(19)
(11) EP 1 538 874 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
08.06.2005  Patentblatt  2005/23

(21) Anmeldenummer: 04027529.9

(22) Anmeldetag:  19.11.2004
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7H04R 25/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LU MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL HR LT LV MK YU

(30) Priorität: 01.12.2003 DE 10356093

(71) Anmelder: Siemens Audiologische Technik GmbH
91058 Erlangen (DE)

(72) Erfinder:
  • Beimel, Bernd
    91054 Erlangen (DE)
  • Rohrseitz, Kristin, Dr.
    91058 Erlangen (DE)

(74) Vertreter: Berg, Peter, Dipl.-Ing. 
European Patent Attorney, Siemens AG, Postfach 22 16 34
80506 München
80506 München (DE)

   


(54) Hörervorrichtung mit richtungsabhängiger Signalverarbeitung und entsprechendes Verfahren


(57) Die Störgeräuschunterdrückung bei Hörervorrichtungen soll optimiert werden. Daher wird eine Hörervorrichtung, insbesondere ein Hörgerät (HG), vorgeschlagen, das eine Richtungsdetektionseinrichtung (RM)zum Detektieren einer Richtung, aus der von einer Schallquelle (Q) ein Schallsignal eintrifft, und eine Signalverarbeitungseinrichtung (VE) zum Verarbeiten des eintreffenden Schallsignals in Abhängigkeit von der detektierten Richtung aufweist. Eine Geräuschklassifikationseinrichtung (GK) zum Klassifizieren des von der Schallquelle (Q) eintreffenden Schallsignals in Signalklassen ermöglicht, dass das eintreffende Schallsignal auch in Abhängigkeit von der Signalklasse verarbeitet wird. Mit Hilfe eines Signalgenerators (SG) und eines Hörers (H) kann beispielsweise ein Hörgeräteträger über die Art und Richtung eines Geräusches informiert werden, das andernfalls durch die Störgeräuschunterdrückung so stark gedämpft würde, dass das Geräusch für ihn nicht mehr wahrnehmbar wäre.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Hörervorrichtung mit einer Richtungsdetektionseinrichtung zum Detektieren einer Richtung, aus der von einer Schallquelle ein Schallsignal bei der Hörervorrichtung eintrifft, und einer Signalverarbeitungseinrichtung zum Verarbeiten des eintreffenden Schallsignals in Abhängigkeit von der detektierten Richtung. Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung ein entsprechendes Verfahren zum Betreiben einer derartigen Hörervorrichtung.

[0002] Hörgeräte weisen vielfach Richtmikrofone auf, mit denen die Schallaufnahme richtungsabhängig gestaltet werden kann. So ist es beispielsweise zur Störgeräuschunterdrückung hilfreich, den Schall einer Störquelle, die in einer bestimmten Richtung registriert wird, weitestgehend zu dämpfen. Eine gattungsgemäße Hörervorrichtung ist beispielsweise aus der Druckschrift DE 197 21 157 bekannt.

[0003] Darüber hinaus beschreibt die Druckschrift WO 00 / 19770 ein Hörgerät und Verfahren zum Verarbeiten von Mikrophonsignalen in einem Hörgerät, bei denen eine Störgeräuschunterdrückung in zahlreichen Hörsituationen bereitgestellt wird. Das Hörgerät besitzt eine Signalanalyseeinheit, die zumindest eine Eigenschaft der richtungsabhängigen Verstärkung bzw. Dämpfung zu verändern vermag. Die Signalanalyseeinheit nimmt eine Richtungsanalyse der Mikrophonsignale vor. Dabei können die Stärken von Signalanteilen der Mikrophonsignale in mehrere Richtungsklassen unterteilt werden.

[0004] Es ist jedoch nicht in jeder Situation günstig, das Geräusch einer Störquelle zu unterdrücken. So kann es beispielsweise gefährlich sein, wenn sich bei einem Waldspaziergang ein Radoder Mopedfahrer von hinten nähert, das Geräusch vom Hörgerät als Störgeräusch identifiziert und stark gedämpft wird. Es käme dann zu einer Schrecksituation, wenn der Hörgeräteträger mit dem unerwarteten, optischen Ereignis konfrontiert würde. Ähnliche Gefahrensituationen können bei Trägern von Kopfhörern und Head-Sets entstehen.

