[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Herstellen eines Gussstücks aus
graphithaltigem Gusseisen mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1.
Sie bezieht sich auch auf eine besonders zum Durchführen des Verfahrens geeignete
Vorrichtung sowie auf die damit hergestellten Gussstücke und deren Verwendungen.
[0002] Bekannt ist aus DE-A1-36 22 511 ein Verfahren zum Aufgießen eines (Edel-)Metallkörpers
auf einen anderen (Edel-)Metallkörper, bei dem auf den zuerst fertig gegossenen Körper
eine zweite Metallschmelze aufgegossen wird. Dadurch entsteht ein spaltfreier Zwischenbereich
zwischen den beiden Werkstücken. Nach der o. g. Druckschrift wird allerdings vor dem
Aufgießen des zweiten Körpers eine Trennmittelschicht aus Graphit aufgetragen, welche
eine Verschmelzung der beiden Gusskörper verhindern soll.
[0003] Generell ist es bekannt, dass räumlich komplizierte Gussstücke, z. B. Getriebe- oder
Motorgehäuse, Zylinderblöcke und -köpfe etc., im Betrieb örtlich je nach Funktionsbereich
sehr unterschiedlichen Beanspruchungen ausgesetzt werden. Am Beispiel von Zylinderblöcken
für hoch beanspruchte Dieselmotoren und/oder gewichtsoptimiert gebaute Diesel- oder
Ottomotoren wird dies vorab näher erörtert.
[0004] Bei solchen Bauteilen sind folgende Anforderungen zu erfüllen:
- möglichst geringes Gewicht (kleine Wand- und Stegstärken, gewichtsoptimiertes Design);
- hohe Belastbarkeit gegen hohe Zünddrücke;
- gute Geräuschdämmung;
- gute Bearbeitbarkeit (Bohren, Schleifen, Fräsen, Honen, Innenspindeln, Gewindeschneiden
etc.) in Großserienfertigungen;
- hohe Verschleißbeständigkeit.
[0005] Im Detail werden
- in den Wänden der Zylinderbohrungen günstige tribologische Eigenschaften im Zusammenspiel
mit den Kolbenringen erwartet. Hierdurch sollen der Ölverbrauch verringert und die
Inspektionsintervalle (Ölwechsel) ausgedehnt werden. Man wünscht einen geringen Reibungsbeiwert,
hohe Verschleißbeständigkeit und hohe mechanische Steifigkeit gegen den Arbeitsdruck.
- im Kraftflussbereich um die Kurbelwellenlager hohe Festigkeit, Dauerfestigkeit und
Steifigkeit gefordert.
- von den Außenwänden, insbesondere von der Kurbelraum-Außenwand eine hohe Steifigkeit
gefordert, um die Geräuschentwicklung durch hohe Oberflächen-Dämpfung (geringe Oberflächenmobilität)
zu verringern.
[0006] Zum Gießen von Motorenteilen wie Zylinderblöcken sind dem Fachmann verschiedene Eisen-Kohlenstoff-Gusslegierungen
mit verschiedenen Graphit-Ausbildungsformen und Legierungszusammensetzungen bekannt:
Lamellengraphit (GJL), Vermiculargraphit (GJV), Kugelgraphit (GJS) und deren mögliche
Übergangsformen (vgl. z. B. DE-A1-199 42 780). Man hat bislang zumeist GJL in den
Klassen GJL-250 bis GJL-350 verwendet. Dieser Werkstoff, insbesondere in legierter
Ausführung, eignet sich insbesondere für die Zylinderbohrungen bzw. -wände, weil Lamellengraphit
ein guter tribologischer Partner für die Kolben ist und die Gussstücke daraus technisch
einfach herstellbar und spanend bearbeitbar sind. Weil jedoch der lamellare Graphit
in einer meist perlitischen Matrix aufgrund innerer Kerbwirkungen die Dauerfestigkeit
des Gussstücks beeinträchtigt, ist er für hoch aufgeladene Dieselmotoren nicht uneingeschränkt
verwendbar.
