(19)
(11) EP 1 473 387 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
03.11.2004  Patentblatt  2004/45

(21) Anmeldenummer: 03010059.8

(22) Anmeldetag:  02.05.2003
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C25F 7/00, C25F 5/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IT LI LU MC NL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Krüger, Ursus, Dr.
    14089 Berlin (DE)
  • Körtvelyssy, Daniel
    13467 Berlin (DE)
  • Reiche, Ralph
    13465 Berlin (DE)
  • Steinbach, Jan
    13353 Berlin (DE)
  • Winkler, Gabriele
    13587 Berlin (DE)

   


(54) Verfahren zur Entschichtung eines Bauteils


(57) Betriebsbeanspruchte Bauteile werden oft durch eine Säurebehandlung wieder der Verwertung zugeführt. Die Zeitdauer, während dessen die Bauteil in der Säure verbleiben ist bisher standardmäßig festgelegt, so dass individuelle Beanspruchungen nicht berücksichtigt sind.
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Entschichtung eines Bauteils schlägt vor, dass zumindest wiederholt eine Spannung an dem Bauteil angelegt wird, wodurch ein Strom (I) fließt, dessen zeitlicher Verlauf den Zustand des Entschichtungsprozesses darstellt und zur Entscheidung über die Beendigung oder Unterbrechung der Säurebehandlung genutzt wird.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Entschichtung eines Bauteils nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

[0002] Betriebsbeanspruchte Bauteile, wie z.B. Turbinenschaufeln von Gasturbinen werden einer Säurebehandlung unterzogen, so dass das Bauteil wieder verwendet werden kann.
Im Falle von Gasturbinenschaufeln werden die betriebsbeanspruchten MCrAlY-Schichten auf dem Bauteil abgelöst, indem sie in ca. 50° - 80°C warme 20%-tige Salzsäure getaucht werden. Nach einer aus Erfahrungswerten abgeleiteten Zeitdauer werden die Schaufeln aus dem Säurebad genommen, mit Wasser gespült und anschließend abrasiv gestrahlt. Die Prozessfolge Säurebad und Strahlen wird dabei mehrfach wiederholt, bis die gesamte MCrAlY-Schicht ab- bzw. aufgelöst ist. Die Wiederholung der einzelnen Prozessschritte ist in der Regel notwendig, da durch die Säure ausschließlich oberflächennahe aluminiumhaltige Phasen der MCrAlY-Schicht aufgelöst werden. Tieferliegende Bereiche der MCrAlY-Schicht können daher nicht in einem Schritt aufgelöst werden. An der Oberfläche bleibt eine poröse Schichtmatrix zurück, welche nachfolgend mittels Bestrahlen bspw. mechanisch entfernt wird.
Die Zeitdauer, in der die Schaufeln in der Säure verbleiben, spiegelt dabei nicht die tatsächliche für die individuelle Schaufel benötigte Zeit bis zum Stopp des Auflösungsprozesses wieder, sondern wird standardmäßig auf eine bestimmte Zeit festgelegt. Die Verweildauer im Säurebad wird dabei aufgrund von allgemeinen Erfahrungswerten festgelegt.

[0003] Jedoch ist jedes Bauteil individuell verschieden stark beansprucht, so dass eine feste Vorgabe zu unterschiedlichen oder nicht vollständigen Auflösungsverhalten der beanspruchten Oberfläche führt. Vielfach verbleiben die Bauteile auch ohne weiteren Fortschritt der Entschichtung bis zum Ablauf der vorgegebenen Zeitspanne in dem Säurebad.

[0004] Es ist daher Aufgabe der Erfindung eine individuelle Festlegung der minimal notwendigen Auflösungsdauer pro individueller Schaufel (Typ Beschichtungsdicke, Zustand nach Betriebsbeanspruchung, usw.) zu ermöglichen.

[0005] Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zur Entschichtung eines Bauteils gemäß Anspruch 1.

[0006] Dabei wird eine Spannung zumindest zeitweise an das Bauteil und einem weiteren Pol angelegt, währenddessen sich das Bauteil in einem Entschichtungsmittel, insbesondere in einem Säurebad befindet, wodurch ein Strom fließt. Der zeitliche Verlauf des Stroms weist charakteristische Merkmale auf, die den aktuellen Entschichtungszustand des Bauteils widerspiegeln und die Bestimmung eines Endpunktes des Entschichtungsverfahrens ermöglichen. Über den Stromfluss kann also erkannt werden, ob die Entschichtung überhaupt noch weiter voranschreitet. Somit kann diese Information zur Entscheidung über die Bearbeitung oder Unterbrechung des Aufenthalts des Bauteils in dem Mittel herangezogen werden.

[0007] In den Unteransprüchen sind weitere vorteilhafte Verfahrensschritte aufgelistet, die in vorteilhafter Weise miteinander kombiniert werden können.

[0008] Es zeigen

Figur 1 eine Vorrichtung um das erfindungsgemäße Verfahren durchzuführen und

Figur 2 einen zeitlichen Stromverlauf, der sich bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ergibt.



[0009] Figur 1 zeigt eine Vorrichtung 1, mit der das erfindungsgemäße Verfahren durchgeführt werden kann.

