[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Verbinden mindestens eines aus
Pulverspritzgussmassen durch Spritzgießen hergestellten ersten anorganischen Formkörpers
mit mindestens einem nach einem anderen Verfahren als Spritzgießen hergestellten zweiten
anorganischen Formkörper und die Verwendung dieses Verfahrens.
[0002] Es ist bekannt, Formkörper aus anorganischen Materialien dadurch herzustellen, dass
Metallpulver oder Keramikpulver mit Bindemitteln zu einer spritzgießfähigen Pulverspritzgussmasse
vermischt werden, diese Pulverspritzgussmasse auf Spritzgussmaschinen zu Formkörpern
("Grünlinge") verarbeitet werden, diesen Formkörpern die Bindemittel entzogen werden
("Braunlinge") und die Formkörper anschließend gesintert werden. Ein solches Verfahren
ist beispielsweise in der DE 40 00 278 A1 beschrieben. Diese deutsche Offenlegungsschrift
bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung eines anorganischen Sinterformteils
durch Verformen eines Gemisches aus einem sinterbaren anorganischen Pulver und Polyoxymethylen
als Bindemittel durch Spritzgießen oder Strangpressen zu einem Grünkörper, Entfernen
des Bindemittels und Sintern. Dabei wird das Polyoxymethylen durch Behandeln des Grünkörpers
in einer gasförmigen Bortrifluorid enthaltenden Atmosphäre entfernt.
[0003] Die nach dem bekannten Verfahren hergestellten Formkörper weisen gegenüber anderen
Fertigungsverfahren unter anderem die Vorteile auf, dass dafür eine weite Bandbreite
von verfügbaren Werkstoffen vorliegt, dass komplexe Geometrien hergestellt werden
können und dass enge Toleranzen ohne Nachbearbeitung (Genauigkeit ca. +/-0,3%) und
gute Oberflächen erzielt werden können.
[0004] Im Stand der Technik werden solche aus Pulverspritzgussmassen hergestellten organischen
Formkörper mit anderen mittels anderer Fertigungsverfahren hergestellten Formkörpern
je nach Material unter anderem durch Schweißen, Schrauben, Kleben oder Schmieden verbunden.
Diese Fügeverfahren sind jedoch nicht für alle Werkstoffkombinationen gleich gut geeignet,
es fallen häufig beim dauerhaften Zusammenfügen von einzelnen Formkörpern hohe Kosten
an und die damit erzeugten Verbindungen zwischen zwei Formkörpern erfüllen nicht immer
die an sie gestellten Anforderungen. So sind die bekannten Fügeverfahren insbesondere
bei der Verbindung von hoch- und niedriglegierten Stählen problematisch, da hier häufig
eine chemische Korrosion einsetzt. Weiterhin sind z.B. gehärtete Werkzeugstähle sowie
Superlegierungen wie Hastelloy® von Haynes, Kokomo, USA mechanisch nur mit hohem technischem
Aufwand zu bearbeiten.
[0005] Daher ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung die Bereitstellung eines verbesserten
Verfahrens zum dauerhaften Verbinden von aus Pulverspritzgussmassen durch Spritzgießen
hergestellten anorganischen Formkörpern mit nach anderen Verfahren als Spritzgießen
hergestellten anorganischen Formkörpern. Insbesondere soll eine unaufwendig durchführbare
stoffschlüssige Verbindung dieser Formkörper unter Reduzierung von Fertigungskosten
ermöglicht werden. Weiterhin ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, das Zusammenfügen
dieser Formkörper zu einer Einheit zu ermöglichen, die hohen mechanischen Belastungen
standhält.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zum dauerhaften Verbinden
mindestens eines aus Pulverspritzgussmassen durch Spritzgießen hergestellten ersten
anorganischen Formkörpers (1) mit mindestens einem nach einem anderen Verfahren als
Spritzgießen hergestellten zweiten anorganischen Formkörper (2) mit den Verfahrensschritten:
a) Spritzgießen des ersten anorganischen Formkörpers (1) aus Bindemittel enthaltenden
Pulverspritzgussmassen,
b) Entbindern des ersten anorganischen Formkörpers (1) und
c) Durchführen eines Sinterverfahrens mit den aneinandergefügten ersten und zweiten
anorganischen Formkörpern (1, 2),
wobei der mindestens eine erste anorganische Formkörper (1) und der mindestens eine
zweite anorganische Formkörper (2) vor Schritt b) oder vor Schritt c) aneinandergefügt
werden.