[0007] Für solche Höchstbeanspruchungen wird deshalb häufig GJV - Gusseisen mit kompakten
Graphiteinschlüssen - eingesetzt. Mit der Realisierung immer höherer Zünddrücke gibt
es auch schon Anforderungen, GJS, also Gusseisen mit Kugelgraphit, zu verwenden. Die
beiden letztgenannten Werkstoffe haben jedoch auch fertigungstechnische Nachteile,
denn sie neigen z. B. zu höherer Porosität. Insbesondere sind sie für die Hochgeschwindigkeits-Bearbeitung
weniger brauchbar, z. B. wenn Zylinderbohrungen und Ölkanäle durch PCBN-Schneiden
eingebracht werden sollen.
[0008] Es ist grundsätzlich bekannt (DE-A1-25 18 637), beim Herstellen von Gusseisenstücken
die Graphitstrukturen in der Schmelze durch eine "inmould"-Behandlung unmittelbar
vor dem Eingießen in die Form bedarfsgerecht zu modifizieren.
[0009] Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zum Herstellen eines Gussstückes
mit unterschiedlich beanspruchten Bereichen oder Zonen, insbesondere eines Zylinderkurbelgehäuses
für Verbrennungsmotoren, anzugeben, mit dem verschiedene Werkstoffe belastungsgerecht
im Gussstück angeordnet werden.
[0010] Es soll auch eine Vorrichtung geschaffen werden, die besonders zum Durchführen des
erfindungsgemäßen Verfahrens geeignet ist. Diese Aufgabe wird hinsichtlich des Verfahrens
erfindungsgemäß mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst. Die Merkmale des Patentanspruchs
11 geben eine entsprechende Vorrichtung an, während im Anspruch 20 entsprechende Gussteile
beansprucht sind. Die Merkmale der den unabhängigen Ansprüchen jeweils nachgeordneten
Unteransprüche geben vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung an.
[0011] Durch Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird ein Gussstück in einer einheitlichen
Form aus unterschiedlichen Gusseisenchargen hergestellt, deren Eigenschaften besser
auf die bereichsweise unterschiedlichen Betriebsbeanspruchungen abgestellt bzw. an
diese angepasst werden können, als dies mit einer homogenen Gusseisencharge oder -
legierung für das gesamte Gussstück möglich ist. Ein solches Gussstück kann auch als
Gradientengussstück bezeichnet werden, da jedenfalls seine innere Graphitstruktur
nicht überall gleich ist.
[0012] Es ist als besonderer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens nicht notwendig, bei
der Abfolge des Gießens das Erstarren einer zuerst eingefüllten Schmelze abzuwarten,
sondern man kann unmittelbar nach dem Erreichen der gewünschten Schichthöhe bzw. des
Füllungsgrades der Form mit dem Eingießen der nächsten Charge beginnen. Damit wird
zwar kein wirklich trennscharfer Übergang zwischen den Chargen bzw. Schichten erreicht,
sondern es bilden sich Übergangsformen, z. B. Korallengraphit, in den Schnittstellen.
Hierdurch wird aber einerseits eine innige, quasi autogene Verbindung der beiden Gussphasen
erzielt, und zum anderen gibt es keine merklichen Verzögerungen vor dem Umschalten
auf die zweite bzw. die jeweils folgende Gussphase.
[0013] Man wird so den vorstehend erörterten Problemen besser gerecht als mit herkömmlichen
Gussstücken, denn man erreicht jeweils dort hohe Festigkeit, tribologische Eigenschaften
und Schwingungsdämpfung, wo diese gewünscht werden. Zugleich erhält man die Option,
für eher gering beanspruchte Bereiche nicht ebenfalls das höchstqualifizierte Material
bzw. die höchstwertige Legierung zu verwenden und insofern dessen/deren Nachteile
und Verbrauch auf das Unerlässliche zu beschränken.
[0014] Vorzugsweise sind für einen Motor- oder Zylinderblock für eine Verbrennungskraftmaschine
nachfolgende Ausführungsfälle möglich:
a) der Kurbelraumbereich aus GJV und der Zylinderbereich nebst Wassermantel/Kühlkanälen
aus GJL;
b) der Kurbelraumbereich aus GJS und der Zylinderbereich aus GJV;
c) der Kurbelraumbereich aus GJS und der Zylinderbereich aus GJL.
[0015] Hieraus ergeben sich analytisch voneinander unterscheidbare Schichten innerhalb des
äußerlich homogen erscheinenden Gussstücks.
