[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Nachtrainieren eines Hörgeräts
durch Bereitstellen eines akustischen Eingangssignals, Bereitstellen mehrerer Hörsituationskennungen
und Zuordnen des akustischen Eingangssignals zu einer der Hörsituationskennungen durch
einen Hörgeräteträger. Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung ein entsprechendes
Hörgerät, das nachtrainierbar ist, und ein Verfahren zum Betreiben eines derartigen
Hörgeräts nach einem Nachtraining.
[0002] Klassifikatoren finden in Hörgeräten zur Erkennung unterschiedlicher Situationen
Einsatz. Die voreingestellten Parameter müssen allerdings für die entsprechenden Situationen
bei einem individuellen Hörgeräteträger nicht notwendigerweise optimal sein. Durch
Nachtraining, wie es üblicherweise bei sprecherbezogenen Spracherkennungssystemen
eingesetzt wird, kann in bestimmten Situationen die Erkennungsrate bezüglich der individuellen
Rahmenbedingungen erhöht werden. Dies ist insbesondere für die Situation der Darbietung
der eigenen Stimme von großer Bedeutung. Ebenso kann der Klassifikator auf bestimmte
Lärmsituationen, die typisch für das akustische Umfeld des Hörgeräteträgers sind,
optimal eingestellt werden.
[0003] In diesem Zusammenhang ist aus der Druckschrift EP 0 681 411 A1 ein programmierbares
Hörgerät bekannt, das sich eigenständig den wechselnden Umgebungssituationen anpasst.
Die Hörgeräteparameter werden dabei kontinuierlich an die vorliegenden Umgebungsgeräusche
angepasst, wobei "unscharfe" Eingaben vom Hörgeräteträger zusätzlich zu den gemessenen
Eingangssignalen verwendet werden können. Die Zielsetzung hierbei ist, die Parameter
direkt zu optimieren, wobei auf die Hörsituation nicht explizit eingegangen wird.
[0004] In der Druckschrift EP 0 814 634 A1 ist ferner ein Verfahren beschrieben, mit dem
der Hörgeräteträger das Hörgerät optimal auf sich einstellt, indem ein durch den Hörgeräteträger
veranlasstes Nachtraining durchgeführt wird. Der Hörgeräteträger erhält eine Menge
vordefinierter Parametersätze für diejenige Hörsituation, die er dem Hörgerät mitteilt,
zur Auswahl. Aus dieser begrenzten Menge an Parametersätzen, die jeweils einer Hörgerätevoreinstellung
entsprechen, wählt er denjenigen aus, den er als optimal für sich empfindet. Die entsprechende
Hörgeräteeinstellung wird von einem Regelwerk gelernt, so dass bei einem ähnlichen
akustischen Eingangssignal dieselbe Hörgeräteeinstellung erfolgt. Dies bedeutet, dass
das Regelwerk eine Abbildung der akustischen Eingangsgrößen auf den optimalen Hörgeräte-Parametersatz
vornimmt. Bei diesem Nachtraining wird die Hörsituation nur indirekt dadurch berücksichtigt,
dass ausschließlich die dieser Hörsituation entsprechenden Parametersätze zur Auswahl
zur Verfügung gestellt werden. Eine direkte Anpassung der Hörsituation an die akustischen
Eingangsdaten erfolgt jedoch nicht. Nachteilig dabei ist, dass der Hörgeräteträger
bei derartigem Nachtraining den Klang des Hörgeräts, der durch den verwendeten Parametersatz
festgelegt ist, beurteilen muss. Er muss beispielsweise beurteilen, ob er das Geräusch
heller oder dunkler dargeboten bekommen will. Für bestimmte komplexe Algorithmen und
dynamische, adaptive Parameter, wie z. B. die Steuerung eines adaptiven Richtmikrofons,
ist jedoch die Differenzierung zwischen verschiedenen Parametersätzen für den Hörgeräteträger
schwierig, wenn nicht sogar unmöglich.
