung;
und
- FIG 5
- eine Skizze einer vierten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Einstellvorrichtung.
[0020] Die nachfolgend näher beschriebenen Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen
der vorliegenden Erfindung dar.
[0021] Zur Anpassung eines neuen Hörgeräts an ein altes Hörgerät unter Beibehaltung der
Klangcharakteristik des alten Hörgeräts werden die Übertragungskennlinien des alten
Hörgeräts ermittelt und dienen als Zielverstärkung zur Einstellung des neuen Hörgeräts.
Dies bedeutet, dass sowohl die klanglichen Charakteristika des alten Hörgeräts erhalten
bleiben, als auch die spezielle Feinanpassung des alten Hörgeräts. Solch eine Anpassung
in Bezug auf die akustischen Charakteristika eines alten Hörgeräts kann sowohl bei
der Umstellung auf ein Hörgerät eines anderen Herstellers hilfreich sein, als auch
bei der Ersetzung eines Hörgeräts durch ein neueres oder komplexeres Produkt des gleichen
Herstellers, oder bei der Umstellung auf eine andere Bauform (z. B. von HdO auf IdO
Gerät).
[0022] Zum besseren Verständnis der Erfindung wird nochmals auf den Stand der Technik verwiesen,
wonach die Parameter des alten Hörgeräts ausgelesen bzw. die Kennlinien in der Anpasssoftware
angezeigt werden. Das neue Hörgerät wird dann manuell so eingestellt, dass die Verstärkungskurven
den alten möglichst nahe kommen. Dieses manuelle Verfahren ist sehr zeitaufwändig
und führt auf Grund der Komplexität moderner Hörgeräte nur mit großen Bemühungen und
bei ausreichender Fachkenntnis zu einer guten Entsprechung. Die Übertragung der Einstellparameter
direkt (z. B. Kanalverstärkung) führt in aller Regel nicht zum Erfolg, da selbst bei
verschiedenen Hörgeräten derselben Familie eines Herstellers die Einstellparameter
zu unterschiedlichen absoluten Verstärkungskennlinien führen.
[0023] Entsprechend der vorliegenden Erfindung ist daher eine automatische Anpassung des
neuen Hörgeräts an Zielverstärkungskennlinien (frequenz- und i. A. pegelabhängige
Targets) vorgesehen, wobei die Targets nicht wie herkömmlich aus tonschwellenaudiometrisch
basierten Formeln gewonnen werden (z. B. NAL-NL1, DSL[i/o]), sondern die zugehörigen
Verstärkungskennlinien des alten Hörgeräts darstellen. Diese Targets können somit
die herkömmlichen, formelbasierten Targets als Eingabeparameter für einen First-Fit
Algorithmus ersetzen.
[0024] Erfindungsgemäß werden die Verstärkungskennlinien des alten Hörgeräts im allgemeinen
Fall durch Messung der Hörgeräteverstärkung ermittelt. Dies kann über eine beliebige
angemessene Messapparatur erfolgen, z. B. als Kupplermessung, insitu-Messung, KEMAR,
etc. Für die Messung der Kennlinien können beliebige Stimuli verwendet werden, vorzugsweise
jedoch ein sprachsimulierendes Rauschen. Gegebenenfalls müssen die aufgenommenen Verstärkungskennlinien
noch transformiert werden, bevor sie als Input in den First Fit Algorithmus zur Erstanpassung
eingehen können (z. B. müssten Kuppleraufnahmen noch mittels RECD in Aided Response
Daten transformiert werden, wenn der First Fit Algorithmus auf der Grundlage von Aided
Response Targets das Hörgerät automatisch einstellt).
[0025] Der Gesamtprozess des Messung des alten Hörgeräts und die anschließende Einstellung
des neuen Hörgeräts erfolgt vorzugsweise vollautomatisch. Alternativ können die Kennlinien
des alten Hörgeräts semi-automatisch (mit Interaktion von der durchführenden Person)
erfolgen. Die Einstellung des neuen Hörgeräts auf der Basis der ermittelten Kurven
erfolgt jedoch in jedem Fall automatisch, d. h. ohne dass eine Interaktion durch den
Nutzer notwendig wäre.
[0026] Im speziellen Fall, dass ein Softwaremodell des alten Hörgeräts existiert, kann die
Messung der Verstärkungskennlinien auch durch die entsprechende Simulation ersetzt
werden. Dieser Fall kann zum Beispiel auftreten, wenn das alte Gerät durch ein anderes
Gerät desselben Herstellers ersetzt werden soll (z. B. besseres Hörgerät oder andere
Bauform desselben Hörgeräts). In diesem Fall kann die Messung der Hörgerätekennlinien
des alten Hörgeräts durch eine Simulation dieser Kennlinien ersetzt werden. Dies reduziert
die potenziellen Fehler, die bei der Messung auftreten können, und beschleunigt im
Allgemeinen den Gesamtvorgang, da die Simulation normalerweise schneller durchzuführen
ist als eine Messung.
