(19)
(11) EP 1 473 390 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
03.11.2004  Patentblatt  2004/45

(21) Anmeldenummer: 04405149.8

(22) Anmeldetag:  12.03.2004
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7D03D 47/30, D03D 47/34
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IT LI LU MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL HR LT LV MK

(30) Priorität: 29.04.2003 EP 03405299

(71) Anmelder: Sultex AG
8630 Rüti (CH)

(72) Erfinder:
  • Siegl, Walter
    8712 Stäfa (CH)

(74) Vertreter: Sulzer Management AG 
Patentabteilung / 0067, Zürcherstrasse 12
8401 Winterthur
8401 Winterthur (CH)

   


(54) Überwachung des Fadentransports


(57) Es wird ein Verfahren zur Überwachung des Fadentransports in einer Webmaschine vorgestellt, wobei der Faden Fadenabschnitte (21, 21.i) umfasst, die mit einer zugehörigen Geschwindigkeit (v,) transportiert werden. In dem Verfahren werden Werte (24) mindestens einer kinematischen Messgrösse mindestens eines Fadenabschnittes (21, 21.i) erfasst und auf Grund der erfassten Werte (24) mittels eines Rechenmodells (2) Näherungswerte (25) der auf mindestens einen Fadenabschnitt (21, 21.i) wirkenden Fadenzugkraft berechnet. Die berechneten Näherungswerte (25) werden zur Überwachung angezeigt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Überwachung des Transports eines Fadens, insbesondere des Eintrags eines Schussfadens in einer Webmaschine gemäss Oberbegriff von Anspruch 1, sowie eine Webmaschine ausgerüstet zur Ausführung eines derartigen Verfahrens.

[0002] Im Rahmen der allgemeinen Prozessoptimierung und Automation in der Textiltechnik wird der Erfassung und Überwachung der momentanen dynamischen Prozessgrössen, die für den Fadentransport charakteristisch sind, eine grosse Bedeutung beigemessen. Unter dynamischen Prozessgrössen werden im Folgenden in erster Linie Grössen verstanden, welche eine Bewegung des Fadens bewirken, d.h. auf den Faden wirkende Kräfte. In aktuellen Webmaschinen werden beispielsweise die Kettfadenzugkräfte erfasst und zur Regelung des Kettablassantriebs verwendet. Dagegen erfolgt in aktuellen Webmaschinen die Erfassung der auf einen Schussfaden wirkenden Fadenzugkräfte meist nur im Rahmen von experimentellen Projekten. Diese Einschränkung ist grösstenteils auf die Tatsache zurückzuführen, dass der Faden zur Erfassung der Fadenzugkraft umgelenkt werden muss, um eine auf eine Messzelle wirkenden Normalkraft zu erzeugen. Falls keine bereits vorhandene Umlenkung verwendet werden kann, ist eine zusätzliche Umlenkung erforderlich, die den Fadentransport je nach Umlenkwinkel massiv behindern kann. Dies gilt insbesondere für Webmaschinen mit Lufteintragssystemen. Analog dazu gibt es in Textilmaschinen eine Vielzahl von Situationen, in denen die direkte Erfassung der gewünschten dynamischen, für den Fadentransport charakteristischen Prozessgrösse Schwierigkeiten bereitet oder mit grösserem Aufwand verbunden ist. Dies gilt z.B. für Messungen über längere Transportabschnitte oder an schlecht zugänglichen Stellen oder für die Messung von beim Fadentransport auftretenden Fadenzugkräften, die bisher nicht berührungsfrei erfasst werden konnten.