[0005] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, das Nachtraining eines
Hörgeräts für den Hörgeräteträger zu vereinfachen und das Betreiben des Hörgeräts
entsprechend zu verbessern.
[0006] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zum Nachtrainieren
eines Hörgeräts durch Bereitstellen eines akustischen Eingangssignals, Bereitstellen
mehrerer Hörsituationskennungen und Zuordnen des akustischen Eingangssignals zu einer
der Hörsituationskennungen durch einen Hörgeräteträger sowie automatisches Lernen
der Zuordnung des akustischen Eingangssignals zu der einen der Hörsituationskennungen.
[0007] Ferner ist erfindungsgemäß vorgesehen ein Hörgerät mit einer Aufnahmeeinrichtung
zum Aufnehmen eines akustischen Eingangssignals, einer Speichereinrichtung zum Speichern
mehrerer Hörsituationskennungen und einer Eingabeeinrichtung zum Zuordnen des akustischen
Eingangssignals zu einer der Hörsituationskennungen durch einen Hörgeräteträger sowie
einer Lerneinrichtung zum automatischen Lernen der Zuordnung des akustischen Eingangssignals
zu der einen der Hörsituationskennungen durch die Eingabeeinrichtung.
[0008] Darüber hinaus wird die obige Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zum Betreiben eines
Hörgeräts durch Empfangen eines akustischen Eingangssignals, automatisches Zuordnen
einer eine Hörsituation kennzeichnenden Hörsituationskennung zu dem akustischen Eingangssignal
und automatisches Einstellen des Hörgeräts in Abhängigkeit von der Hörsituationskennung.
[0009] Der Erfindung liegt die Kenntnis zugrunde, dass für den Hörgeräteträger zwar die
Differenzierung zwischen verschiedenen Parametersätzen schwierig ist, hingegen das
Benennen einer akustischen Situation, die gerade vorliegt, z. B. die Situation "eigene
Stimme" oder "Unterhaltung im Auto", in den meisten Fällen sehr zuverlässig durch
den Hörgeräteträger möglich ist. Diese Situationen gehen über die herkömmlich in Hörgeräten
verwendeten Hörsituationen wie "Sprache in Ruhe" und "Sprache in Störgeräusch" hinaus.
D. h. die differenzierteren Hörsituationen können sich auf für die Signalverarbeitung
relevanten Teilaspekte dieser "klassischen" Situationen beziehen. Die akustischen
Repräsentationen, die diesen neuartigen, vielfältigeren Situationen zugrunde liegen,
können auf einfache Weise durch spezifisches Benennen individuell nachtrainiert werden.
Beispielsweise kann der Klang der eigenen Stimme oder der spezifische Klang des eigenen
Autos vom Hörgerät beispielsweise durch ein neuronales Netz erlernt werden. Das neuronale
Netz nimmt somit im Gegensatz zu dem erwähnten Stand der Technik gemäß EP 0 813 634
A1 eine Abbildung der akustischen Eingangsgrößen nicht auf die resultierende Gesamteinstellung
(Parametersatz) des Hörgeräts, sondern auf die interne Situationsrepräsentation (Hörsituationskennung)
vor. Aus dieser wird dann basierend auf audiologischem Expertenwissen der zu verwendende
Hörgeräteparametersatz abgeleitet bzw. die einschlägigen Parameter variiert und/oder
ergänzt. Insbesondere können die adaptiven Algorithmen diese Information weiterverwerten,
ohne dass der Hörgeräteträger das Resultat bewerten muss. Dieses einfache Zuweisen
des akustischen Eingangssignals zu vorgegebenen Hörsituationen ist wegen der Adaptivität
der Algorithmen und der damit verbundenen zeitlichen Dynamik bei weitem weniger schwierig
für den Hörgeräteträger als die direkte Klangbewertung, wie beispielsweise des Frequenzgangs
oder der Kompressionsverhältnisse/-kniepunkte, gemäß dem Stand der Technik.
