(19)
(11) EP 1 500 446 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
26.01.2005  Patentblatt  2005/04

(21) Anmeldenummer: 04016388.3

(22) Anmeldetag:  13.07.2004
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B22C 21/14
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IT LI LU MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL HR LT LV MK

(30) Priorität: 21.07.2003 DE 10332904

(71) Anmelder: DaimlerChrysler AG
70567 Stuttgart (DE)

(72) Erfinder:
  • Lebbing, Ralf
    59602 Rüthen (DE)
  • Pfeifer, Rolf, Dipl.-Ing.
    71067 Sindelfingen (DE)
  • Shen, Jialin, Dr.-Ing.
    89182 Bernstadt (DE)

   


(54) Verstärkte Formkerne für den Metallguss, Herstellung und Verwendung


(57) Zerstörbarer verlorener Formkern aus grüner oder gebrannter Keramik, der wenigstens ein metallisches Verstärkungselement in Form einer Zugfeder umfasst, wobei mindestens ein Ende dieses Verstärkungselements nahe an eine der Oberflächen des Formkerns reicht oder durch diese hindurchtritt, und dass der Schmelzpunkt aller metallischen Verstärkungselemente oberhalb des Schmelzpunktes des Gussmetalls liegt, sowie Verfahren zur Herstellung dieser Formkerne, umfassend die Schritte Bereitstellung einer Urform, Einpassen von mindestens einem Verstärkungselement, Befüllen der Urform mit keramischem Schlicker, Trocknung des Schlickers unter Bildung einer grünen Keramik und Herauslösen des Formkerns aus der Urform. Die Urform ist bevorzugt mit einer flexiblen Innenform ausgekleidet. Das Verstärkungselement in Form einer Zugfeder kann nach dem Guss zur Zerstörung des keramischen Formkerns verwendet werden.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft die Herstellung von zerstörbaren Formkernen für den metallischen Guss, insbesondere zerstörbare Formkerne aus grüner oder gebrannter Keramik, die metallische Verstärkungselemente aufweisen und deren Entfernung aus den metallischen Gusslingen, sowie Urformen zur Herstellung der Formkerne.

[0002] Die Herstellung von Gussteilen mit Aussparungen Hinterschneidungen und Hohlstrukturen stellt hohe Anforderungen an die Herstellungsmethoden und die Materialien der entsprechenden Gussformen. Im Bereich des metallischen Gusses werden in der Regel auf Grund der hohen auftretenden Temperaturen keramische Gussformen eingesetzt.

[0003] Zur Herstellung der keramischen Gussformen bedient man sich häufig dem Schlickerguss, bei dem die Formgebung über das Abgießen von flüssigen Schlickern in eine Urform erfolgt. Ein weiteres häufig anzutreffendes Verfahren ist der keramische Spritzguss, bei dem formbare Keramikmassen in eine Urform unter Druck eingebracht werden. Die Schlicker oder Keramikmassen werden hierauf durch Trocknung bzw. Abkühlung verfestigt, wodurch eine grüne Keramik gebildet wird. Insbesondere im Falle komplex geformter Gussformen mit feinen, zum Teil freitragenden, Strukturen ergeben sich für die Entformung und für den späteren metallischen Guss Probleme, die aus der unzureichenden Strukturfestigkeit der gebrannten und insbesondere der grünen Gussform resultieren.

[0004] Bereits bei der Entformung der grünen Keramik aus der Urform kann die unzureichende Festigkeit des Materials zum Bruch der feinen Strukturen der Gussform führen. Durch die Entbinderung der Grünen Keramik tritt im Allgemeinen eine erhebliche mechanische Schwächung der Gussform auf. So kann bei ungünstiger Bauteilgeometrie während des Gusses eine Zerstörung der feinen Strukturen oder freitragende Formteile erfolgen.

[0005] Eine weitere Fehlerquelle beim Guss ist im wesentlichen auf die unterschiedlichen Dichten der als Gussform verwendeten Keramik und den Gussmetallen, insbesondere den Fe-Legierungen oder Stählen, zurückzuführen. Da die Keramik im Allgemeinen eine wesentlich geringere spezifische Dichte aufweist als die Gussmetalle, neigen die feinen und zum Teil freitragenden Teile der keramischen Gussform zum Aufschwimmen in der metallischen Schmelze. Dies führt zu geometrischen Formfehlern des Gusslings in den entsprechenden Bereichen.