[0007] In Schritt a) wird zunächst ein erster anorganischer Formkörper durch Spritzgießen
aus Pulverspritzgussmassen hergestellt. Bei dem ersten anorganischen Formkörper kann
es sich um einen Metallkörper handeln. Die Pulverspritzgussmassen liegen zum Beispiel
als spritzgussfähiges Granulat vor, das sowohl ein anorganisches Pulver (zum Beispiel
Metallpulver), als auch ein Bindemittel enthält. Vorzugsweise wird als Spritzgussmasse
ein Produkt aus dem Catamold®-Produktsortiment der BASF AG, Ludwigshafen, Deutschland,
verwendet. Solche Spritzgussmassen sind beispielsweise aus der DE 197 00 277 A1 oder
der DE 40 21 739 A1 bekannt. Zum Spritzgießen des ersten anorganischen Formkörpers
können Standardmaschinen für den Thermoplast-Spritzguss eingesetzt werden. Gegebenenfalls
muss die Spritzgussmaschine an die Materialeigenschaften der Pulverspritzgussmasse
des ersten anorganischen Formkörpers angepasst werden, zum Beispiel durch spezielle
Schneckengeometrien oder Düsen, durch Einbau einer Rückstromsperre oder durch Erhöhung
des Verschleißschutzes.
[0008] In Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der erste anorganische Formkörper
entbindert. Unter Entbindern versteht man das weitgehende Entfernen des Bindemittels
aus dem durch Spritzgießen hergestellten ersten anorganischen Formkörper (Grünling).
Das Entbinderungsverfahren hängt von dem in der Pulverspritzgussmasse enthaltenen
Bindemittel ab.
[0009] Im Stand der Technik gibt es Bindersysteme mit thermisch zersetzbaren Bindern, insbesondere
Wachsen. Diese werden durch ein thermisches Entbinderungsverfahren (Herausschmelzen
oder Zersetzen über die Gasphase) aus dem ersten anorganischen Formkörper entfernt.
Eine andere Entbinderungsmöglichkeit ist die Lösungsmittelextraktion, bei der das
Bindemittel mit Lösemitteln wie Wasser oder Aceton entfernt wird.
[0010] Das am weitesten verbreitete Verfahren ist die katalytische Entbinderung, die kurze
Entbinderungszeiten ermöglicht. Beispielsweise enthalten die Catamold®-Pulverspritzgussmassen
der BASF AG Polyacetal als Binder. In Anwesenheit eines geeigneten Katalysators lässt
sich Polyacetal bereits in nicht geschmolzenem Zustand in gasförmige Bestandteile
depolymerisieren und folglich rückstandsfrei aus dem Spritzgussteil entfernen. Dies
wird durch die besondere chemische Struktur des Polyacetals ermöglicht. Polyacetal
ist im Gegensatz zu Polyethylen durch wiederkehrende Kohlenstoff-Sauerstoffbindungen
gekennzeichnet. Am Sauerstoffatom dieser Gruppe können Säuren angreifen und das Makromolekül
in die Grundbausteine CH
2O (Formaldehyd) spalten. Als Katalysator wird vorzugsweise gasförmige Salpetersäure
(> 99%) eingesetzt. Die besondere Tauglichkeit dieser chemischen Reaktion für die
Entbinderung beim Pulverspritzguss ist an den Bedingungen zu sehen, unter denen sie
stattfindet. Das Polymer hat eine Schmelztemperatur von ca. 165 °C. Die Entbinderung
findet deutlich unterhalb der Schmelztemperatur bei 110 bis 140 °C statt. Die Reaktion
schreitet in Form einer Front von außen nach innen durch das zu entbindernde Teil.