[0010] Bei einer erfindungsgemäßen speziellen Ausgestaltung kann eine der Hörsituationen
der Darbietung der eigenen Stimme des Hörgeräteträgers entsprechen, so dass nach dem
automatischen Lernen die eigene Stimme erkannt werden kann. Dies ist in vielen Situationen
beispielsweise für die Richtmikrofoneinstellung von großer Bedeutung.
[0011] Das automatische Lernen des mindestens einen Hörgeräteeinstellparameters für die
zugeordnete Hörsituation auf der Grundlage der automatischen Auswertung kann während
(online) oder nach (offline) der Darbietung des akustischen Eingangssignals erfolgen.
Beim Online-Nachtraining muss das akustische Eingangssignal nicht vollständig gespeichert
werden, jedoch benötigt das Hörgerät mehr Rechenleistung, um das Nachtraining durchzuführen.
Beim Offline-Nachtraining entfällt dieser zusätzliche Rechenbedarf im Hörgerät, jedoch
wird eine Speichervorrichtung für das akustische Eingangssignal benötigt. Die Online-Auswertung
vermeidet das zeitaufwendige Auslesen, Prozessieren und Reprogrammieren der Daten
bzw. des Hörgeräts.
[0012] Die Eingabeeinrichtung zum Zuordnen des akustischen Eingangssignals zu einer Hörsituation
kann auch zum Starten und Stoppen des Nachtrainings verwendet werden. Dadurch wird
die Handhabung des Hörgeräts bzw. die Durchführung des Nachtrainings für den Hörgeräteträger
vereinfacht.
[0013] Darüber hinaus kann die Eingabeeinrichtung aus einem in das Hörgerät integrierten
Empfänger und einer externen Fernbedienung bestehen. Die Fernbedienung kann für drahtgebundene
oder drahtlose Kommunikation mit dem Hörgerät ausgestaltet sein. Denkbar ist des Weiteren,
dass die Fernbedienung ausschließlich für das Nachtraining des Hörgeräts verwendet
wird. Alternativ kann die Fernbedienung als Multifunktionsgerät, beispielsweise als
Mobiltelefon oder tragbarer Rechner mit Funkschnittschnelle, ausgestaltet sein.
[0014] Die Eingabeeinrichtung kann außerdem eine programmierbare Recheneinheit, insbesondere
einen PC umfassen, so dass die Bedienung über eine entsprechende Programmiersoftware
erfolgt.
[0015] Schließlich kann die Eingabeeinrichtung bei einer speziellen Ausführungsform verbal
und insbesondere mittels eines oder mehrerer Schlüsselworte bedienbar sein. Dadurch
wird die Bedienung des Hörgeräts für den Hörgeräteträger noch komfortabler gestaltet.
[0016] Ferner kann das akustische Eingangssignal ein manuell oder automatisch aufbereitetes
Sprachsignal umfassen. Damit ist es möglich, den Klassifikator sehr spezifisch zu
trainieren.
[0017] Beim Betrieb des Hörgeräts, d. h. nach dem Nachtraining, kann ein momentan geltender
Parametersatz durch das automatische Zuordnen der aktuellen Hörsituation zu einer
Hörsituationskennung beeinflusst werden. Insbesondere kann ein Parameter des Parametersatzes
durch das automatische Zuordnen variiert und/oder ergänzt werden. Dadurch ist es möglich,
dass das akustische Eingangssignal einer komplexen Signalverarbeitung basierend auf
Expertenwissen unterzogen wird, wenn das neuronale Netz eine gelernte Hörsituation,
z. B. die eigene Stimme, erkennt. Dabei wird der im Hörgerät momentan verwendete Parametersatz
entsprechend abgeändert bzw. entsprechende Filterungen durchgeführt.
