[0001] Die Erfindung betrifft eine modular aufgebaute Seitenwand eines Wagenkastens, insbesondere
für Schienenfahrzeuge, und ein Verfahren zur Herstellung einer solchen Seitenwand.
[0002] Zwischen den Herstellern von Schienenfahrzeugen und ihren Kunden werden häufig so
genannte Local-Content-Verträge abgeschlossen, in denen sich die Hersteller verpflichten,
bei der Fertigung ihrer Fahrzeuge einen definierten Teil der Wertschöpfung im jeweiligen
Land der Kunden zu erbringen. Diese Verpflichtung kann dadurch erfüllt werden, dass
die Herstellung der Fahrzeuge im Land der Kunden durch Zusammenfügen von vollständig
gelieferten Baugruppen (Untergestell, Seitenwände, Stirnwände, Dach, Fahrzeugkopf)
erfolgt. Eine Herstellung auch dieser Baugruppen, beispielsweise der Seitenwände,
im Land der Kunden ist häufig ein Problem, weil vor Ort komplett ausgestattete Fertigungswerkstätten
und qualifiziertes Personal fehlen.
[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Seitenwand so auszubilden, dass sie
auf möglichst einfache, kostengünstige Weise an individuelle Kundenwünsche angepasst
werden kann und ohne aufwändige technische Ausstattung und Qualifikation des Personals
an beliebigen Fertigungsstandorten herstellbar ist.
[0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine Seitenwand mit den in Anspruch
1 angegebenen Merkmalen. Hierbei besteht die Seitenwand aus Modulsektionen, deren
Bestandteile - wie Obergurt, Untergurt, Spanten, Blindfeldbleche, Pfetten, und gegebenenfalls
auch Längsprofile zur Aufnahme von Fahrgastsitzen sowie Befestigungselemente für Dachaggregate
- einen ausschließlich durch Kaltfügetechnik mit hoher Passgenauigkeit montierbaren
Bausatz darstellen. Dies ist möglich, weil bei diesem Bausatz alle für das Kaltfügen
notwendigen Fügestellen, vorzugsweise durch Einbringen von Nietlöchern, bei der Vorfertigung
der besagten Bestandteile erzeugt sind.
[0005] Das in Anspruch 9 aufgezeigte Verfahren zur Herstellung einer modular aufgebauten
Seitenwand mit den zuvor genannten Merkmalen ist gekennzeichnet durch die Montage
einer Modulsektion in Kaltfügetechnik durch Ausrichten der Spanten, Auflegen des Obergurts,
des Untergurts, und der inneren Blindfeldbleche, Vorpositionieren durch Setzen ausgewählter
Niete, Fertignieten, Aufsetzten der Pfetten und der äußeren Blindfeldbleche und abschließendes
Nieten im Bereich der inneren Blindfeldbleche.
[0006] Vorteilhafte Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Seitenwand sind in den Unteransprüchen
2 bis 8 angegeben.
[0007] Die Seitenwand nach der Erfindung kann auf einfache Weise an individuelle Kundenwünsche
angepasst werden, indem beispielsweise die Spanten des Bausatzes der gewollten Außenkontur
des Wagenkastens entsprechende Biegungen aufweisen. Weiter vorteilhaft ist die Seitenwand
durch Kaltfügen des Bausatzes einfach und schnell montierbar. Diese Montage kann an
beliebigen Standorten durchgeführt werden, wobei weder komplett ausgestattete Produktionseinrichtungen
für Schienenfahrzeuge noch Fachpersonal benötigt werden.
[0008] Im Weiteren wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels näher beschrieben,
das in der Zeichnung prinzipartig dargestellt ist. Es zeigen
- Fig. 1
- eine Seitenwand eines Wagenkastens in Perspektivansicht auf ihre Außenseite,
- Fig. 2
- die um 180° gedrehte Seitenwand nach Fig. 1 in Perspektivansicht auf ihre Innenseite.
[0009] Die gezeigte Seitenwand hat zwei Modulsektionen 1 und 2. Im Ausführungsbeispiel ist
diese Seitenwand nach außen gewölbt und für einen Wagenkasten bestimmt, der einen
oberhalb eines Drehgestells angeordneten erhöhten Fußbodenabschnitt (Hochflurbereich)
und einen sich daran anschließenden niederflurigen Fußbodenabschnitt (Niederflurbereich)
aufweist. Dementsprechend gehören die niedrigere Modulsektion 1 zum Hochflurbereich
und die höhere Modulsektion 2 zum Niederflurbereich des Wagenkastens. Dem Verbinden
der beiden Modulsektionen 1 und 2 dient eine Verbindungslasche 14, die jeweils durch
Nieten an benachbarten Längsabschnitten der Modulsektionen 1 und 2 befestigt ist.
