[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Hörgerät mit einer Signalverarbeitungseinrichtung
zum Aufbereiten eines Eingangssignals zu einem Ausgangssignal und einer Schallwandlereinrichtung
zum Wandeln des Ausgangssignals der Signalverarbeitungseinrichtung in ein Schallsignal.
Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Anpassung eines
Hörgeräts.
[0002] Bei der Anpassung von Hörgeräten ist der am Patienten tatsächlich sich ergebende,
vom Hörgerät abgegebene Schalldruck von großem Interesse. Dieser Schalldruck kann
durch die individuelle Form des Gehörgangs zum Teil stark von dem Schalldruck abweichen,
der unter Laborbedingungen an einem Normkuppler gemessen wurde. Als Normkuppler bezeichnet
man eine Einheit, die den Gehörgang, das Trommelfell und den Paukengang eines menschlichen
Gehörs nachbildet und zu Einstellzwecken für Hörgeräte verwendet wird.
[0003] Gerade in dem für Hörgeräte interessanten Frequenzbereich unter 8 kHz wirkt sich
ein individuelles, von dem des Normkupplers abweichendes Volumen sehr stark aus. Da
die Normschalldruckkurven in der Regel für die Anpassung verwendet werden, können
große individuelle Abweichungen trotz korrekter Verwendung der Anpassformeln zu einer
Fehlanpassung und zu Nicht-Akzeptanz des Hörgeräts führen.
[0004] In der Druckschrift DE 41 28 172 ist ein digitales Hörgerät beschrieben, bei dem
ein akustischer Sensor die Reaktion des Innenohrs auf die von einem elektroakustischen
Wandler abgegebenen Messtöne erfasst. Die von dem Innenohr erzeugten otoakustischen
Emissionen werden digitalisiert und anschließend einem Vergleich mit den dem bisherigen
Hörvermögen entsprechenden gespeicherten Daten unterworfen. Aus dem Vergleich nimmt
der Mikrorechner gegebenenfalls eine Korrektur der gespeicherten Daten vor. Ein ähnliches
Hörgerät zur In-situ-Messung ist in der Druckschrift WO 00/28784 dargestellt.
[0005] Darüber hinaus ist aus der Druckschrift DE 101 04 711 ebenfalls ein Hörhilfegerät
bekannt, bei dem mittels eines Hörers das Schallfeld im Gehörgang des Hörgeräteträgers
erfasst wird. In diesem Fall besitzt der Hörer eine Doppelfunktion und wirkt auch
als Empfänger eines akustischen Eingangssignals, welches das Schallfeld im Gehörgang
des Hörgerätsträgers repräsentiert, und wandelt es in ein elektrisches Eingangssignal
um. Nach einer zweckmäßigen Weiterverarbeitung wird das elektrische Eingangssignal
zur Anpassung des Hörhilfegeräts an einen Hörgeräteträger verwendet. Die Anpassung
erfolgt also hier durch Messung der Spannung, die durch das akustische Eingangssignal
verursacht wird.
[0006] Ferner ist in der Patentschrift DE 100 41 726 C1 ein implantierbares Hörsystem mit
Mitteln zur Anpassung der Ankopplungsqualität beschrieben. Dabei ist das Hörsystem
zur objektiven Bestimmung der Ankopplungsqualität des Ausgangswandlers mit einer Impedanzmessanordnung
zum Ermitteln der mechanischen Impedanz der im implantierten Zustand an den Ausgangswandler
angekoppelten biologischen Laststruktur versehen. Die Impedanzmessanordnung weist
eine Anordnung zum Messen der elektrischen Eingangsimpedanz des bzw. der an die biologische
Laststruktur angekoppelten elektromechanischen Ausgangswandler (s) auf.
[0007] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, ein Hörgerät aufzuzeigen,
das mit möglichst geringem Aufwand exakt an den Gehörgang eines Hörgeräteträgers angepasst
werden kann. Darüber hinaus soll ein entsprechendes Verfahren zum Anpassen vorgeschlagen
werden.
[0008] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Hörgerät mit einer Signalverarbeitungseinrichtung
zum Aufbereiten eines Eingangssignals zu einem Ausgangssignal und einer Schallwandlereinrichtung
zum Wandeln des Ausgangssignals der Signalverarbeitungseinrichtung in ein Schallsignal,
wobei mit der Signalverarbeitungseinrichtung die elektrische Eingangsimpedanz der
Schallwandlereinrichtung als Maß für einen akustischen Impedanzparameter bestimmbar,
aus dem Kurvenverlauf der elektrischen Eingangsimpedanz eine mechanische Resonanz
ermittelbar und eine Verschiebung der mechanischen Resonanz zu einer automatischen
Korrektur des Normfrequenzgangs des Hörgeräts nutzbar ist.
