[0004] In einem ersten Ausführungsbeispiel wird als Messfehler eine Sättigung des Strommesssignals
detektiert und es wird als charakteristischer Stromwert ein maximales Strommesssignal
des Stromwandlers verwendet, falls es vor Erreichen einer Viertelperiode eines am
Schalter anliegenden Wechselstroms auftritt und insbesondere detektiert wird. Die
Sättigung konventioneller Stromwandler verunmöglicht oftmals eine genaue Messung des
Lichtbogenüberstroms und verfälscht dadurch die Kontaktabbrandberechnung gerade für
die Fehlerfälle, die am meisten Kontaktabbrand bringen. Dies kann nun rechnerisch
korrigiert werden.
Das Ausführungsbeispiel gemäss Anspruch 3 hat den Vorteil, dass hohe Fehlerströme
erfassbar sind und die Zustandgrösse ein zuverlässiges, gut berechenbares Mass für
Kontaktabbrand darstellt.
Das Ausführungsbeispiel gemäss Anspruch 4 hat den Vorteil, dass eine sehr einfache
Rechenvorschrift zur Kontaktabbrandberechnung angegeben wird.
Das Ausführungsbeispiel gemäss Anspruch 5 hat den Vorteil, dass durch die exakte Bestimmung
des Lichtbogenstarts die Zuverlässigkeit der Kontaktabbrandberechnung verbessert wird.
Das Ausführungsbeispiel gemäss Anspruch 6 hat den Vorteil, dass eine Auswahl von Funktionen
zur Berechnung des Kontaktabbrands angegeben wird und gegebenenfalls für spezifische
Schalter oder Fehlerstromereignisse eine spezielle Funktion gewählt werden kann.
Das Ausführungsbeispiel gemäss Anspruch 7 hat den Vorteil, dass auch Herstellerangaben
zur verbesserten Kontaktabbrandberechnung herangezogen werden können.
Das Ausführungsbeispiel gemäss Anspruch 8 hat den Vorteil, dass eine zusätzliche,
unabhängige Berechnung der Kontaktabnutzung durchgeführt werden kann.
Das Ausführungsbeispiel gemäss Anspruch 9 hat den Vorteil, dass der Kontaktabbrand
permanent überwacht und/oder aus archivierten Daten nachträglich bestimmt werden kann.
Insbesondere können Störschrieb-Daten verwendet werden, wie sie z. B. in einem Störschreiber-Sammelsystem,
auch Stations-Monitoring-System oder SMS genannt, vorhanden sind.
In weiteren Aspekten betrifft die Erfindung ein Computerprogramm zur Bestimmung von
Kontaktabnutzung in einem elektrischen Schalter, wobei die Verfahrenschritte gemäss
den Ansprüchen 1-9 durch Programmcode implementiert sind, desweiteren eine Vorrichtung
zur Ausführung des Verfahrens und eine Schaltanlage umfassend die Vorrichtung.
Weitere Ausführungen, Vorteile und Anwendungen der Erfindung ergeben sich aus abhängigen
Ansprüchen sowie aus der nun folgenden Beschreibung und den Figuren.
[0006] Leistungsschalter sind für eine bestimmte Anzahl mechanischer Schalthandlungen oder
Schaltspiele ausgelegt. Werden mit ihnen z. B. im Fehlerfall grössere Ströme abgeschaltet,
so werden durch den entstehenden Lichtbogen die Kontakte stärker abgebrannt als bei
normalen Schalthandlungen einberechnet. Damit der Leistungsschalter funktionsfähig
bleibt, müssen die Kontakte ersetzt werden, bevor sie vollkommen abgebrannt sind.
Der Grad des Abbrands pro Schalthandlung hängt von der Energie des dabei auftretenden
Lichtbogens ab. Diese Energie ist proportional zum Integral ∫I
2dt, wobei I den während der Lichtbogendauer fliessenden Strom und t die Zeit bezeichnet.
Gemäss der Erfindung werden Schalter 3 in elektrischen Schaltanlagen 1 hinsichtlich
Kontaktabnutzung überwacht, indem ein während einer Schalthandlung durch den Schalter
3 fliessender Kontaktstrom I
f mindestens näherungsweise durch ein Strommesssignal I
mess eines Stromwandlers 30 oder Stromsensors 30 als Funktion der Zeit t erfasst wird,
bei Abweichungen zwischen erwartetem Kotaktstrom I
f und Strommesssignal I
mess ein Messfehler Δ detektiert wird und aus dem Strommesssignal I
mess mindestens ein charakteristischer Stromwert I
char bestimmt und zur Bestimmung einer Kontaktabnutzung charakterisierenden Zustandsgrösse
verwendet wird. Diese Abschätzung ist zwar häufig etwas zu konservativ, aber immer
auf der sicheren Seiten. Das Verfahren kann Bestandteil eines Power System Monitoring
Systems sein.