[0003] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Überwachung des Transports eines Fadens, insbesondere des Eintrags eines Schussfadens in einer Webmaschine, zur Verfügung zu stellen, mittels welchem Verfahren Näherungswerte mindestens einer dynamischen, für den Fadentransport charakteristischen Prozessgrösse bestimmt werden können. Insbesondere sollen mit dem Verfahren Näherungswerte für eine in einem Fadenpunkt oder auf eine Fadenabschnitt wirkende Fadenzugkraft bestimmt werden, und insbesondere sollen die dazu erforderlichen Messgrössen bei Bedarf berührungsfrei erfassbar sein. Eine weitere Aufgabe der Erfindung ist es, eine Webmaschine zur Verfügung zu stellen, die zur Ausführung eines derartigen Verfahrens ausgerüstet ist.

[0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss durch das in Anspruch 1 definierte Verfahren, sowie durch die in Anspruch 10 definierte Webmaschine gelöst.

[0005] Im erfindungsgemässen Verfahren zur Überwachung des Transports eines Fadens, insbesondere des Eintrags eines Schussfadens in einer Webmaschine, umfasst der Faden Fadenpunkte oder -abschnitte, die jeweils mit einer zugehörigen Geschwindigkeit transportiert werden, und es werden Werte mindestens einer vom Fadentransport abhängigen Messgrösse mindestens eines Fadenpunktes oder -abschnittes erfasst, beispielsweise Werte einer kinematischen Messgrösse wie z.B. der oben genannten Geschwindigkeit. Im erfindungsgemässen Verfahren werden auf Grund der erfassten Werte mittels eines Rechenmodells Näherungswerte mindestens einer dynamischen, für den Fadentransport charakteristischen Prozessgrösse, beispielsweise Näherungswerte der Fadenzugkraft, für mindestens einen Fadenpunkt oder -abschnitt berechnet und die berechneten Näherungswerte zur Überwachung des Fadentransports ausgewertet, wobei die berechneten Näherungswerte insbesondere angezeigt und/oder zur Steuerung des Fadentransports verwendet werden.

[0006] Das für die Berechnung der Näherungswerte verwendete Rechenmodell ist vorzugsweise als Simulationsmodell für den Fadentransport ausgebildet, insbesondere als Simulationsmodell nach der Methode der finiten Elemente. Zweckmässigerweise enthält das Rechenmodell beziehungsweise das Simulationsmodell Modellparameter, wobei in einer bevorzugten Ausführungsvariante mindestens ein Teil der erfassten Werte als Kontrollgrössen zur iterativen Anpassung der Modellparameter verwendet wird.

[0007] Vorzugsweise wird der Faden im Wesentlichen geradlinig transportiert und vorzugsweise ist das Rechenmodell beziehungsweise das Simulationsmodell eindimensional ausgebildet. Mit Vorteil wird der Faden beispielsweise als eindimensionaler Kontinuumsschwinger oder als eindimensionale Schwingungskette modelliert. Auch der Einsatz einfacher empirischer Rechenmodelle ist möglich.

[0008] In einer vorteilhaften Ausführungsform des Verfahrens wird mittels des Simulationsmodells über eine Transportperiode die zeitliche Veränderung der Näherungswerte mindestens einer dynamischen, für den Fadentransport charakteristischen Prozessgrösse für mindestens einen Fadenpunkt oder - abschnitt berechnet und in einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird mittels des Simulationsmodells über mindestens eine Teillänge des Fadens die örtliche Veränderung der Näherungswerte mindestens einer dynamischen, für den Fadentransport charakteristischen Prozessgrösse berechnet.

[0009] In einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens werden Näherungswerte für die in mindestens einem Fadenpunkt oder auf mindestens einen Fadenabschnitt wirkende Fadenzugkraft berechnet, wobei in einer bevorzugten Ausführungsvariante über die Eintragsperiode eines Schussfadens eine Reihe von Näherungswerten für die in mindestens einem Fadenpunkt oder auf mindestens einen Fadenabschnitt wirkende Fadenzugkraft berechnet werden.

[0010] In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens werden die Werte mindestens einer vom Fadentransport abhängigen Messgrösse, vorzugsweise einer kinematischen Messgrösse, berührungsfrei erfasst.