Bei der Reaktion geht das Polymer direkt vom Feststoff in den Gaszustand über. Das
Reaktionsgas kann damit sehr leicht durch die bereits porösen Formkörperzonen entweichen.
Ein Druckaufbau und die daraus resultierende Zerstörung des Formkörpers kann so vermieden
werden. Das entstehende Monomer hat eine Siedetemperatur von -21 °C und ist damit
unter Entbinderungsbedingungen auf jeden Fall gasförmig. Im Prinzip könnte auf diese
Art und Weise eine 100%ige Entbinderung erreicht werden. Solche Formkörper würden
jedoch bei der geringsten Erschütterung zerfallen. Deshalb besteht ein geringer Anteil
des Binders aus einem Polymer, das gegenüber dem Katalysator resistent ist und dem
Formkörper ausreichend Festigkeit für die weitere Verarbeitung verleiht. Dieser Anteil
wird beim anschließenden Sinterprozess ausgetrieben. Den entbinderten ersten anorganischen
Formkörper nennt man einen Braunling.
[0011] In Schritt c) des erfindungsgemäßen Verfahrens wird ein Sinterverfahren mit den zusammengefügten
ersten und zweiten anorganischen Formkörpern durchgeführt.
[0012] Der zweite anorganische Formkörper ist ein nach einem anderen Verfahren als Spritzgießen
hergestellter anorganischer Formkörper, beispielsweise ein durch Press-Sintern, Gießen,
Schmieden, Fräsen oder Drehen hergestelltes Formteil.
[0013] Unter Sintern ist ein Wärmebehandlungsverfahren zu verstehen, bei dem das lose Pulvergerüst
des entbinderten ersten anorganischen Formkörpers (Braunling) zum fertigen Bauteil
verdichtet und gleichzeitig mit dem zweiten anorganischen Formkörper verbunden wird.
Beim Sintern findet ein thermisch aktivierter Materialtransport statt, der zu einer
Abnahme der spezifischen Oberfläche der anorganischen Pulverteilchen führt. Durch
das Wachstum von Teilchenkontakten und die Verringerung des Porenvolumens schrumpft
der erste anorganische Formkörper beim Sintern in Schritt c) des erfindungsgemäßen
Verfahrens. Ferner entstehen durch das Sinterverfahren an Berührungsflächen der vor
der Durchführung des Sinterverfahrens zusammengefügten Formkörper Teilchenkontakte
zwischen den Teilchen des ersten anorganischen Formkörpers und des zweiten anorganischen
Formkörpers. Es entsteht ein stoffschlüssiger Verbund zwischen den zwei Formkörpern.
[0014] Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht folglich die kostengünstige Verbindung
von anorganischen Spritzguss-Formkörpern mit anorganischen Nicht-Spritzguss-Formkörpern
in großen Stückzahlen.
[0015] Der erste anorganische Formkörper und der zweite anorganische Formkörper können bei
der vorliegenden Erfindung vor Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens oder vor
Schritt c) des erfindungsgemäßen Verfahrens zusammengefügt werden. Wenn die Formkörper
vor Schritt b) zusammengesetzt werden, durchlaufen sie gemeinsam den Entbinderungsschritt
b). Dabei werden die erfindungsgemäßen Verfahrensschritte b) und c) in zwei verschiedenen
Öfen (Entbinderungs- und Sinterofen) oder nacheinander in einem einzigen Ofen durchgeführt.
Das Zusammenfügen der Formkörper vor Schritt b) hat den Vorteil, dass der brüchige
Braunling (der entbinderte erste Formkörper) nicht mehr einzeln vor der Durchführung
des Sinterverfahrens bewegt werden muss und somit ein mögliches Zerbrechen des Braunlings
vermieden wird. Ein vorsichtiges Zusammenfügen der Formkörper nach dem Entbindern
des ersten anorganischen Formkörpers und vor der Durchführung des gemeinsamen Sinterverfahrens
ist jedoch ebenfalls möglich.