Fig. 1 zeigt hierzu ein Ausführungsbeispiel, bei dem ein weitgehend sinusförmiger
Fehlerstrom I
f vorliegt. Im Strommesssignal I
mess tritt eine Sättigung auf und es wird zum Zeitpunkt t
max innerhalb einer Viertelperiode des Fehlerstromsignals I
f oder der am Schalter 3 anliegenden Netzfrequenz ein Strommaximum I durchlaufen. Das
Auftreten des Strommaximums I
max wird detektiert, wenn die Abweichung oder der Messfehler Δ zwischen dem Fehlerstromverlauf
I
f(t) und dem Strommesssignalverlauf I
mess(t) einen Toleranzwert Δ
min überschreitet. Der Kontaktstrom I
f ist typischerweise ein Überstrom oder Kurzschlussstrom I
f während einer Abschalthandlung, dessen Zeitverlauf recht genau im vorhinein bekannt
ist. Insbesondere ist ein Strommaximum I
max, das im Strommesssignal I
mess vor Erreichen einer Viertelperiode der Netzfrequenz auftritt, ein sicheres Indiz
für einen Messfehler Δ. Das Strommaximum I
max wird nun als charakteristischer Stromwert I
char definiert und zur Berechnung der Kontaktabbrand-Zustandsgrösse verwendet. Die Zustandsgrösse
soll vorzugsweise ein Mass für eine Lichtbogenleistung während der Schalthandlung
und insbesondere ein Kontaktstrom-Zeitintegral sein.
Im Beispiel gemäss Fig. 1 wird das Strommesssignal I
mess von einem ersten Zeitpunkt t
0 zu Beginn der Stromhalbwelle, in welcher die Schalthandlung auftritt, bis zu einem
zweiten Zeitpunkt t
max, zu dem ein maximales Strommesssignal I
max auftritt, erfasst, und ab dem zweiten Zeitpunkt t
max bis zu einem dritten Zeitpunkt t
0 am Ende der Stromhalbwelle durch das maximale Strommesssignal I
max approximiert. Die Genauigkeit der Kontaktabbrandberechnung ist abhängig davon, wie
genau der Anfangszeitpunkt des Lichtbogens bestimmt werden kann. Der erste Zeitpunkt
t
0 soll als Anfangszeit des Lichtbogens des Kontaktstroms I
f definiert werden. Die Berechnung ist am genauesten, wenn t
o als Binärindikation im Störschrieb bekannt ist; t
o kann auch mit einer auf Erfahrungswerten basierenden Zeitverzögerung aus einem Öffnungsbefehl,
einem Schutztriggerbefehl oder einer Kontaktbewegung des Schalters 3 bestimmt werden.
Eventuelle Schwankungen dieses Zeitwerts sind von untergeordneter Bedeutung im Vergleich
zu anderen Einflussgrössen und zu Unregelmässigkeiten beim Kontaktabbrand. Systematische
Fehler durch zu grosse oder zu kleine Werte des Anfangszeitpunkts t
0 können korrigiert werden, wenn z. B. anlässlich einer Wartung der erwartete Abbrand
mit dem tatsächlichen verglichen und die Zeitverzögerung entsprechend korrigiert wird.
Aus Sicherheitsgründen sollte zu Beginn einer Kontaktabbrandgeschichte eher ein zu
kleiner Wert der Zeitverzögerung als ein zu grosser Wert benutzt werden, so dass der
Kontaktabbrand in der Berechnung zunächst überschätzt wird.