[0006] Dem Problem der unzureichenden Strukturfestigkeit kann im Prinzip mit einer Erhöhung der Festigkeit der Keramik begegnet werden, beispielsweise durch keramischen Brand (Sinterung). Dies hat jedoch den gravierenden Nachteil, dass sich die Gussform nach dem Guss nur noch sehr schwer aus dem Gussling entfernen lässt. Dies ist insbesondere bei der Herstellung von Hohlstrukturen der Fall, wo das verbleibende keramische Material nur noch sehr schwer zugänglich ist.

[0007] Im übrigen führt die Versinterung der Keramik im allgemeinen zu einer nicht akzeptablen Verringerung der Porosität.

[0008] Einen Ansatz das verbleibende keramische Material aus dem Innenraum von Gusslingen zu entfernen gibt die JP 55097844 A1. Aus dieser Schrift sind unter anderem polymergebundene Sandformen zum Gießen von Metall bekannt, die von einem spiralförmigen Metalldraht durchsetzt sind. Anfang und Ende des Metalldrahts ragen aus dem Formkern heraus. Nach dem Abguss des Metalls wird der Metalldraht aus dem Gussling herausgezogen wobei der Kern aus Gusssand aufgebrochen wird.

[0009] Es ist daher Aufgabe der Erfindung, geometrisch komplexe Gussformen aus grüner oder gesinterter Keramik für den Metallguss bereitzustellen, die eine genügend hohe Strukturfestigkeit aufweisen, um die Entformung aus der Urform, sowie den metallischen Guss unbeschadet zu überstehen, und sich hierauf in einfacher Weise aus dem Gussling herauslösen lassen.

[0010] Die Aufgabe wird gelöst durch einen zerstörbaren Formkern, der mindestens ein metallisches Verstärkungselement aufweist, das zum überwiegenden Teil entlang einer der Längsachsen des Formkerns ausgerichtet ist, gemäß den Merkmalen des Anspruchs 1, einem Verfahren zur Herstellung des Formkerns gemäß den Merkmalen des Anspruchs 11, sowie einer zur Abformung nach diesem Verfahren geeigneten Urform gemäß den Merkmalen des Anspruchs 18. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.

[0011] Erfindungsgemäß ist somit ein zerstörbarer verlorener Formkern für den metallischen Guss vorgesehen, der mittels mindestens einem metallischen Verstärkungselement mechanisch verstärkt ist. Mindestens eines der metallischen Verstärkungselemente weist die Form einer Zugfeder auf, die zumindest nahe an eine der Oberflächen des Formkerns, bzw. nah an die Kernmarken reicht. Der Schmelzpunkt des oder der metallischen Verstärkungselemente liegt mindestens bei dem des Gussmetalls.

[0012] Unter einem Formkern ist hierbei eine in einer Gussform enthaltende Struktur zu verstehen, die zu ihrem größten Teil vom Gussmetall umflossen wird. Der Formkern kann dabei vollständig in die Gussform integriert sein, oder in diese auch nur lose eingelegt sein. Zu den Formkernen im Sinne der Erfindung gehören insbesondere die Strukturen, welche im Gusskörper Hohlräume erzeugen.

[0013] Erfindungsgemäß können eine oder mehrere metallische Verstärkungselemente in dem Formkern enthalten sein, wobei der Formkern selbst aus grüner oder gebrannter Keramik bestehen kann. Bevorzugt enthält der Formkern lediglich ein metallisches Verstärkungselement, oder mehrere Elemente die miteinander verbunden sind. Der Verstärkungseffekt ist in der Regel bei der grünen Keramik höher als bei der gebrannten.

[0014] Hinsichtlich Ihrer Zusammensetzung können die Formkerne aus dem gleichen oder aus einem unterschiedlichen Material bestehen wie die restliche Gussform. So ist z. B. die Kombination Formkern aus grüner Keramik und Gussform aus ausgebrannter Keramik oder Formsand von besonderem Interesse.