[0010] Die Vorrichtung 1 besteht aus einem Behälter 3, beispielsweise metallisch, in dem ein Mittel 6, eine Säure 6 oder ein Elektrolyt 6 angeordnet ist, die zumindest teilweise zur Entschichtung eines Bauteils 9 dienen. In dem Mittel 6 oder in einer Säure 6 ist das Bauteil 9 angeordnet, dessen Oberflächenbereich aufgelöst werden soll. Dies geschieht beispielsweise durch den Säureangriff auf die bspw. betriebsbeanspruchte Oberfläche des Bauteils 9. Erfindungsgemäß ist eine Spannungs/Stromquelle 18 vorhanden, die elektrisch über Verbindungsmittel 15 mit dem Bauteil 9 verbunden ist. Ein Stromkreis kann dadurch geschlossen werden, dass die Verbindungsmittel 15 mit einem Pol, d.h. einer Elektrode 12, die in der Säure 6 angeordnet ist oder mit dem Behälter 3 verbunden werden, so dass ein Strom zwischen Bauteil 9 und dem Pol 3, 12 fließen kann, der auch gemessen werden kann.
Der Strom fließt über das Innere des Bauteils 9 durch die beanspruchte Oberfläche des Bauteils 9 und durch das Mittel 6 hin zu der Elektrode 12 oder den Behälter 3. Der Strom kann kontinuierlich oder diskontinuierlich fließen. So kann daher in regelmäßigen und unregelmäßigen Abständen ein Spannungspuls angelegt werden und der Strom gemessen werden.

[0011] Ein solcher zeitlicher Verlauf des Stroms ist in Figur 2 dargestellt. Der Strom I steigt am Anfang mit der Zeit t an und ist nach einem gewissen Zeitpunkt zunächst im wesentlichen konstant. Die Entschichtung ist noch nicht vollständig erfolgt, d.h. die Entschichtungsrate ist noch hoch.
Nach einer gewissen Zeit t sinkt der Strom I. Das Absinken (Bereich oder Punkt 27 in der Kurve I(t)) des Stroms I zeigt an, dass nur noch wenig Schichtmaterial aufgelöst wird. Der Auflöseprozess kann daher gestoppt werden, wenn bspw. ein vorgegebener Vergleichswert für die Stromstärke erreicht ist.

[0012] Wenn die Messspannung nur für sehr kurze Zeit angelegt wird, wird der Auflösungsprozess nicht durch den Elektrolyseprozess, sondern allein durch den Säureangriff dominiert.
Wenn bspw. eine konstante Spannung dauerhaft angelegt wird, ergibt sich aber ebenfalls eine zeitliche Veränderung des Stromes (Fig. 2), der ermittelt und zur Bestimmung des Endpunktes des Entschichtungsprozesses benutzt werden kann.

[0013] Der zeitliche Verlauf des Stroms I(t) 24 kann auch aus einzelnen Messpunkten 21 ermittelt werden, die in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen bestimmt werden.

[0014] In einem Behälter 3 können auch mehrere Bauteile 9 zur Entschichtung angeordnet werden, wobei für jedes Bauteil individuell eine Stromkurve I(t) ermittelt wird, so dass die Bauteile ggf. unterschiedlich lang in dem einem Behälter 3 sind.
Ein weiteres Bauteil 9 kann auch als Pol 12 dienen.

[0015] Das Verfahren kann auch in Teilschritten durchgeführt werden. Dabei wird jeweils in einem Verfahrenszwischenschritt eine abrasive Entschichtung durchgeführt, die Rückstände von Säureprodukten entfernt und/oder zur Beschleunigung der Entschichtung führt, da sich nach einem gewissen zeitlichen Aufenthalt des Bauteils 9 in dem Mittel 6 bspw. eine spröde Schicht gebildet hat, die sich abrasiv besser entfernen lässt.
Ebenso kann eine Wässerung des Bauteils 9 in einem Verfahrenszwischenschritt durchgeführt werden.
Danach wird das Bauteil 9 erneut in dem Mittel (6) angeordnet wird.
Die Verfahrensschritte Behandlung des Bauteils 9 im Mittel 6, abrasive Bestrahlung können beliebig wiederholt werden.


Ansprüche

1. Verfahren zur Entschichtung eines Bauteils (9),
bei dem das Bauteil (9) in einem Mittel (6) angeordnet ist,
das die Oberfläche des Bauteils (9) zumindest teilweise angreift,
dadurch gekennzeichnet, dass
zumindest zeitweise eine Spannung an das Bauteil (9) und einen weiteren Pol (3, 12) angelegt wird,
so dass ein Strom (I) zumindest durch das Mittel (6) fließt,
dessen zeitlicher Verlauf (I(t)) den Zustand des Entschichtungsprozesses darstellt und zur Entscheidung über die Beendigung oder Unterbrechung des Aufenthalts des Bauteils (9) in dem Mittel (6) herangezogen wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
als weiterer Pol eine Elektrode (12) in dem Mittel (6) verwendet wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
als Mittel (6) eine Säure verwendet wird
 
4. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Strom (I) am Anfang des Entschichtungsprozesses mit der Zeit (t) ansteigt und dann relativ konstant bleibt.
 
5. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
ein Absinken des Stroms (I(t)) im zeitlichen Verlauf, insbesondere auf einen vorgegebenen Vergleichswert, einen Endpunkt des Entschichtungsprozesses markiert.
 
6. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Verfahren in Teilschritten durchgeführt wird,
wobei jeweils in einem Verfahrenszwischenschritt eine abrasive Entschichtung stattfindet und
das Bauteil (9) danach erneut in dem Mittel (6) angeordnet wird.
 
7. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
in einem Verfahrenszwischenschritt das Bauteil (9) gespült wird.
 
8. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Spannung nur zeitweise angelegt wird.
 
9. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Spannung gepulst wird.
 
10. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass ein Behälter (3) für das Mittel (6) verwendet wird, und dass mehrere Bauteile (9) in einem Behälter (3) vorhanden sind,
für die (9) jeweils ein individueller zeitlicher Verlauf (I(t)) ermittelt wird.
 




Zeichnung







Recherchenbericht