Zur Bestimmung der Zustandsgrösse wird dann ein Zeitintegral ∫f(I
mess)dt über eine Funktion f(I
mess) des streckenweise erfassten und streckenweise approximierten Strommesssignals I
mess gebildet. Bevorzugt wird als Funktion f(I
mess) des Strommesssignals I
mess eine Potenzfunktion f(I
mess)=I
messa mit a=1, 2 ... 2,2, insbesondere a=1,6 ... 2,0, verwendet. Beispielsweise wird das
Integral ∫I
mess2 dt oder ∫I
mess1,6dt mit dem gemäss Fig. 1 approximierten Strommesssignal I
mess zur näherungsweisen Bestimmung der Kontaktabbrands bestimmt. Als Funktion f(I
mess) kann auch eine einen effektiven Abschaltstrom I
eff definierende Quadratwurzelfunktion f(I
mess) = (I
mess 2)
1/2 verwendet werden. Andere Funktionen f(I
mess) sind ebenfalls möglich. Das Zeitintegral ∫f(I
mess) dt über die Funktion f(I
mess) kann durch eine Summation von Funktionswerten an Stützstellen approximiert werden,
wobei die Stützstellen z. B. durch Abtastung des Strommesssignals I
mess gegeben sind. Insbesondere wird die Zustandsgrösse gleich dem Zeitintegral ∫f(I
mess) dt mal einer Kontaktabbrandkonstanten c gewählt und die Kontaktabbrandkonstante
c aus Herstellerangaben, insbesondere aus Kurven über Anzahl erlaubter Schalthandlungen
N(I
eff) in Funktion eines effektiven Abschaltstroms pro Schalthandlung I
eff, und/oder aus Erfahrungswerten für einen Schaltertyp und Schaltereinsatzort bestimmt.
Fig. 2 zeigt in Nassi-Schneidermanndarstellung einen Software-Algorithmus zur Implementierung
des Verfahrens in einem Computerprogramm und Computerprogrammprodukt. Zunächst werden
die Grössen Cwsum (=Zustandsgrösse zur Charakterisierung des Kontaktabbrands), I
max, cnt (=Zählervariable) und saturation (Konstante) initialisiert. Dann wird in einer
While-Schlaufe, die durch cnt in einer positiven (oder alternativ negativen, hier
nicht dargestellten) Halbperiode der Netzwechselspannung bedingt ist, für jeden cnt-Wert
ein Abtastwert sample(cnt) des Strommesssignals eingelesen und auf die Bedingung sample(cnt)≥I
max geprüft. Falls die Bedingung erfüllt ist, werden eine Hilfsvariable CWI und gleich
sample(cnt) gesetzt. Falls die Bedingung nicht erfüllt ist, wird, falls cnt kleiner
als die Mitte der positiven (oder negativen, hier nicht dargestellten) Halbperiode
MidthPositivePeriod ist, saturation true und CWI gleich I
max gesetzt; falls cnt≥MidthPositivePeriod ist, wird für saturation=true CWI gleich I
max und für saturation=false CWI gleich sample(cnt) gesetzt. Schliesslich wird der Zähler
cnt um 1 inkrementiert und zur Kontaktabbrand-Zustandsgrösse Cwsum die Hilfsvariable
CWI zum Quadrat addiert. Am Ende der Halbperiode ist die Summation oder Integration
von Cwsum abgeschlossen. Cwsum stellt dabei, gemäss Fig. 1, genau das Zeitintegral
über das Quadrat des approximierten Stromes dar, der im Zeitintervall t
0 bis t
max durch das Strommesssignal I
mess, entsprechend den Abtastwerten sample(cnt), gegeben ist und im Zeitintervall t
max bis zum nächsten t
0 durch das Strommaximum I
max approximiert wird.
Fig. 3 zeigt ein Beispiel einer Kurve eines Leistungsschalterherstellers, welche Kurve
die maximale Zahl erlaubter Schalthandlungen N mit einem effektiven Abschaltstrom
pro Schalthandlung I
eff und somit mit einem bestimmten kumulierten effektiven Abschaltstrom korrelieren.
Soll der Kontaktabbrand mit Hilfe des Integrals ∫I
2dt bestimmt werden, muss noch eine schalterspezifische oder schaltertypspezifische
Proportionalitätskonstante c zwischen dem Integral und dem Kontaktabbrand berücksichtigt
werden, die vom Schalterhersteller angegeben und/oder über Vergleich von Messungen
mit Berechnungen des Kontaktabbrands bestimmt werden kann.
Gemäss einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung kann ergänzend für jede Schalthandlung
ein effektiver Ausschaltstrom I
eff bestimmt werden, aus einer Kurve über Anzahl erlaubter Schalthandlungen N(I
eff) in Funktion des effektiven Ausschaltstroms I
eff eine Kontaktabnutzung als Prozentwert der ausgeführten relativ zur Gesamtzahl erlaubter
Schalthandlungen bei diesem effektiven Ausschaltstrom I
eff bestimmt werden und die Prozentwerte für alle relevanten ausgeführten Schalthandlungen
zu einer kumulierten Kontaktabnutzung aufsummiert werden. Der kumulierte Prozentwert
stellt eine Kontrollgrösse für die erfindungsgemäss bestimmte Kontaktabbrandzustandsgrösse
Cwsum dar.