[0018] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert,
in denen zeigen:
- FIG 1
- ein Blockschaltbild zum Verfahren gemäß dem Stand der Technik;
- FIG 2
- ein Blockschaltbild des erfindungsgemäßen Verfahrens;
- FIG 3
- eine prinzipielle Darstellung eines Hörgeräts mit Fernbedienung zum Eingeben einer
Hörsituation in einem ersten Schritt; und
- FIG 4
- die Situation des Hörgeräts gemäß FIG 3 während der Trainingsphase.
[0019] Das nachfolgend näher beschriebene Ausführungsbeispiel stellt eine bevorzugte Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung dar. Zum besseren Verständnis der Erfindung wird jedoch
zunächst das Verfahren zum Nachtraining gemäß dem Stand der Technik anhand von FIG
1 nochmals näher erläutert.
[0020] Der Hörgeräteträger bzw. User 1 befindet sich, wie in FIG 1 dargestellt, in einer
speziellen akustischen Situation, in der dem Hörgerät ein akustisches Eingangssignal
2 zur Verfügung steht. Da das Hörgerät für den Hörgeräteträger 1 subjektiv nicht optimal
eingestellt ist, nimmt er ein Nachtraining vor. Dazu klassifiziert er das Geräusch
und teilt dem Hörgerät die entsprechende sehr allgemeine Hörsituation bzw. Hörsituationskennung,
z. B. "Sprache in Störgeräusch", mit. Jeder dieser Hörsituationen 3 ist jeweils eine
Vielzahl an Parametersätzen 4 zugeordnet. Aufgrund der ausgewählten Hörsituation 3
hat der Hörgeräteträger 1 beispielsweise sieben Parametersätze zur Auswahl. Er kann
nun denjenigen Parametersatz 4 auswählen, mit dem das Hörgerät so eingestellt ist,
dass es in dieser akustischen Situation den subjektiv besten Klang erzeugt.
[0021] Ein neuronales Netz 5 lernt den gewünschten Parametersatz 4 für das anliegende akustische
Eingangssignal 2, so dass es diesen Parametersatz 4 auch für eine ähnliche akustische
Situation nach der Trainingsphase wieder wählen wird.
[0022] Die subjektive Beurteilung der Klänge, hervorgerufen durch die unterschiedlichen
Parametersätze für die Hörgeräteeinstellung, ist für den Hörgeräteträger 1 jedoch
sehr schwierig, da dies viel Detailwissen über die Auswirkungen der Hörgeräteparameter
voraussetzt.
[0023] Gemäß der vorliegenden Erfindung soll daher vom Hörgerät nicht die Verwendung spezieller
Parametersätze, sondern lediglich das Erkennen der augenblicklichen Situation trainiert
werden. Dies erfolgt entsprechend dem Verfahren von FIG 2. Auch hier erhält der Hörgeräteträger
bzw. User 1 das akustische Eingangssignal 2. Zum Nachtraining des neuronalen Netzes
5 im Hörgerät muss der Hörgeräteträger 1 die akustische Situation, in der er sich
momentan befindet, lediglich einer von einer Vielzahl von vorgegebenen, spezifischen
Hörsituationen 3' zuordnen. Die Anzahl der spezifischen Hörsituationen 3' ist im Fall
der vorliegenden Erfindung üblicherweise größer als die Anzahl der allgemeinen Hörsituationen
3 gemäß FIG 1, da sie von vorne herein differenzierter sein sollen. Der Grund hierfür
liegt darin, dass die allgemeine Hörsituation "Sprache in Störgeräusch" beispielsweise
die spezielle Hörsituation "eigene Stimme" beinhaltet.
