(19)
(11) EP 1 563 931 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.08.2005  Patentblatt  2005/33

(21) Anmeldenummer: 05002766.3

(22) Anmeldetag:  10.02.2005
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B22F 3/22, B22F 7/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR LV MK YU

(30) Priorität: 12.02.2004 DE 102004006954

(71) Anmelder: BASF AKTIENGESELLSCHAFT
67056 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Wohlfromm, Hans, Dr.
    68163 Mannheim (DE)
  • Thom, Arnd, D.I.
    55232 Alzey (DE)
  • ter Maat, Johan, D.I.
    68163 Mannheim (DE)
  • Blömacher, Martin
    67149 Meckenheim (DE)

(74) Vertreter: Isenbruck, Günter, Dr. 
Isenbruck, Bösl, Hörschler, Wichmann, Huhn Patentanwälte Theodor-Heuss-Anlage 12
68165 Mannheim
68165 Mannheim (DE)

   


(54) Verfahren zum Verbinden von anorganischen, aus Pulverspritzgussmassen durch Spritzgiessen hergestellten Formkörpern mit nach einem anderen Verfahren als Spritzgiessen hergestellten anorganischen Formkörpern


(57) Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum dauerhaften Verbinden mindestens eines aus Pulverspritzgussmassen durch Spritzgießen hergestellten ersten anorganischen Formkörpers (1) mit mindestens einem nach einem anderen Verfahren als Spritzgießen hergestellten zweiten anorganischen Formkörper (2) mit den Verfahrensschritten:

a) Spritzgießen des ersten anorganischen Formkörpers (1) aus Bindemittel enthaltenden Pulverspritzgussmassen,

b) Entbindern des ersten anorganischen Formkörpers (1) und

c) Durchführen eines Sinterverfahrens mit den aneinandergefügten ersten und zweiten anorganischen Formkörpern (1, 2),

wobei der mindestens eine erste anorganische Formkörper (1) und der mindestens eine zweite anorganische Formkörper (2) vor Schritt b) oder vor Schritt c) aneinandergefügt werden.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Verbinden mindestens eines aus Pulverspritzgussmassen durch Spritzgießen hergestellten ersten anorganischen Formkörpers mit mindestens einem nach einem anderen Verfahren als Spritzgießen hergestellten zweiten anorganischen Formkörper und die Verwendung dieses Verfahrens.

[0002] Es ist bekannt, Formkörper aus anorganischen Materialien dadurch herzustellen, dass Metallpulver oder Keramikpulver mit Bindemitteln zu einer spritzgießfähigen Pulverspritzgussmasse vermischt werden, diese Pulverspritzgussmasse auf Spritzgussmaschinen zu Formkörpern ("Grünlinge") verarbeitet werden, diesen Formkörpern die Bindemittel entzogen werden ("Braunlinge") und die Formkörper anschließend gesintert werden. Ein solches Verfahren ist beispielsweise in der DE 40 00 278 A1 beschrieben. Diese deutsche Offenlegungsschrift bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung eines anorganischen Sinterformteils durch Verformen eines Gemisches aus einem sinterbaren anorganischen Pulver und Polyoxymethylen als Bindemittel durch Spritzgießen oder Strangpressen zu einem Grünkörper, Entfernen des Bindemittels und Sintern. Dabei wird das Polyoxymethylen durch Behandeln des Grünkörpers in einer gasförmigen Bortrifluorid enthaltenden Atmosphäre entfernt.

[0003] Die nach dem bekannten Verfahren hergestellten Formkörper weisen gegenüber anderen Fertigungsverfahren unter anderem die Vorteile auf, dass dafür eine weite Bandbreite von verfügbaren Werkstoffen vorliegt, dass komplexe Geometrien hergestellt werden können und dass enge Toleranzen ohne Nachbearbeitung (Genauigkeit ca. +/-0,3%) und gute Oberflächen erzielt werden können.