[0015] Das metallische Verstärkungselement bewirkt hierbei erfindungsgemäß eine Erhöhung der Strukturfestigkeit in den feinen oder mechanisch hochbelasteten Bereichen der Gussform, ebenso wie über ausgedehnte freitragende Bereiche. Der Verstärkungseffekt insbesondere für die grüne Keramik ist erheblich. Aber auch im Falle der gesinterten Keramik liegt die Festigkeit des metallischen Verstärkungselements im allgemeinen deutlich oberhalb derjenigen des keramischen Materials, da die Gussform nicht zu einer festen und dichten Keramik gebrannt wird. Die Erhöhung der Festigkeit durch das metallische Verstärkungselement beträgt dabei mindestens das zur unbeschadeten Entfernung der grünen Keramik des Formkerns aus der Urform oder zum unbeschadeten Guss notwendige Maß.
Da das metallische Verstärkungselement auch während des Gussvorgangs im Formkern verbleibt, ist es zweckmäßig die Schmelztemperatur des metallischen Verstärkungselements so zu wählen, dass sie oberhalb der Gusstemperatur liegt. Zumindest sollte die Schmelztemperatur des Verstärkungselements oberhalb der Schmelztemperatur des Gussmetalls liegen.

[0016] Zu den bevorzugten Materialien des metallischen Verstärkungselements gehören aus diesem Grunde Fe- oder Ni-Legierungen und Stähle. Weitere geeignete Metalle sind Ti-, W-, Nb- oder Ta-Legierungen.

[0017] Mindestens ein Verstärkungselement ist bevorzugt entlang einer der Längsachsen des Formkerns, insbesondere im Bereich der feinen und zum Teil freitragenden Strukturen, ausgerichtet.

[0018] Mindestens ein Verstärkungselement weist erfindungsgemäß die Form einer Zugfeder auf. Dabei ist unter einer Zugfeder im Sinne der Erfindung ein Maschinenelement mit der Eigenschaft zu verstehen, sich unter der Einwirkung äußerer Kräfte elastisch zu verformen und die dabei aufgenommene Arbeit bei der Entlastung durch Rückfederung wieder abzugeben. Diese Wirkung wird bei technischen Federn durch die Auswahl hochelastischer Werkstoffe und durch geeignete Gestaltung gegeben. Der bekannteste Werkstoff für derartige Federn ist Stahl.

[0019] Zu den erfindungsgemäßen Verstärkungselementen in Form einer Zugfedern gehören auch Spiralfedern, sowie Tellerfedern, eine in axialer Richtung belastete kegelförmige Ringscheibe, die mit weiteren Tellerfedern zu Federpaketen (bei gleichsinniger Schichtung) oder Federsäulen (bei wechselsinniger Anordnung) zusammengesetzt werden können.

[0020] Eine bevorzugte Ausgestaltung der Zugfedern ist eine, beispielsweise aus Runddraht hergestellte, schraubenlinienförmig gewundene und als Zug- oder Druckfeder einsetzbare Feder, die einen Kreisquerschnitt aufweist.
In einer ersten Ausgestaltung der Erfindung besteht der, das metallische Verstärkungselement umgebende, Formkern aus grüner Keramik. Die grüne Keramik wird im Wesentlichen aus keramischem Material und organischen Bindern in einer Menge von 0,1 bis 8 Gew% gebildet.

[0021] Zu den bevorzugten keramischen Materialien gehören refraktäre Oxide, insbesondere die Oxide und/oder Mischoxide der Elemente Al, Zr, Si, Mg, Ca oder Ti, oder refraktäre Carbide oder Nitride der Elemente Si und/oder Ti. Besonders bevorzugt sind ZrSiO4, Al2O3, SiC und/oder ZrO2.

[0022] Unter den keramischen Bindern werden die für einen Gefriertrocknungsprozess (freeze drying) geeigneten Binder bevorzugt. Hierzu gehören insbesondere Gelatine, AgarAgar oder Agarose und Glycerin.

[0023] Überraschenderweise hat sich gezeigt, dass die erfindungsgemäß verstärkten Formkerne aus grüner Keramik auch ohne keramischen Brand in Gussformen für den Metallguss eingesetzt werden können. Durch diese Vorgehensweise lässt sich der Verfahrensschritt des keramischen Brandes einsparen. Von besonderem Vorteil ist aber, dass die durch den keramischen Brand hervorgerufene Schwindung (Sinterschwindung) erheblich reduziert ist. Es tritt vielmehr nur die durch die thermische Zersetzung der organischen Bindemittel und die kurze Haltezeit bei der Gusstemperatur hervorgerufene Schwindung im Formkern auf. Die geringe Festigkeit des hierdurch erzeugten keramischen Materials, wird durch die erfindungsgemäßen metallischen Verstärkungselemente aufgewogen. Die geringe Schwindung der Formkerne wirkt sich sehr positiv auf die Maßgenauigkeit des Gusses aus. Die grünen Formkerne können dabei sowohl Bestandteil von Gussformen aus gebrannter Keramik, als auch grüner Keramik sein.