[0011] Vorzugsweise werden Werte einer der folgenden Messgrössen erfasst: Startzeit in einer vorgegebenen Position, Ankunftszeit in einer vorgegebenen Position, Verschiebung nach einer bestimmten Zeitdauer oder Geschwindigkeit. In einer Webmaschine wird der Schussfaden meist von einer trommelförmigen Fadenspeichervorrichtung abgezogen. Vorzugsweise wird dabei das Abziehen eines Schussfadenabschnitts mittels eines sogenannten Windungszählers erfasst, um aus den entsprechenden Windungszählersignalen die Startzeit und/oder die Abzugsgeschwindigkeit des Schussfadenabschnitts zu ermitteln.

[0012] Weiter umfasst die Erfindung eine Textilmaschine, insbesondere eine Webmaschine, ausgerüstet zur Ausführung eines der oben beschriebenen Verfahren.

[0013] Das erfindungsgemässe Verfahren hat den Vorteil, dass zur Überwachung des Fadentransports in einer Textilmaschine und insbesondere in einer Webmaschine auf Grund vergleichsweise weniger Messwerte Näherungswerte für eine Vielzahl von dynamischen und kinematischen Prozessgrössen berechnet werden können, die für den Fadentransport charakteristisch sind. Insbesondere ist es möglich, die Messwerte berührungslos zu erfassen, sodass störende Einwirkungen auf den Fadentransport vermieden werden. Damit ist es beispielsweise erstmals möglich, beim Eintrag eines Schussfadens in einer Webmaschine Näherungswerte für die auf den Schussfaden wirkenden Fadenzugkräfte berührungsfrei zu bestimmen. Die mittels des erfindungsgemässen Verfahrens berechneten Näherungswerte können beispielsweise zur Überwachung des Fadentransports angezeigt werden, womit z.B. die Einstellung des Fadentransports erleichtert wird, oder einen Alarm auslösen, falls ein vorgegebener Grenzwert der betreffenden Prozessgrösse überschritten wird, oder auch zur Steuerung des Fadentransports eingesetzt werden. Die Berechnung der Näherungswerte kann periodisch erfolgen, was z.B. zu Einstellzwecken genügt. Es ist aber auch möglich, Messwerte mindestens einer vom Fadentransport abhängigen Messgrösse quasikontinuierlich zu erfassen und die Berechnung der Näherungswerte mindestens einer für den Fadentransport charakteristischen Prozessgrösse unmittelbar anschliessend durchzuführen, sodass "quasimomentane" Näherungswerte für die Überwachung des Fadentransports zur Verfügung stehen.

[0014] Weitere vorteilhafte Ausführungsformen gehen aus den abhängigen Ansprüchen und der Zeichnung hervor.

[0015] Im Folgenden wird die Erfindung an Hand des Ausführungsbeispiels und an Hand der Zeichnung näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1
eine schematische Darstellung eines Ausführungsbeispiels zum Verfahren gemäss vorliegender Erfindung,
Fig. 2
eine Ausführungsvariante einer Zelle eines Rechenmodells zur Verwendung in dem in Fig. 1 gezeigten Ausführungsbeispiel,
Fig. 3
eine modellmässige Darstellung einer Ausführungsvariante des Fadentransports zu dem in Fig. 1 gezeigten Ausführungsbeispiel,
Fig. 4
zwei aufeinanderfolgende Zellen der in Fig. 3 gezeigten Ausführungsvariante, und
Fig. 5
eine schematische Darstellung der Parameteranpassung zu dem in Fig. 1 gezeigten Ausführungsbeispiel.