[0016] Im vorstehenden Fall a) handelt es sich z. B. um einen Zylinderblock mit eher herkömmlichem
Einsatzgebiet, während die Fälle b) und c) eine erhöhte Steifigkeit im Bereich der
Zylinderwände und des Wasserkühlmantels bewirken. Letzteres wird bei hoch aufgeladenen
Dieselmotoren mit extremen Verbrennungsdrucken bevorzugt und verhindert weitgehend
blow-by-Verluste.
[0017] Bei demselben Ausführungsfall wird man die Zylinderachsen während des Gießens bzw.
in der Form bevorzugt senkrecht orientieren, der Zylinderbereich oben oder unten positioniert
werden kann. Man wird bevorzugt steigend gießen, wobei jedoch auch fallendes Gießen
möglich ist.
[0018] Um eine Trennhöhe der verschiedenen, das Gussstück bildenden Schichten reproduzierbar
zu definieren, wird man bevorzugt jeweils in Höhe des beabsichtigten (oberen) Endes
des mit einer Legierung zu füllenden Formraums einen oder mehrere Überläufe vorsehen.
Dies erübrigt darüber hinaus eine genaue Mengenzumessung der jeweiligen Charge zur
damit aufzufüllenden Formkavität.
[0019] Eine weitere vorteilhafte Ausführungsvariante sieht vor, dass das Lauf- und Anschnittsystem
einer Komponente bzw. Legierung während des Gießens einer zweiten Komponente bzw.
Legierung verschlossen wird, damit die beiden Legierungen sich nicht unbeabsichtigt
vermischen können.
[0020] In noch einer anderen vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens
wird eine gemeinsame Basisschmelze in die Eingusskanäle gegossen. Diese wird zum Herstellen
der jeweils für die unterschiedlichen Bereiche des fertigen Gussstücks gewünschten
Graphitstrukturen in an sich bekannter Weise durch Beifügen von Modifikatoren, Legierungselementen,
Impfmitteln und anderen geeigneten Mitteln im Eingusstrichter, im Gießstrahl oder
im jeweils individuellen Lauf- und Anschnittsystem behandelt.
[0021] Neben dem Gießen der verschiedenen Gusschargen nacheinander in einem Lauf- und Anschnittsystem
wird bei einer weiteren vorteilhaften Variante jeweils ein Lauf- und Anschnittsystem
für eine oder mehrere Gusschargen (Materialien) verwendet.
[0022] Eine zum Durchführen des oben erörterten Verfahrens besonders geeignete Vorrichtung
wird unterschiedliche Lauf- und Anschnittkanäle zum Zuführen der einzelnen Schmelze-Chargen
zu den Bereichen der Form umfassen, die mit den unterschiedlich legierten und modifizierten
Gusseisenchargen zu füllen sind. Bei Verwendung einer in vertikaler Folge zu füllenden
Form sind diese unterschiedlichen Füllstufen vertikal gestaffelt. Eine Trennung der
unterschiedlichen Schichten ist nicht erforderlich, weil nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren Übergänge bzw. ein quasi autogenes Verlaufen der Legierungen in den Übergangsbereichen
gewünscht sind.
[0023] In einer weiteren bevorzugten Ausführung wird die Vorrichtung in steigendem Guss
betrieben, wobei, wie oben beschrieben, auch fallendes Gießen denkbar ist. Sie umfasst
des Weiteren mindestens einen Überlauf, aus dem die soeben gegossene Charge aus der
Form austreten kann, sobald die ihr zugeordnete Füllhöhe erreicht ist. Hierdurch ist
neben einer Überfüll-Sicherung auch eine optische Kontrolle des Schmelzepegels möglich.
Es versteht sich von selbst, dass während des Einfüllens weiterer Schichten Überläufe
vorangehend vergossener Chargen insbesondere durch Erstarrung verschlossen werden.
Auch kann die Vorrichtung Verschlussvorrichtungen enthalten, mit denen Zuläufe von
zuerst gegossenen Chargen verschlossen werden, während eine Folgecharge in die Form
gefüllt wird. Damit werden Rückläufe der noch flüssigen Vorcharge nach dem Prinzip
der kommunizierenden Röhren verhindert. Weitere Einzelheiten und Vorteile des Verfahrens
und der Vorrichtung gemäß der Erfindung gehen aus der Zeichnung eines Ausführungsbeispiels
und deren sich hier anschließender eingehender Beschreibung hervor.
