[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Hörhilfevorrichtung zum automatischen Schalten
in einen Telefonbetrieb mit einem ersten Hörgerät einschließlich einer ersten Aufnahmeeinrichtung
zur Aufnahme eines ersten Eingangssignals und einem zweiten Hörgerät einschließlich
einer zweiten Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme eines zweiten Eingangssignals. Darüber
hinaus betrifft die vorliegende Erfindung ein entsprechendes Verfahren zum automatischen
Schalten in einen Telefonbetrieb.
[0002] Moderne Hörgeräte sind üblicherweise in der Lage, unterschiedlichen Hörsituationen
dadurch gerecht zu werden, dass sie von dem Hörgeräteträger in unterschiedliche Hörprogramme
geschaltet werden können. Ein typisches Hörprogramm ist das Telefonhörprogramm, bei
dem akustische Signale, die das Mikrofon des Hörgeräts aufnimmt, entsprechend dem
Frequenzspektrum von Telefonsignalen gefiltert werden, um störende Umgebungsgeräusche
in anderen Spektralbereichen zu unterdrücken.
[0003] Neben einem oder mehreren Mikrofonen sind in Hörgeräten vielfach Induktionsaufnehmer
vorgesehen, die einen Hörspulenbetrieb ermöglichen. Damit wird gewährleistet, akustische
Signale von einem Telefongerät, das über einen induktiv arbeitenden Lautsprecher verfügt,
induktiv auf das Hörgerät zu übertragen. Der aus der Umgebung mittels der Mikrofone
aufgenommene Störschall wird dann beim Telefonieren nicht vom Hörgerät verstärkt bzw.
übertragen.
[0004] Das Problem beim Schalten zwischen den einzelnen Hörprogrammen besteht in der eindeutigen
Erkennung einer Telefonsituation. Ein Ansatz hierzu ist aus der Druckschrift WO 0152597
bekannt. Dort wird das Audiosignal, das durch die Hörspule übertragen wird, analysiert.
Bei für Telefonbetrieb typischen Signalanteilen wird in den Hörspulenbetrieb geschaltet.
[0005] Aus der Druckschrift EP 1 298 959 A2 ist ebenfalls ein Verfahren bekannt, mit dem
das Hörspulensignal für das automatische Schalten in den Hörspulen- bzw. Telefonbetrieb
analysiert wird. Dabei werden Störsignale, die z. B. durch Schnurlostelefone oder
Mobiltelefone nach dem DECT- bzw. GSM-Übertragungsstandard entstehen können, als Grundlage
für ein Schaltsignal verwendet.
[0006] In der weiteren Druckschrift DE 101 46 886 A1 ist ebenfalls ein Verfahren beschrieben,
mit dem automatisch erkannt werden soll, wenn der Hörgeräteträger telefoniert. Bei
diesem Verfahren wird das Signal aus der Hörspule und das Signal aus dem Hörgerätemikrofon
miteinander verglichen und ein entsprechendes Schaltsignal generiert.
[0007] Den oben beschriebenen Verfahren ist gemeinsam, dass sie verhältnismäßig empfindlich
gegenüber Störungen sind.
[0008] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, eine Vorrichtung und
ein Verfahren bereitzustellen, mit denen eine Situation, in der der Hörgeräteträger
telefoniert, mit höherer Sicherheit erkannt werden kann.
[0009] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch eine Hörhilfevorrichtung zum automatischen
Schalten in einen Telefonbetrieb mit einem ersten Hörgerät einschließlich einer ersten
Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme eines ersten Eingangssignals und einem zweiten Hörgerät
mit einer zweiten Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme eines zweiten Eingangssignals sowie
einer Pegelmessvorrichtung zum Messen eines Pegelunterschieds beider Eingangssignale
und einer Steuereinrichtung zum Schalten mindestens eines der beiden Hörgeräte in
den Telefonbetrieb, falls der Pegelunterschied mindestens einen vorgegebenen Schwellwert
unter- oder überschreitet.
[0010] Ferner ist erfindungsgemäß vorgesehen ein Verfahren zum automatischen Schalten in
einen Telefonbetrieb durch Gewinnen eines ersten Eingangssignals in einem ersten Hörgerät
und Gewinnen eines zweiten Eingangssignals in einem zweiten Hörgerät sowie Messen
eines Pegelunterschieds beider Eingangssignale und Schalten mindestens eines der beiden
Hörgeräte in den Telefonbetrieb, falls der Pegelunterschied mindestens einen vorgegebenen
Schwellwert unter- oder überschreitet.
[0011] Vorzugsweise umfassen die erste und die zweite Aufnahmeeinrichtung jeweils eine Hörspule.
An den Hörspulen beider Hörgeräte lassen sich deutlich höhere Pegelunterschiede beim
Telefonieren feststellen als bei Mikrofonen, da das Telefonieren üblicherweise nicht
in schalltoten Räumen stattfindet.