[0016] Fig. 1 zeigt eine schematische Darstellung eines Ausführungsbeispiels eines Verfahrens gemäss vorliegender Erfindung. Im Ausführungsbeispiel wird der Eintrag eines Schussfadens in einer Luftdüsenwebmaschine überwacht. Das erfindungsgemässe Verfahren eignet sich selbstverständlich auch zur Überwachung des Fadentransports in anderen Webmaschinen oder auf anderen technischen Gebieten. Der Schussfaden des Ausführungsbeispiels umfasst Fadenpunkte oder -abschnitte, die jeweils mit einer zugehörigen Geschwindigkeit vi transportiert werden. Unter dem Bezugszeichen 1 ist in Fig. 1 die Erfassung von Werten 24.1-24.n mindestens einer vom Fadentransport abhängigen Messgrösse für mindestens einen Fadenpunkt oder -abschnitt zusammengefasst. Unter das Bezugszeichen 1 fallen auch die zur Erfassung der Werte 24.1-24.n verwendeten Messaufnehmer und die zur Aufbereitung und Auswertung der entsprechenden Messsignale notwendige Hardware. Typischerweise werden Werte mindestens einer kinematischen Messgrösse erfasst, wie beispielsweise die Startzeit in einer vorgegebenen Position, die Ankunftszeit in einer vorgegebenen Position, die Verschiebung nach einer bestimmten Zeitdauer oder die Geschwindigkeit. In einer bevorzugten Ausführungsvariante werden die Werte 24.1-24.n berührungsfrei erfasst. Beispielsweise indem der Durchgang des Schussfadens beim Abziehen von einem trommelförmigen Fadenspeicher mittels eines sogenannten Windungszählers detektiert wird und aus den entsprechenden Signalen des Windungszählers die Startzeit und/oder die Abzugsgeschwindigkeit des betreffenden Schussfadenabschnitts ermittelt werden, oder indem die Geschwindigkeit mittels optischer Korrelation oder mittels Ortsfiltermethode mit elektrostatischer Signalerzeugung gemäss DE 199 00 581 A1 erfasst wird. Weiter kann z.B. mittels eines Schussfadenwächters die Ankunftszeit des Schussfadens in einer vorgegebenen Position, insbesondere am Ende des Schusseintrags berührungsfrei erfasst werden.

[0017] Die erfassten Werte 24.1-24.n werden im Ausführungsbeispiel an ein Rechenmodell 2 übermittelt, beispielsweise indem die Werte in einem Speicher abgelegt werden, auf den das Rechenmodell 2 Zugriff hat. Auf Grund der erfassten Werte werden mittels des Rechenmodells 2 Näherungswerte 25.1-25.n' mindestens einer dynamischen, für den Fadentransport charakteristischen Prozessgrösse für mindestens einen Fadenpunkt oder -abschnitt berechnet, z.B. die in mindestens einem Fadenpunkt oder auf mindestens einen Fadenabschnitt wirkende Fadenzugkraft. Das verwendete Rechenmodell 2 wird nachstehend im Rahmen der Beschreibung der Figuren 2 bis 5 näher erläutert. Unter das Bezugszeichen 2 fällt auch die physikalische Implementierung des Rechenmodells, die insbesondere eine Recheneinheit und einen Daten- und einen Programmspeicher umfasst, in welchem das Rechenmodell gespeichert ist. Mit Vorteil sind die Recheneinheit und der Daten- und der Programmspeicher in einer Steuerung des Fadentransports und/oder in einer Maschinensteuereinheit, beispielsweise in einer Steuereinheit der Webmaschine, integriert oder implementiert.

[0018] In einer vorteilhaften Ausführungsvariante wird über eine Transportperiode, beispielsweise während der Dauer des Schusseintrags, mittels des Simulationsmodells die zeitliche Veränderung der Näherungswerte 25.1-25.n' mindestens einer dynamischen, für den Fadentransport charakteristischen Prozessgrösse für mindestens einen Fadenpunkt oder -abschnitt berechnet. In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsvariante wird mittels des Simulationsmodells über mindestens eine Teillänge des Fadens die örtliche Veränderung der Näherungswerte 25.1-25.n' mindestens einer dynamischen, für den Fadentransport charakteristischen Prozessgrösse berechnet wird.