[0024] Weitere Vorteile, Kennzeichen und Merkmale werden bei der nachfolgenden detaillierten
Beschreibung von Ausführungsbeispielen deutlich, dabei zeigen die rein schematischen
Zeichnungen in
- Fig. 1
- eine Schnittansicht einer ersten Vorrichtung zum Gießen eines Gussstücks in Gestalt
von Zylinderblöcken für eine Verbrennungskraftmaschine aus Bereichen mit unterschiedlichen
Graphitstrukturen;
- Fig. 2
- einen Schnittansicht einer weiteren erfindungsgemäßen Vorrichtung zum Gießen von Zylinderblöcken
bzw. Zylinderkurbelgehäusen;
- Fig. 3
- eine weitere Schnittansicht einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zum Gießen von Zylinderblöcken;
und in
- Fig. 4
- eine Schnittansicht einer vierten Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Gussform.
[0025] In einer Vorrichtung 1 zum Herstellen des Zylinderblocks durch Gießen ist eine Form
2 so ausgerichtet, dass die Achsen der Zylinder 3 senkrecht -parallel zur Schwerkraftrichtungstehen.
Im Bereich des Kurbelgehäuses 4 erkennt man einen Kraftflussbereich 5, der später
die Gaskräfte aufzunehmen hat. Man erkennt ferner die Kurbelgehäuse-Außenwand 6. Das
innerhalb der Form 2 unterhalb der Zylinderbank mit ihrem Kühlwassermantel angeordnete
Kurbelgehäuse 4 wird über ein erstes Lauf- und Anschnittsystem 7 gegossen. Der Zulauf
der Schmelze in die Form 2 befindet sich am Boden der letzteren, es wird also steigend
gegossen. Ein Überlauf 8 ist in Höhe des Übergangs vom Kurbelgehäuse 4 zu den Zylindern
3 vorgesehen. Er markiert die Schwelle, bis zu der die Form 2 mit einer ersten Charge
aus Gusseisen mit vorzugsweise Vermicular- oder Kugelgraphit gefüllt werden kann.
Natürlich kann mehr als ein Überlauf auf gleicher Höhe vorgesehen werden; die Anordnung
ist hier nur schematisch vereinfacht dargestellt.
[0026] Tritt die Schmelze aus diesem Überlauf 8 aus, so ist die Form 2 mit dem Gussmaterial
mit den für den Bereich des Kurbelgehäuses gewünschten Eigenschaften gefüllt. Dies
hat den Vorteil, dass man nicht unbedingt mit einer genau definierten Schmelzemenge
arbeiten muss, sondern mit einer tragbaren Toleranz arbeiten kann.
[0027] Man verschließt dann mithilfe einer Verschlusseinrichtung 9 das erste Lauf- und Anschnittsystem
7. Der Überlauf 8 wird durch schnelle Erstarrung verschlossen. Auf die noch flüssige
erste Gusscharge wird nun durch ein zweites Lauf- und Anschnittsystem 10 eine zweite
Gusscharge aus einem Material eingegossen (ebenfalls in steigendem Guss), das die
für die Zylinderwände gewünschten Eigenschaften hat, vorzugsweise mit Lamellengraphit
oder Vemiculargraphit. Die bevorzugten Kombinationen mit dem Material der ersten Gusscharge
wurden schon weiter oben erörtert.
[0028] Bei dieser Vorgehensweise wird kein scharfer Grenzbereich zwischen den beiden Materialien
ausgebildet, vielmehr vermischen sich im Grenzbereich, d. h. etwa in Höhe des Überlaufs
8 bzw. des Übergangs vom Kurbelgehäuse zur Zylinderbank, beide Gusschargen in einem
begrenzten Bereich. Die Einfüllgeschwindigkeit der zweiten Charge ist nach fachmännischem
Ermessen zu bestimmen, weil hierdurch ggf. der Grad der Vermischung im Grenzbereich
beeinflusst werden kann.