[0016] In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung enthält die Pulverspritzgussmasse
zum Spritzgießen des ersten anorganischen Formkörpers
i) 40 bis 85 Vol-% mindestens eines anorganischen sinterbaren Pulvers A,
ii) 15 bis 60 Vol-% mindestens eines Bindemittels B und
iii) 0 bis 5 Vol-% mindestens eines Dispergierhilfsmittels C, wobei die Summe der
Komponenten A, B und C 100 Vol-% ergibt.
[0017] Das anorganische sinterbare Pulver A kann aus allen bekannten geeigneten anorganischen
sinterbaren Pulvern ausgewählt werden. Vorzugsweise ist es aus Metallpulvern, Metalllegierungspulvern,
Metallcarbonylpulvern und Gemischen davon ausgewählt.
[0018] Als Metalle, die in Pulverform vorliegen können, seien beispielsweise Eisen, Kobalt,
Nickel und Silizium genannt. Legierungen sind beispielsweise Leichtmetalllegierungen
auf der Basis von Aluminium und Titan sowie Legierungen von Kupfer oder Bronze. Auch
Hartmetalle wie Wolframcarbid, Borcarbid oder Titannitrid kommen in Kombination mit
Metallen wie Kobalt und Nickel in Betracht. Geeignete Pulver sind beispielsweise in
EP-A 0 465 940, EP-A 0 710 516, DE-A 39 36 869, DE-A 40 00 278 und EP-A 0 114 746
sowie der darin zitierten Literatur beschrieben.
[0019] Die Korngrößen der Pulver betragen vorzugsweise 0,1 bis 50 µm, besonders bevorzugt
0,2 bis 8 µm. Die Metallpulver, Metalllegierungspulver, Metallcarbonylpulver können
auch im Gemisch eingesetzt werden.
[0020] Das als Komponente C gegebenenfalls vorliegende Dispergierhilfsmittel kann aus bekannten
Dispergierhilfsmitteln ausgewählt sein. Beispiele sind oligomeres Polyethylenoxid
mit einem mittleren Molekulargewicht von 200 bis 600, Stearinsäure, Stearinsäureamid,
Hydroxystearinsäure, Fettalkohole, Fettalkoholsulfonate und Blockcopolymere von Ethylen-
und Propylenoxid, wie auch besonders bevorzugt Polyisobutylen. Besonders bevorzugt
wird Polyisobutylen in einer Menge von 1 bis 6 Vol-%, bezogen auf die Komponente A,
B und C eingesetzt.
[0021] Zusätzlich können die thermoplastischen Massen auch übliche Zusatzstoffe und Bearbeitungshilfsmittel,
die die rheologischen Eigenschaften der Mischungen bei der Verformung günstig beeinflussen,
enthalten.
[0022] Vorzugsweise enthält der mindestens eine zweite anorganische Formkörper mindestens
einen Werkstoff aus der Gruppe niedrig legierte Stähle, rostfreie Stähle, Werkzeugstahl,
weichmagnetische Legierungen, Leichtmetalle, Schwermetalle, Kupferbasiswerkstoffe
oder Edelmetalle.
[0023] In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung umfasst das Sinterverfahren,
das in einem Ofen durchgeführt wird, folgende Schritte:
A) Aufheizen des Ofens mit den zusammengefügten ersten und zweiten anorganischen Formkörpern
von Raumtemperatur auf eine erste Haltetemperatur von 300 bis 700°C, bevorzugt von
550 bis 650°C, mit einer Rate zwischen 2 und 10 K/min, bevorzugt zwischen 4 und 6
K/min,
B) Halten der ersten Haltetemperatur, vorzugsweise während eines Zeitraumes zwischen
0,5 und 3 h,
C) Aufheizen des Ofens auf eine zweite Haltetemperatur von 1000 bis 1400°C, bevorzugt
auf 1200 bis 1300°C, mit einer Rate zwischen 2 und 10 K/min, bevorzugt zwischen 4
und 6 K/min,
D) Halten der zweiten Haltetemperatur, vorzugsweise während eines Zeitraumes zwischen
2 und 12h und
E) Abkühlen des Ofens mit einer Rate zwischen 2 und 20 K/min.
