[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Zugvollständigkeitskontrolle
eines schienengebundenen Zuges.
[0002] Die Zugvollständigkeitskontrolle ist eine sehr wichtige Funktion im Zugverkehr, weil
aus Stellwerk- und/oder Leittechnik-seitiger Sicht aus der quittierten Vollständigkeitskontrolle
eines Zuges abgeleitet wird, dass ein bestimmter Fahrabschnitt frei ist. Vergleichsweise
einfach die Zugvollständigkeitskontrolle bei modernen Zugkompositionen, wie z.B. einem
ICE der deutschen Bahn AG oder einem ICN der schweizerischen Bundesbahnen AG oder
vergleichbaren Hochgeschwindigkeitszügen, bei denen die einzelnen Waggons zumeist
über einen sogenannten Zugbus in datentechnischer Weise verbunden sind und das Abreissen
eines oder mehrerer Waggons durch einen Unterbruch des Zugbusses festgestellt werden
würde. Trotzdem verbleibt auch hier noch die Aufgabe zu lösen, wie schliesslich auch
das Stellwerk und/oder das Leitsystem von dieser ungewollten Zugtrennung erfährt und
den betreffenden Streckenabschnitt sperrt und/oder die weitergefahrene Teilkomposition
zum Anhalten bringt, sofern letzteres nicht schon durch eine Selbstzwangsbremsung
der weitergefahrenen Teilkomposition erreicht wurde, die automatisch eingeleitet wird,
wenn der Zugbus auf freier Strecke unterbrochen wird.
[0003] So ist zum Beispiel zur Zugvollständigkeitskontrolle aus dem deutschen Patent 198
28 906 ein Verfahren bekannt, bei dem das den Zug führende Fahrzeug ein vordefiniertes
Druckanstiegs-, - halte- und -senkungsmuster aussendet, das von einem Druckmessgerät
in der Erkennungs- und Kommunikationseinheit registriert und ausgewertet wird. Dabei
quittiert die Erkennungs- und Kommunikationseinheit das Registrieren des Druckmusters
durch Aussenden eines Drucksignals durch die Hauptluftleitung, wozu ein mit dem Druckmessgerät
verbundenes steuerbares Entlüftungsventil kurzzeitig geöffnet wird. Nachteilig ist
es hierbei zum einen, dass eine Energieversorgung für die Erkennungs- und Kommunikationseinheit
vorgesehen sein muss, damit beispielsweise das Druckmuster ausgewertet und entsprechend
darauf reagiert werden kann, und zum anderen, dass es zwar dem den Zug führenden Fahrzeug
bekannt ist, dass der Zug (noch) vollständig ist, aber dies nicht an die Einheiten
zur Zuglenkung (Stellwerk, Leittechnik) gemeldet ist.
[0004] Weiter ist aus der deutschen Offenlegungsschrift 198 32 603 eine Einrichtung zur
Zugintegritätskontrolle und/oder Zuglängenmessung bekannt, bei dem das Triebfahrzeug
eines Fahrzeugverbandes in mindestens eine Schiene des von ihm befahrenen Gleises
Ultraschallsignale einspeist. Jedes auf der Schiene befindliche Fahrzeugrad des Zuges
bildet für diese Ultraschallsignale eine Störstelle, die zum Reflektieren eines Bruchteils
der eingekoppelten Strahlung führt. Das Triebfahrzeug wertet die reflektierten Signale
hinsichtlich Frequenz, Amplitude und ggfs. Zeitverhalten aus und erkennt hieraus die
Anzahl und ggfs. den Abstand der Fahrzeugradsätze. Über eine Sende/Empfangseinrichtung
kann das Triebfahrzeug entsprechende Meldungen zusammen mit Ortungsmeldungen an andere
Züge und/oder Streckeneinrichtungen übermitteln. Nachteilig bei dieser Lösung kann
es sein, dass es aufgrund von Schienenunterbrüchen, Schienenstörstellen, Weichen und
dergleichen möglich sein kann, dass es zu Verfälschungen des reflektierten Signals
kommen kann, welches somit unrichtige Schlüsse über die Integrität des Zugverbandes
nach sich ziehen kann.
[0005] Ausserdem ist aus der deutschen Patentanmeldung 197 50 755 eine Anordnung bekannt,
bei der ein auf dem letzten Wagen angeordneter Druckluftgenerator eine elektrische
Leistung generiert, mit der eine am Zugende anzubringende Sendeeinheit versorgt wird.