[0029] Die Verschlussvorrichtung 9 verhindert, dass nach Einbringen des Materials über das
erste Lauf- und Anschnittsystem 7 dieses wieder rückwärts verdrängt wird (kommunizierende
Röhren), wenn das Material über das zweite Lauf- und Anschnittsystem 10 eingefüllt
wird. Man könnte die Form 2 abweichend von der Darstellung grundsätzlich auch mit
den Zylindern nach unten anordnen und das zur Bildung von deren Wänden bestimmte Gussmaterial
zuerst über das erste Lauf- und Anschnittsystem 7- einfüllen, bis es aus dem Überlauf
8 austritt. Danach würde das Kurbelgehäuse 4 über die zweite Lauf- und Anschnittanordnung
10 aus dem dafür bestimmten Material gegossen. Am erreichten Ergebnis / Produkt ändert
sich hierdurch nichts.
[0030] In der hier beschriebenen Ausführung sind die beiden Lauf- und Anschnittsysteme 7
und 10 völlig voneinander getrennt dargestellt. Wie schon weiter oben ausgeführt,
können sie gleichwohl grundsätzlich aus derselben Basisschmelze gespeist werden, wenn
die Mittel zum Bereitstellen der jeweils unterschiedlichen Graphitstrukturen in den
genannten Systemen selbst (nicht dargestellt) vorgesehen werden. Für eine Großserienfertigung
ist es jedoch auch denkbar, unterschiedliche Basisschmelzen vorzuhalten, aus denen
dann die jeweiligen Lauf- und Anschnittsysteme individuell gefüllt werden können.
[0031] Die Fig. 2 zeigt in einer ähnlichen Darstellung wie die Fig. 1 eine Abwandlung 1'
der Vorrichtung 1 aus Fig. 1. Die in Fig. 2 gezeigte Vorrichtung 1' weist ebenfalls
zwei Lauf- und Anschnittsysteme 7 und 10 auf, wobei nunmehr mit dem Lauf- und Anschnittsystem
7 der Zylinderbereich und mit dem Lauf- und Anschnittssystem 10 der Kurbelgehäusebereich
gegossen wird, wobei zunächst der Kurbelgehäusebereich mit dem Lauf- und Anschnittsystem
10 und anschließend der Zylinderbereich mit dem Lauf- und Anschnittsystem 7 gegossen
wird.
[0032] Hierfür sind in dem Lauf- und Anschnittssystem 10 zwei Verteilerleisten 11 und 12
vorgesehen, die sich entlang der Kurbelgehäuse-Außenwände 6 erstrecken und über die
gesamte Länge des zu gießenden Zylinderkurbelgehäuses eine direkte Befüllung der Form
2 im Bereich der Kurbelgehäuse-Außenwände 6 ermöglichen. Damit ergibt sich eine besonders
günstige Füllung der Kurbelgehäuse-Außenwände 6 ohne Turbulenzen, so dass eine gleichmäßige
Mikrostruktur entsteht.
[0033] Der Zylinderbereich 3 wird über mehrere, ebenfalls über die Länge des Zylinderkurbelgehäuses
verteilte Zentraleinläufe 13 des Lauf- und Anschnittssystems 7 mit einer zweiten,
zur ersten Gusscharge unterschiedlichen Gusscharge befüllt, die ein gegenüber dem
Kurbelgehäuse unterschiedliches Gefüge mit einer anderen Graphitausbildung ergibt.
Durch das Vorsehen von mehreren Zentraleinläufen 13 unterhalb der jeweiligen Bohrungsunterkante
des Zylinderbereichs 3 wird auch hier eine gleichmäßige Materialverteilung über die
Zylinderrohrbank erreicht.
[0034] Eine weitere Abwandlung der Vorrichtung 1' aus Fig. 2 ist mit der Vorrichtung 1"
in Fig. 3 dargestellt. Hier ist das Lauf- und Anschnittsystem 7 dahingehend abgewandelt,
dass die Zentraleinläufe 13 beim Befüllen des Zylinderbereichs durch die Einläufe
14 und 15 ersetzt worden sind, die unmittelbar im Bereich der Zylinderwandung in die
Form 2 münden. Neben dem Vorsehen von mehreren Einläufen 14 und 15, die über den Umfang
der Zylinder 3 verteilt sind, kann auch ein ringförmiger Einlauf vorgesehen sein,
so dass eine direkte und unmittelbare Befüllung der Zylinderwandung möglich ist. Damit
kann noch eine definiertere Einstellung der Gefügestruktur im Zylinderbereich 3 vorgenommen
werden.