[0024] Dieses Sinterverfahren ist insbesondere für Pulverspritzgussmassen aus dem Catamold®-Produktsortiment
der BASF AG geeignet. Im Allgemeinen muss das Sinterverfahren auf den jeweiligen zu
sinternden Werkstoff abgestimmt sein. Bei dem oben genannten Temperaturprogramm wird
berücksichtigt, dass sich nach dem Entbindern in Schritt b) noch ein geringer Anteil
Restbinder im ersten anorganischen Formkörper befindet. Durch das Halten der ersten
Haltetemperatur in Schritt B) erfolgt die vollständige thermische Zersetzung dieses
Restbindemittels. Die zu erreichende maximale Sintertemperatur (zweite Haltetemperatur
in Schritt C)) hängt von den Werkstoff des ersten und zweiten anorganischen Formkörpers
ab.
[0025] Das Sinterverfahren findet vorzugsweise in Schutzgas oder im Vakuum statt. Die Schutzgasatmosphäre
beziehungsweise das Vakuum sind notwendig, um unerwünschte chemische Reaktionen während
des Sinterns zu verhindern. Bei der Auswahl der Atmosphäre sollen alle zwischen dem
Gas, dem Sintergut und der Ofenanlage möglichen Reaktionen berücksichtigt werden.
Mögliche Schutzgase sind Wasserstoff, Argon oder Stickstoff oder ein Gemisch daraus.
[0026] In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird auf mindestens
Teile der Berührungsflächen der zusammengefügten ersten und zweiten anorganischen
Formkörper vor Schritt c) ein Gleithilfsmittel aufgetragen. Das Gleithilfsmittel dient
dazu, das Schrumpfen des ersten anorganischen Formkörpers während des Sinterprozesses
ohne Behinderung und ohne eine an bestimmten Stellen unerwünschte stoffschlüssige
Verbindung der Formteile zu gewährleisten. Das Gleithilfsmittel wird daher vor dem
Sinterschritt auf Oberflächenabschnitte der Formteile aufgetragen, die sich nach ihrem
Zusammenfügen berühren, die aber nicht durch das Sintern fest verbunden werden sollen,
sondern auf denen der erste anorganische Formkörper durch das Schrumpfen beim Sintern
entlanggleitet. Eine notwendige Eigenschaft des Gleithilfsmittels ist daher seine
Gleitwirkung bei der maximalen Sintertemperatur (zweite Haltetemperatur). Bevorzugte
Gleithilfsmittel für das erfindungsgemäße Verfahren sind Bornitrid, Molybdänsulfid
oder Molybdändisulfid.
[0027] In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird vor dem Durchführen
des Sinterverfahrens eine Polymerfolie zwischen bestimmte zusammenzusinternde Oberflächen
eingefügt. Die Polymerfolie kann dabei verschiedene Funktionen erfüllen. Sie kann
für einen besseren Verbund zwischen dem ersten anorganischen Formkörper und dem zweiten
anorganischen Formkörper sorgen, da sie einen niedrigeren Schmelzpunkt als die maximale
Sintertemperatur besitzt und folglich während des Sinterverfahrens eine Klebewirkung
zwischen den Formkörpern entfaltet. Ferner kann sie Kohlenstoff abgeben, das in die
Oberflächen beider Formkörper diffundiert, die Schmelztemperatur dort verringert und
somit ein Sintern näher bei der Schmelztemperatur ermöglicht. Die Polymerfolie kann
aus allen bekannten geeigneten Polymerfolien ausgewählt werden. Vorzugsweise enthält
sie ein Polymer aus der Gruppe Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) oder Polyvinylchlorid
(PVC).