Es versteht sich, dass auch eine nicht gewölbte, ebene Seitenwand und Modulsektionen
mit gleicher Höhe möglich sind.
[0010] Jede Modulsektion 1 und 2 besteht aus einem Obergurt 3, einem Untergurt 4, Spanten
5, inneren Blindfeldblechen 6, äußeren Blindfeldblechen 7, Pfetten 8, Längsprofilen
9 zur Aufnahme von Fahrgastsitzen sowie Befestigungselementen 10 zur Anbindung von
Dachaggregaten, wobei die Längsprofile 9 und die Befestigungselemente 10 optional
sind. Außerdem kann im Türbereich ein Versteifungselement 11 angeordnet sein. Die
vorgenannten Bestandteile der Modulsektionen 1 und 2 haben eine hohe Eigenstabilität
und stellen einen ausschließlich durch Kaltfügetechnik montierbaren Bausatz dar. Alle
für das Kaltfügen der Modulsektionen 1 und 2 aus diesem Bausatz notwendigen Fügestellen
sind bei der Vorfertigung der besagten Bestandteile 3 bis 9 sowie gegebenenfalls auch
10 und 11 mit hoher Passgenauigkeit erzeugt, und zwar insbesondere im Sinne von Rasterfeldern
durch Einbringen von Nietlöchern für bevorzugte Blindniete und Blindnietmuttern. Durch
Einsatz moderner Fertigungstechnologien (wie z. B. Laser-Schneidverfahren) gelingt
es, eine derart hohe Passgenauigkeit zu erreichen, dass die Modulsektionen 1 und 2
ohne die im Waggonbau üblichen Montagevorrichtungen zusammengefügt werden können.
[0011] Der Obergurt 3, der Untergurt 4 und die Blindfeldbleche 6 und 7 bestehen aus CNC-gebogenen
und abgekanteten Blechen. Die Spanten 5 sind aus Metallprofilen oder Rechteckrohren
durch Biegen und 3D-Laserschneiden hergestellt. Die oberen Spanten 5 und auch die
Endspanten 5 weisen dachseitig durch verzugsarmes Laserschweißen angebrachte Schnellmontage-Kuppelelemente
11 aus Feinguss auf, die eine kaltfügbare Schnittstelle 15 für den Anschluss eines
Daches bilden. An den unteren Spanten 5 und an den Endspanten 5 sind untergestellseitig
Schnellmontage-Kuppelelemente 12 durch verzugsarmes Laserschweißen angebracht, die
eine kaltfügbare Schnittstelle 16 für den Anschluss eines Untergestelles bilden. Die
Pfetten 8 und die Längsprofile 9 zur Aufnahme von Fahrgastsitzen bestehen aus Blechen
und sind durch 2D-Laserschneiden und Abkanten hergestellt. Die äußeren Endspanten
5 der Modulsektionen 1 und 2 sind zusätzlich jeweils als Schnittstellen 17 für einen
schnell montierbaren Anschluss einer Stirnwand oder eines Fahrzeugkopfes ausgebildet,
wobei diese Schnittstellen 17 in die Endspanten 5 eingeschweißte Buchsen enthalten
können.
[0012] Die in der tragenden Struktur der Seitenwand enthaltenen Fügestellen und die dort
angeordneten Niete, speziell die Blindnietmuttern, definieren vorteilhafte Rasterfelder
und schaffen damit die Möglichkeit, die Seitenwand auf flexible Weise mit einer Außenverkleidung
und einer Innenverkleidung auszustatten. Die Bauteile der vorgenannten Verkleidungen
können in den Gewinden der Blindnietmuttern gehaltert sein. Eine weitere Komplettierung
der Seitenwand ist durchaus möglich, beispielsweise durch Montieren von Fenstern,
Sitzen, Kabeln und Isolierung, so dass letztlich eine vollständig ausgerüstete Seitenwand
an den Fügestellen 15, 16 und 17 mit Dach, Untergestell, Stirnwand und Fahrzeugkopf
verbunden wird.
[0013] Die Montage der tragenden Struktur jeder der beiden Modulsektionen 1 und 2 in Kaltfügetechnik
erfolgt durch Ausrichten der Spanten 5, Auflegen des Obergurts 3, des Untergurts 4
und der inneren Blindfeldbleche 6, Vorpositionieren durch Setzen ausgewählter Niete,
Fertignieten, Aufsetzten der Pfetten 8 und der äußeren Blindfeldbleche 7 sowie abschließendes
Nieten im Bereich der inneren Blindfeldbleche 6. In besonders hoch beanspruchten Bereichen
der tragenden Struktur besteht die Möglichkeit, im Bereich des jeweiligen Nietes eine
verzugsarme LaserSchweißnaht anzubringen. Durch diese Schweißnähte wird insbesondere
eine Schubsicherung erreicht.