[0019] Die berechneten Näherungswerte 25.1-25.n' werden im Ausführungsbeispiel an eine Auswertungseinheit 3 übermittelt, die beispielsweise eine Anzeigefunktion beziehungsweise -vorrichtung, eine Alarmfunktion beziehungsweise -vorrichtung oder Steuerfunktionen zur Steuerung des Fadentransports und/oder weiterer Maschinenteile umfasst. In der Auswertungseinheit 3 werden die berechneten Näherungswerte 25.1-25.n' zur Überwachung des Fadentransports ausgewertet, insbesondere angezeigt und/oder zur Steuerung des Fadentransports oder weiterer Maschinenfunktionen verwendet.

[0020] Das für die Berechnung der Näherungswerte verwendete Rechenmodell 2 ist vorteilhafterweise als Simulationsmodell für den Fadentransport ausgebildet, beispielsweise als Simulationsmodell nach der Methode der finiten Elemente. Mit Vorteil wird der Faden im Wesentlichen geradlinig transportiert, sodass ein eindimensionales Rechenmodell beziehungsweise Simulationsmodell verwendet werden kann. Die Einschränkung auf einen geradlinigen Fadentransport weicht stark von der Realität ab, da der Faden während dem Transport, sofern möglich, Schwingungen in allen Freiheitsgraden ausführt beziehungsweise in allen Freiheitsgraden ausgelenkt wird. Eine exakte analytische Beschreibung der Fadenbewegung im Raum ist jedoch meist nicht durchführbar, da die hierfür benötigten Einflussgrössen kaum mit der nötigen Genauigkeit erfasst werden können. Transportwege mit einfachen Umlenkungen der Fadenrichtung lassen sich dagegen häufig auch mit einem eindimensionalen Simulationsmodell näherungsweise berechnen, indem die Umlenkungen z.B. als Bremskomponenten im Modell berücksichtigt werden. Mit Vorteil wird der Faden beispielsweise als eindimensionaler Kontinuumsschwinger oder als eindimensionale Schwingungskette modelliert. Auch der Einsatz einfacher empirischer Rechenmodelle ist möglich, wenn keine besonderen Anforderungen an die Genauigkeit der berechneten Näherungswerte gestellt werden.

[0021] In einer bevorzugten Ausführungsform des Rechenmodells beziehungsweise Simulationsmodells wird der Faden als eindimensionale Schwingungskette behandelt, d.h. als Schwingungskörper mit einer Anzahl Zellen beziehungsweise Fadenabschnitten. Fig. 2 zeigt eine Ausführungsvariante einer Zelle eines derartigen Rechenmodells. Die Zelle 21 beziehungsweise der entsprechende Fadenabschnitt weist eine Masse mi, eine Elastizitätskonstante ki, und eine Dämpfung ci auf. Weiter wirkt auf die Zelle 21 eine äussere Kraft Fi (x, t), die sowohl orts- als auch zeitabhängig sein kann. Beispiele für eine derartige äussere Kraft sind die Antriebskraft einer Luftdüse in einem Lufteintragssystem, deren Wirkung vom Abstand zwischen Zelle und Düse abhängt, oder die Bremskraft einer im Transportweg liegende Fadenbremse. Die Antriebskraft einer Luftdüse wird normalerweise nicht direkt erfasst, jedoch lassen sich auf Grund von bekannten Werten für Luftdruck und Blaszeit und auf Grund des Abstandes zwischen Zelle und Düse zumindest Näherungswerte für die Antriebskraft bestimmen.

