[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Hörervorrichtung mit einer Richtungsdetektionseinrichtung
zum Detektieren einer Richtung, aus der von einer Schallquelle ein Schallsignal bei
der Hörervorrichtung eintrifft, und einer Signalverarbeitungseinrichtung zum Verarbeiten
des eintreffenden Schallsignals in Abhängigkeit von der detektierten Richtung. Darüber
hinaus betrifft die vorliegende Erfindung ein entsprechendes Verfahren zum Betreiben
einer derartigen Hörervorrichtung.
[0002] Hörgeräte weisen vielfach Richtmikrofone auf, mit denen die Schallaufnahme richtungsabhängig
gestaltet werden kann. So ist es beispielsweise zur Störgeräuschunterdrückung hilfreich,
den Schall einer Störquelle, die in einer bestimmten Richtung registriert wird, weitestgehend
zu dämpfen. Eine gattungsgemäße Hörervorrichtung ist beispielsweise aus der Druckschrift
DE 197 21 157 bekannt.
[0003] Darüber hinaus beschreibt die Druckschrift WO 00 / 19770 ein Hörgerät und Verfahren
zum Verarbeiten von Mikrophonsignalen in einem Hörgerät, bei denen eine Störgeräuschunterdrückung
in zahlreichen Hörsituationen bereitgestellt wird. Das Hörgerät besitzt eine Signalanalyseeinheit,
die zumindest eine Eigenschaft der richtungsabhängigen Verstärkung bzw. Dämpfung zu
verändern vermag. Die Signalanalyseeinheit nimmt eine Richtungsanalyse der Mikrophonsignale
vor. Dabei können die Stärken von Signalanteilen der Mikrophonsignale in mehrere Richtungsklassen
unterteilt werden.
[0004] Es ist jedoch nicht in jeder Situation günstig, das Geräusch einer Störquelle zu
unterdrücken. So kann es beispielsweise gefährlich sein, wenn sich bei einem Waldspaziergang
ein Radoder Mopedfahrer von hinten nähert, das Geräusch vom Hörgerät als Störgeräusch
identifiziert und stark gedämpft wird. Es käme dann zu einer Schrecksituation, wenn
der Hörgeräteträger mit dem unerwarteten, optischen Ereignis konfrontiert würde. Ähnliche
Gefahrensituationen können bei Trägern von Kopfhörern und Head-Sets entstehen.
[0005] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, eine Hörervorrichtung
bereitzustellen, die den jeweiligen Träger z. B. in einer gefährlichen Situation besser
schützt. Des Weiteren soll ein entsprechendes Verfahren zum Betreiben einer Hörervorrichtung
angegeben werden.
[0006] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch eine Hörervorrichtung mit einer Richtungsdetektionseinrichtung
zum Detektieren einer Richtung, aus der von einer Schallquelle ein Schallsignal bei
der Hörervorrichtung eintrifft, und einer Signalverarbeitungseinrichtung zum Verarbeiten
des eintreffenden Schallsignals in Abhängigkeit von der detektierten Richtung, sowie
einer Geräuschklassifikationseinrichtung zum Klassifizieren des von der Schallquelle
eintreffenden Schallsignals in Signalklassen, so dass das eintreffende Schallsignal
in der Signalverarbeitungseinrichtung auch in Abhängigkeit von der Signalklasse verarbeitbar
ist.
[0007] Ferner ist erfindungsgemäß vorgesehen ein Verfahren zum Betreiben einer Hörervorrichtung
durch Detektieren einer Richtung, aus der von einer Schallquelle ein Schallsignal
eintrifft, und Verarbeiten des eintreffenden Schallsignals in Abhängigkeit von der
detektierten Richtung, Klassifizieren des von der Schallquelle eintreffenden Schallsignals
in Signalklassen und Verarbeiten des eintreffenden Schallsignals auch in Abhängigkeit
von der Signalklasse.
[0008] Vorzugsweise umfasst die Richtungsdetektionseinrichtung in der Hörervorrichtung ein
adaptives Richtmikrofon. Die Richtcharakteristik des Richtmikrofons kann beispielsweise
in Abhängigkeit von der Signalklasse eingestellt werden. Alternativ oder zusätzlich
kann die Richtcharakteristik des Mikrofons aber auch in Abhängigkeit von der Frequenz
eines eintreffenden Schallsignals eingestellt werden. Damit kann die eine oder die
mehreren Einkerbungen bzw. Notches einer Richtmikrofoncharakteristik abhängig von
der Signalklasse und/oder Frequenz in eine gewünschte Richtung gedreht werden. Bei
vorgegebenen Signalklassen, die beispielsweise eine Gefahr signalisieren, kann somit
die Störunterdrückung in ihrer Qualität entsprechend variiert werden.