Die Sendeeinheit sendet elektromagnetische Signale aus, die von dem den Zug führenden
Fahrzeug erfasst werden, wobei mit der Erfassung dieser Signale auf die Vollständigkeit
des Zuges geschlossenen wird. Auch hier verbleibt die zwei schon vorstehend erwähnten
Probleme, dass zum einen der letzte Wagen des Fahrzeugs mit einem entsprechende Druckluftgenerator
und der Sendeeinheit ausgerüstet sein muss und zum anderen die fahrzeugseitig vorliegende
Information über die Vollständigkeit des Zuges nicht für die Zuglenkung zur Verfügung
steht.
[0006] Bekannt und im Einsatz für die Kontrolle auf Zugvollständigkeit sind Gleichstromkreise
für Streckenabschnitte (Blockabschnitte) wie auch Achszähler für das Ein- und das
Auszählen der Achsen eines Zuges im jeweiligen Streckenabschnitt. Schienenkontakte
sind nur beschränkt tauglich für eine solche Überwachung. Diese Verfahren haben aber
auch Nachteile. Der Gleichstromkreis bekundet zum Beispiel Schwierigkeiten bei Rost
an der Schiene und/oder den Rädern, entstanden durch z.B. nicht regelmässige Befahrung,
und die Abschnittlänge ist durch das Verfahren des Kurzschlusses relativ stark beschränkt.
Der Achszähler ist nicht besonders zweckmässig bei sehr kleinen Rädern (z.B. LKW-Huckepack-Waggons).
Ausserdem können in Ausnahmesituationen, die aber eigentlich sicherheitstechnisch
unbedingt auszuschliessen sind, Beeinträchtigungen der Zählung durch elektro-magnetische
Einwirkungen vom Traktionsstrom oder Einrichtungen am Fahrzeug, wie z.B. lineare Wirbelstrombremsen,
nicht sicher ausgeschlossen werden.
[0007] Es ist daher die Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren und eine Einrichtung zur Zugvollständigkeitskontrolle
anzugeben, mit denen es möglich ist, eine Zugvollständigkeitskontrolle durch nur wenige
zusätzliche Komponenten durchzuführen und zugleich das Ergebnis der Vollständigkeitskontrolle
an die eigentliche Zuglenkung zu übertragen.
[0008] Die Aufgabe wird bezüglich des Verfahrens erfindungsgemäss dadurch gelöst, dass ein
Verfahren zur Zugvollständigkeitskontrolle eines schienengebundenen Zuges, wie z.B.
einem beliebig zusammenstellbaren Personen- und/oder Güterzug vorgesehen ist, bei
dem
- A
- bei Überfahrt des Zuges über einen Streckenpunkt ein die Zugspitze repräsentierendes
erstes Signal übertragen wird;
- B
- der Eingang des Signals und/oder die Art des ersten Signals im Streckenpunkt und/oder
einer diesem Streckenpunkt zugeordneten Steuereinheit registriert wird;
- C
- bei Überfahrt des Zuges über den Streckenpunkt ein das Zugende repräsentierendes zweites
Signal übertragen wird;
- D
- der Eingang des zweiten Signals und/oder die Art des zweiten Signals im Streckenpunkt
und/oder einer diesem Streckenpunkt zugeordneten Steuereinheit registriert wird; und
- E
- anhand des Eingangs des ersten und zweiten Signals und/oder anhand eines Vergleichs
der Art des ersten Signals mit der Art des zweiten Signals im Streckenpunkt und/oder
der diesem Streckenpunkt zugeordneten Steuereinheit entschieden wird, ob der Streckenpunkt
von dem vollständigen Zug überfahren wurde.
[0009] Dieses Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass die Aussendung des ersten und des
zweiten Signals mit vergleichsweise technisch einfachen Mitteln erzielt werden können
und zugleich der mit den Vorrichtungen zur Zugbeeinflussung/Zuglenkung verbundene
Streckenpunkt bzw. dessen Steuereinheit ein entsprechendes Vollständigkeitssignal
in Richtung an den Zug selbst oder an ein Stellwerk/Leitsystem absetzen können.
[0010] Eine hinsichtlich des Installationsbedarfs und der Steuerungstechnik vergleichsweise
einfach umzusetzende Ausgestaltung der Erfindung ergibt sich, wenn ein zweiter Streckenpunkt,
dessen Abstand vom ersten Streckenpunkt grösser ist als ein oberer Grenzwert für eine
zulässige Zuglänge, vorgesehen wird, wobei das Ergebnis der Vollständigkeitskontrolle
vom ersten Streckenpunkt und/oder der dem ersten Streckenpunkt zugeordneten Steuereinheit
auf den zweiten Streckenpunkt und/oder der dem zweiten Streckenpunkt zugeordneten
Steuereinheit übertragen wird. Damit hat dieser zweite Streckenpunkt und/oder seine
Steuereinheit die Information über den Zugzustand hinsichtlich der Vollständigkeit
und kann entsprechende Massnahmen einleiten.