[0004] Im Stand der Technik werden solche aus Pulverspritzgussmassen hergestellten organischen Formkörper mit anderen mittels anderer Fertigungsverfahren hergestellten Formkörpern je nach Material unter anderem durch Schweißen, Schrauben, Kleben oder Schmieden verbunden. Diese Fügeverfahren sind jedoch nicht für alle Werkstoffkombinationen gleich gut geeignet, es fallen häufig beim dauerhaften Zusammenfügen von einzelnen Formkörpern hohe Kosten an und die damit erzeugten Verbindungen zwischen zwei Formkörpern erfüllen nicht immer die an sie gestellten Anforderungen. So sind die bekannten Fügeverfahren insbesondere bei der Verbindung von hoch- und niedriglegierten Stählen problematisch, da hier häufig eine chemische Korrosion einsetzt. Weiterhin sind z.B. gehärtete Werkzeugstähle sowie Superlegierungen wie Hastelloy® von Haynes, Kokomo, USA mechanisch nur mit hohem technischem Aufwand zu bearbeiten.

[0005] Daher ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung die Bereitstellung eines verbesserten Verfahrens zum dauerhaften Verbinden von aus Pulverspritzgussmassen durch Spritzgießen hergestellten anorganischen Formkörpern mit nach anderen Verfahren als Spritzgießen hergestellten anorganischen Formkörpern. Insbesondere soll eine unaufwendig durchführbare stoffschlüssige Verbindung dieser Formkörper unter Reduzierung von Fertigungskosten ermöglicht werden. Weiterhin ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, das Zusammenfügen dieser Formkörper zu einer Einheit zu ermöglichen, die hohen mechanischen Belastungen standhält.

[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zum dauerhaften Verbinden mindestens eines aus Pulverspritzgussmassen durch Spritzgießen hergestellten ersten anorganischen Formkörpers (1) mit mindestens einem nach einem anderen Verfahren als Spritzgießen hergestellten zweiten anorganischen Formkörper (2) mit den Verfahrensschritten:

a) Spritzgießen des ersten anorganischen Formkörpers (1) aus Bindemittel enthaltenden Pulverspritzgussmassen,

b) Entbindern des ersten anorganischen Formkörpers (1) und

c) Durchführen eines Sinterverfahrens mit den aneinandergefügten ersten und zweiten anorganischen Formkörpern (1, 2),

wobei der mindestens eine erste anorganische Formkörper (1) und der mindestens eine zweite anorganische Formkörper (2) vor Schritt b) oder vor Schritt c) aneinandergefügt werden.

[0007] In Schritt a) wird zunächst ein erster anorganischer Formkörper durch Spritzgießen aus Pulverspritzgussmassen hergestellt. Bei dem ersten anorganischen Formkörper kann es sich um einen Metallkörper handeln. Die Pulverspritzgussmassen liegen zum Beispiel als spritzgussfähiges Granulat vor, das sowohl ein anorganisches Pulver (zum Beispiel Metallpulver), als auch ein Bindemittel enthält. Vorzugsweise wird als Spritzgussmasse ein Produkt aus dem Catamold®-Produktsortiment der BASF AG, Ludwigshafen, Deutschland, verwendet. Solche Spritzgussmassen sind beispielsweise aus der DE 197 00 277 A1 oder der DE 40 21 739 A1 bekannt. Zum Spritzgießen des ersten anorganischen Formkörpers können Standardmaschinen für den Thermoplast-Spritzguss eingesetzt werden. Gegebenenfalls muss die Spritzgussmaschine an die Materialeigenschaften der Pulverspritzgussmasse des ersten anorganischen Formkörpers angepasst werden, zum Beispiel durch spezielle Schneckengeometrien oder Düsen, durch Einbau einer Rückstromsperre oder durch Erhöhung des Verschleißschutzes.

[0008] In Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der erste anorganische Formkörper entbindert. Unter Entbindern versteht man das weitgehende Entfernen des Bindemittels aus dem durch Spritzgießen hergestellten ersten anorganischen Formkörper (Grünling). Das Entbinderungsverfahren hängt von dem in der Pulverspritzgussmasse enthaltenen Bindemittel ab.

[0009] Im Stand der Technik gibt es Bindersysteme mit thermisch zersetzbaren Bindern, insbesondere Wachsen. Diese werden durch ein thermisches Entbinderungsverfahren (Herausschmelzen oder Zersetzen über die Gasphase) aus dem ersten anorganischen Formkörper entfernt. Eine andere Entbinderungsmöglichkeit ist die Lösungsmittelextraktion, bei der das Bindemittel mit Lösemitteln wie Wasser oder Aceton entfernt wird.