[0024] In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung besteht der, das metallische Verstärkungselement umgebende, Formkern aus gebrannter Keramik. Die bevorzugten keramischen Materialien sind die gleichen, wie für die grünen Kerne ausgeführt. Die gebrannte Keramik weist dabei typischerweise eine Porosität oberhalb ca. 5% auf.

[0025] Zu den bevorzugten Zugfedern gehören die aus spiralförmig gewundenem Runddraht aufgebauten Federn und Zugfedern mit hoher Federkonstante und aus Stählen.

[0026] Ein besonderer Vorteil der erfindungsgemäßen metallischen Verstärkungselemente liegt in ihrer Gestaltung als Zugfedern begründet. Nach dem Guss kann die Zugfeder aus dem Gussteil oder Gussling gezogen werden, wodurch der Formkern in seinem Inneren mechanisch belastet wird. In der Regel erleidet das keramische Material hierbei spröden Bruch und zerbricht in kleine Stücke. Diese kleinen Stücke fallen zum Teil lose aus dem Gussling heraus, oder lassen sich in einfacher Weise mittels Partikelstrahltechnik, wie z. B. Sandstrahlen, oder Wasserstrahltechnik entfernen.

[0027] In einer weiteren erfindungsgemäßen Ausgestaltung der Erfindung ist mindestens eines der metallischen Verstärkungselemente zum Teil oder gänzlich vom umgebenden Formkern getrennt. Im Falle der keramischen Formkerne findet die Trennung durch einen Spalt statt.

[0028] Im Falle des Formkerns aus grüner Keramik findet die teilweise oder gänzliche Trennung erfindungsgemäß durch pyrolysierbares organisches Material statt. Dabei ist zu bemerken dass sich durch einen keramischen Brand oder zumindest durch ein Vorheizen auf die Gusstemperatur das organische Material zumindest zum Teil zersetzt und sich im wesentlichen die gleiche Situation einstellt wie im Falle der keramischen Formkerne, die einen Spalt aufweisen. Als pyrolysierbares organisches Material sind beispielsweise Wachse, oder Thermoplasten gut geeignet.

[0029] In einer weiteren erfindungsgemäßen Varaiante findet diese Trennung durch einen flexiblen und komprimierbaren Schlauch statt, der zumindest teilweise aus pyrolysierbarem Material besteht. Beispiele hierfür sind Silikonschläuche, sowie mit Polymer oder Wachs durchsetzte Glasfaser- oder Kohlenstofffaser-Gewebeschläuche.

[0030] Der Spalt kann in vorteilhafter Weise als Be- oder Entlüftungskanal, oder als Steiger ausgebildet sein. Der Entlüftungskanal bewirkt dabei eine verbesserte Zersetzung und Entgasung der organischen Binder der grünen Keramik beim Brand. Die Spaltbreite liegt typischerweise unterhalb von 2 cm und bevorzugt im Bereich von 0,02 bis 2 mm.
Die um die Zugfeder, bzw. das Verstärkungselement gebildeten Spalten können dabei die mechanische Zerstörung der Keramik beim Herausziehen noch weiter verbessern, indem sie ein Spiel zum Hin- und Herfahren des Verstärkungselements bieten.

[0031] Die erfindungsgemäßen zerstörbaren Formkerne sind insbesondere zur Herstellung von Gussteilen mit Hohlräumen, Aussparungen oder Kavitäten geeignet. Bevorzugtes Einsatzgebiet sind Bauteile für Verbrennungskraftmaschinen aus Stählen oder Leichtmetall, insbesondere Motorblöcke. Besonders bevorzugt werden dabei keramische Gussformen mit Formkernen aus grüner Keramik eingesetzt.

[0032] Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung verstärkter zerstörbarer Formkerne für den Metallguss.

[0033] Dabei wird die Erfindung anhand von schematischen Abbildungen näher erläutert. Die Abbildungen sind nur beispielhaft zu verstehen und nicht als Einschränkung des Erfindungsgegenstandes anzusehen.