[0009] Ferner ist erfindungsgemäß vorgesehen ein Verfahren zur Anpassung eines Hörgeräts
durch Bereitstellen eines Hörgeräts, das eine Schallwandlereinrichtung aufweist, Platzieren
des Hörgeräts in einem Gehörgang, Messen einer elektrischen Eingangsimpedanz der Schallwandlereinrichtung
als Maß für einen akustischen Impedanzparameter des Gehörgangs, Ermitteln einer mechanischen
Resonanz aus dem Kurvenverlauf der elektrischen Eingangsimpedanz und automatisches
Korrigieren des Normfrequenzgangs des Hörgeräts anhand einer Verschiebung der mechanischen
Resonanz gegenüber einer Normresonanz.
[0010] Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, dass zur Anpassung der individuell sich
ergebende Schalldruck im Gehörgang des Patienten korrekt bestimmt werden muss. Der
Schalldruck lässt sich indirekt aus der Gehörgangsimpedanz, nämlich der Impedanz,
gegen die der Ausgang des Hörgeräts arbeitet, ermitteln. Hierzu wird ein Hörgerätemodell
verwendet, wie es in der Anpasssoftware üblicherweise enthalten ist.
[0011] Entsprechend einer bevorzugten Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen Hörgeräts kann
in der Signalverarbeitungseinrichtung aus der elektrischen Eingangsimpedanz die akustische
Impedanz des Gehörgangs vor der Schallwandlereinrichtung ermittelt werden. Damit kann
auf einen separaten akustischen Wandler zur Bestimmung der akustischen Impedanz verzichtet
werden.
[0012] Vorzugsweise wird in der Signalverarbeitungseinrichtung eine mechanische Resonanz
aus dem Kurvenverlauf der elektrischen Eingangsimpedanz ermittelt. In der Signalverarbeitungseinrichtung
kann dann eine Verschiebung der mechanischen Resonanz zu einer automatischen Korrektur
des Normfrequenzgangs des Hörgeräts genutzt werden.
[0013] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert,
in denen zeigen:
- FIG 1
- ein vereinfachtes Ersatzschaltbild eines elektromagnetischen Hörers und
- FIG 2
- eine Frequenzfunktion des Betrags der elektrischen Eingangsimpedanz eines typischen
Hörgerätehörers.
[0014] Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen
der vorliegenden Erfindung dar.
[0015] Erfindungsgemäß wird die Tatsache genutzt, dass bei einem elektromagnetischen Wandler
dessen mechanische Elemente und die daran gekoppelten schwingenden Massen die elektrische
Impedanz, d. h. das Verhältnis der Spannung U zur Strom I, beeinflussen. Ein entsprechendes
vereinfachtes Ersatzschaltbild des elektromagnetischen Hörers ist in FIG 1 dargestellt.
Dementsprechend ergibt sich die elektrische Impedanz U/I des Hörers aus einer Serienschaltung
der Spuleninduktivität Le und des Gleichstromwiderstands Re mit einer Parallelschaltung
aus einer Induktivität M
2nS, einer Kapazität m/M
2S und eines Widerstands M
2S/w. Dabei bedeuten M die elektromagnetische Wandlerkonstante, S die Membranfläche,
n die Nachgiebigkeit der Membranaufhängung und des Lastvolumens, m die Membranmasse
und w die Verluste. Alle Elemente sind hierzu auf elektrische Größen bezogen.
[0016] Die Ausgangsseite des in FIG 1 dargestellten Vierpols wird durch die Größen p/M entsprechend
einem Strom und Mv entsprechend einer Spannung bestimmt. Dabei bedeuten p den Schalldruck
und v die Schallschnelle.
[0017] Das Ersatzschaltbild macht unmittelbar deutlich, dass eine mechanische Resonanz des
Systems sich unmittelbar in der elektrischen Impedanz wiederspiegelt. Dies erklärt
auch den Kurvenverlauf des in FIG 2 dargestellten Betrags der elektrischen Eingangsimpedanz
eines typischen Hörgerätehörers. Im niederfrequenten Bereich ist der Gleichstromwiderstand
Re maßgeblich, wogegen im hochfrequenten Bereich induktives Verhalten primär verursacht
durch die Spuleninduktivität Le mit einem Anstieg von ca. 6 dB/Oktave vorherrscht.