[0012] Die Pegelmesseinrichtung kann zwei Pegelmesser zum Messen des absoluten Pegels des
ersten und des zweiten Eingangssignals umfassen. In der Steuereinheit kann dann durch
einen Subtrahierer oder Dividierer, aber auch durch Bitarithmetik die Pegeldifferenz
beider Eingangssignale gebildet werden. Dies hat den Vorteil, dass gegebenenfalls
für eine "intelligente" Auswertung der Eingangssignale sowohl die absoluten als auch
der Differenzpegel zur Verfügung steht.
[0013] Mindestens eines der beiden Eingangssignale kann ein induktiv übertragenes Signal
eines analogen Telefons umfassen. Dadurch bildet das induktiv übertragene Sprachsignal
des analogen Telefons die Grundlage für das Ermitteln des Pegelunterschieds und folglich
die Basis für das Schalten mindestens eines der beiden Hörgeräte.
[0014] Beim Telefonieren mit einem Funktelefon, sei es ein Schnurlostelefon nach dem DECT-Standard
oder ein Mobiltelefon nach dem GSM- oder einem anderen Standard, kann mindestens eines
der beiden Eingangssignale ein elektromagnetisch eingekoppeltes Hochfrequenzsignal
umfassen. Durch die die üblichen Sprachsignale störenden Einkopplungen kann der Telefonbetrieb
mit einem digitalen Telefon aufgrund des Pegelunterschieds am linken und rechten Hörgerät
erkannt und eine entsprechende Filterung automatisch durchgeführt werden.
[0015] Mit der Pegelmessvorrichtung kann gegebenenfalls auch der Pegel eines vorgegebenen
periodischen Signalanteils eines Eingangssignals ermittelt werden. Insbesondere ist
dies vorteilhaft, wenn der periodische Signalanteil für ein elektromagnetisch eingestreutes
Signal eines Funktelefons charakteristisch ist. Somit können beispielsweise mit einem
Matched-Filter Signalanteile von Schnurlos- und Mobilfunktelefonen erkannt und zur
binauralen Telefonerkennung verwertet werden.
[0016] Im Vergleich zur Telefonerkennung nach dem Stand der Technik anhand einer Analyse
eines einzigen Hörspulensignals, anhand der Störsignale in einem Hörspulensignal oder
anhand des Vergleichs eines Hörspulensignals mit einem Mikrofonsignal ist die binaurale
Telefonerkennung weitaus unempfindlicher gegen Störungen. Wird, wie in den bekannten
Lösungen, nur das Signal einer einzigen Hörspule analysiert, so können Fehldetektionen
durch andere elektromagnetische Störungen, z. B. 50 Hz-Brummen, entstehen. Da diese
Störungen aber sowohl auf die Hörspule eines linken als auch auf die Hörspule eines
rechten Hörgeräts Einfluss haben, wird der Pegelunterschied beider Hörspulensignale
nie so groß werden wie bei einer Telefonsituation, in der die Quelle des elektromagnetischen
Signals sehr nahe an eines der beiden Hörgeräte geführt wird. Anhand dieser eindeutigen
Fernsprech- bzw. Telefonerkennung kann nun automatisch in ein Telefonprogramm geschaltet
werden, das das Telefonieren für Hörgeräteträger vereinfacht oder qualitativ verbessert.
[0017] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnung näher erläutert,
die ein Prinzipschaltbild für das automatische Erkennen einer Fernsprechsituation
bei binauraler Versorgung darstellt.
[0018] Das nachfolgend näher aufgeführte Ausführungsbeispiel stellt eine bevorzugte Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung dar.
[0019] Gemäß der vorliegenden Erfindung wird ein Telefonsignal mit Hilfe einer binauralen
Verbindung zwischen einem linken und einem rechten Hörgerät detektiert. Es wird die
Tatsache genutzt, dass in einer Telefonsituation Pegelunterschiede der Wechselspannungssignale
zwischen den Hörspulen des linken und des rechten Hörgeräts bestehen. Zur Ermittlung
der Pegelunterschiede wird in der Regel der gesamte Frequenzbereich betrachtet.
[0020] Beim Telefonieren mit einem analogen Telefon wird die übertragene Sprache induktiv
in die jeweilige Hörspule eingekoppelt. Im Gegensatz dazu werden bei Funktelefonen
durch die digitale Übertragung Störsignale direkt oder in Form von Interferenzen in
die Hörspule elektromagnetisch eingekoppelt. In jedem Fall besteht ein Pegelunterschied
zwischen dem linken und dem rechten Hörspulensignal, da das Telefon Signale nur in
eines der beiden Hörgeräte überträgt.
[0021] Eine technische Realisierung der erfindungsgemäßen Hörhilfevorrichtung zum automatischen
Erkennen einer Fernsprech- bzw. Telefonsituation ist in der Figur in Form eines prinzipiellen
Schaltbilds dargestellt. Der binaural versorgte Schwerhörende trägt zwei Hörgeräte.
Das linke Hörgerät besitzt eine Hörspule 1 und das rechte Hörgerät eine Hörspule 2.