[0010] Das am weitesten verbreitete Verfahren ist die katalytische Entbinderung, die kurze Entbinderungszeiten ermöglicht. Beispielsweise enthalten die Catamold®-Pulverspritzgussmassen der BASF AG Polyacetal als Binder. In Anwesenheit eines geeigneten Katalysators lässt sich Polyacetal bereits in nicht geschmolzenem Zustand in gasförmige Bestandteile depolymerisieren und folglich rückstandsfrei aus dem Spritzgussteil entfernen. Dies wird durch die besondere chemische Struktur des Polyacetals ermöglicht. Polyacetal ist im Gegensatz zu Polyethylen durch wiederkehrende Kohlenstoff-Sauerstoffbindungen gekennzeichnet. Am Sauerstoffatom dieser Gruppe können Säuren angreifen und das Makromolekül in die Grundbausteine CH2O (Formaldehyd) spalten. Als Katalysator wird vorzugsweise gasförmige Salpetersäure (> 99%) eingesetzt. Die besondere Tauglichkeit dieser chemischen Reaktion für die Entbinderung beim Pulverspritzguss ist an den Bedingungen zu sehen, unter denen sie stattfindet. Das Polymer hat eine Schmelztemperatur von ca. 165 °C. Die Entbinderung findet deutlich unterhalb der Schmelztemperatur bei 110 bis 140 °C statt. Die Reaktion schreitet in Form einer Front von außen nach innen durch das zu entbindernde Teil. Bei der Reaktion geht das Polymer direkt vom Feststoff in den Gaszustand über. Das Reaktionsgas kann damit sehr leicht durch die bereits porösen Formkörperzonen entweichen. Ein Druckaufbau und die daraus resultierende Zerstörung des Formkörpers kann so vermieden werden. Das entstehende Monomer hat eine Siedetemperatur von -21 °C und ist damit unter Entbinderungsbedingungen auf jeden Fall gasförmig. Im Prinzip könnte auf diese Art und Weise eine 100%ige Entbinderung erreicht werden. Solche Formkörper würden jedoch bei der geringsten Erschütterung zerfallen. Deshalb besteht ein geringer Anteil des Binders aus einem Polymer, das gegenüber dem Katalysator resistent ist und dem Formkörper ausreichend Festigkeit für die weitere Verarbeitung verleiht. Dieser Anteil wird beim anschließenden Sinterprozess ausgetrieben. Den entbinderten ersten anorganischen Formkörper nennt man einen Braunling.

[0011] In Schritt c) des erfindungsgemäßen Verfahrens wird ein Sinterverfahren mit den zusammengefügten ersten und zweiten anorganischen Formkörpern durchgeführt.

[0012] Der zweite anorganische Formkörper ist ein nach einem anderen Verfahren als Spritzgießen hergestellter anorganischer Formkörper, beispielsweise ein durch Press-Sintern, Gießen, Schmieden, Fräsen oder Drehen hergestelltes Formteil.

[0013] Unter Sintern ist ein Wärmebehandlungsverfahren zu verstehen, bei dem das lose Pulvergerüst des entbinderten ersten anorganischen Formkörpers (Braunling) zum fertigen Bauteil verdichtet und gleichzeitig mit dem zweiten anorganischen Formkörper verbunden wird. Beim Sintern findet ein thermisch aktivierter Materialtransport statt, der zu einer Abnahme der spezifischen Oberfläche der anorganischen Pulverteilchen führt. Durch das Wachstum von Teilchenkontakten und die Verringerung des Porenvolumens schrumpft der erste anorganische Formkörper beim Sintern in Schritt c) des erfindungsgemäßen Verfahrens. Ferner entstehen durch das Sinterverfahren an Berührungsflächen der vor der Durchführung des Sinterverfahrens zusammengefügten Formkörper Teilchenkontakte zwischen den Teilchen des ersten anorganischen Formkörpers und des zweiten anorganischen Formkörpers. Es entsteht ein stoffschlüssiger Verbund zwischen den zwei Formkörpern.

[0014] Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht folglich die kostengünstige Verbindung von anorganischen Spritzguss-Formkörpern mit anorganischen Nicht-Spritzguss-Formkörpern in großen Stückzahlen.