Im mittelfrequenten Bereich machen sich die parallel geschalteten Komponenten von
FIG 1, die das mechanische System repräsentieren, bemerkbar. Sie führen zu einem typischen
Resonanzverlauf des Impedanzspektrums aufgrund der mechanischen Resonanz. Im Fall
von FIG 2 liegt der Resonanz-Peak bei ca. 3200 Hz.
[0018] Die Frequenz der mechanischen Resonanz wird im Wesentlichen durch die Masse der bewegten
Hörerteile, z. B. Membran, der Membranaufhängung und dem Lastvolumen, insbesondere
dem Gehörgangsvolumen, bestimmt. Ist der Frequenzverlauf der elektrischen Eingangsimpedanz
des sich am Normkuppler befindlichen Hörers bekannt, so können individuelle Abweichungen
von dem Normvolumen anhand einer Verschiebung der mechanischen Resonanzfrequenz abgeschätzt
werden. Ist das Restvolumen des Gehörgangs kleiner als das Normvolumen, verschiebt
sich die Resonanzfrequenz nach oben. Andernfalls verschiebt sie sich nach unten. Zur
Korrektur des Normfrequenzgangs werden die Abweichungswerte der Anpasssoftware zugeführt.
[0019] Der Hauptvorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht in der Einfachheit der
Handhabung. Es ist nämlich kein zusätzliches Messgerät zur Bestimmung der akustischen
Verhältnisse im Gehörgang notwendig. Der Schalldruck im Gehörgang kann vielmehr indirekt
durch Bestimmung der elektrischen Eingangsimpedanz des Hörers mit Hilfe des Signalverarbeitungschips
des Hörgeräts ermittelt werden. Dabei kann die elektrische Impedanzmessung im Normalbetrieb,
d. h. in normaler Umgebung mit natürlichen Schallquellen, durchgeführt werden, wenn
das Ausgangssignal des Signalverarbeitungschips genügend Energie in den interessierenden
Frequenzbereichen hat. Ist dies allerdings nicht der Fall, wenn die natürliche Schallquelle
beispielsweise zu leise oder zu stark verdeckt ist, so ist eine Anpassmessung mit
künstlicher Beschallung des Hörgeräts notwendig.
1. Hörgerät mit
- einer Signalverarbeitungseinrichtung zum Aufbereiten eines Eingangssignals zu einem
Ausgangssignal und
- einer Schallwandlereinrichtung zum Wandeln des Ausgangssignals der Signalverarbeitungseinrichtung
in ein Schallsignal,
dadurch gekennzeichnet, dass
- mit der Signalverarbeitungseinrichtung die elektrische Eingangsimpedanz der Schallwandlereinrichtung
als Maß für einen akustischen Impedanzparameter bestimmbar, aus dem Kurvenverlauf
der elektrischen Eingangsimpedanz eine mechanische Resonanz ermittelbar und eine Verschiebung
der mechanischen Resonanz zu einer automatischen Korrektur des Normfrequenzgangs des
Hörgeräts nutzbar ist.
2. Hörgerät nach Anspruch 1, wobei in der Signalverarbeitungseinrichtung aus der elektrischen
Eingangsimpedanz die akustische Impedanz eines Gehörgangs vor der Schallwandlereinrichtung
ermittelbar ist.
3. Verfahren zur Anpassung eines Hörgeräts durch
- Bereitstellen eines Hörgeräts, das eine Schallwandlereinrichtung aufweist, und
- Platzieren des Hörgeräts in einem Gehörgang,
gekennzeichnet durch
- Messen einer elektrischen Eingangsimpedanz der Schallwandlereinrichtung als Maß
für einen akustischen Impedanzparameter des Gehörgangs,
- Ermitteln einer mechanischen Resonanz aus dem Kurvenverlauf der elektrischen Eingangsimpedanz
und
- automatisches Korrigieren des Normfrequenzgangs des Hörgeräts anhand einer Verschiebung
der mechanischen Resonanz gegenüber einer Normresonanz.
4. Verfahren nach Anspruch 3, wobei aus der elektrischen Eingangsimpedanz die akustische
Impedanz eines Gehörgangs vor der Schallwandlereinrichtung ermittelt wird.