[0024] Das neuronale Netz 5 lernt damit nicht die Zuordnung eines Parametersatzes zu dem
akustischen Eingangssignal 2, sondern die Zuordnung einer differenzierten Hörsituation
bzw. einer Hörsituationskennung 3' zu dem akustischen Eingangssignal 2 (vgl. Pfeile
mit durchgezogenen Linien in FIG 2). Dies bedeutet, dass das neuronale Netz im Gegensatz
zum Stand der Technik auf einer höheren Ebene lernt. An dem Beispiel der Hörsituation
"eigene Stimme im eigenen Auto" sei dies näher erläutert. Nach dem Stand der Technik
wird dieser komplexen Situation ein fester Parametersatz ausgehend beispielsweise
von der Parametersatzgruppe "Sprache in Störgeräusch" zugeordnet. Da nur eine Anzahl
an Parametersätzen zur Auswahl für den Hörgeräteträger für derartige Situationen "Sprache
in Störgeräusch" sinnvoll ist, ist sicherlich keiner der zur Verfügung stehenden Parametersätze
für die eigene Stimme und zusätzlich für das eigene Auto optimiert.
[0025] Erfindungsgemäß wird dagegen die Situation "eigene Stimme" und die weitere Situation
"im eigenen Auto" getrennt gelernt. Diese Hörsituationen nehmen jeweils spezifischen
Einfluss auf die komplexe Signalverarbeitung. So wird beispielsweise bei der Situation
"eigene Stimme" eine spezifische Verstärkung, eventuell gekoppelt mit einer speziellen
Einstellung der Richtwirkung des Hörgeräts, und bei der Situation "im eigenen Auto"
eine wiederum sehr spezifische Störgeräuschunterdrückung im Hörgerät veranlasst.
[0026] Besonders vorteilhaft ist, dass die eigene Stimme vom Hörgerät gelernt werden kann.
Dies erfolgt dadurch, dass das akustische Eingangssignal mit der eigenen Stimme einer
speziellen Verarbeitung unterzogen wird und entsprechende Parameter für das Hörgerät
spezifisch gesetzt und der Hörsituation "eigene Stimme" zugeordnet werden. Ähnliches
gilt für das Lernen beispielsweise der Hörsituation "eigenes Auto", wodurch eine sehr
spezifische Störgeräuschunterdrückung erzielt werden kann. Es werden hier also beim
Lernen nicht nur das Eingangssignal einer Hörsituation zugeordnet, sondern es findet
auch eine sehr spezifische Ermittlung von Parametern, wie beispielsweise Filter- oder
Verstärkungsparameter, statt.
[0027] Beim Gebrauch des Hörgeräts nach dem Nachtraining wird das neuronale Netz 5 ein akustisches
Eingangssignal 2 einer oder mehreren spezifischen Hörsituationskennungen 3' zuweisen,
so dass der momentan geltende Parametersatz 4' (einschließlich Filterparameter) entsprechend
beeinflusst wird. Eine komplexe Signalverarbeitungseinheit 6 z. B. mit adaptivem Richtmikrofon
wird die Signalverarbeitung auf der Basis des beeinflussten Parametersatzes 4' durchführen.
Falls das neuronale Netz gemäß dem obigen Beispiel nun das Eingangssignal "eigene
Stimme im eigenen Auto" erhält, weist es diesem sowohl die Hörsituationskennung "eigene
Stimme" als auch die Hörsituationskennung "im eigenen Auto" zu, so dass der aktuelle
Parametersatz beispielsweise hinsichtlich der spezifischen Verstärkung für die eigenen
Stimme und bezüglich der spezifischen Filterung zur Unterdrückung der Störgeräusche
des eigenen Autos variiert oder ergänzt wird.