[0028] Die vorliegende Erfindung umfasst weiterhin die Verwendung des erfindungsgemäßen
Verfahrens zur Herstellung von Getriebeteilen, Zahnrädern, Schmuck, Hebeln, Düsen,
Deckeln, Pumpenteilen, Elektromotorteilen, Kugellagern, Ventilen, Waffenteilen, Sportgeräten,
Haushaltsgeräten, medizinischen Geräten, Werkzeugen oder Teilen davon. Die Verwendung
des erfindungsgemäßen Verfahrens ist jedoch nicht auf die Herstellung der genannten
Werkstücke beschränkt.
Zeichnung
[0029] Anhand der Zeichnung wird die Erfindung nachstehend näher erläutert.
- Figur 1
- zeigt schematisch den Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens in seiner bevorzugten
Ausführungsform.
[0030] Figur 1 zeigt in Abbildung i einen Schnitt durch zwei Formkörper, die mit Hilfe des
erfindungsgemäßen Verfahrens fest miteinander verbunden werden sollen.
[0031] Der erste anorganische Formkörper 1 ist ein ringförmiges Werkstück, das in Abbildung
i als Grünling vorliegt, also mittels Spritzgießen aus einer Pulverspritzgussmasse
hergestellt wurde, oder das als Braunling vorliegt, also bereits entbindert ist. Die
Pulverspritzgussmasse war beispielsweise ein spritzgussfähiges Granulat zur Herstellung
von gesinterten Formteilen aus einem niedrig legierten, einsatzhärtbaren Stahl vom
Typ 8620.
[0032] Das zweite anorganische Formteil ist beispielsweise ein Schmiedeteil aus hoch legiertem
Stahl. Es weist einen zylinderförmigen Abschnitt 3 auf, dessen Radius kleiner als
der Radius des ersten anorganischen Formteils 1 ist.
[0033] In Abbildung ii der Figur 1 sind die beiden Formkörper 1 und 2 zusammengefügt. Der
ringförmige erste Formkörper 1 umgibt den zylinderförmigen Abschnitt 3 des zweiten
Formkörpers 2, wobei die Symmetrielinien 4 der beiden Formkörper 1, 2 zusammenfallen.
Falls es sich bei dem ersten Formkörper 1 um einen noch binderhaltigen Grünling handelt,
wird die Entbinderung entsprechend dem erfindungsgemäßen Verfahren im zusammengefügten
Zustand der beiden Formkörper 1, 2 gemäß Abbildung ii der Figur 1 durchgeführt, bevor
das Sinterverfahren beginnt.
[0034] Falls es sich bei dem ersten Formkörper 1 um einen entbinderten Braunling handelt,
kann nach dem Zusammenfügen der beiden Formkörper 1, 2 als nächstes das Sinterverfahren
durchgeführt werden.
[0035] Auf den Berührungsflächen 5 der beiden Formteile, auf denen der erste Formkörper
1 während seines Schrumpfens aufgrund des Sinterns entlanggleitet, wird vorzugsweise
ein (nicht dargestelltes) Gleithilfsmittel aufgetragen.
[0036] An einer Oberfläche 6 des zweiten Formkörpers wird vor dem Sintern vorzugsweise eine
(nicht dargestellte) Polymerfolie angelegt, die sich folglich zwischen den zusammenzusinternden
Oberflächen 6 und 7 der beiden Formkörper 2 beziehungsweise 1 befindet.
[0037] Abbildung iii der Figur 1 zeigt die gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren verbundenen
Formkörper 1, 2 nach dem Durchführen des Sinterverfahrens. Formkörper 1 ist während
des Sinterns auf den zylinderförmigen Abschnitt 3 des zweiten Formkörpers 2 "aufgeschrumpft"
und mit diesem an den Oberflächen 6, 7 zusammengesintert. Das so gefertigte Werkstück
8 ist beispielsweise ein Getriebeteil.
