[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Wärmebehandlung kohlenstoffhaltiger Stähle,
insbesondere von Blechen oder Rohren, gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruches 1.
[0002] Während Bleche oder Rohre ohne besondere Anforderungen im Walzzustand ausgeliefert
werden können, wird bei höheren Anforderungen, z. B. größere Zähigkeit, üblicherweise
eine dem Walzen nachfolgende gesonderte Wärmebehandlung durchgeführt.
[0003] Häufig ist eine Vergütungsbehandlung vorgesehen, bei der nicht nur die Zähigkeit
des Stahls sondern auch die Festigkeit entscheidend verbessert wird.
[0004] Unter Vergüten eines Stahls ist ein Härten mit nachfolgendem Anlassen zu verstehen.
Beim Härten wird der Stahl üblicherweise auf eine definierte Temperatur oberhalb Ac3
erwärmt und anschließend bis auf etwa Raumtemperatur abgekühlt. Nachfolgend wird der
gehärtete Stahl wieder auf Temperaturen unterhalb des Ac1-Punktes angelassen, dort
eine bestimmte Zeit gehalten und dann an Luft abgekühlt.
[0005] Als Kühlmedien zur Abschreckung beim Härtevorgang kommen nach dem allgemein bekannten
Stand der Technik beispielsweise Wasser, Wasser-Tensid-Gemische, Emulsionen oder Öl
zum Einsatz, die unterschiedliche Auswirkungen auf die Abschreckintensität des Stahls
haben.
[0006] Wasser als preisgünstigstes und umweltneutrales Abkühlmittel besitzt zwar die höchste
Abschreckintensität auf den Stahl, hat aber den Nachteil, dass Bleche oder Rohre starkem
Verzug unterworfen sind.
[0007] Bei härterissempfindlichen, kohlenstoffhaltigen Stählen ist zudem die Gefahr sehr
groß, dass sich beim Abschrecken aufgrund zu großer Aufhärtung des Gefüges Risse im
Stahl bilden. Die Neigung zur Aufhärtung und damit zur Rissbildung beim Abschrecken
wird mit steigendem Kohlenstoffgehalt größer, wobei besonders Stähle mit Kohlenstoffgehalten
> 0,3% C betroffen sind.
[0008] Um derartige Probleme zu vermeiden sind in der Vergangenheit härterissempfindliche
Stähle entweder in einem Wasser-Tensid-Gemisch, in ÖI oder Emulsionen abgeschreckt
worden, da diese Abkühlmittel gegenüber Wasser deutlich geringere Abkühlintensität
besitzen. Öl weist die geringste Abkühlintensität auf, Wasser-Tensid-Gemische sind
zwischen reinem Wasser und Öl einzuordnen,
[0009] Insbesondere das Abschrecken in ÖI oder in einer Härteemulsion bei dem in der DD
67999 offenbarten Verfahren, ist jedoch durch seine starke Rauchbildung beim Einsatz
und durch schwierige Entsorgung als sehr umweltproblematisch anzusehen. Außerdem sind
Öl, Emulsionen und Wasser-Tensid-Gemische im Vergleich zu reinem Wasser deutlich teurer,
was sich auf die Kosten des vergüteten Werkstückes niederschlägt.
[0010] Bei der Verwendung von Wasser als Kühlmittel ist durch mechanische Maßnahmen, wie
z. B. Laminarkühlung oder Bedüsung, versucht worden die oben geschilderten Probleme
zu vermeiden. Diese Maßnahmen waren jedoch für härterissempfindliche Stähle entweder
nicht wirksam genug oder aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht realisierbar.
[0011] Aus der EP 1 277 845 A1 ist ein Verfahren bekannt, welches die Nachteile der Verwendung
der bekannten Kühlmedien Wasser, Wasser-Tensid-Gemische oder Öl vermeiden soll.