[0011] In einer zweckmässigen Weiterbildung dieser vorstehenden Merkmale kann das Ergebnis
der Zugvollständigkeitskontrolle am zweiten Streckenpunkt und/oder der diesen zweiten
Streckenpunkt zugeordneten Steuereinheit auf eine zugseitige Zugsteuerungseinheit
übertragen wird. Eine derartige Zugsteuerungseinheit kann beispielsweise das Steuergerät
der Lokomotive oder des Steuerwagens sein. Bei Vollständigkeit des Zuges wird dem
Zugführer möglicherweise nur ein optischer und/oder akustischer Hinweis auf die tatsächliche
Zugvollständigkeit gegeben. Bei einer Mitteilung der fehlenden Vollständigkeit an
die Zugsteuerungseinheit wird diese entsprechende Massnahmen zur Unfallverhütung einleiten.
So kann es vorgesehen sein, dass die Zugsteuerungseinheit über Zugfunk oder GSM-R
eine entsprechende Mitteilung an ein Stellwerk oder eine Leitstelle absetzt. Diese
wiederum können zur Konfliktlösung den verbleibenden Rest-Zug beispielsweise zunächst
weiterfahren lassen, bis der Rest-Zug auf einem Ausweichgleis oder einem freien Bahnhofsgleis
oder einem Service-Bereich angehalten werden kann. Zur Vermeidung eines Auffahrunfalls
auf den oder die verlorenen Wagen wird der Gleisabschnitt, auf welchem der Verlust
der Zugvollständigkeit eingetreten ist, als "Belegt" markiert und die Bergung der
verlorenen Wagen je nach Dringlichkeit für die Gleisabschnittsverfügbarkeit sofort
oder auch zeitverzögert eingeleitet.
[0012] Alternativ oder aber auch ergänzend kann es vorgesehen sein, das Ergebnis der Zugvollständigkeitskontrolle
am zweiten Streckenpunkt und/oder der diesen zweiten Streckenpunkt zugeordneten Steuereinheit
auf eine streckenseitige Zugsteuerungseinheit zu übertragen. Eine streckenseitige
Zugsteuerungseinheit kann dabei beispielsweise ein Signal oder eine Signalkette und/oder
eine Weiche oder eine Weichenkette sein. Mit erstem lässt sich der Rest-Zug beispielsweise
ummittelbar an einer gewünschten Position anhalten. Mit zweiterem ist der Rest-Zug
auf einen gewünschten Gleisabschnitt steuerbar und ebenfalls bedarfsgemäss anzuhalten.
[0013] Das vorstehend erwähnte erste Signal kann beispielsweise eine von der Lokomotive
emittierte Abstrahlkeule sein, mit deren übertragener Energie beispielsweise auch
in diversen Zugsicherungssystemen Signalbegriffe aus Streckenpunkten ausgelesen werden.
Dabei kann es vorteilhaft sein, diese mit dem ersten Signal übertragene Energie im
Streckenpunkt bzw. in der dem Streckenpunkt zugeordneten Steuereinheit zu speichern,
damit der Streckenpunkt und/oder die Steuereinheit diese gespeicherte Energie im weiteren
Verfahren nutzen kann und somit von einer zusätzlichen Energieversorgung autark betrieben
werden kann. So ist es beispielsweise direkt möglich, diese gespeicherte Energiemenge
zu verwenden, die Aussendung des zweiten Signals zu initiieren. Mit anderen Worten
heisst dies, dass die gespeicherte Energie genutzt werden kann, um die Aussendung
des zweiten Signals zu triggern. So kann die gespeicherte Energie vorteilhaft genutzt
werden, um von der dem Streckenpunkt zugeordneten Steuereinheit eine Energiemenge
abzurufen, die wiederum von dem Streckenpunkt genutzt wird, ein Abfragesignal auszusenden.
Dabei kann die Leistung des abgestrahlten Abfragesignals so eingestellt sein, dass
der Sender des zweiten Signals sich aus diesem Abfragesignal zum Aussenden des zweiten
Signals speisen kann.