[0034] Dabei zeigen:
Fig. 1
Eine Urform (4) aus mehreren Segmenten (1), eine flexible Innenformen (2), die Hinterschnitte (3) aufweist, Fixiernoppen (5), eine Formkavität (6) und Füllstutzen (7)
Fig. 2
Eine mit Keramikschlicker (9) befüllte Urform (4), mit metallischen Verstärkungselementen (8) aus Zugfeder (10) und Metalldraht (12)
Fig. 3
Eine teilweise geöffnete Urform mit einem Formkern (17) aus gefrorenem Keramikschlicker (13) und eingelegten metallischen Verstärkungselementen (8)
Fig. 4
Eine zusammengesetzte Gussform (14) mit einem metallverstärkten gefrorenen Formkern (13), mit einer Zugfeder (10) und einer Gusskavität (15)


[0035] Erfindungsgemäß umfasst das Verfahren die folgenden Schritte
  • Bereitstellung einer Urform (4), wobei die Urform mehrere Segmente (1), sowie flexible Innenformen (2) umfassen kann
  • Einpassen von mindestens einem plastisch verformbaren metallischen Verstärkungselement (8), von denen mindestens eines dass die Form einer Zugfeder (10) aufweist, in die Urform (4)
  • Befüllen der Urform (4) mit keramischem Schlicker (9)
  • Trocknung unter Bildung eines getrockneten Keramikschlickers (13) bzw. einer grünen Keramik mit der Form des Formkerns (17)
  • Herauslösen des Formkerns (17) aus der Urform.


[0036] Die Urform kann aus nahezu beliebigem hartem Material bestehen beispielsweise aus Kunststoffen, Keramik oder Metall. Bevorzugt wird die Urform aber aus Metall aufgebaut.

[0037] Bevorzugt ist die Urform teilbar aus mehreren Segmenten (1) aufgebaut.

[0038] In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Urform sind in dieser eine oder mehrere flexible Innenformen (2) enthalten. Diese Innenformen sind beispielsweise aus Gummi oder Silikon aufgebaut. Besonders bevorzugt sind die Innenformen mit der Urform über Verbindungstechniken beispielsweise über Noppen zur Fixierung (Fixiernoppen (5)) verbunden. Die Innenformen aus flexiblen Material weist typischerweise Hinterschnitte (3) und/oder komplexe Geometrien auf. Die Stammform, die aus mehreren Teilen bestehen kann, entspricht der groben Form des Urmodells, im wesentlichen ohne Hinterschnitte und komplexe Geometrien. Zum Befüllen der Urform können Füllstutzen (7) vorgesehen werden. Die flexible Innenform wird nach dem Einfrieren des Schlickers von dem gefrorenen Keramikteil abgezogen, um das Bauteil im Gefriertrockner zu trocknen.

[0039] In die Urform wird mindestens ein metallisches Verstärkungselement (8) eingepasst, wobei mindestens eines die Form einer Zugfeder (10) aufweist. Eines oder mehrere Verstärkungselemente können dabei auch aus mehreren Einzelelementen aufgebaut sein. Beispielsweise kann das Verstärkungselement aus einem Metalldraht (12) und einer um diesen angeordneten Zugfeder (10) bestehen. Weiterer Ausgestaltungen des Verstärkungselements sind beispielsweise Wellbleche, Spiraldrähte, oder Tellerfedern.

[0040] Bevorzugt wird mindestens eines der metallischen Verstärkungselemente entlang einer der Längsachsen des Formkerns ausgerichtet.

[0041] Bevorzugt wird mindestens eines der metallischen Verstärkungselemente so eingepasst, dass mindestens eines seiner Enden nahe an die Oberfläche des Formkerns reicht oder aus ihr heraustritt. Das eine Ende des metallischen Verstärkungselements ist dabei zumindest so nah an der Oberfläche, dass es nach dem Guss einfach zugänglich wird und sich durch äußere Krafteinwirkung dehnen und aus dem Formkern herausziehen lässt.

[0042] In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist mindestens eines der Verstärkungselemente mit pyrolysierbarem Material beschichtet, oder mit einem Schlauch, insbesondere einem Entgasungsschlauch, umgeben. Der Schlauch ist dabei ebenfalls zumindest zum Teil pyrolysierbar. Unter Pyrolyse ist hierbei die teilweise oder vollständige thermische Zersetzung des Materials zu verstehen. Die Beschichtung oder der (Entgasungs)Schlauch kann bei der Trocknung des Schlickers, sowie bei der Sinterung der grünen Keramik als Puffer für die auftretenden Schwindungsprozesse wirken, da das entsprechende Material von Schicht oder Schlauch relativ weich ist. Insbesondere wird das direkte Aufschrumpfen und Reißen der grünen oder gesinterten Keramik auf das metallische Verstärkungselement verhindert.