[0028] Nachfolgend werden zwei konkrete Anwendungsbeispiele der vorliegenden Erfindung aufgezeigt:
[0029] Beispiel 1: Ein adaptives Richtmikrofon richtet sich auf die Richtung aus, aus der
der maximale Nutzschall, z. B. ein Sprachsignal, einfällt. Unterhält sich der Hörgeräteträger
mit einer neben ihm herlaufenden Person, sollte sich das Richtmikrofon auf den Gesprächespartner
einstellen, d. h. auf eine maximale Verstärkung in einem Winkel um ca. 90°. Sobald
jedoch der Hörgeräteträger selbst spricht, kommt das Nutzschallsignal aus dem eigenen
Mund, d. h. aus einem Winkel von 0°. Die eigene Sprache zieht somit die Richtmikrofoncharakteristik
vom eigentlichen Gesprächspartner weg und zwar üblicherweise mit einer gewissen zeitlichen
Verzögerung. Wenn das Hörgerät hingegen auf die eigene Stimme trainiert ist, und somit
der adaptiven Mikrofonsteuerung bekannt ist, welche akustischen Eigenschaften zur
eigenen Stimme gehören, können Signale, die als "eigene Stimme" klassifiziert werden,
für die Nachführung der Richtcharakteristik unberücksichtigt bleiben. Demgegenüber
wäre die Einstellmöglichkeit des Hörgeräts nach dem Stand der Technik von EP 0 814
634 A1 gemäß FIG 1, wonach der Hörgeräteträger mehrere Parametersätze beurteilen müsste,
aufgrund der Dynamik und Adaptivität der Vorgänge wenig Erfolg versprechend. Insbesondere
könnte die eigene Stimme nicht erkannt werden.
[0030] Beispiel 2: Ein Störgeräuschunterdrückungsverfahren kann speziell auf ein komplexes,
zeitlich variables Geräusch trainiert werden. Dieses Geräusch wird dann optimal unterdrückt,
obwohl es eventuell ähnliche spektrale Komponenten oder ein Modulationsspektrum wie
Sprache, die als Nutzsignal weiterverarbeitet werden soll, aufweist. Durch individuelles
Training auf diese akustische Situation, z. B. die oben erwähnte Situation "im Auto",
kann das Störgeräuschunterdrückungsverfahren automatisch optimal eingestellt werden,
indem beispielsweise spezielle Gewichtungsfaktoren für einzelne spektrale Bänder eingestellt
werden oder das dynamische Verhalten optimal auf die Störgeräuschcharakteristik angepasst
wird. Auch in diesem Fall sind die Unterschiede zwischen den Einstellungen der dynamischen
Störgeräuschunterdrückung nur schwer direkt zu bewerten, die Situation hingegen sehr
zuverlässig.
[0031] In gewissen akustischen Situationen kann es vorteilhaft sein, wenn zusätzlich zu
dem erfindungsgemäßen Nachtraining ein Nachtraining gemäß dem Stand der Technik unter
Beurteilung verschiedener Parametersätze durch den Hörgeräteträger erfolgt.
[0032] Das Nachtraining, wie es sich für den Hörgeräteträger darstellt, sei nun anhand der
FIG 3 und 4 näher erläutert. Der Hörgeräteträger will beispielsweise die Situation
"eigene Stimme" in sein Hörgerät 10 eintrainieren. Dazu schließt er über eine Leitung
11 eine Fernbedienung 12 an das Hörgerät 10 an. Die Fernbedienung weist als Bedienelement
einen Taster 13 auf.
[0033] In dem Klassifikator sind mehrere Hörsituationen abgelegt. Der Hörgeräteträger weiß,
dass die Hörsituation "eigene Stimme" beispielsweise der Situation 3 entspricht. Daher
drückt er den Taster 13 dreimal, um dem Klassifikator mitzuteilen, dass Situation
3 nachtrainiert werden soll.
[0034] In einem anschließenden Schritt wird ein akustisches Signal, hier die eigene Stimme,
zur Aufnahme für das Hörgerät 10 gemäß FIG 4 dargeboten. Der Hörgeräteträger muss
nun dem Hörgerät 10 den Beginn und das Ende der Trainingsphase mitteilen. Dies erfolgt,
indem er den Taster 13 gedrückt hält, während er selbst spricht. Dies bedeutet, dass
er für beide Schritte des Trainings nur ein einziges Bedienelement 13 verwenden muss.
Wenn sehr viele Hörsituationskennungen vorliegen, kann ein anderes Design bedienerfreundlicher
sein, z. B. mit einem Display und einem Regler (Schieberegler, Trackball, etc.), mit
dem die entsprechende Situation schnell angewählt werden kann.