[0007] Beispielsweise kann eine Wartung des Schalters 3 zum ersten Zeitpunkt veranlasst
werden, an dem die Zustandsgrösse Cwsum einen Grenzwert überschreitet oder der kumulierte
Prozentsatz 100% minus einer Restsicherheitsmarge für die nächsten ein bis zwei Abschalthandlungen
mit dem maximalen für diesen Schalter 3 zulässigen I
eff erreicht.
Fig. 4 zeigt eine schematische Darstellung eines Datenerfassungssystems zur erfindungsgemässen
Bestimmung der Kontaktabbrandzustandsgrösse Cwsum und/oder des kumulierten Prozentwerts
aus N(I
eff). Die Schaltanlage 1 weist Schalter 3, typischerweise Leistungsschalter 3, auf, die
mit Stromwandlern 30 oder Stromsensoren 30, typischerweise konventionellen Stromwandlern
30 mit sättigbarem Kern, ausgestattet sind. Beispielsweise werden Messwandler mit
1% Genauigkeit und Verrechnungswandler mit 0,1% - 0,5% Genauigkeit bei den hohen Strömen
gesättigt, die am meisten Kontaktabbrand bringen. Dadurch werden herkömmliche Kontaktabbrandschätzungen
mit dem Integral ∫I
mess2dt sehr ungenau und auf jeden Fall zu klein und dadurch ungeeignet oder riskant für
die Bestimmung bedarfsbedingter Wartungszeitpunkte. Hingegen haben klassische Schutzwandler
für Überstromfunktionen einen grossen Messbereich ohne Sättigung, sind jedoch für
kleine Ströme relativ ungenau, so dass sie typischerweise einer Genauigkeitsklasse
von 2% - 5% angehören. Auch für diese Wandler kann durch die Erfindung eine verbesserte
Kontaktabbrandberechnung erzielt werden, indem ein charakteristischer Stromwert I
char gewählt wird, mit dem der Messfehler Δ im Strommesssignal I
mess so korrigiert werden kann, dass eine möglichst genaue Bestimmung der Zustandsgrösse
Cwsum und insbesondere einer kontaktabbrandrelevanten Lichtbogenleistung erreicht
wird. Die Stromwandler 30 sind mit Mitteln 4 zur Datenerfassung an elektrischen Schaltern
3, insbesondere mit Störschreibern 4, Schutzgeräten 4 oder Steuergeräten 4 verbunden.
Diese Datenerfassungsmittel 4 sind über eine serielle Kommunikation 5 oder über Datenträger
5 mit einer zentralen Erfassungseinheit 6 zur Kontaktabbrandberechnung sowie vorzugsweise
mit einer Datenbank 7 für Daten über Kontaktabnutzung verbunden.
Mit Hilfe dieser Vorrichtung 2 zur Kontaktabbrandberechnung kann das oben dargestellte
Verfahren implementiert werden. Insbesondere kann die Kontaktabnutzung on-line, d.
h. laufend während des Betriebes, überwacht werden oder rückwirkend aus archivierten
Daten, insbesondere mit einer an einen Schaltertyp oder Schaltereinsatzort angepassten
Funktion f(I
mess) des Strommesssignals I
mess, ausgewertet werden. Dabei kann die Kontaktabnutzung aus Aufzeichnungen von Abschaltströmen
I
mess aus Störschreibern 4 oder Schutz- und Steuergeräten 4 mit Störschreibfunktion bestimmt
werden, wobei alle Aufzeichnungen der Abschaltströme I
mess einer Schaltanlage 1 zentral gesammelt werden, insbesondere in einem existierenden
oder hierfür speziell konzipierten Störschreiber-Sammelsystem 4-6, auch SMS oder Stations-Monitoring-System
genannt. Die Erfindung erstreckt sich auch auf eine solche Vorrichtung 2 zur Kontaktabbrandberechnung,
die beispielsweise im Anlagenleitsystem (nicht dargestellt) der Schaltanlage 1 integriert
ist, und auf eine elektrische Schaltanlage 1, die eine solche Vorrichtung 2 umfasst.
Insgesamt ergibt sich eine verbesserte bedingungsgesteuerte statt periodische Wartung
von Schaltern 3 und deren Schalterkontakten.