[0014] Zur Erleichterung der Isolierung der Daten der verschiedenen Signale und/oder zur
besseren Einstellbarkeit der übertragenen Energie ist es zweckmässig, wenn die Frequenz
des ersten Signals, des Abfragesignals und des zweiten Signals voneinander abweichend
gestaltet sind. Typischerweise kann dabei die Frequenz des ersten Signals im Bereich
von 27 MHz liegen. Weil das Abfragesignal, z.B. auch zwecks entsprechender Energieübertragung
und zur Vermeidung des Übersprechens auf benachbarte Gleise, eher im Nahbereich liegen
sollte, ist hier sinnvoll, wenn die Frequenz des Abfragesignals im Bereich einiger
MHz liegt. Besonders aus dem Grund, dass die Reichweite des zweiten Signals ja nur
im Bereich von etwa 1 m liegen muss, kann auch die Frequenz des zweiten Signals im
Bereich einiger MHz liegen, wobei die zur Abstrahlung des zweiten Signals erforderliche
Leistung extrem klein sein kann.
[0015] Zur Verringerung des Übersprechens kann es zudem vorgesehen sein, dass der Streckenpunkt
zumindest partiell seitlich abgeschirmt ist.
[0016] Zur Auswertung des ersten und des zweiten Signals im besonderen im Hinblick auf die
Folgerung, dass das erste und/oder zweite Signal tatsächlich vorgelegen hat, können
das erste und/oder das zweite Signal hinsichtlich ihres Signalpegels analysiert werden.
Dabei kann für das erste und das zweite Signal ein erster bzw. ein zweiter unterer
Grenzwert für den jeweiligen Signalpegel definiert sein, wobei das erste und zweite
Signal ihren jeweiligen definierten unteren Grenzwert überschreiten müssen, um als
erfasst gewertet zu sein.
[0017] Um nach der Zusammenstellung einer Zugkomposition auch sicher sein zu können, dass
beispielsweise das Rangierpersonal den Sender für das zweite Signal am letzten Wagen
montiert und/oder aktiviert und/oder aktiv geschaltet hat, kann mit der Fahrzeugkomposition
ein Test-Streckenpunkt überfahren werden, wobei geprüft wird, ob, und wenn ja, wie
viele zweite Signale bei der Überfahrt übertragen werden.
[0018] Die vorstehende Aufgabe bezüglich einer Einrichtung zur Zugvollständigkeitskontrolle
wird erfindungsgemäss mit einer Einrichtung gelöst, welche die folgenden Komponenten
umfasst:
a) einer an ersten Wagen des Zuges angebrachten ersten Sendeeinheit;
b) einer zumindest am letzten Wagen des Zuges angeordneten zweiten Sendeeinheit;
c) einer im Gleisbett angeordneten Streckeneinheit, die Übertragungen der ersten und
der zweiten Sendeeinheit empfängt; und
d) einer Logikeinheit, mittels derer anhand einer Analyse der empfangenen Übertragungen
auf die Vollständigkeit des Zuges schliessbar ist.
[0019] Wie schon weiter oben zu den Verfahrensmerkmal erläutert, kann die Einrichtung so
ausgestaltet sein, dass die mit der Übertragung der ersten Sendeeinheit übertragene
Energie auf dem Streckenpunkt oder einer dem Streckenpunkt zugeordneten Steuereinheit
speicherbar ist und diese gespeicherte Energie vorzugsweise nutzbar ist, um die Aussendung
eines Abfragesignals initiierbar ist. Bei entsprechender Ausgestaltung des Abfragesignals
kann es der zweiten Sendeeinheit in vorteilhafter Weise möglich sein, die zur Aussendung
ihrer Übertragung erforderliche elektrische Leistung aus dem Abfragesignal zu gewinnen.
Der besondere Vorteil besteht u.a. darin, dass die zweite Sendeeinheit somit nicht
über eine eigene Energieversorgung verfügen muss, sondern diese Energie aus dem Empfang
des Abfragesignal gewinnt.
[0020] Problematisch kann es beispielsweise für das Rangierpersonal sein, immer nur den
letzten Waggon mit einer zweiten Sendeeinheit auszustatten und zu kontrollieren, dass
ansonsten in der Zugkomposition keinerlei zweite Sendeeinheiten umfasst sind. Zur
Lösung dieses Problems kann die zweite Sendeeinheit eine Schalteinheit umfassen, mit
der die Frequenz und/oder die Amplitude der von ihr ausgesendeten Übertragung zwischen
mindestens zwei Übertragungsarten auswählbar ist. Dabei kann eine Übertragungsart
es sogar vorsehen, dass gar kein Signal gesendet wird, auch wenn die Aussendung dieses
zweiten Signals entsprechend initiiert worden ist. Auf diese Weise ist es sogar möglich
jeden Waggon mit einer zweiten Sendeeinheit auszustatten, wobei mittels der Schalteinheit
erreicht wird, dass sich das von der zweiten am letzten Waggon angeordneten Sendeeinheit
abgestrahlte Signal von den übrigen abgesendeten Signalen unterscheidet bzw. dass
die am letzten Wagen angeordnete zweite Sendeeinheit überhaupt die einzige ist, welche
beispielsweise nach dem Empfang des Abfragesignals ein zweites Signal aussendet.