[0009] Die Hörervorrichtung kann eine Signalausgabeeinrichtung zur Ausgabe eines Signals
über die Signalklasse des eintreffenden Schallsignals an den Träger der Hörervorrichtung
aufweisen. Ebenso kann von dieser Signalausgabeeinrichtung ein Signal über die Richtung
des eintreffenden Schallsignals an den Träger der Hörervorrichtung ausgegeben werden.
Das ausgegebene Signal kann dabei ein Sprachsignal oder ein taktiler Reiz, z.B. eine
Vibration, sein. Damit ist es beispielsweise möglich, mit einer in einem Hörgerät
generierten Sprache dem Hörgeräteträger in einer gefährlichen Situation eine Hilfestellung
in Form von zusätzlicher Information zu geben. Diese zusätzliche Information kann
beispielsweise die Art der Gefahrenquelle sowie deren Richtung betreffen. Die Integration
eines entsprechenden informationsgebenden Systems in beispielsweise ein Hörgerät hat
den Vorteil der lautheitsgerechten Präsentation einer Warnung. Dies bedeutet, dass
sichergestellt werden kann, dass die Information beim Nutzer ankommt, im Gegensatz
zum Geräusch eines Fahrrads oder Mopeds, welches gegebenenfalls nicht ausreichend
verstärkt wurde.
[0010] Neben der bereits erwähnten Ausgestaltung der Hörervorrichtung als Hörgerät ist prinzipiell
auch eine Ausgestaltung als Kopfhörer oder Head-Set denkbar. Damit ist es beispielsweise
möglich, dass der Träger eines Kopfhörers auf das Schreien eines Babys aufmerksam
gemacht wird.
[0011] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnung näher erläutert,
die ein Blockschaltbild eines erfindungsgemäßen Hörgeräts darstellt.
[0012] Das nachfolgend näher beschriebene Ausführungsbeispiel stellt eine bevorzugte Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung dar.
[0013] Ein erfindungsgemäßes Hörgerät umfasst, wie es in der Figur schematisch dargestellt
ist, ein Richtmikrofon RM. Dieses Richtmikrofon RM kann bei binauraler Versorgung
durch die Mikrofone aus beiden Seiten realisiert werden. Das Richtmikrofon RM liefert
an eine Signalverarbeitungseinrichtung VE neben den akustischen Signalen auch eine
Richtungsinformation. Diese kann dazu verwendet werden, die Richtcharakteristik RC,
die in der Figur gestrichelt angedeutet ist, des Richtmikrofons RM in gewünschter
Weise auszurichten.
[0014] Die Richtcharakteristik RC besitzt eine oder mehrere Einkerbungen bzw. Notches. In
der Figur ist ein Notch N eingezeichnet. In der durch den Notch N gekennzeichneten
Raumrichtung ist die Empfindlichkeit des Richtmikrofons RM am geringsten.
[0015] Üblicherweise wird die Richtcharakteristik RC eines Richtmikrofons RM an einer Störquelle
Q ausgerichtet. Dies erfolgt, indem der oder die Notches N auf die Störquelle Q gerichtet
werden. Durch dieses Drehen der Richtcharakteristik können Störgeräusche aus der Richtung
der Störquelle Q wirksam unterdrückt werden.
[0016] Der Einfachheit halber könnte die Richtungsinformation in Quadranten quantisiert
werden. Dementsprechend könnte beispielsweise gemäß der vorliegenden Figur die Richtung
der Störquelle Q mit "hinten links" bezeichnet werden.
[0017] Das Richtmikrofon RM liefert das aufgenommene Schallsignal gegebenenfalls auch vorverarbeitet
an einen Geräuschklassifikator GK. Dieser teilt die empfangenen Signale in mehrere
Signalklassen ein. Aufgrund dessen können Informationen über vorliegende Gefahren
erhalten werden. Als Signalklassen sind beispielsweise denkbar: Babygeschrei, Fahrradklingeln,
Straßenbahngeräusch, etc. Die aufgenommenen Schallsignale können auch lediglich hinsichtlich
Lautheit klassifiziert werden. Aufgrund dieser Klassifikationsinformation kann von
dem Hörgerät HG bzw. seiner Signalverarbeitungseinrichtung VE erkannt werden, aus
welcher Richtung gegebenenfalls Gefahr droht.
[0018] Wenn sich nun beispielsweise eine Straßenbahn von links auf den Hörgeräteträger nähert,
kann die Information über die Art des Geräusches und dessen Richtung von der Signalverarbeitungseinrichtung
VE an einen Signalgenerator SG übermittelt werden. In ihm wird mittels eines bekannten
Algorithmus ein Sprachsignal hinsichtlich der Störsignalquelle Q generiert. Dieses
Sprachsignal wird an den Hörer H des Hörgeräts mit ausreichender Lautstärke weitergeleitet.
Dadurch erhält der Hörgeräteträger die Informationen über die Störsignalquelle Q sicher
auf akustischem Wege.