[0043] Einen weiteren Vorteil stellt die Beschichtung oder der Entgasungsschlauch für die Entfernung des Verstärkungselements nach dem Guss aus dem Gussling dar. Da sich die Beschichtung oder der Entgasungsschlauch zumindest zum Teil vor oder bei der Gusstemperatur pyrolytisch zersetzt, wird beim Guss ein Spalt gebildet, der als Entgasungskanal wirken kann. Der Spalt erleichtert darüber hinaus die Entfernung des Verstärkungselements und die Zerstörung des keramischen Formkerns. Die Beschichtung kann beispielsweise aus Wachsen oder Thermoplasten aufgebaut sein.

[0044] Eine weitere Ausgestaltung der Erfindung sieht hohle metallische Verstärkungselemente, beispielsweise Rohre oder Hohlspiralen vor. Die Hohlräume zeigen dabei eine ähnliche Wirkung wie die Spalten zwischen Verstärkungselement und Formkernmasse.

[0045] Nach der Einpassung des metallischen Verstärkungselements und gegebenenfalls weiterer metallischer Elemente, erfolgt die Befüllung der Urform mit einem keramischen Schlicker. Die Schlicker umfassen in der Regel Pulver von refraktären Oxiden oder Carbiden, Bindemittel und Lösungsmittel.

[0046] Zu den besonders geeigneten Schlickern gehören wässrige Schlicker. Zu den besonders bevorzugten Bindemitteln gehören die für Gefriertrocknungsprozesse gut geeigneten Bindemittel, beispielsweise Gelatine, Agaragar, Glycerin oder Agarose.

[0047] In einem nächsten Verfahrensschritt erfolgt die Trocknung bzw. die Verfestigung des Schlickers und die Entfernung der Lösungsmittel.

[0048] Erfindungsgemäß wird das Trocknungsverfahren so gewählt, dass ein Minimum an Trocknungsschwindung des Schlickers auftritt.

[0049] Zu den besonders bevorzugten Verfahren gehört die Gefriertrocknung. Hierbei wird nur ein Minimum an Schwindung erzeugt. Durch die Trocknung des Keramikschlickers wird eine grüne Keramik mit der Form des späteren Formkerns gebildet.

[0050] Der Formkern wird hierauf aus der Urform gelöst. Durch die erfindungsgemäßen Verstärkungselemente besitzt der Formkern auch für komplexe Geometrien, hohe Porosität der grünen Keramik und auch bei einem geringen Bindemittelgehalt eine genügende hohe Festigkeit. Auch lange und dünne Formkerne lassen sich mit der erfindungsgemäßen Verstärkung ohne Probleme entformen. Als Bindemittel können bereits minimale Mengen im Bereich von wenigen Gew% ausreichen. Bevorzugte Schlicker-Zusammensetzungen weisen einen Gelatine-Gehalt unterhalb 3 Gew% auf.

[0051] Die flexible Innenform (2) kann gegebenenfalls wiederverwendet werden.

[0052] Zur Herstellung von Gussteilen wird der Formkern als vollständige Gussformen oder als Teil einer Gussform eingesetzt. Dabei kann der Formkern sowohl in grüner Form als auch in gebrannter Form Verwendung finden.

[0053] Eine bevorzugte Ausgestaltung der Erfindung sieht den Zusammenbau mehrteiliger Gussformen, wie beispielsweise in Fig. 4 ausgeführt, vor. Dabei kann der Formkern (13), ebenso wie die Gussform (14) als grüne Keramik oder als gesinterte Keramik eingesetzt werden. Sollen gleichzeitig Grüne und gesinterte Keramik eingesetzt werden so ist die Gussform (14) bevorzugt aus gesintertem Material und der Formkern aus grünem Material gebildet. Die Gussform (14) kann dabei in gleicher oder ähnlicher Weise mit Verstärkungselementen versehen sein, wie der erfindungsgemäße Formkern.

[0054] Bei den keramischen Formkernen handelt es sich um verlorene Kerne die nach dem Abguss des Metalls zerstört und nicht mehr wiederverwendet werden.
Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass der keramische Formkern durch das Herausziehen von mindestens einem der metallischen Verstärkungselemente zerbrochen wird. Hierdurch werden im Wesentlichen über die gesamte Kontaktfläche von Verstärkungselement und keramischem Formkern Risse und kleinere Bruchstücke gebildet. Die hierdurch zerstörte Keramik lässt sich mit vergleichsweise geringem Aufwand aus dem Gussling entfernen. Bevorzugt werden Partikelstrahltechnik oder Wasserstrahltechnik eingesetzt, um die Bruchstücke und Reste der Keramik aus dem Gussling zu entfernen.