[0035] Das tatsächliche Nachtraining des Hörgeräts 10 kann während der Darbietung des akustischen
Signals 14 erfolgen. Alternativ wird das akustische Signal 14 im Hörgerät aufgezeichnet
und nach der Aufzeichnung ausgewertet bzw. der gewählten Hörsituation aufgrund charakteristischer
akustischer Eigenschaften zugeordnet. Im Falle des Online-Nachtrainings ist eine dauerhafte
oder temporäre Speicherung des akustischen Signals 14 nicht unbedingt notwendig.
[0036] Da dem Hörgerät 10 nur die Information über die momentane Situation mitgeteilt werden
muss, ist im Unterschied zum Stand der Technik gemäß EP 0 814 634 A1 eine externe
Bedieneinheit nicht unbedingt notwendig. Sie kann jedoch entsprechend den FIG 3 und
4 beispielsweise aus Komfortgründen verwendet werden. Es kann jedoch auch ein Aufnahmeknopf
am Hörgerät selbst angebracht sein.
[0037] Durch das Nachtraining lässt sich die Erkennungsrate des Klassifikators für bestimmte
Situationen deutlich gegenüber der Voreinstellung erhöhen, so dass sich das Hörgerät
zuverlässiger auf diese Situation einstellt. Durch das selbständige Starten und Beenden
der Nachtrainingsphase durch den Hörgeräteträger können Situationen ferner zuverlässig
nachtrainiert werden, da der Hörgeräteträger selbst entscheidet, wann das Signal der
Situation zugeordnet werden kann.
1. Verfahren zum Nachtrainieren eines Hörgeräts (10) durch
- Bereitstellen eines akustischen Eingangssignals (2),
- Bereitstellen mehrerer Hörsituationskennungen (3') und
- Zuordnen des akustischen Eingangssignals (2) zu einer der Hörsituationskennungen
(3') durch einen Hörgeräteträger (1) ,
gekennzeichnet durch
- automatisches Lernen der Zuordnung des akustischen Eingangssignals (2) zu der einen
der Hörsituationskennungen (3').
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei eine der Hörsituationskennungen (3') eine Hörsituation
der Darbietung der eigenen Stimme oder des Geräusches des eigenen Autos des Hörgeräteträgers
(1) kennzeichnet, so dass nach dem automatischen Lernen die eigene Stimme oder des
Geräusches des eigenen Autos erkannt werden kann.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei das Lernen während der Darbietung des akustischen
Eingangssignals (2) erfolgt.
4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei das Lernen nach der Darbietung des akustischen
Eingangssignals (2) erfolgt.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Starten und Stoppen des
Nachtrainierens und das Zuordnen des akustischen Eingangssignals (2) über eine Fernbedienung
(12) erfolgt.
6. Verfahren nach Anspruch 5, wobei die Fernbedienung (12) drahtlos mit dem Hörgerät
(10) kommuniziert.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei die Bedienung des Hörgeräts (10)
zum Nachtrainieren verbal erfolgt.
8. Verfahren nach Anspruch 7, wobei die Bedienung des Hörgeräts (10) mittels eines oder
mehrerer Schlüsselworte erfolgt.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das akustische Eingangssignal
(2) ein manuell oder automatisch aufbereitetes Sprachsignal umfasst.
10. Hörgerät mit
- einer Aufnahmeeinrichtung zum Aufnehmen eines akustischen Eingangssignals (2),
- einer Speichereinrichtung zum Speichern mehrerer Hörsituationskennungen (3') und
- einer Eingabeeinrichtung (12) zum Zuordnen des akustischen Eingangssignals (2) zu
einer der Hörsituationskennungen (3') durch einen Hörgeräteträger,
gekennzeichnet durch
- eine Lerneinrichtung (5) zum automatischen Lernen der Zuordnung des akustischen
Eingangssignals (2) zu der einen der Hörsituationskennungen (3') durch die Eingabeeinrichtung (12).