[0015] Der erste anorganische Formkörper und der zweite anorganische Formkörper können bei der vorliegenden Erfindung vor Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens oder vor Schritt c) des erfindungsgemäßen Verfahrens zusammengefügt werden. Wenn die Formkörper vor Schritt b) zusammengesetzt werden, durchlaufen sie gemeinsam den Entbinderungsschritt b). Dabei werden die erfindungsgemäßen Verfahrensschritte b) und c) in zwei verschiedenen Öfen (Entbinderungs- und Sinterofen) oder nacheinander in einem einzigen Ofen durchgeführt. Das Zusammenfügen der Formkörper vor Schritt b) hat den Vorteil, dass der brüchige Braunling (der entbinderte erste Formkörper) nicht mehr einzeln vor der Durchführung des Sinterverfahrens bewegt werden muss und somit ein mögliches Zerbrechen des Braunlings vermieden wird. Ein vorsichtiges Zusammenfügen der Formkörper nach dem Entbindern des ersten anorganischen Formkörpers und vor der Durchführung des gemeinsamen Sinterverfahrens ist jedoch ebenfalls möglich.

[0016] In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung enthält die Pulverspritzgussmasse zum Spritzgießen des ersten anorganischen Formkörpers

i) 40 bis 85 Vol-% mindestens eines anorganischen sinterbaren Pulvers A,

ii) 15 bis 60 Vol-% mindestens eines Bindemittels B und

iii) 0 bis 5 Vol-% mindestens eines Dispergierhilfsmittels C, wobei die Summe der Komponenten A, B und C 100 Vol-% ergibt.



[0017] Das anorganische sinterbare Pulver A kann aus allen bekannten geeigneten anorganischen sinterbaren Pulvern ausgewählt werden. Vorzugsweise ist es aus Metallpulvern, Metalllegierungspulvern, Metallcarbonylpulvern und Gemischen davon ausgewählt.

[0018] Als Metalle, die in Pulverform vorliegen können, seien beispielsweise Eisen, Kobalt, Nickel und Silizium genannt. Legierungen sind beispielsweise Leichtmetalllegierungen auf der Basis von Aluminium und Titan sowie Legierungen von Kupfer oder Bronze. Auch Hartmetalle wie Wolframcarbid, Borcarbid oder Titannitrid kommen in Kombination mit Metallen wie Kobalt und Nickel in Betracht. Geeignete Pulver sind beispielsweise in EP-A 0 465 940, EP-A 0 710 516, DE-A 39 36 869, DE-A 40 00 278 und EP-A 0 114 746 sowie der darin zitierten Literatur beschrieben.

[0019] Die Korngrößen der Pulver betragen vorzugsweise 0,1 bis 50 µm, besonders bevorzugt 0,2 bis 8 µm. Die Metallpulver, Metalllegierungspulver, Metallcarbonylpulver können auch im Gemisch eingesetzt werden.

[0020] Das als Komponente C gegebenenfalls vorliegende Dispergierhilfsmittel kann aus bekannten Dispergierhilfsmitteln ausgewählt sein. Beispiele sind oligomeres Polyethylenoxid mit einem mittleren Molekulargewicht von 200 bis 600, Stearinsäure, Stearinsäureamid, Hydroxystearinsäure, Fettalkohole, Fettalkoholsulfonate und Blockcopolymere von Ethylen- und Propylenoxid, wie auch besonders bevorzugt Polyisobutylen. Besonders bevorzugt wird Polyisobutylen in einer Menge von 1 bis 6 Vol-%, bezogen auf die Komponente A, B und C eingesetzt.

[0021] Zusätzlich können die thermoplastischen Massen auch übliche Zusatzstoffe und Bearbeitungshilfsmittel, die die rheologischen Eigenschaften der Mischungen bei der Verformung günstig beeinflussen, enthalten.

[0022] Vorzugsweise enthält der mindestens eine zweite anorganische Formkörper mindestens einen Werkstoff aus der Gruppe niedrig legierte Stähle, rostfreie Stähle, Werkzeugstahl, weichmagnetische Legierungen, Leichtmetalle, Schwermetalle, Kupferbasiswerkstoffe oder Edelmetalle.

[0023] In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung umfasst das Sinterverfahren, das in einem Ofen durchgeführt wird, folgende Schritte:

A) Aufheizen des Ofens mit den zusammengefügten ersten und zweiten anorganischen Formkörpern von Raumtemperatur auf eine erste Haltetemperatur von 300 bis 700°C, bevorzugt von 550 bis 650°C, mit einer Rate zwischen 2 und 10 K/min, bevorzugt zwischen 4 und 6 K/min,

B) Halten der ersten Haltetemperatur, vorzugsweise während eines Zeitraumes zwischen 0,5 und 3 h,

C) Aufheizen des Ofens auf eine zweite Haltetemperatur von 1000 bis 1400°C, bevorzugt auf 1200 bis 1300°C, mit einer Rate zwischen 2 und 10 K/min, bevorzugt zwischen 4 und 6 K/min,

D) Halten der zweiten Haltetemperatur, vorzugsweise während eines Zeitraumes zwischen 2 und 12h und

E) Abkühlen des Ofens mit einer Rate zwischen 2 und 20 K/min.