[0021] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind den übrigen Unteransprüchen
zu entnehmen.
[0022] Ausführungsbeispiele der Erfindung werden anhand einer Zeichnung näher erläutert.
Dabei zeigen:
- Figur 1
- eine schematische Darstellung einer Vorrichtung zur Kontrolle der Vollständigkeit
eines Zuges;
- Figur 2
- eine schematische Darstellung eines ersten Verfahrens zur Kontrolle der Vollständigkeit
eines Zuges; und
- Figur 3
- eine schematische Darstellung eines zweiten Verfahrens zur Kontrolle der Vollständigkeit
eines Zuges.
[0023] Figur 1 zeigt eine schematische Darstellung einer Vorrichtung zur Kontrolle der Vollständigkeit
eines Zuges 2. Der Zug 2 umfasst dabei eine Lokomotive 4 und mehrere Waggons 6, 8
und 10. Die Lokomotive 4 umfasst eine erste Sende/Empfangseinrichtung 12, die eine
der Lokomotive 4 vorauseilende Abstrahlkeule 14 mit einer Frequenz von 27 MHz aussendet.
Diese Abstrahlkeule 14 stellt im vorliegenden Kontext der Zugvollständigkeitskontrolle
ein erstes Signal dar, welches nachfolgend als Wecksignal WS bezeichnet wird. Neben
der Nutzung dieser Abstrahlkeule 14 beispielsweise zum Abrufen eines Signalbegriffs
oder eines Balisentelegramms ist in diesem Ausführungsbeispiel ein als Sende/Empfangs-Festbalise
ausgebildeter Transceiver als sogenannter Streckenpunkt 16 vorgesehen. Dieser Streckenpunkt
16 ist bidirektional mit einer Steuereinheit 18 verbunden, die ihrerseits bidirektional
mit einem Stellwerk 20 verbunden ist.
[0024] Zur Feststellung der Vollständigkeit des Zuges 2, d.h. bei der Beantwortung der stellwerkseitig
extrem sicherheitsrelevanten Frage, ob der in einen Streckenabschnitt eingefahrene
Zug 2 diesen Streckenabschnitt auch wieder vollständig bei der Ausfahrt verlassen
hat, wird die folgende Vorgehensweise gewählt, bei der angenommen wird, dass der Streckenpunkt
16 von der Steuereinheit 18 mit elektrischer Leistung versorgt wird. Bei der Annäherung
der Lokomotive 4 empfängt der Streckenpunkt 16 die Abstrahlkeule 14 als Wecksignal
WS und meldet den Empfang dieses Wecksignals WS an die Steuereinheit 18. Die Lokomotive
4 hat sich mit diesem die Zugspitze repräsentierenden Wecksignal WS sozusagen bei
dem System zur Feststellung der Vollständigkeit des Zuges 2 angemeldet.
[0025] Die Steuereinheit 18 stellt den Empfang dieses Wecksignals WS fest und gibt an den
Streckenpunkt 16 das Kommando aus, ein Abfragesignal AS an den den Streckenpunkt 16
überfahrenden Zug 2 auszusenden. Dabei kann dieses Abfragesignal kontinuierlich oder
auch diskontinuierlich mit einem vorbestimmbaren Duty-Cycle ausgesendet werden. Dieses
Abfragesignal AS wird von einer zweiten Sende/Empfangseinheit 22 empfangen, die im
vorliegenden Ausführungsbeispiel nur am letzten Waggon 10 befestigt ist. Die mit dem
Abfragesignal AS übertragene Energie nutzt die zweite Sende/Empfangseinheit 22 um
ein zweites Signal, nachfolgend als Zugendesignal ZS, auszusenden, welches von dem
Streckenpunkt 16 empfangen wird. Der Empfang dieses Zugendesignals ZS wird an die
Steuereinheit 18 gemeldet, die aus der Tatsache, dass das Zugendesignal ZS von dem
Streckenpunkt 16 empfangen worden ist, auf die korrekte Überfahrt des vollständigen
Zuges 2 folgert. Zugleich wird nach dem Empfang des Zugendesignals durch den Streckenpunkt
16 die Aussendung des Abfragesignals AS eingestellt. Die Frequenz des Abfragesignals
AS beträgt dabei im vorliegenden Ausführungsbeispiel 8 MHz. Die Frequenz des Zugendesignals
ZS liegt dabei im Bereich von 5 MHz. Hinsichtlich der gewählten Feldstärken wird für
das Abfragesignal AS und das Zugendesignal ZS ein Pegel gewählt, der die Reichweite
der Signale auf den Nahbereich begrenzt und ein Übersprechen auf benachbarte Gleise
vermeidet.