Ein Pegelmesser 3 misst den absoluten Pegel des Hörspulensignals der Hörspule 1. Gleichermaßen
misst ein zweiter Pegelmesser 4 den absoluten Pegel des Hörspulensignals der Hörspule
2. Mit Hilfe eines Subtrahierers 5 wird aus den beiden Pegelwerten des Pegelmessers
3 und des Pegelmessers 4 eine Pegeldifferenz ermittelt.
[0022] Mit Hilfe eines ersten Komparators 6 wird die Pegeldifferenz mit einem oberen Schwellwert
7 verglichen. Dieser obere Schwellwert ist beliebig vorgebbar. Ist die Pegeldifferenz
zwischen beiden Hörspulensignalen größer als der obere Schwellwert 7, so telefoniert
der Schwerhörende beispielsweise an seinem linken Ohr. Dementsprechend wird an dem
linken Ohr auf die Telefonsituation 8 geschaltet.
[0023] Da der Schwerhörende aber auch an seinem rechten Ohr telefonieren kann, ergibt sich
in diesem Fall eine negative Pegeldifferenz, die mit Hilfe eines zweiten Komparators
9 mit einem unteren Schwellwert 10 verglichen werden muss. Falls die Pegeldifferenz
geringer als der untere Schwellwert 10 ist, so wird das rechte Hörgerät in den Telefonbetrieb
11 geschaltet. Dadurch ist gewährleistet, dass nur dasjenige Hörgerät automatisch
in den Telefonbetrieb geschaltet wird, das das Ohr des Schwerhörenden versorgt, an
welches der Telefonhörer geführt ist. Somit ergibt sich eine Telefonsituation wie
bei einem Normalhörenden.
1. Hörhilfevorrichtung zum automatischen Schalten in einen Telefonbetrieb mit
- einem ersten Hörgerät mit einer ersten Aufnahmeeinrichtung (1) zur Aufnahme eines
ersten Eingangssignals und
- einem zweiten Hörgerät mit einer zweiten Aufnahmeeinrichtung (2) zur Aufnahme eines
zweiten Eingangssignals
gekennzeichnet durch
- eine Pegelmessvorrichtung (3, 4, 5) zum Messen eines Pegelunterschieds beider Eingangssignale
und
- eine Steuereinrichtung zum Schalten mindestens eines der beiden Hörgeräte in den
Telefonbetrieb, falls der Pegelunterschied mindestens einen vorgegebenen Schwellwert
(7, 10) unter- oder überschreitet.
2. Hörhilfevorrichtung nach Anspruch 1, wobei die erste und die zweite Aufnahmeeinrichtung
(1, 2) jeweils eine Hörspule umfassen.
3. Hörhilfevorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Pegelmesseinrichtung (3, 4,
5) zwei Pegelmesser (3, 4) zum Messen des absoluten Pegels des ersten und zweiten
Eingangssignals umfasst.
4. Hörhilfevorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Steuereinrichtung
eine Subtrahiereinheit (5), eine Bitarithmetikeinheit oder Divisionseinheit zur Bildung
einer Pegeldifferenz beider Eingangssignale aufweist.
5. Hörhilfevorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei mindestens eines
der beiden Eingangssignale ein induktiv übertragenes Signal eines analogen Telefons
umfasst.
6. Hörhilfevorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei mindestens eines der beiden
Eingangssignale ein elektromagnetisch eingekoppeltes Hochfrequenzsignal eines Funktelefons
umfasst.
7. Hörhilfevorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei mit der Pegelmessvorrichtung
(3, 4, 5) der Pegel eines vorgegebenen periodischen Signalanteils ermittelbar ist.
8. Verfahren zum automatischen Schalten in einen Telefonbetrieb durch
- Gewinnen eines ersten Eingangssignals in einem ersten Hörgerät und
- Gewinnen eines zweiten Eingangssignals in einem zweiten Hörgerät
gekennzeichnet durch
- Messen eines Pegelunterschieds beider Eingangssignale und
- Schalten mindestens eines der beiden Hörgeräte in den Telefonbetrieb, falls der
Pegelunterschied mindestens einen vorgegebenen Schwellwert unter- oder überschreitet.
9. Verfahren nach Anspruch 8, wobei die beiden Eingangssignale induktiv erfasst werden.
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, wobei zur Messung des Pegelunterschieds die absoluten
Pegel des ersten und zweiten Eingangssignals gemessen werden.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 10, wobei der Pegelunterschied durch Division,
Bitverschiebung oder Differenzbildung ermittelt wird.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 10, wobei mindestens eines der beiden Eingangssignale
ein induktiv übertragenes Signal eines analogen Telefons umfasst.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 11, wobei mindestens eines der beiden Eingangssignale
ein elektromagnetisch eingekoppeltes Hochfrequenzsignal eines Funktelefons umfasst.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 13, wobei sich das Messen des Pegelunterschieds
auf einen vorgegebenen periodischen Signalanteil beider Eingangssignale bezieht.