[0024] Dieses Sinterverfahren ist insbesondere für Pulverspritzgussmassen aus dem Catamold®-Produktsortiment der BASF AG geeignet. Im Allgemeinen muss das Sinterverfahren auf den jeweiligen zu sinternden Werkstoff abgestimmt sein. Bei dem oben genannten Temperaturprogramm wird berücksichtigt, dass sich nach dem Entbindern in Schritt b) noch ein geringer Anteil Restbinder im ersten anorganischen Formkörper befindet. Durch das Halten der ersten Haltetemperatur in Schritt B) erfolgt die vollständige thermische Zersetzung dieses Restbindemittels. Die zu erreichende maximale Sintertemperatur (zweite Haltetemperatur in Schritt C)) hängt von den Werkstoff des ersten und zweiten anorganischen Formkörpers ab.

[0025] Das Sinterverfahren findet vorzugsweise in Schutzgas oder im Vakuum statt. Die Schutzgasatmosphäre beziehungsweise das Vakuum sind notwendig, um unerwünschte chemische Reaktionen während des Sinterns zu verhindern. Bei der Auswahl der Atmosphäre sollen alle zwischen dem Gas, dem Sintergut und der Ofenanlage möglichen Reaktionen berücksichtigt werden. Mögliche Schutzgase sind Wasserstoff, Argon oder Stickstoff oder ein Gemisch daraus.

[0026] In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird auf mindestens Teile der Berührungsflächen der zusammengefügten ersten und zweiten anorganischen Formkörper vor Schritt c) ein Gleithilfsmittel aufgetragen. Das Gleithilfsmittel dient dazu, das Schrumpfen des ersten anorganischen Formkörpers während des Sinterprozesses ohne Behinderung und ohne eine an bestimmten Stellen unerwünschte stoffschlüssige Verbindung der Formteile zu gewährleisten. Das Gleithilfsmittel wird daher vor dem Sinterschritt auf Oberflächenabschnitte der Formteile aufgetragen, die sich nach ihrem Zusammenfügen berühren, die aber nicht durch das Sintern fest verbunden werden sollen, sondern auf denen der erste anorganische Formkörper durch das Schrumpfen beim Sintern entlanggleitet. Eine notwendige Eigenschaft des Gleithilfsmittels ist daher seine Gleitwirkung bei der maximalen Sintertemperatur (zweite Haltetemperatur). Bevorzugte Gleithilfsmittel für das erfindungsgemäße Verfahren sind Bornitrid, Molybdänsulfid oder Molybdändisulfid.

[0027] In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird vor dem Durchführen des Sinterverfahrens eine Polymerfolie zwischen bestimmte zusammenzusinternde Oberflächen eingefügt. Die Polymerfolie kann dabei verschiedene Funktionen erfüllen. Sie kann für einen besseren Verbund zwischen dem ersten anorganischen Formkörper und dem zweiten anorganischen Formkörper sorgen, da sie einen niedrigeren Schmelzpunkt als die maximale Sintertemperatur besitzt und folglich während des Sinterverfahrens eine Klebewirkung zwischen den Formkörpern entfaltet. Ferner kann sie Kohlenstoff abgeben, das in die Oberflächen beider Formkörper diffundiert, die Schmelztemperatur dort verringert und somit ein Sintern näher bei der Schmelztemperatur ermöglicht. Die Polymerfolie kann aus allen bekannten geeigneten Polymerfolien ausgewählt werden. Vorzugsweise enthält sie ein Polymer aus der Gruppe Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) oder Polyvinylchlorid (PVC).

[0028] Die vorliegende Erfindung umfasst weiterhin die Verwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung von Getriebeteilen, Zahnrädern, Schmuck, Hebeln, Düsen, Deckeln, Pumpenteilen, Elektromotorteilen, Kugellagern, Ventilen, Waffenteilen, Sportgeräten, Haushaltsgeräten, medizinischen Geräten, Werkzeugen oder Teilen davon. Die Verwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist jedoch nicht auf die Herstellung der genannten Werkstücke beschränkt.