[0022] Fig. 3 zeigt eine modellmässige Darstellung einer Ausführungsvariante des Fadentransports zu dem in Fig. 1 gezeigten Ausführungsbeispiel. Bei dieser Ausführungsvariante handelt es sich um den Eintrag eines Schussfadens in einer Luftdüsenwebmaschine. Die Darstellung zeigt den Schussfaden in zwei verschiedenen Zeitpunkten tk und tN während beziehungsweise am Ende des Schusseintrags. Der Schussfaden umfasst Fadenabschnitte 21.i, 21.i+1, 21.N, welche die freie Fadenlänge in maximal N Zellen zerlegen. Zu beachten ist, dass in dieser Ausführungsvariante die Anzahl der bei der Berechnung verwendeten Zellen während des Schusseintrags kontinuierlich ansteigt, bis am Ende des Schusseintrags im Zeitpunkt tN die maximale Anzahl von N Zellen erreicht wird. Die Nummerierung der Zellen wurde in der vorliegenden Ausführungsvariante so gewählt, dass die jeweils bei der Berechnung neu hinzukommende Zelle die Nr. 1 erhält, während die Nummern der bisherigen Zellen um eins erhöht werden. Auf diese Weise wächst die Nummer der zur Schussfadenspitze gehörenden Zelle während dem Schusseintrag kontinuierlich, bis sie den Wert N erreicht. Mittels der in Fig. 3 gezeigten Luftdüsen 31, 32, 33.1 - 33.m wird der Schussfaden in bekannter Weise beschleunigt. Typische Düsenanordnungen umfassen z.B. eine Hauptdüse 31, eine Tandemdüse 32 und eine Reihe von Stafettendüsen 33.1 - 33.m.

[0023] Fig. 4 zeigt eine Ausführungsvariante von zwei aufeinanderfolgende Zellen 21.i, 21.i+1 im Detail. Die Zellen werden jeweils mit einer Geschwindigkeit vi, vi+1 transportiert. Die Zellen 21.i, 21.i+1 weisen Modellparameter 22.i, 22.i+1 auf, beispielsweise eine Masse mi, mi+1, eine Elastizitätskonstante ki, ki+1 und eine Dämpfung ci, ci+1 auf. Normalerweise genügt es, die genannten Modellparameter über eine Berechnungsperiode als zeitlich und räumlich konstant anzunehmen, sodass in diesem Fall keine Massebilanzen berücksichtigt werden müssen. Dagegen kann es zweckmässig sein, die Abhängigkeit einzelner Modellparameter von dynamischen oder kinematischen Prozessgrössen zu berücksichtigen. So hängt z.B. die Elastizitätskonstante von der Fadenzugkraft ab, wobei der Verlauf normalerweise asymmetrisch ist, oder die Dämpfung von der Geschwindigkeit vi, vi+1. Auf die Zellen 21.i, 21.i+1 wirken jeweils äussere Kräfte, deren Resultierende in Fig. 4 mit Fi beziehungsweise Fi+1 bezeichnet sind, und die zeitlich und/oder örtlich variieren können. Beispiele für derartige äussere Kräfte sind die Antriebskraft einer Luftdüse in einem Lufteintragssystem, deren Wirkung vom Abstand zwischen Zelle und Düse und der Einschaltdauer abhängt, oder die zeitlich veränderliche Bremskraft einer im Transportweg liegenden Fadenbremse. Für die i-te Zelle 21.i gilt folgende Kräftebilanz:

mit
Fki =
auf die i-te Zelle wirkende Fadenzugkraft
Fci =
auf die i-te Zelle wirkende Dämpfungskraft
Fi =
auf die i-te Zelle wirkende Resultierende der äusseren Kräfte
Fmi =
auf die i-te Zelle wirkende Trägheitskraft
Fki+1 =
auf die i+1-te Zelle wirkende Fadenzugkraft
Fci+1 =
auf die i+1-te Zelle wirkende Dämpfungskraft
wobei





mit
ki =
Elastizitätskonstante der i-ten Zelle
vi =
Geschwindigkeit der i-ten Zelle
vi-1 =
Geschwindigkeit der (i-1 )-ten Zelle
mi =
Masse der i-ten Zelle
ci =
Dämpfung der i-ten Zelle


[0024] Die Zellen 21.i, 21.i+1 können, wie in Fig. 3 schematisch dargestellt, zu einem vollständigen Rechenmodell für den Fadentransport verbunden werden. Die maximale Anzahl N der Zellen hängt dabei von der gewünschten räumlichen und zeitlichen Auflösung des Modells ab. Mit Vorteil wird der Fadentransport als geradlinig angenommen und/oder das Rechenmodell eindimensional ausgebildet.