[0027] Das in FIG 1 wiedergegebene Blockdiagramm zeigt prinzipiell die Vorgänge zur Einstellung
eines neuen Hörgeräts. Hierzu wird das alte Hörgerät, an das sich der Hörgeräteträger
gewöhnt hat, einer Analyse 1 unterzogen. Für die Analyse 1 dient ein Klangbeispiel
2 als Eingangssignal. Die in dem automatischen Analyseverfahren 1 gewonnenen Analysedaten
werden zur Bestimmung 3 der optimalen Einstellung des neuen Hörgeräts herangezogen.
Dabei werden auch die als Eingangssignale für die Analyse verwendeten Klangbeispiele
2 berücksichtigt. Selbstverständlich findet die Einstellung vor dem Hintergrund der
audiometrischen Messdaten 4 statt. Darüber hinaus werden für die Einstellung auch
sonstige Werte herangezogen, z. B. Erfahrung des Hörgeräteträgers mit Hörgeräten,
"auditive lifestyle" etc., für eine Voreinstellung ("FirstFit") des neuen Hörgeräts
herangezogen.
[0028] Ein dynamisches Modell des neuen Hörgeräts wird dazu verwendet, um die Wirkungsweise
des Hörgeräts in Abhängigkeit bestimmter Eingangsgrößen zu modellieren. Dies beschleunigt
das Einstellverfahren, da auf bestimmte aufwändige Messungen verzichtet werden kann.
Alternativ kann statt des dynamischen Modells des neuen Hörgeräts auch das neue Hörgerät
selbst benutzt werden. Dies ist jedoch aufgrund der Programmierdauer und Messdauer
sehr aufwändig.
[0029] Somit kann man bei der Berechnung der Voreinstellung eines Hörgeräts nicht nur auf
audiometrische und sonstige Daten des Schwerhörigen zurückgreifen, sondern auch auf
Analysen des bisher getragenen Hörgeräts. Bei derartigen Analysen werden nicht nur
die statischen sondern auch die dynamischen Eigenschaften unabhängig von der Hörgerätesignalverarbeitung
(Anzahl der Kanäle etc.) ermittelt.
[0030] Als Analyseverfahren können alle gängigen Hörgerätemessverfahren für "Insertion gain",
Frequenzgang, Ein- und Ausschwingverhalten, Eingans-/Ausgangskennlinien etc., welche
durchwegs künstliche Testsignale wie Sinustöne, Chirps, Rauschen, künstliche Sprache
etc. verwenden, herangezogen werden. Als besonders geeignet erweist sich das in dem
Artikel "Perzeptive Analyse von Kompressionssystemen", Josef Chalupper, DGA 2002 vorgestellte
Verfahren. Bei diesem Verfahren können beliebige Messsignale, auch Sprache und Musik,
verwendet werden und die Hörgeräteausgangssignale werden aus der Sicht des menschlichen
Empfängers betrachtet. Demgegenüber basieren alle gängigen Methoden auf physikalischen
Modellannahmen über das Hörgerät. Bei dieser neuartigen Methode werden sowohl Hörgeräteeingangs-
als auch -ausgangssignale unter Berücksichtigung der Eigenschaften des menschlichen
Empfängers hinsichtlich Zeit- und Frequenzauflösung, Rekruitment, Ruhehörschwelle
und dergleichen analysiert und daraus eine effektive Verstärkung berechnet. Bei der
Berechnung dieser effektiven Verstärkung können auch Ergebnisse gängiger Methoden
einfließen.
[0031] Im Einzelnen erfolgt die Analyse dadurch, dass zunächst ein Testsignal unter Berücksichtigung
von Vorlieben des Benutzers ausgewählt wird. Dazu wird beispielsweise, wenn der Benutzer
vor allem mit dem Klang seines alten Geräts bei Musik zufrieden ist, als Testsignal
Musik verwendet. Das Hörgerät wird anschließend mit diesem Testsignal beschallt. Hierbei
können bereits bestehende Geräte, z. B. Messbox, Audioschuh, Kuppler etc., verwendet
werden. Eingangs- und Ausgangssignale werden in geeigneter Weise hinsichtlich Entzerrung,
Synchronisation und dergleichen vorverarbeitet. Die anschließende perzeptive Analyse
durch das oben genannte Verfahren liefert schließlich die effektive Verstärkung.
[0032] Die effektive Verstärkung beschreibt das alte Hörgerät aus der Sicht des Benutzers
(also perzeptiv) nahezu vollständig. Dies entspricht nicht notwendigerweise auch einer
physikalisch vollständigen Beschreibung.