[0055] Die erfindungsgemäßen Verstärkungselemente haben den Vorteil, dass sie zur großflächigen Zerstörung der verstärkten Formkerne genutzt werden können und damit die Entformung des Gusslings in erheblichem Maße vereinfachen.

Beispiel:



[0056] Zunächst wurde ein Ausgangsmodell des Formkerns aus Kunststoff hergestellt. Dies erfolgte durch ein generatives RapidPrototyping-Verfahren. Darauf wurde eine die Geometrie des Ausgangsmodells grob abbildende Urform aus mehreren Segmenten (1) aus Polyurethanen abgeformt. Die Zwischenräume zwischen dem Urmodell und der Stammform wurden mit einer dünnflüssigen Silikonmasse ausgegossen, die nach dem Aushärten eine flexible Innenform (2) mit Hinterschnitten (3) ausbildete.

[0057] In diese Stammform wurde ein von einer Zugfeder umschlossener Metalldraht eingelegt. Zugfeder und Metalldraht bestanden aus Federstahl.

[0058] Die Form wurde vorgewärmt und der heiße Schlicker drucklos in die Form eingegossen.

[0059] Der Schlicker wurde in folgender Weise hergestellt: Bei 60°C wurde eine konzentrierte Lösung mit 25 Gew% Gelatine hergestellt, um sie im späteren Verlauf bei einer Temperatur von ca. 50°C mit der Keramiksuspension zu vermischen.
Zur Herstellung der Keramiksuspension wurden in einem Kunststoff-Mahlbehälter mit Al2O3-Mahlkugeln in einer Planetenkugelmühle ZrO2, ZrSiO4 und SiO2-Pulver bei mittleren Umdrehungszahlen für ca. 1 Stunde mit Wasser und Dispergiermittel gemischt. Darauf wurde die Gelatinelösung zugegeben und weitere 30 Minuten gemischt.
Der auf diese Weise hergestellte Schlicker wies einen Gelatinegehalt von 3,7 Gew% und einen Feststoffgehalt von 60 Gew% auf. Hierauf wurden die Mahlkugeln entfernt und der auf eine Temperatur von ca. 40-45°C abgekühlte Schlicker in die Stammform mit flexibler Innenform abgegossen. Daraufhin wurde langsam unter die Geliertemperatur der Gelatine (ca. 35°C ) abgekühlt und die gesamte Form in einem Kühlgerät bei - 30°C eingefroren. Hierauf erfolgte die Entformung der Stammform, bzw. das Ablösen der flexiblen Innenformen. Der Formkern aus gefrorenem Schlicker wurde zum Hantieren bei einer Temperatur unterhalb ca. - 10°C gehalten. Auch eine Zwischenlagerung des Formkerns bei etwa -2°C war unbeschadet möglich.

[0060] Der Formkern aus gefrorenem Schlicker wurde hierauf bei einer Temperatur von ca. -30°C und einem Druck in der Größenordnung von 1-100 Pa gefriergetrocknet. Das gefriergetrocknete Bauteil wurde danach nochmals bei ca. 60°C im Trockenschrank nachgetrocknet.

[0061] Der grüne Formkern wurde in eine keramische Gussform eingepasst und zum Abguss einer Stahlschmelze verwendet. Der prinzipielle Aufbau der Gussform entsprach dabei der Fig. 4.

[0062] Nach dem Guss wurde die keramische Gussform entfernt und die Zugfeder des Formkerns, der nahezu vollständig von Gussmetall umschlossen war, an zwei gegenüberliegenden Enden freigelegt. Durch Zug an den Enden der Zugfeder wurde der Formkern in kleine und lose Bruchstücke aufgebrochen und ließ sich durch einen Wasserstrahl vollständig entfernen.


Ansprüche

1. Zerstörbarer verlorener Formkern für den metallischen Guss,
der mindestens ein metallisches Verstärkungselement in Form einer Zugfeder aufweist,
wobei mindestens eine Ende dieses Verstärkungselements zumindest nahe an eine der Oberflächen des Formkerns reicht oder durch diese hindurchtritt,
wobei der Schmelzpunkt aller metallischen Verstärkungselemente mindestens bei dem des Gussmetalls liegt,
dadurch gekennzeichnet,
dass mindestens ein metallisches Verstärkungselement zum Teil oder gänzlich durch einen Spalt oder durch pyrolysierbares organisches Material vom umgebenden Formkern getrennt ist.
 