[0005] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, eine Hörervorrichtung bereitzustellen, die den jeweiligen Träger z. B. in einer gefährlichen Situation besser schützt. Des Weiteren soll ein entsprechendes Verfahren zum Betreiben einer Hörervorrichtung angegeben werden.

[0006] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch eine Hörervorrichtung mit einer Richtungsdetektionseinrichtung zum Detektieren einer Richtung, aus der von einer Schallquelle ein Schallsignal bei der Hörervorrichtung eintrifft, und einer Signalverarbeitungseinrichtung zum Verarbeiten des eintreffenden Schallsignals in Abhängigkeit von der detektierten Richtung, sowie einer Geräuschklassifikationseinrichtung zum Klassifizieren des von der Schallquelle eintreffenden Schallsignals in Signalklassen, so dass das eintreffende Schallsignal in der Signalverarbeitungseinrichtung auch in Abhängigkeit von der Signalklasse verarbeitbar ist.

[0007] Ferner ist erfindungsgemäß vorgesehen ein Verfahren zum Betreiben einer Hörervorrichtung durch Detektieren einer Richtung, aus der von einer Schallquelle ein Schallsignal eintrifft, und Verarbeiten des eintreffenden Schallsignals in Abhängigkeit von der detektierten Richtung, Klassifizieren des von der Schallquelle eintreffenden Schallsignals in Signalklassen und Verarbeiten des eintreffenden Schallsignals auch in Abhängigkeit von der Signalklasse.

[0008] Vorzugsweise umfasst die Richtungsdetektionseinrichtung in der Hörervorrichtung ein adaptives Richtmikrofon. Die Richtcharakteristik des Richtmikrofons kann beispielsweise in Abhängigkeit von der Signalklasse eingestellt werden. Alternativ oder zusätzlich kann die Richtcharakteristik des Mikrofons aber auch in Abhängigkeit von der Frequenz eines eintreffenden Schallsignals eingestellt werden. Damit kann die eine oder die mehreren Einkerbungen bzw. Notches einer Richtmikrofoncharakteristik abhängig von der Signalklasse und/oder Frequenz in eine gewünschte Richtung gedreht werden. Bei vorgegebenen Signalklassen, die beispielsweise eine Gefahr signalisieren, kann somit die Störunterdrückung in ihrer Qualität entsprechend variiert werden.

[0009] Die Hörervorrichtung kann eine Signalausgabeeinrichtung zur Ausgabe eines Signals über die Signalklasse des eintreffenden Schallsignals an den Träger der Hörervorrichtung aufweisen. Ebenso kann von dieser Signalausgabeeinrichtung ein Signal über die Richtung des eintreffenden Schallsignals an den Träger der Hörervorrichtung ausgegeben werden. Das ausgegebene Signal kann dabei ein Sprachsignal oder ein taktiler Reiz, z.B. eine Vibration, sein. Damit ist es beispielsweise möglich, mit einer in einem Hörgerät generierten Sprache dem Hörgeräteträger in einer gefährlichen Situation eine Hilfestellung in Form von zusätzlicher Information zu geben. Diese zusätzliche Information kann beispielsweise die Art der Gefahrenquelle sowie deren Richtung betreffen. Die Integration eines entsprechenden informationsgebenden Systems in beispielsweise ein Hörgerät hat den Vorteil der lautheitsgerechten Präsentation einer Warnung. Dies bedeutet, dass sichergestellt werden kann, dass die Information beim Nutzer ankommt, im Gegensatz zum Geräusch eines Fahrrads oder Mopeds, welches gegebenenfalls nicht ausreichend verstärkt wurde.

[0010] Neben der bereits erwähnten Ausgestaltung der Hörervorrichtung als Hörgerät ist prinzipiell auch eine Ausgestaltung als Kopfhörer oder Head-Set denkbar. Damit ist es beispielsweise möglich, dass der Träger eines Kopfhörers auf das Schreien eines Babys aufmerksam gemacht wird.