[0033] Bei der Erstanpassung eines neuen Geräts wird normalerweise eine Zielverstärkung
berechnet. Diese Zielverstärkung kann nun an die effektive Verstärkung angeglichen
werden, wobei die Merkmale des neuen Geräts, dass beispielsweise dieses mit längeren
Zeitkonstanten weniger Verzerrungen verursacht, zusätzlich berücksichtigt werden.
Schließlich werden die Hörgeräteparameter des neuen Geräts so eingestellt, dass die
angeglichene Zielverstärkung möglichst genau erreicht wird. Hierzu kann das oben genannte,
vorzugsweise dynamische Hörgerätemodell verwendet werden.
[0034] FIG 2 zeigt in einer Skizze eine konkrete Realisierung einer ersten Ausführungsform.
Ein altes Hörgerät 6 besitzt eine Programmierbuchse, in die ein entsprechender Stecker
7 eingesteckt wird. Dieser Stecker 7 ist mit einer Hörsystemprogrammierschnittstelle
8 verbunden, welche ihrerseits von einem PC 9 gesteuert wird. Die Hörsystemprogrammierschnittstelle
8 besitzt weiterhin einen Anschluss zu einem Programmierstecker 10, mit dem ein neues
Hörgerät 11 programmierbar ist.
[0035] Mit dieser Konfiguration lässt sich, auf Basis der ausgelesenen Parameter, der Frequenzgang
und auch die anderen Eigenschaften des alten Hörsystems 6 über die Hörsystemprogrammierschnittstelle
8 über ein Modell berechnen. Die Daten werden mittels Anpass-Software in geeigneter
Form gespeichert und für die Anpassung des neuen Hörsystems 11 zugänglich gemacht.
[0036] Das rechnergestützte Auslesen der Einstellparameter des alten Hörgeräts 6 ist ein
verhältnismäßig rasches und einfaches Mittel, den Charakter des alten Hörgeräts 6
auf das neue Hörgerät 11 zu übertragen. Hierzu ist es allerdings notwendig, dass das
alte Hörgerät hinsichtlich Software und Hardware mit der Analyseeinrichtung 7, 8,
9 kompatibel ist. Darüber hinaus muss eine entsprechende Umsetzsoftware zur Verfügung
stehen, mit der die alten Parameter in entsprechend neue Parameter für das neue Hörgerät
11 umgesetzt werden können.
[0037] Wenn die Ermittlung der Eigenschaften des alten Hörsystems 6 über die Programmierschnittstelle
8 nicht möglich ist, beziehungsweise das Format der Eigenschaften nicht kompatibel
zu dem des neuen Hörsystems 11 ist, kann der Frequenzgang und auch die anderen Eigenschaften
des alten Hörsystems 6 messtechnisch ermittelt werden, wie dies in FIG 3 angedeutet
ist. Hierzu ist der PC 9 mit einem rechnergestützten Messsystem 12 verbunden, das
einen Lautsprecher 13 und ein Mikrofon 14 besitzt. Günstigerweise ist das Messsystem
in einer Messbox (nicht dargestellt) untergebracht und derart angeordnet, dass ein
Hörgerät in der Messbox automatisch vermessen werden kann.
[0038] In der Messvorrichtung beziehungsweise Messbox werden zunächst die akustischen Eigenschaften
des alten Hörsystems unter Steuerung der Messvorrichtung 12 ausgemessen. Die gewonnenen
Daten werden dann als Zielverstärkungskurven in eine geeignete Anpass-Software für
das neue Hörsystem übernommen. Die Anpassung erfolgt dann, indem vom PC 9 über die
Hörsystemprogrammierschnittstelle 8 die entsprechenden Einstellparameter in das neue
Hörsystem 11 eingespielt werden.
[0039] FIG 4 zeigt schematisch eine dritte Ausführungsform der erfindungsgemäßen Einstellvorrichtung.
Der Aufbau dieses Systems entspricht prinzipiell dem von FIG 3. Die Messvorrichtung
12 ist jedoch zusätzlich mit Anschlüssen für einen weiteren Lautsprecher 15 und ein
weiteres Mikrofon 16 ausgestattet. Diese gestatten es, den Frequenzgang und andere
akustische Eigenschaften des neuen Hörsystems 11 nach der Neuprogrammierung zu überprüfen.
Auf diese Weise kann die Einstellung des neuen Hörgeräts 11 verfeinert durchgeführt
werden, da das Einstellsystem über den Lautsprecher 15 und das Mikrofon 16 eine Rückkopplung
über die Neuprogrammierung erhält.
[0040] Eine vierte Ausführungsform der vorliegenden Erfindung ist in FIG 5 skizziert. Der
Aufbau der Einstellvorrichtung entspricht im Wesentlichen dem von FIG 4. Das neue
Hörgerät 11 ist hier jedoch nicht über eine Hörsystemprogrammierschnittstelle 8 programmierbar.