[0025] Das oben beschriebene Rechenmodell gestattet die Berechnung eines Schwingungskörpers mit N Zellen. D.h. durch Lösen der angeführten Differentialgleichungen können Näherungswerte für sämtliche im Modell vorkommende dynamische und kinematischen Grössen über eine gewünschte Transportperiode berechnet werden, insbesondere die auf eine Zelle beziehungsweise auf einen Fadenabschnitt wirkende Fadenzugkraft. Die dazu notwendigen Modellparameter 22.i, 22.i+1 können wahlweise separat ermittelt werden oder mit Hilfe des Modells, indem beispielsweise ein Teil der erfassten Werte als Kontrollgrössen zur iterativen Anpassung der Modellparameter verwendet wird. Modellparameter wie z.B. die Masse mi einer Zelle beziehungsweise eines Fadenabschnittes lassen sich ohne Schwierigkeiten separat durch Wiegen bestimmen, solange die Masse über die Länge des Fadens hinlänglich konstant ist. Modellparameter wie beispielsweise die Dämpfung ci einer Zelle sind dagegen nur mit grösserem Aufwand separat zu bestimmen, insbesondere wenn die Dämpfung über die Länge des Fadens variiert. Mit Vorteil werden Modellparameter wie z.B. die Dämpfung auf rechnerischem Wege bestimmt.

[0026] Fig. 5 zeigt eine schematische Darstellung einer Ausführungsvariante des Rechenmodells zur iterativen Parameteranpassung und/oder -optimierung. Einem Gesamtmodell 2, das ein Rechenmodell 20 umfasst, beispielsweise ein Rechenmodell wie es Rahmen der Beschreibung der Fig. 4 erläutert wurde, werden Werte 24.1-24.n mindestens einer vom Fadentransport abhängigen Messgrösse zugeführt, beispielsweise Werte vi der Fadenabzugsgeschwindigkeit, die z.B. quasikontinuierlich aus Windungszählersignalen ermittelt werden können, und die Ankunftszeit tN des Schussfadens am Ende des Schusseintrags. Die zugeführten Werte können einmalig oder fortlaufend, insbesondere iterativ, dazu verwendet werden, einzelne der Modellparameter anzupassen beziehungsweise zu optimieren, indem die betreffenden Modellparameter derart variiert werden, dass die Differenz Δvi, ΔtN zwischen den erfassten Werten vi tN und den entsprechenden berechneten Werten v̂i, t̂N minimal wird. Gleichzeitig liefert jeder Berechnungsgang Näherungswerte 25.1-25.n' für gewünschte dynamische oder kinematische Prozessgrössen, die für den Fadentransport charakteristisch sind, beispielsweise Näherungswerte für die in einem Fadenabschnitt wirkende Fadenzugkraft.

[0027] Das erfindungsgemässe Verfahren zur Überwachung des Fadentransports hat den Vorteil, dass aus einfach zu erfassenden Werten mindestens einer vom Fadentransport abhängigen Messgrösse mittels eines Rechenmodells Näherungswerte für den Fadentransport charakteristischer Prozessgrössen berechnet werden können, die sonst nur mit grösserem Aufwand oder mit Schwierigkeiten zu ermitteln sind. Auf diese Weise ist es beispielsweise möglich, Näherungswerte für die in einem Fadenabschnitt wirkende Fadenzugkraft berührungsfrei zu ermitteln. Die berechneten Näherungswerte werden anschliessend zur Überwachung des Fadentransports ausgewertet, beispielsweise indem die Näherungswerte angezeigt oder zur Steuerung des Fadentransports verwendet werden. In einer vorteilhaften Ausführungsform ist die Berechnung und/oder Auswertung der Näherungswerte in einer Steuerung des Fadentransports und/oder in einer Maschinensteuereinheit, beispielsweise in einer Steuereinheit der Webmaschine, integriert oder implementiert.