Liste der Bezugszeichen
[0014]
- 1
- Modulsektion einer Seitenwand (Hochflursektion)
- 2
- Modulsektion einer Seitenwand (Niederflursektion)
- 3
- Obergurt
- 4
- Untergurt
- 5
- Spanten
- 6
- innere Blindfeldbleche
- 7
- äußere Blindfeldbleche
- 8
- Pfetten (Stringer)
- 9
- Längsprofile zur Aufnahme von Fahrgastsitzen
- 10
- Befestigungselemente für Dachaggregate
- 11
- Versteifungselement im Türbereich
- 12
- dachseitige Schnellmontage-Kuppelelemente
- 13
- untergestellseitige Schnellmontage-Kuppelelemente
- 14
- Verbindungslasche der Modulsektionen
- 15
- Schnittstelle für Dachanschluss
- 16
- Schnittstelle für Untergestellanschluss
- 17
- Schnittstelle für Stirnwand- bzw. Kopfanschluss
1. Modular aufgebaute Seitenwand eines Wagenkastens, insbesondere für Schienenfahrzeuge,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Seitenwand aus Modulsektionen (1, 2) besteht, deren Bestandteile - wie Obergurt
(3), Untergurt(4), Spanten (5), Blindfeldbleche (6, 7), Pfetten (8), und gegebenenfalls
auch Längsprofile (9) zur Aufnahme von Fahrgastsitzen sowie Befestigungselemente (10)
für Dachaggregate - einen ausschließlich durch Kaltfügetechnik mit hoher Passgenauigkeit
montierbaren Bausatz darstellen, bei dem alle für das Kaltfügen notwendigen Fügestellen,
vorzugsweise durch Einbringen von Nietlöchern, bei der Vorfertigung der besagten Bestandteile
(3 bis 10) erzeugt sind.
2. Modular aufgebaute Seitenwand nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Obergurt (3), der Untergurt (4) und die Blindfeldbleche (6, 7) aus CNC-gebogenen
und abgekanteten Blechen bestehen.
3. Modular aufgebaute Seitenwand nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Spanten (5) aus Metallprofilen oder Rechteckrohren durch Biegen und 3D-Laserschneiden
hergestellt sind.
4. Modular aufgebaute Seitenwand nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Spanten (5) dachseitig durch verzugsarmes Laserschweißen angebrachte, bevorzugt
aus Feinguss bestehende Kuppelelemente (12) aufweisen, die eine kaltfügbare Schnittstelle
(15) für den Anschluss eines Daches bilden.
5. Modular aufgebaute Seitenwand nach Anspruch 3 oder 4,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Spanten (5) untergestellseitig durch verzugsarmes Laserschweißen angebrachte,
bevorzugt aus Feinguss bestehende Kuppelelemente (13) aufweisen, die eine kaltfügbare
Schnittstelle (16) für den Anschluss eines Untergestelles bilden.
6. Modular aufgebaute Seitenwand nach einem der Ansprüche 3 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, dass
die äußeren Endspanten (5) eingeschweißte Buchsen enthalten, die eine kaltfügbare
Schnittstelle (17) für den Anschluss einer Stirnwand und/oder eines Fahrzeugkopfes
bilden.
7. Modular aufgebaute Seitenwand nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Pfetten (8) und die Längsprofile (9) zur Aufnahme von Fahrgastsitzen aus Blechen
bestehen und durch 2D-Laserschneiden und Abkanten hergestellt sind.
8. Modular aufgebaute Seitenwand nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet, dass
für das Verbinden von zwei in Reihe angeordneten Modulsektionen (1, 2) eine Verbindungslasche
(14) vorgesehen ist, die jeweils durch Nieten an benachbarten Längsabschnitten der
Modulsektionen (1, 2) befestigt ist.
9. Verfahren zur Herstellung einer modular aufgebauten Seitenwand mit den Merkmalen insbesondere
nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Montage einer Modulsektion (1, 2) in Kaltfügetechnik durch Ausrichten der Spanten
(5), Auflegen des Obergurts (3), des Untergurts (4), und der inneren Blindfeldbleche
(6), Vorpositionieren durch Setzen ausgewählter Niete, Fertignieten, Aufsetzten der
Pfetten (8) und der äußeren Blindfeldbleche (7) und abschließendes Nieten im Bereich
der inneren Blindfeldbleche (6) erfolgt.