[0012] Bei diesem Verfahren wird vorgeschlagen, Wasser als Abkühlmedium zu benutzen, wobei
zur Steuerung der Abkühlrate des Stahls dem Wasser unlösliche anorganische Partikel,
beispielsweise aus keramischen Material, zugesetzt werden. Die Partikel sollen dabei
eine Größe von 0,01 bis 0,1 µm aufweisen. Über die Teilchendichte im Wasser soll die
Abkühlrate gezielt gesteuert werden können, um so die nachteiligen Auswirkungen einer
etwaigen zu großen Abkühlrate auf den Stahl bzw. das Werkstück zu vermeiden.
[0013] Dieses Verfahren hat jedoch den Nachteil, dass das Kühlwasser speziell aufbereitet
werden muss, wobei unterschiedliche Abkühlbedingungen der abzuschreckenden Stähle
jeweils unterschiedliche Wasser-Keramik-Gemische als Kühlmedium erfordern. Dies ist
aufwändig und betrieblich unpraktikabel. Außerdem muss das Wasser vor der Wiederverwendung
gefiltert und danach wieder neu aufbereitet werden, was zusätzliche Kosten verursacht.
[0014] In der DE 197 55 001 C2 wird ein Verfahren offenbart, welches auf über 80°C erhitztes
Wasser als Kühlmedium für höherlegierte härtbare Stähle anwendet.
Für die üblichen härtbaren Kohlenstoffstähle mit C- Gehalfen ≥ 0,3% ist dieses Verfahren
nicht anwendbar, da bei diesen hohen Kühlmitteltemperaturen und in dem schmalen zur
Verfügung stehenden Temperaturbereich eine Durchhärtung dieser Stähle nicht mehr sicher
erreicht werden kann.
[0015] Aufgabe der Erfindung ist es deshalb, ein Verfahren zur Wärmebehandlung kohlenstoftraltiger
Stähle, insbesondere von Blechen oder Rohren anzugeben, bei dem Wasser als Kühlmedium
verwendet wird und die Abkühlbedingungen in Abhängigkeit vom Kohlenstoffgehalt des
Stahls steuerbar sind.
[0016] Diese Aufgabe wird nach dem Oberbegriff in Verbindung mit den kennzeichnenden Merkmalen
des Anspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen sind Gegenstand von Unteransprüchen.
[0017] Nach der Lehre der Erfindung wird zur Lösung dieser Aufgabe ein Verfahren zur Wärmebehandlung
kohlenstoffhaltiger Stähle verwendet, bei dem zur Abschreckung als Kühlmedium Wasser
verwendet und die Temperatur des Wassers in einem Bereich oberhalb Raumtemperatur
bis unterhalb 80°C für Stähle mit Kohlenstoffstoffgehalten 0,3% bis 0,5% eingestellt
wird.
[0018] Bei diesem erfindungsgemäßen Verfahren wird ein Effekt genutzt, der darauf beruht,
dass die Wärmestromdichte, d. h. die Wärmeabfuhr an der Grenzfläche Stahl-Wasser,
einerseits von der aktuellen Oberflächentemperatur des Stahls andererseits aber auch
von der Kühlwassertemperatur selbst abhängig ist.
[0019] Hierbei ändert sich die Dichte des von der Stahloberfläche abgeführten Wärmestroms
in der Weise, dass diese bei zunehmender Kühlwassertemperatur oberhalb Raumtemperatur
reduziert wird.
[0020] Nutzt man diesen Effekt beim Abkühlen von Stahl, lässt sich so auf einfache und wirksame
Weise über die Steuerung der Wärmestromdichte gezielt die Abkühlgeschwindigkeit des
Stahls beeinflussen.
[0021] Der Einstellbereich der Kühlwassertemperatur auf 25 bis 80°C begrenzt. Eine Steigerung
der Kühlwassertemperatur über 80°C ist zwar möglich, jedoch wird der Effekt auf die
Wärmestromdichte immer geringer.
[0022] Beispielsweise wird bei einem Stahl im Temperaturbereich von ca. 500 bis 200°C die
Wärmestromdichte bei Verwendung eines Kühlwassers mit einer Temperatur von 20°C bei
Erhöhung der Kühlwassertemperatur auf nur 60°C um mehr als 50% reduziert. Eine weitere
Erhöhung der Kühlwassertemperatur z. B. auf 80°C bewirkt eine Reduzierung der Wärmestromdichte
und damit der Abkühlgeschwindigkeit um zusätzlich ca. 20%.