[0035] Die Fig. 4 zeigt eine Vorrichtung 1"', bei der das zu gießende Kurbelgehäuse bzw.
die entsprechende Form 2 um 90° gegenüber den Ausführungsformen der Fig. 1 bis 3 gedreht
ist, so dass also die Zylinderachse horizontal, das heißt senkrecht zu der Schwerkraftrichtung
angeordnet ist. Neben dem ersten Lauf- und Anschnittsystem 7 und dem zweiten Lauf-
und Anschnittsystem 10 ist bei dieser Vorrichtung 1'" ein drittes Lauf- und Anschnittsystem
17 vorgesehen. Mit den unterschiedlichen Lauf- und Anschnittsystemen, die vertikal
gestaffelt angeordnet sind, sowie den entsprechend angeordneten Überläufen 8 ist es
möglich, schichtweise verschiedene Graphitstrukturen in dem Zylinderkurbelgehäuse
vorzusehen.
[0036] Darüber hinaus ist im Bereich des Kurbelgehäuses am Kurbelwellenlager ein Kühlelement
16 vorgesehen, mit dem die Schmelze seitlich variabel an der entsprechenden Stelle
gekühlt werden kann, um dadurch die Erstarrung und infolge dessen die Mikrostruktur
zu beeinflussen.
Bezugszeichenliste
[0037]
- 1,1',1",1'"
- Gießvorrichtung
- 2
- Form
- 3
- Zylinder
- 4
- Kurbelgehäuse
- 5
- Kraftflussbereich
- 6
- Kurbelgehäuse-Außenwand
- 7
- Erstes Lauf- und Anschnittsystem
- 8
- Überlauf
- 9
- Verschlusseinrichtung
- 10
- Zweites Lauf- und Anschnittsystem
- 11,12
- Verteilerleisten
- 13
- Zentraleinläufe
- 14,15
- Einläufe
- 16
- Kühlkörper
- 17
- Drittes Lauf- und Anschnittsystem
1. Verfahren zum Herstellen eines Gussstücks, insbesondere eines Maschinenelements wie
eines Zylinderblocks (3,4), aus graphithaltigem Gusseisen, dadurch gekennzeichnet, dass man für unterschiedliche Beanspruchungszonen des Gussstücks unterschiedliche Graphitstrukturen
enthaltende oder bildende Gusseisenchargen und/oder Legierungen in eine Form (2) gießt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man aufeinander folgende Gusseisenchargen nacheinander vor dem Erstarren der jeweils
zuvor gegossenen Gusseisencharge in die Form einfüllt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Graphitstrukturen der unterschiedlichen Gusseisenchargen aus Lamellengraphit
(GJL), Vermiculargraphit (GJV) und /oder Kugelgraphit (GJS) und deren Übergangsformen
ausgewählt sind.
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Form (2) in steigender und/oder in fallender Gussweise gefüllt wird.
5. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass für einzelne Bereiche einer Graphitstruktur oder Gusslegierung je ein eigenes Lauf-
und Anschnittsystem (7, 10) verwendet wird und/oder dass in einem Lauf- und Anschnittsystem
2 bis n Gusseisenchargen (Schichten) in einer zeitlichen Abfolge eingebracht werden.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass durch mindestens einen in die Formkavität (2) eingebrachten Überlauf (8) die Füllhöhe
einer Charge in der Form (2) begrenzt wird.
7. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Eingießen einer ersten Charge deren Lauf- und Anschnittsystem (7) vor dem
Eingießen der Folgecharge verschlossen wird.
8. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine Basisschmelze zum Herstellen der jeweils für die unterschiedlichen Bereiche
des fertigen Gussstücks gewünschten Graphitstrukturen durch Beifügen von Modifikatoren,
Legierungselementen, Impfmitteln und anderen geeigneten Mitteln im Eingusstrichter,
im Gießstrahl oder im jeweils individuellen Lauf- und Anschnittsystem (7, 10) behandelt
wird, insbesondere Mangansulfid und/oder Molybdändisulfid eingesetzt wird.
9. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche zum Gießen eines Motor- oder Zylinderblocks
für Verbrennungskraftmaschinen,
dadurch gekennzeichnet, dass
- der Kurbelraumbereich (4) aus GJV und der Zylinderbereich (3) aus GJL oder
- der Kurbelraumbereich (4) aus GJS und der Zylinderbereich (3) aus GJV oder
- der Kurbelraumbereich (4) aus GJS und der Zylinderbereich (3) aus GJL hergestellt
wird.
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass räumlich und/oder zeitlich variabel die Temperatur der Schmelze beeinflusst, insbesondere
gekühlt wird, um die Mikrostruktur des Gussstücks gezielt zu beeinflussen.
11. Vorrichtung zum Durchführen eines Verfahrens nach einem der vorstehenden Verfahrensansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass einer Gussform (2) zum Herstellen eines Gussstücks aus mehreren durch ihre Graphitstrukturen
und/oder Legierungsgehalten unterscheidbaren Gusseisenchargen unterschiedliche Lauf-
und Anschnittsysteme (7, 10) zugeordnet sind, deren jedes zum Einfüllen einer oder
mehrerer bestimmter Gusseisenchargen vorgesehen ist.
12. Vorrichtung nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass das Lauf- und Anschnittsystem (7) für die zuerst einzufüllende Gusseisencharge in
den Boden der Formkavität (2) ausmündet.
13. Vorrichtung nach Anspruch 11 oder 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Formkavität (2) mit mindestens einem, die Füllhöhe einer Gusscharge begrenzenden
Überlauf (8) verbunden ist, der insbesondere so ausgelegt ist, dass die Schmelze im
Anschnitt schnell erstarrt.
14. Vorrichtung nach einem der vorstehenden Vorrichtungsansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Einläufe aus den unterschiedlichen Lauf- und Anschnittsystemen (7, 10) in die
Formkavität (2) vertikal und/oder horizontal gestaffelt sind.
15. Vorrichtung nach einem der vorstehenden Vorrichtungsansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass in mindestens einem Lauf- und Anschnittsystem (7) eine Verschlussvorrichtung (9)
vorgesehen ist.
16. Vorrichtung nach einem der vorstehenden Vorrichtungsansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass in mindestens einem Lauf- und Anschnittsystem Mittel zum Modifizieren der Graphitstruktur
der durchlaufenden Gusscharge vorgesehen sind.
17. Vorrichtung nach einem der vorstehenden Vorrichtungsansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass ein oder mehrere Mittel zur Regulierung der Temperatur, insbesondere Kühlmittel vorgesehen
sind, die insbesondere räumlich und/oder zeitlich variabel die Temperatur der Schmelze
beeinflussen.
18. Vorrichtung nach einem der vorstehenden Vorrichtungsansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass ein oder mehrere Lauf- oder Anschnittsysteme vorgesehen sind, die Verteilerleisten
aufweisen, die zumindest entlang einer Erstreckungsrichtung des zu befüllenden Gussstückbereichs
angeordnet sind, um das Gussteil zumindest über die gesamte Länge dieser Erstreckungsrichtung
gleichmäßig und/oder turbulenzarm zu füllen.
19. Vorrichtung nach einem der vorstehenden Vorrichtungsansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Lauf- und Anschnittsystem direkt in den zu füllenden Gussteilbereich einmündet
oder über ein oder mehrere Zentraleinläufe gleichmäßig verteilt wird.
20. Gussteil, insbesondere Motor- oder Zylinderblock oder Zylinderkurbelgehäuse aus graphithaltigem
Gusseisen, welches insbesondere nach dem Verfahren nach einem den Ansprüche 1 bis
10 hergestellt ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Gussteil in Bereichen mit unterschiedlichen Anforderungsprofilen aus Schichten
oder Bereichen mit unterschiedlichen Graphitstrukturen und/oder Legierungen ausgebildet
ist.
21. Gussstück nach Anspruch 20, dadurch gekennzeichnet, dass die Bereiche mit unterschiedlichen Graphitstrukturen und/oder Legierungen durch Ausbildung
von Mischbereichen ineinander übergehen, wobei insbesondere in den Mischbereichen
Mischformen der Graphitstrukturen vorliegen.