Ansprüche

1. Verfahren zur Überwachung des Transports eines Fadens,
insbesondere des Eintrags eines Schussfadens in einer Webmaschine, in welchem Verfahren

- der Faden Fadenpunkte oder -abschnitte (21, 21.i) umfasst, die jeweils mit einer zugehörigen Geschwindigkeit transportiert werden,

- Werte (24.1-24.n) mindestens einer vom Fadentransport abhängigen Messgrösse, insbesondere einer kinematischen Messgrösse, mindestens eines Fadenpunktes oder -abschnittes (21, 21.i) erfasst werden, dadurch gekennzeichnet, dass

- auf Grund der erfassten Werte (24.1-24.n) mittels eines Rechenmodells (2) Näherungswerte (25.1-25.n') mindestens einer dynamischen, für den Fadentransport charakteristischen Prozessgrösse für mindestens einen Fadenpunkt oder -abschnitt (21, 21.i) berechnet werden, und

- die berechneten Näherungswerte (25.1-25.n') zur Überwachung des Fadentransports ausgewertet werden, insbesondere angezeigt und/oder zur Steuerung des Fadentransports verwendet werden.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das Rechenmodell (2) als Simulationsmodell für den Fadentransport ausgebildet ist, insbesondere als Simulationsmodell nach der Methode der finiten Elemente.
 
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, wobei das Rechenmodell (2) beziehungsweise das Simulationsmodell Modellparameter (22.i) enthält, und wobei mindestens ein Teil der erfassten Werte (24.1-24.n) als Kontrollgrössen zur iterativen Anpassung der Modellparameter (22.i) verwendet wird.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 oder 3, wobei mittels des Simulationsmodells über eine Transportperiode die zeitliche Veränderung der Näherungswerte (25.1-25.n') mindestens einer dynamischen, für den Fadentransport charakteristischen Prozessgrösse für mindestens einen Fadenpunkt oder -abschnitt (21, 21.i) berechnet wird.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 4, wobei mittels des Simulationsmodells über mindestens eine Teillänge des Fadens die örtliche Veränderung der Näherungswerte (25.1-25.n') mindestens einer dynamischen, für den Fadentransport charakteristischen Prozessgrösse berechnet wird.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei Näherungswerte (25.1-25.n') für die in mindestens einem Fadenpunkt oder auf mindestens einen Fadenabschnitt (21, 21.i) wirkende Fadenzugkraft berechnet werden, und wobei insbesondere über die Eintragsperiode eines Schussfadens eine Reihe von Näherungswerten (25.1-25.n') für die in mindestens einem Fadenpunkt oder auf mindestens einen Fadenabschnitt (21, 21.i) wirkende Fadenzugkraft berechnet wird.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei Näherungswerte einer von der Fadenzugkraft abhängigen Grösse, insbesondere Näherungswerte der Fadenzugspannung oder Fadendehnung, berechnet oder ausgewertet werden.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, wobei die Werte (24.1-24.n) mindestens einer vom Fadentransport abhängigen Messgrösse berührungsfrei erfasst werden, und/oder wobei Werte (24.1-24.n) einer der folgenden Messgrössen erfasst werden: Startzeit in einer vorgegebenen Position, Ankunftszeit in einer vorgegebenen Position, Verschiebung nach einer bestimmten Zeitdauer oder Geschwindigkeit.
 
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, wobei der Faden im Wesentlichen geradlinig transportiert wird und/oder das Rechenmodell (2) beziehungsweise das Simulationsmodell eindimensional ausgebildet ist.
 
10. Webmaschine ausgerüstet zur Ausführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9.
 




Zeichnung