Bezugszeichenliste
[0038]
- 1
- erster anorganischer Formkörper
- 2
- zweiter anorganischer Formkörper
- 3
- zylinderförmiger Abschnitt
- 4
- Symmetrielinien
- 5
- Berührungsflächen
- 6
- zusammenzusinternde Oberfläche des zweiten Formkörpers
- 7
- zusammenzusinternde Oberfläche des ersten Formkörpers
- 8
- Werkstück
1. Verfahren zum dauerhaften Verbinden mindestens eines aus Pulverspritzgussmassen durch
Spritzgießen hergestellten ersten anorganischen Formkörpers (1) mit mindestens einem
nach einem anderen Verfahren als Spritzgießen hergestellten zweiten anorganischen
Formkörper (2) mit den Verfahrensschritten:
a) Spritzgießen des ersten anorganischen Formkörpers (1) aus Bindemittel enthaltenden
Pulverspritzgussmassen,
b) Entbindern des ersten anorganischen Formkörpers (1) und
c) Durchführen eines Sinterverfahrens mit den aneinandergefügten ersten und zweiten
anorganischen Formkörpern (1, 2),
wobei der mindestens eine erste anorganische Formkörper (1) und der mindestens eine
zweite anorganische Formkörper (2) vor Schritt b) oder vor Schritt c) aneinandergefügt
werden.
2. Verfahren gemäß Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die Pulverspritzgussmasse zum Spritzgießen des ersten anorganischen Formkörpers (1)
i) 40 bis 85 Vol-% mindestens eines anorganischen sinterbaren Pulvers A,
ii) 15 bis 60 Vol-% mindestens eines Bindemittels B und
iii) 0 bis 5 Vol-% mindestens eines Dispergierhilfsmittels C
enthält, wobei die Summe der Komponenten A, B und C 100 Vol-% ergibt.
3. Verfahren gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Pulver A ausgewählt ist aus Metallpulvern, Metalllegierungspulvern, Metallcarbonylpulvern
und Gemischen davon.
4. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der mindestens eine zweite anorganische Formkörper (2) mindestens einen Werkstoff
aus der Gruppe niedrig legierte Stähle, rostfreie Stähle, Werkzeugstahl, weichmagnetische
Legierungen, Leichtmetalle, Schwermetalle, Kupferbasiswerkstoffe oder Edelmetalle
enthält.
5. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, dass das Sinterverfahren in einem Ofen durchgeführt wird und folgende Schritte umfasst:
A) Aufheizen des Ofens mit den zusammengefügten ersten und zweiten anorganischen Formkörpern
(1, 2) von Raumtemperatur auf eine erste Haltetemperatur von 300 bis 700°C mit einer
Rate zwischen 2 und 10 K/min,
B) Halten der ersten Haltetemperatur,
C) Aufheizen des Ofens auf eine zweite Haltetemperatur von 1000 bis 1400°C, mit einer
Rate zwischen 2 und 10 K/min,
D) Halten der zweiten Haltetemperatur und
E) Abkühlen des Ofens mit einer Rate zwischen 2 und 20 K/min.
6. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass auf mindestens Teilen der Berührungsflächen (5) der zusammengefügten ersten und zweiten
anorganischen Formkörper (1, 2) vor dem Durchführen des Sinterverfahrens ein Gleithilfsmittel
aufgetragen wird.
7. Verfahren gemäß Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Gleithilfsmittel Bornitrid, Molybdänsulfid oder Molybdändisulfid ist
8. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass vor dem Durchführen des Sinterverfahrens eine Polymerfolie zwischen bestimmte zusammenzusinternde
Oberflächen (6, 7) eingefügt wird.
9. Verfahren gemäß Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Polymerfolie ein Polymer aus der Gruppe Polyethylen, Polypropylen oder Polyvinylchlorid
enthält.
10. Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 zur Herstellung von Getriebeteilen,
Zahnrädern, Schmuck, Hebeln, Düsen, Deckeln, Pumpenteilen, Elektromotorenteilen, Kugellagern,
Ventilen, Waffenteilen, Sportgeräten, Haushaltsgeräten, medizinischen Geräten, Werkzeugen
oder Teilen davon.