2. Zerstörbarer Formkern nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass mindestens ein metallisches Verstärkungselement die Form einer Spiralfeder, Tellerfeder oder Stahlfeder mit eng anliegenden Drähten oder Hohlfeder für die Belastung auf Zug in eine der Längsachsen des Formkerns besitzt.
 
3. Zerstörbarer Formkern nach Anspruch 1 oder 2
dadurch gekennzeichnet,
dass mindestens ein metallisches Verstärkungselement entlang der Längsachse des Formkern ausgerichtet ist.
 
4. Zerstörbarer Formkern nach Anspruch 1
dadurch gekennzeichnet,
dass der Formkern aus poröser gebrannter Keramik,
oder aus grüner Keramik, umfassend keramisches Material und organischen Binder in einer Menge von 0,5 bis 8 Gew% aufgebaut ist.
 
5. Zerstörbarer Formkern nach Anspruch 4
dadurch gekennzeichnet,
dass der organische Binder als Hauptkomponente Gelatine, Agaragar, Glycerin oder Agarose enthält.
 
6. Zerstörbarer Formkern nach einem der Ansprüche 1 bis 5
dadurch gekennzeichnet,
dass der Spalt oder das pyrolysierbare organische Material bis an eine der Oberflächen des Formkerns reicht.
 
7. Zerstörbarer Formkern nach einem der Ansprüche 1 bis 6
dadurch gekennzeichnet,
dass das pyrolysierbare organische Material aus Wachs oder thermoplastischem Kunststoff besteht.
 
8. Verwendung zerstörbarer Formkerne nach einem der vorangegangenen Ansprüche für den Guss von Bauteilen für Verbrennungskraftmaschinen aus Stählen oder Leichtmetall.
 
9. Verwendung zerstörbarer Formkerne nach einem der vorangegangenen Ansprüche 1 bis 7 zur Herstellung von aus mehreren Teilen zusammengesetzten keramischen Gussformen.
 
10. Verfahren zur Herstellung verstärkter zerstörbarer Formkerne für den Metallguss,
das die folgenden Schritte umfasst:

- Bereitstellung einer Urform

- Einpassen von mindestens einem plastisch verformbaren metallischen Verstärkungselement in die Urform

- Befüllen der Urform zur Ausbildung des Formkerns

- Herauslösen des Formkerns aus der Urform,

   dadurch gekennzeichnet,

- dass das Befüllen der Urform mit keramischem Schlicker, durch Eingießen oder Eintauchen, erfolgt,

- dass die Ausbildung des Formkerns durch Trocknung des Schlickers unter Bildung einer grünen Keramik erfolgt,

- dass das Verstärkungselement mit einem pyrolisierbaren Material beschichtet ist oder mit einem Schlauch umgeben ist.


 
11. Verfahren nach Anspruch 10
   dadurch gekennzeichnet,
dass die Trocknung des Schlickers durch Gefriertrocknung erfolgt.
 
12. Verfahren nach Anspruch 10 oder 11
   dadurch gekennzeichnet,
dass mindestens ein metallisches Verstärkungselement so eingepasst wird, dass mindestens ein Ende nahe oder ganz an die Oberfläche des Formkerns reicht oder aus ihr heraustritt.
 
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 12
   dadurch gekennzeichnet,
dass mindestens ein metallisches Verstärkungselement so eingepasst wird, dass es entlang einer der Längsachsen des Formkerns ausgerichtet ist.
 
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 13
   dadurch gekennzeichnet,
dass mindestens ein metallisches Verstärkungselement die Form von einer Zugfeder aufweist.
 
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 14
dadurch gekennzeichnet,
dass mindestens ein metallisches Verstärkungselement zumindest teilweise von Kunststoff oder Wachs umgeben ist.
 
16. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 15
dadurch gekennzeichnet,
dass der Formkern bei einer Temperatur unterhalb der Schmelztemperatur des metallischen Verstärkungselements gebrannt wird.
 
17. Urform zur Abformung eines keramischen Schlickers gemäß dem Verfahren nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Urform (4) mehrteilig aus einzelnen Segmenten (1) flüssigkeitsdicht zusammengesetzt ist, und mit einer flexiblen Innenform (2) aus Elastomer, Gummi oder Silikongummi ausgekleidet ist.
 
18. Urform nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Innenformen (2) mit der Urform (4) über Verbindungselemente, insbesondere Fixiernoppen (5), verbunden sind.
 




Zeichnung