11. Hörgerät nach Anspruch 10, wobei eine der Hörsituationskennungen (3') die Hörsituation
der Darbietung der eigenen Stimme oder des Geräusches des eigenen Autos des Hörgeräteträgers
kennzeichnet, so dass nach dem automatischen Lernen die eigene Stimme oder des Geräusches
des eigenen Autos erkannt werden kann.
12. Hörgerät nach Anspruch 10 oder 11, wobei das Lernen in der Lerneinrichtung (5) während
des Aufnehmens des akustischen Eingangssignals (2) in der Aufnahmeeinrichtung durchführbar
ist.
13. Hörgerät nach einem der Ansprüche 10 bis 12, wobei das Lernen nach der Aufnahme des
akustischen Eingangssignals (2) in der Aufnahmeeinrichtung in der Lerneinrichtung
(5) oder in einer externen Einrichtung mit anschließender Übertragung in das Hörgerät
durchführbar ist.
14. Hörgerät nach einem der Ansprüche 10 bis 13, wobei die Eingabeeinrichtung (12) zum
Starten und Stoppen der Aufzeichnung oder des Nachtrainierens verwendbar ist.
15. Hörgerät nach einem der Ansprüche 10 bis 14, wobei die Eingabeeinrichtung (12) eine
externe Fernbedienung aufweist.
16. Hörgerät nach Anspruch 15, wobei mit der Fernbedienung drahtlose Kommunikation mit
dem Hörgerät durchführbar ist.
17. Hörgerät nach Anspruch 15 oder 16, wobei die Fernbedienung ausschließlich für das
Nachtrainieren des Hörgeräts ausgestaltet ist.
18. Hörgerät nach einem der Ansprüche 10 bis 16, wobei die Fernbedienung als Mobilfunkgerät
ausgestaltet ist.
19. Hörgerät nach einem der Ansprüche 10 bis 18, wobei die Eingabeeinrichtung (12) eine
programmierbare Recheneinheit, insbesondere einen PC, umfasst.
20. Hörgerät nach einem der Ansprüche 10 bis 19, wobei die Eingabeeinrichtung (12) verbal
bedienbar ist.
21. Hörgerät nach Anspruch 20, wobei die Eingabeeinrichtung (12) mittels eines oder mehrerer
Schlüsselworte bedienbar ist.
22. Hörgerät nach einem der Ansprüche 10 bis 21, wobei das akustische Eingangssignal (2)
ein manuell oder automatisch aufbereitetes Sprachsignal umfasst.
23. Verfahren zum Betreiben eines Hörgeräts durch
- Empfangen eines akustischen Eingangssignals (2),
gekennzeichnet durch
- automatisches Zuordnen einer eine Hörsituation kennzeichnenden Hörsituationskennung
(3') zu dem akustischen Eingangssignal (2) und
- automatisches Einstellen des Hörgeräts in Abhängigkeit von der Hörsituationskennung
(3').
24. Verfahren nach Anspruch 23, wobei ein momentan geltender Parametersatz (4') für die
Einstellung des Hörgeräts durch das automatische Zuordnen der Hörsituationskennung
(3') beeinflusst wird.
25. Verfahren nach Anspruch 24, wobei mindestens ein Parameter des Parametersatzes (4')
durch das automatische Zuordnen variiert und/oder ergänzt wird.
26. Hörgerät nach einem der Ansprüche 10 bis 22, das eine Signalverarbeitungseinrichtung
aufweist, deren Parametersatz (4') mit Hilfe der Lerneinrichtung (5) durch Zuordnen
des akustischen Eingangssignals (2) zu einer gelernten Hörsituationskennung (3') beeinflussbar
ist.
27. Hörgerät nach Anspruch 26, wobei mindestens ein Parameter des Parametersatzes (4')
durch die Lerneinrichtung (5) beim automatischen Zuordnen variierbar und/oder ergänzbar
ist.