Stattdessen findet die Programmierung mittels Steller am Hörsystem statt, und der
PC 9 mit der Anpass-Software zeigt die vorzunehmenden Änderungen der Steller an. Diese
Änderungen werden aus den messtechnischen Werten, die über die Mikrofone 14 und 16
erhalten werden, abgeleitet und gegebenenfalls iterativ (d. h. beispielsweise Stelleränderung,
Messung, Stelleränderung, Messung usw.) optimiert. Auf diese Weise sind auch Neusysteme
an Altsysteme anpassbar, selbst wenn beide Systeme hinsichtlich Hardware beziehungsweise
Software untereinander oder mit der Einstellvorrichtung inkompatibel sind.
1. Verfahren zum automatischen Einstellen eines zweiten Hörgeräts (11)
gekennzeichnet durch
- Analysieren eines ersten Hörgeräts (6) unter Bereitstellung eines Analyseergebnisses,
- Ermitteln von Einstellparametern des zweiten Hörgeräts (11) auf der Grundlage des
Analyseergebnises des ersten Hörgeräts (6) und
- Einstellen des zweiten Hörgeräts (11) auf der Grundlage der ermittelten Einstellparameter.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das automatische Analysieren ein Darbieten eines
Eingangsschallsignals und ein Untersuchen eines dazugehörigen Ausgangsschallsignals
am ersten Hörgerät (6) umfasst.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei das Analysieren ein Auslesen der Einstellparameter
aus dem ersten Hörgerät (6) umfasst.
4. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das automatische Analysieren ein Auslesen von Einstellparametern
und Simulieren des Verhaltens des ersten Hörgeräts (6) mit einem Simulationsmodell
umfasst.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, das den weiteren Schritt des akustischen
Vermessens des zweiten Hörgeräts (11) nach dessen Einstellung umfasst.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei das Einstellen des zweiten Hörgeräts
(11) anhand eines dynamischen Modells erfolgt, bei dem Einschwingvorgänge des zweiten
Hörgeräts (11) berücksichtigbar sind.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei zusätzlich zum Analysieren des ersten
Hörgeräts (6) audiologische Messungen durchgeführt werden, die beim Einstellen des
zweiten Hörgeräts (11) berücksichtigt werden.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Einstellparameter des
zweiten Hörgeräts (11) nach dem Einstellen auf der Grundlage der ermittelten Einstellparameter
in einer vorgegebenen Zeitspanne zu vordefinierten Einstellparametern geändert werden.
9. Vorrichtung zum automatischen Einstellen eines zweiten Hörgeräts (11)
gekennzeichnet durch
- eine Analyseeinrichtung zum Analysieren eines ersten Hörgeräts (6) unter Bereitstellung
eines Analyseergebnisses,
- eine Ermittlungseinrichtung zum Ermitteln von Einstellparametern des zweiten Hörgeräts
(11) auf der Grundlage des Analyseergebnisses des ersten Hörgeräts (6) und
- eine Einstelleinrichtung zum Einstellen des zweiten Hörgeräts (11) auf der Grundlage
der ermittelten Einstellparameter.
10. Vorrichtung nach Anspruch 9, wobei mit der Analyseeinrichtung (12, 13, 14) zum Analysieren
des ersten Hörgeräts (6) ein Darbieten eines Eingangsschallsignals und Untersuchen
eines dazugehörigen Ausgangsschallsignals am ersten Hörgerät (6) durchführbar ist.
11. Vorrichtung nach Anspruch 9 oder 10, wobei die Analyseeinrichtung eine Ausleseeinrichtung
(7, 8) zum Auslesen von Einstellparametern aus dem ersten Hörgerät (6) umfasst.
12. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 9 bis 11, wobei die Analyseeinrichtung zum Auslesen
von Einstellparametern und zum Simulieren des Verhaltens des ersten Hörgeräts mit
einem Simulationsmodell ausgestaltet ist.
13. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 9 bis 12, die eine Messeinrichtung (12, 15, 16)
zum akustischen Vermessen des zweiten Hörgeräts (11) umfasst.
14. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 9 bis 13, wobei die Einstelleinrichtung über
ein dynamisches Modell verfügt, mit dem die Einstellung des zweiten Hörgeräts (11)
durchführbar ist und dabei Einschwingvorgänge des zweiten Hörgeräts (11) berücksichtigbar
sind.
15. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 9 bis 14, die eine Messeinrichtung zur Durchführung
audiologischer Messungen, die beim Einstellen des zweiten Hörgeräts (11) berücksichtigbar
sind, aufweist.
16. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 9 bis 15, wobei mit der Einstelleinrichtung die
Einstellparameter des zweiten Hörgeräts (11) zeitlich variierbar sind.