In einer vorteilhaften Weiterbildung des Verfahrens wird deshalb die Wassertemperatur
in Abhängigkeit vom C- Gehalt des Stahles eingestellt. Für C- Gehalte von 0,30 bis
0,39 % beträgt dieser Bereich 25 bis 60°C, bei C- Gehalten 0,40 bis 0,45 % 61 bis
70°C und bei C-Gehalten von 0,46 bis 0,50 % beträgt der Temperaturbereich 71 bis 79
°C. Die Abkühlbedingungen können somit in vorteilhafter Weise gezielt auf den Kohlenstoffgehalt
des Stahles und damit auf die Härterissempfindlichkeit eingestellt werden.
[0023] Der Vorteil dieses Verfahrens gegenüber den bekannten Verfahren ist, dass als Abkühlmedium
nur noch reines Wasser verwendet wird, wobei einerseits den Umwelt- und betriebswirtschaftlichen
Aspekten, andererseits aber auch den Qualitätsanforderungen an den Stahl und das Bauteil
in idealer Weise Rechnung getragen wird.
[0024] In vorteilhafter Weise kann weiterhin unter Berücksichtigung des jeweiligen Zeit-Temperatur-Umwandtungsschaubildes
(ZTU-Schaubild) für den Stahl eine gezielte Gefügebeeinflussung vorgenommen werden,
um so optimale Werkstoffeigenschaften bei der Wärmebehandlung des Stahls einzustellen.
[0025] Bei härterissempfindlichen Stählen bedeutet dies, dass gerade im kritischen Temperaturbereich
die Aufhärtung und die Umwandlung des Gefüges in einfacher Weise, im Sinne der Vermeidung
von Härterissen, gezielt beeinflusst werden kann.
[0026] In der einzigen
Darstellung ist die Abhängigkeit der Wärmestromdichte von der Oberflächentemperatur bei unterschiedlichen
Kühlwassertemperaturen dargestellt.
[0027] In dieser Grafik, die auf Versuchsergebnissen beruht, ist im Temperaturbereich von
ca. 200 bis 500°C an der Oberfläche des Stahls die deutliche Abhängigkeit der Wärmestromdichte
von der Kühlwassertemperatur zu erkennen. Hierin sind die Kurven bei der Verwendung
von 20,40,60 und 80°C warmen Wassers aufgetragen.
[0028] Deutlich erkennbar ist die ausgeprägte Abminderung der Wärmestromdichte an der Grenzfläche
Wasser-Stahl bei Erhöhung der Wassertemperatur von 20 auf 80°C. Die Wärmestromdichte
sinkt von ca. 2,4 MW/m
2 um 67% auf ca. 0,8 MW/m
2.
1. Verfahren zur Wärmebehandlung kohlenstoffhaltiger Stähle, insbesondere von Blechen
oder Rohren, wobei der Stahl auf Austenitisierungstemperatur erwärmt und danach mittels
eines Kühlmediums auf nahezu Raumtemperatur abgeschreckt wird, wobei als Kühlmedium
Wasser verwendet wird
dadurch gekennzeichnet,
dass die Temperatur des Wassers in einem Bereich oberhalb Raumtemperatur bis unterhalb
80°C für Kohlenstoffstähle mit C- Gehalten 0,3% bis 0,5% eingestellt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1
dadurch gekennzeichnet,
dass die Wassertemperatur für Stähle mit C- Gehalten 0,30- 0,39% in einem Bereich von
25 bis 60°C eingestellt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1
dadurch gekennzeichnet,
dass die Wassertemperatur für Stähle mit C- Gehalten von 0,40 - 0,45 % in einem Bereich
von 61 bis 70°C eingestellt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1
dadurch gekennzeichnet,
dass die Wassertemperatur für Stähle mit C- Gehalten von 0,46 - 0,50 % in einem Bereich
von 71 - 79°C eingestellt wird.