[0026] Die Steuereinheit 18 meldet dann ein Signal an das Stellwerk 20, das auf diese Weise
die Vollständigkeit des Zuges 2 in die weitere Zugbeeinflussung der Zuges 2 und/oder
dem diesem unmittelbar nachfolgenden Zug integriert.
[0027] Empfängt nun aber der Streckenpunkt 16 trotz der Aussendung des Abfragesignals AS
nach einer vorgebbaren Zeitdauer nicht das Zugendesignal ZS, so wird dieses Fehlen
als sicherheitsrelevante Störung an das Stellwerk 20 gemeldet. Dabei ist es unerheblich,
ob der Zug 2 tatsächlich auf der Strecke getrennt worden ist und einer oder mehrere
Waggon nach dem Abriss der Bremsdruckluftleitung auf freier Strecke stehen geblieben
sind oder die zweite Sende/Empfangseinheit 22 nur defekt ist und ausgetauscht werden
muss.
[0028] Als Folge dieser sicherheitstechnisch äusserst relevanten Störung wird die Zugbeeinflussung
in einer Weise geändert, dass der Zug 2 vor dem nächstmöglichen Signal stehen bleiben
muss oder auf dem nächstmöglichen Ausweichgleis stehen bleiben muss und dass ein nachfolgender
Zug ebenfalls vor dem Eintritt in diesen Streckenabschnitt angehalten wird. Der Zugführer
des Zuges 2 muss dann im Zweifel sogar selbst seinen Zug 2 ablaufen und auf Vollständigkeit
überprüfen. Ist der Zug 2 noch vollständig, muss er die zweite Sende/Empfangseinheit
22 auf Funktion prüfen und ggfs. austauschen. Über den Zugfunk oder eine andere vergleichbare
Massnahme wie über GSM-R hat der Zugführer dann die Vollständigkeit seines Zuges 2
und/oder die Wiederbetriebsbereitschaft der zweiten Sende/Empfangseinheit 22 an das
Stellwerk 20 und/oder ein hierarchisch darüberliegendes Leitsystem zu quittieren.
[0029] Bei nicht mehr vollständiger Zugkomposition 2 müssen dann die liegengebliebenen Waggon(s)
geborgen und die Freimeldung des Streckenabschnitts nach dem Bergen des oder der liegengebliebenen
Waggon(s) explizit durch Meldung in das Stellwerk 20 und/oder das Leitsystem vorgenommen
werden.
[0030] Die Figuren 2 und 3 stellen dieses vorstehend beschriebene Verfahren nochmals schematisch
dar und weisen in Ergänzung zu der Darstellung gemäss Figur 1 einen zweiten Streckenpunkt
24 bzw. weitere Streckenpunkte 24a und 24b auf, die über eine Datenverbindung 26 mit
dem ersten Streckenpunkt verbunden sind. Der Datenaustausch kann dabei über ein Kabel,
aber auch über eine drahtlose Kommunikation erfolgen. Geändert gegenüber dem Ausführungsbeispiel
gemäss Figur 1 wurde hierbei weiter, dass der zweite Streckenpunkt 24 das Ergebnis
der am Streckenpunkt 16 konzentrierten Zugvollständigkeitskontrolle in Form eines
Zugvollständigkeitssignals VS auf die Sende/Empfangseinheit 12 übertragt. Damit ist
das Ergebnis der Zugvollständigkeitskontrolle auf dem Führerstand der Lokomotive 4
oder eines Steuerwagens bekannt und es können in Abhängigkeit von dem übertragenen
Zugvollständigkeitssignals VS entsprechende Massnahmen eingeleitet werden.
[0031] In einem Fall einer Fernstrecke durch nur gering besiedeltes Gebiet, wie dies in
Nordamerika, Osteuropa, Afrika und Teilen Asiens der Fall sein kann, oder im Fall
einer Nebenstrecke kann es ausreichend sein, dass bei Unvollständigkeit des Zuges
2 oder 2' keine automatische Rückkopplung an ein Stellwerk vorgesehen ist, weil beispielsweise
die Datenleitung zu einem zuletzt passierten Stellwerk einige Dutzend Kilometer betragen
kann, was installationsseitig vergleichsweise teuer und signalseitig fast nicht ohne
Zwischenverstärkung zu lösen ist. Der Zugführer muss in einem solchen Fall über Funk
die für diesen Streckenabschnitt zuständige Leitstelle von der nicht mehr bestehenden
Vollständigkeit seines Zuges 2, 2' informieren. Weitergehende Massnahmen werden dann
von der Leitstelle eingeleitet.