[0011] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnung näher erläutert, die ein Blockschaltbild eines erfindungsgemäßen Hörgeräts darstellt.

[0012] Das nachfolgend näher beschriebene Ausführungsbeispiel stellt eine bevorzugte Ausführungsform der vorliegenden Erfindung dar.

[0013] Ein erfindungsgemäßes Hörgerät umfasst, wie es in der Figur schematisch dargestellt ist, ein Richtmikrofon RM. Dieses Richtmikrofon RM kann bei binauraler Versorgung durch die Mikrofone aus beiden Seiten realisiert werden. Das Richtmikrofon RM liefert an eine Signalverarbeitungseinrichtung VE neben den akustischen Signalen auch eine Richtungsinformation. Diese kann dazu verwendet werden, die Richtcharakteristik RC, die in der Figur gestrichelt angedeutet ist, des Richtmikrofons RM in gewünschter Weise auszurichten.

[0014] Die Richtcharakteristik RC besitzt eine oder mehrere Einkerbungen bzw. Notches. In der Figur ist ein Notch N eingezeichnet. In der durch den Notch N gekennzeichneten Raumrichtung ist die Empfindlichkeit des Richtmikrofons RM am geringsten.

[0015] Üblicherweise wird die Richtcharakteristik RC eines Richtmikrofons RM an einer Störquelle Q ausgerichtet. Dies erfolgt, indem der oder die Notches N auf die Störquelle Q gerichtet werden. Durch dieses Drehen der Richtcharakteristik können Störgeräusche aus der Richtung der Störquelle Q wirksam unterdrückt werden.

[0016] Der Einfachheit halber könnte die Richtungsinformation in Quadranten quantisiert werden. Dementsprechend könnte beispielsweise gemäß der vorliegenden Figur die Richtung der Störquelle Q mit "hinten links" bezeichnet werden.

[0017] Das Richtmikrofon RM liefert das aufgenommene Schallsignal gegebenenfalls auch vorverarbeitet an einen Geräuschklassifikator GK. Dieser teilt die empfangenen Signale in mehrere Signalklassen ein. Aufgrund dessen können Informationen über vorliegende Gefahren erhalten werden. Als Signalklassen sind beispielsweise denkbar: Babygeschrei, Fahrradklingeln, Straßenbahngeräusch, etc. Die aufgenommenen Schallsignale können auch lediglich hinsichtlich Lautheit klassifiziert werden. Aufgrund dieser Klassifikationsinformation kann von dem Hörgerät HG bzw. seiner Signalverarbeitungseinrichtung VE erkannt werden, aus welcher Richtung gegebenenfalls Gefahr droht.

[0018] Wenn sich nun beispielsweise eine Straßenbahn von links auf den Hörgeräteträger nähert, kann die Information über die Art des Geräusches und dessen Richtung von der Signalverarbeitungseinrichtung VE an einen Signalgenerator SG übermittelt werden. In ihm wird mittels eines bekannten Algorithmus ein Sprachsignal hinsichtlich der Störsignalquelle Q generiert. Dieses Sprachsignal wird an den Hörer H des Hörgeräts mit ausreichender Lautstärke weitergeleitet. Dadurch erhält der Hörgeräteträger die Informationen über die Störsignalquelle Q sicher auf akustischem Wege.

[0019] Alternativ oder zusätzlich kann der Signalgenerator SG auch einen in das Hörgerät HG integrierten Vibrator ansteuern, wenn das Signal einer bestimmten Signalklasse, z. B. Fahrradklingeln, eine bestimmte vorgegebene Schwelle übersteigt oder beim Näherkommen des Fahrrads lauter wird.

[0020] Die Signalsausgabe des Hörgeräts HG kann aber auch über andere Wege erfolgen. So ist es denkbar, dass das Hörgerät HG die gewonnene Information über Richtung und Art des Geräusches an ein Mobilfunktelefon übermittelt und dort einen entsprechenden Vibrationsalarm oder dergleichen auslöst.

[0021] Durch ein adaptives Richtmikrofon RM kann aber auch eine Aussage über die Bewegung eines Objekts erhalten werden. Dementsprechend kann bei einer Weiterbildung des erfindungsgemäßen Hörgeräts HG durch den Signalgenerator SG und den Hörer H eine Sprachausgabe erfolgen, mit der Informationen über die Bewegung des Objekts an den Hörgerätsträger ausgegeben werden.