[0019] Alternativ oder zusätzlich kann der Signalgenerator SG auch einen in das Hörgerät
HG integrierten Vibrator ansteuern, wenn das Signal einer bestimmten Signalklasse,
z. B. Fahrradklingeln, eine bestimmte vorgegebene Schwelle übersteigt oder beim Näherkommen
des Fahrrads lauter wird.
[0020] Die Signalsausgabe des Hörgeräts HG kann aber auch über andere Wege erfolgen. So
ist es denkbar, dass das Hörgerät HG die gewonnene Information über Richtung und Art
des Geräusches an ein Mobilfunktelefon übermittelt und dort einen entsprechenden Vibrationsalarm
oder dergleichen auslöst.
[0021] Durch ein adaptives Richtmikrofon RM kann aber auch eine Aussage über die Bewegung
eines Objekts erhalten werden. Dementsprechend kann bei einer Weiterbildung des erfindungsgemäßen
Hörgeräts HG durch den Signalgenerator SG und den Hörer H eine Sprachausgabe erfolgen,
mit der Informationen über die Bewegung des Objekts an den Hörgerätsträger ausgegeben
werden.
1. Hörervorrichtung mit
- einer Richtungsdetektionseinrichtung zum Detektieren einer Richtung, aus der von
einer Schallquelle (Q) ein Schallsignal bei der Hörervorrichtung eintrifft, und
- einer Signalverarbeitungseinrichtung (VE) zum Verarbeiten des eintreffenden Schallsignals
in Abhängigkeit von der detektierten Richtung,
gekennzeichnet durch
- eine Geräuschklassifikationseinrichtung (GK) zum Klassifizieren des von der Schallquelle
(Q) eintreffenden Schallsignals in Signalklassen, so dass das eintreffende Schallsignal
in der Signalverarbeitungseinrichtung (VE) auch in Abhängigkeit von der Signalklasse
verarbeitbar ist.
2. Hörervorrichtung nach Anspruch 1, wobei die Richtungsdetektionseinrichtung ein adaptives
Richtmikrofon (RM) umfasst.
3. Hörervorrichtung nach Anspruch 2, wobei die Richtcharakteristik des Richtmikrofons
(RM) in Abhängigkeit von der Signalklasse einstellbar ist.
4. Hörervorrichtung nach Anspruch 2 oder 3, wobei die Richtcharakteristik des Richtmikrofons
(RM) in Abhängigkeit von der Frequenz eines eintreffenden Schallsignals einstellbar
ist.
5. Hörervorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, die eine Signalausgabeeinrichtung
(SG, H) zur Ausgabe eines Signals über die Signalklasse des eintreffenden Schallsignals
an den Träger der Hörervorrichtung aufweist.
6. Hörervorrichtung nach Anspruch 5, wobei von der Signalausgabeeinrichtung (SG, H) ein
Signal über die Richtung des eintreffenden Schallsignals an den Träger der Hörervorrichtung
ausgebbar ist.
7. Hörervorrichtung nach Anspruch 5 oder 6, wobei die Signalausgabeeinrichtung (SG, H)
ein Ausgabeelement zur Sprachausgabe aufweist.
8. Hörervorrichtung nach einem der Ansprüche 5 bis 7, wobei die Signalausgabeeinrichtung
(SG, H) ein Ausgabeelement für taktile Reize aufweist.
9. Hörervorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, die als Hörgerät (HG), Kopfhörer
oder Head-Set ausgestaltet ist.
10. Verfahren zum Betreiben einer Hörervorrichtung durch
- Detektieren einer Richtung, aus der von einer Schallquelle (Q) ein Schallsignal
eintrifft, und
- Verarbeiten des eintreffenden Schallsignals in Abhängigkeit von der detektierten
Richtung,
gekennzeichnet durch
- Klassifizieren des von der Schallquelle eintreffenden Schallsignals in Signalklassen
und
- Verarbeiten des eintreffenden Schallsignals auch in Abhängigkeit von der Signalklasse.
11. Verfahren nach Anspruch 10, wobei eine Richtcharakteristik eines Richtmikrofons (RM)
in Abhängigkeit von der Signalsklasse des eintreffenden Schallsignals eingestellt
wird.
12. Verfahren nach Anspruch 11, wobei die Richtcharakteristik des Richtmikrofons (RM)
in Abhängigkeit von der Frequenz des eintreffenden Schallsignals eingestellt wird.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 12, wobei ein Signal über die Signalklasse
des eintreffenden Schallsignals an den Träger der Hörervorrichtung ausgegeben wird.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 13, wobei ein Signal über die Richtung des
eintreffenden Schallsignals an den Träger der Hörervorrichtung ausgegeben wird.
15. Verfahren nach Anspruch 13 oder 14, wobei das Signal über die Richtung oder das Signal
über die Signalklasse in Form von Sprache ausgegeben wird.
16. Verfahren nach einem der Ansprüche 13 bis 15, wobei das Signal über die Richtung und/oder
das Signal über die Signalklasse als taktiler Reiz ausgegeben wird.