[0032] In einem anderen Fall kann aber auch vom Führerstand aus automatisch ein Signal über
Zugfunk, wie z.B. GSM-R, an das betreffende Stellwerk/Leitstelle abgesetzt werden.
Von dort werden dann auch wieder die entsprechenden Massnahmen zur Gewährleistung
der Sicherheit auf dem Streckenabschnitt veranlasst.
[0033] Die Figur 3 unterscheidet sich von der Figur 2 insofern nur dadurch, dass zwei Streckenpunkte
24a und 24b vorgesehen, die dazu beitragen können, die räumlich Auflösung der Zugvollständigkeitskontrolle
zu verbessern. Der vergleichsweise lange Zug 2' in Figur 3 erhält daher das Vollständigkeitssignal
VS erst am Streckenpunkt 24b, weil bei der Überfahrt am Streckenpunkt 24a das Zugende
den Streckenpunkt 16 noch nicht überfahren hat.
[0034] Die vorliegenden Ausführungsbeispiele zeigen alle Zugfahrten gemäss Pfeil 28 in der
Richtung von links nach rechts in der zeichnerischen Darstellung. Natürlich können
alle gezeigten Einrichtung in bei in umgekehrter Richtung fahrenden Zügen mit der
dann entsprechend ebenfalls umgekehrten Funktionalität genutzt werden.
[0035] Weiter können auch die übertragenen Signale, wie das Wecksignal WS und das Zugendesignal
ZS, weitere Daten aufweisen, wie z.B. eine Zugnummer oder dergleichen. Das Wecksignal
WS kann zum Beispiel auch auf den Streckenpunkt 16 abgestrahlt werden, der wiederum
dann zeitlich verzögert eine am Fahrzeugkopf angeordnete Transpondermarke abfragt
und ausliest. Ebenso könnte auch anstelle eines von dem Streckenpunkt 16 (bei umgekehrter
Zugrichtung 24 oder 24b) ausgestrahlten Abfragesignals AS am Zugende ebenfalls ein
Wecksignal WS (z.B. ebenfalls 27 MHz Abstrahlkeule) ausgesendet werden, worauf dann
auch zeitversetzt eine am Zugende angebrachte Transpondermarke ausgelesen wird. So
kann beispielsweise aus dem zweimaligen Lesen einer Transpondermarke mit der gleichen
ID auf die Vollständigkeit geschlossen werden. Ergänzend kann ein ETCS Balisentelegramm
bereitgestellt werden.
[0036] Die vorstehenden Ausführungsbeispiele stellen selbstverständlich nur mögliche Varianten
der eingangs beschriebenen Erfindung dar. Dem Fachmann erschliessen sich im Rahmen
seines Wissens ein Vielzahl von Varianten und Modifikation, die sich unter anderem
in der möglichen Verwertung der von der mit der Abstrahlkeule 14 abgestrahlten Energie
befassen können.
1. Verfahren zur Zugvollständigkeitskontrolle einer schienengebundenen Zuges (2, 2'),
wie z.B. einem beliebig zusammenstellbaren Personen- und/oder Güterzug, bei dem
a) bei Überfahrt des Zuges (2, 2') über einen Streckenpunkt (16) ein die Zugspitze
repräsentierendes erstes Signal (WS) übertragen wird;
b) der Eingang des ersten Signals (WS) und/oder die Art des ersten Signals (WS) im
Streckenpunkt (16) und/oder einer diesem Streckenpunkt (16) zugeordneten Steuereinheit
(18) registriert wird;
c) bei Überfahrt des Zuges (2) über den Streckenpunkt (16) ein das Zugende repräsentierendes
zweites Signal (ZS) übertragen wird;
d) der Eingang des zweiten Signals (ZS) und/oder die Art des zweiten Signals im Streckenpunkt
(16) und/oder einer diesem Streckenpunkt (16) zugeordneten Steuereinheit (18) registriert
wird; und
e) anhand des Eingangs des ersten und zweiten Signals (WS, ZS) und/oder anhand eines
Vergleichs der Art des ersten Signals (WS) mit der Art des zweiten Signals (ZS) im
Streckenpunkt (16) und/oder der diesem Streckenpunkt (16) zugeordneten Steuereinheit
(18) entschieden wird, ob der Streckenpunkt (16) von dem vollständigen Zug (2) überfahren
wurde.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
ein zweiter Streckenpunkt (24, 24a, 24b), dessen Abstand vom ersten Streckenpunkt
(16) grösser ist als ein oberer Grenzwert für eine zulässige Zuglänge, vorgesehen
wird, wobei das Ergebnis der Vollständigkeitskontrolle vom ersten Streckenpunkt (16)
und/oder der dem ersten Streckenpunkt (16) zugeordneten Steuereinheit (18) auf den
zweiten Streckenpunkt (24, 24a, 24b) und/oder der dem zweiten Streckenpunkt (24, 24a,
24b) zugeordneten Steuereinheit übertragen wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Ergebnis der Zugvollständigkeitskontrolle am zweiten Streckenpunkt (24, 24a, 24b)
und/oder der diesen zweiten Streckenpunkt (24, 24a, 24b) zugeordneten Steuereinheit
auf eine zugseitige Zugsteuerungseinheit übertragen wird.