Ansprüche

1. Hörervorrichtung mit

- einer Richtungsdetektionseinrichtung zum Detektieren einer Richtung, aus der von einer Schallquelle (Q) ein Schallsignal bei der Hörervorrichtung eintrifft, und

- einer Signalverarbeitungseinrichtung (VE) zum Verarbeiten des eintreffenden Schallsignals in Abhängigkeit von der detektierten Richtung,

gekennzeichnet durch

- eine Geräuschklassifikationseinrichtung (GK) zum Klassifizieren des von der Schallquelle (Q) eintreffenden Schallsignals in Signalklassen, so dass das eintreffende Schallsignal in der Signalverarbeitungseinrichtung (VE) auch in Abhängigkeit von der Signalklasse verarbeitbar ist.


 
2. Hörervorrichtung nach Anspruch 1, wobei die Richtungsdetektionseinrichtung ein adaptives Richtmikrofon (RM) umfasst.
 
3. Hörervorrichtung nach Anspruch 2, wobei die Richtcharakteristik des Richtmikrofons (RM) in Abhängigkeit von der Signalklasse einstellbar ist.
 
4. Hörervorrichtung nach Anspruch 2 oder 3, wobei die Richtcharakteristik des Richtmikrofons (RM) in Abhängigkeit von der Frequenz eines eintreffenden Schallsignals einstellbar ist.
 
5. Hörervorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, die eine Signalausgabeeinrichtung (SG, H) zur Ausgabe eines Signals über die Signalklasse des eintreffenden Schallsignals an den Träger der Hörervorrichtung aufweist.
 
6. Hörervorrichtung nach Anspruch 5, wobei von der Signalausgabeeinrichtung (SG, H) ein Signal über die Richtung des eintreffenden Schallsignals an den Träger der Hörervorrichtung ausgebbar ist.
 
7. Hörervorrichtung nach Anspruch 5 oder 6, wobei die Signalausgabeeinrichtung (SG, H) ein Ausgabeelement zur Sprachausgabe aufweist.
 
8. Hörervorrichtung nach einem der Ansprüche 5 bis 7, wobei die Signalausgabeeinrichtung (SG, H) ein Ausgabeelement für taktile Reize aufweist.
 
9. Hörervorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, die als Hörgerät (HG), Kopfhörer oder Head-Set ausgestaltet ist.
 
10. Verfahren zum Betreiben einer Hörervorrichtung durch

- Detektieren einer Richtung, aus der von einer Schallquelle (Q) ein Schallsignal eintrifft, und

- Verarbeiten des eintreffenden Schallsignals in Abhängigkeit von der detektierten Richtung,

gekennzeichnet durch

- Klassifizieren des von der Schallquelle eintreffenden Schallsignals in Signalklassen und

- Verarbeiten des eintreffenden Schallsignals auch in Abhängigkeit von der Signalklasse.


 
11. Verfahren nach Anspruch 10, wobei eine Richtcharakteristik eines Richtmikrofons (RM) in Abhängigkeit von der Signalsklasse des eintreffenden Schallsignals eingestellt wird.
 
12. Verfahren nach Anspruch 11, wobei die Richtcharakteristik des Richtmikrofons (RM) in Abhängigkeit von der Frequenz des eintreffenden Schallsignals eingestellt wird.
 
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 12, wobei ein Signal über die Signalklasse des eintreffenden Schallsignals an den Träger der Hörervorrichtung ausgegeben wird.
 
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 13, wobei ein Signal über die Richtung des eintreffenden Schallsignals an den Träger der Hörervorrichtung ausgegeben wird.
 
15. Verfahren nach Anspruch 13 oder 14, wobei das Signal über die Richtung oder das Signal über die Signalklasse in Form von Sprache ausgegeben wird.
 
16. Verfahren nach einem der Ansprüche 13 bis 15, wobei das Signal über die Richtung und/oder das Signal über die Signalklasse als taktiler Reiz ausgegeben wird.
 




Zeichnung