4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Ergebnis der Zugvollständigkeitskontrolle am zweiten Streckenpunkt (24, 24a, 24b)
und/oder der diesen zweiten Streckenpunkt (24, 24a, 24b) zugeordneten Steuereinheit
auf eine streckenseitige Zugsteuerungseinheit übertragen wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, dass
die mit dem ersten Signal (WS) übertragene Energie im Streckenpunkt (16) bzw. in der
dem Streckenpunkt (16) zugeordneten Steuereinheit (18) gespeichert wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, dass
die gespeicherte Energie verwendet wird, die Aussendung des zweiten Signals (ZS) zu
initiieren.
7. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6,
dadurch gekennzeichnet, dass
die gespeicherte Energie genutzt wird, um von der dem Streckenpunkt (16) zugeordneten
Steuereinheit (18) eine Energiemenge abzurufen, die von dem Streckenpunkt (16) genutzt
wird, ein Abfragesignal (AS) auszusenden.
8. Verfahren nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Abfragesignal (AS) eine ausreichend hohe elektrische Energie zum Aussenden des
zweiten Signals (VS) aufweist.
9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Frequenz des ersten Signals (WS), des Abfragesignals (AS) und des zweiten Signals
(ZS) voneinander abweichend gestaltet ist.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9,
dadurch gekennzeichnet, dass
der erste und/oder der zweite Streckenpunkt (16, 24, 24a, 24b) zumindest partiell
seitlich abgeschirmt ist.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10,
dadurch gekennzeichnet, dass
das erste und zweite Signal (WS, ZS) hinsichtlich ihres Signalpegels analysiert werden.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11,
dadurch gekennzeichnet, dass
für das erste und das zweite Signal (WS ZS) ein erster bzw. ein zweiter unterer Grenzwert
für den jeweiligen Signalpegel definiert ist, wobei das erste und zweite Signal (WS,
ZS) ihren jeweiligen unteren Grenzwert überschreiten müssen, um als erfasst gewertet
zu sein.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Zug (2) einen Test-Streckenpunkt überfährt und dabei geprüft wird, ob, und wenn
ja, wie viele zweite Signale (ZS) bei der Überfahrt übertragen werden.
14. Einrichtung zur Zugvollständigkeitskontrolle eines schienengebundenen Zuges (2) mit:
a) einer am ersten Fahrzeug des Zuges (2) angebrachten ersten Sendeeinheit (12);
b) einer zumindest am letzten Fahrzeug des Zuges (2) angeordneten zweiten Sendeeinheit
(22);
c) einem im Gleisbett angeordneten Streckenpunkt(16), der Übertragungen der ersten
und der zweiten Sendeeinheit (12, 22) empfängt; und
d) einer Logikeinheit (18), mittels derer anhand einer Analyse der empfangenen Übertragungen
auf die Vollständigkeit des Zuges (2) schliessbar ist.
15. Einrichtung nach Anspruch 14,
dadurch gekennzeichnet, dass
die zweite Sendeeinheit (22) eine Schalteinheit umfasst, mit der die Frequenz und/oder
die Amplitude der von ihr ausgesendeten Übertragung zwischen mindestens zwei Übertragungsarten
auswählbar ist.
16. Einrichtung nach Anspruch 13 oder 14,
dadurch gekennzeichnet, dass
a) ein zweiter Streckenpunkt (24, 24a, 24b) vorgesehen ist, dessen Abstand vom ersten
Streckenpunkt (16) grösser ist ein oberer Grenzwert für eine zulässige Zuglänge,
b) Mittel zur Übertragung des Ergebnisses (VS) der Zugvollständigkeitkontrolle von
dem ersten Streckenpunkt (16) und/oder von der diesem ersten Streckenpunkt (16) zugeordneten
Steuereinheit (18) vorgesehen sind,
c) Mittel zur von dem Ergebnis (VS) der Zugvollständigkeitskontrolle abhängigen weiteren
Steuerung der Fahrt des Zuges (2) vorgesehen sind.