Zeichnung



[0029] Anhand der Zeichnung wird die Erfindung nachstehend näher erläutert.
Figur 1
zeigt schematisch den Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens in seiner bevorzugten Ausführungsform.


[0030] Figur 1 zeigt in Abbildung i einen Schnitt durch zwei Formkörper, die mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens fest miteinander verbunden werden sollen.

[0031] Der erste anorganische Formkörper 1 ist ein ringförmiges Werkstück, das in Abbildung i als Grünling vorliegt, also mittels Spritzgießen aus einer Pulverspritzgussmasse hergestellt wurde, oder das als Braunling vorliegt, also bereits entbindert ist. Die Pulverspritzgussmasse war beispielsweise ein spritzgussfähiges Granulat zur Herstellung von gesinterten Formteilen aus einem niedrig legierten, einsatzhärtbaren Stahl vom Typ 8620.

[0032] Das zweite anorganische Formteil ist beispielsweise ein Schmiedeteil aus hoch legiertem Stahl. Es weist einen zylinderförmigen Abschnitt 3 auf, dessen Radius kleiner als der Radius des ersten anorganischen Formteils 1 ist.

[0033] In Abbildung ii der Figur 1 sind die beiden Formkörper 1 und 2 zusammengefügt. Der ringförmige erste Formkörper 1 umgibt den zylinderförmigen Abschnitt 3 des zweiten Formkörpers 2, wobei die Symmetrielinien 4 der beiden Formkörper 1, 2 zusammenfallen. Falls es sich bei dem ersten Formkörper 1 um einen noch binderhaltigen Grünling handelt, wird die Entbinderung entsprechend dem erfindungsgemäßen Verfahren im zusammengefügten Zustand der beiden Formkörper 1, 2 gemäß Abbildung ii der Figur 1 durchgeführt, bevor das Sinterverfahren beginnt.

[0034] Falls es sich bei dem ersten Formkörper 1 um einen entbinderten Braunling handelt, kann nach dem Zusammenfügen der beiden Formkörper 1, 2 als nächstes das Sinterverfahren durchgeführt werden.

[0035] Auf den Berührungsflächen 5 der beiden Formteile, auf denen der erste Formkörper 1 während seines Schrumpfens aufgrund des Sinterns entlanggleitet, wird vorzugsweise ein (nicht dargestelltes) Gleithilfsmittel aufgetragen.

[0036] An einer Oberfläche 6 des zweiten Formkörpers wird vor dem Sintern vorzugsweise eine (nicht dargestellte) Polymerfolie angelegt, die sich folglich zwischen den zusammenzusinternden Oberflächen 6 und 7 der beiden Formkörper 2 beziehungsweise 1 befindet.

[0037] Abbildung iii der Figur 1 zeigt die gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren verbundenen Formkörper 1, 2 nach dem Durchführen des Sinterverfahrens. Formkörper 1 ist während des Sinterns auf den zylinderförmigen Abschnitt 3 des zweiten Formkörpers 2 "aufgeschrumpft" und mit diesem an den Oberflächen 6, 7 zusammengesintert. Das so gefertigte Werkstück 8 ist beispielsweise ein Getriebeteil.

Bezugszeichenliste



[0038] 
1
erster anorganischer Formkörper
2
zweiter anorganischer Formkörper
3
zylinderförmiger Abschnitt
4
Symmetrielinien
5
Berührungsflächen
6
zusammenzusinternde Oberfläche des zweiten Formkörpers
7
zusammenzusinternde Oberfläche des ersten Formkörpers
8
Werkstück



Ansprüche

1. Verfahren zum dauerhaften Verbinden mindestens eines aus Pulverspritzgussmassen durch Spritzgießen hergestellten ersten anorganischen Formkörpers (1) mit mindestens einem nach einem anderen Verfahren als Spritzgießen hergestellten zweiten anorganischen Formkörper (2) mit den Verfahrensschritten:

a) Spritzgießen des ersten anorganischen Formkörpers (1) aus Bindemittel enthaltenden Pulverspritzgussmassen,

b) Entbindern des ersten anorganischen Formkörpers (1) und

c) Durchführen eines Sinterverfahrens mit den aneinandergefügten ersten und zweiten anorganischen Formkörpern (1, 2),

wobei der mindestens eine erste anorganische Formkörper (1) und der mindestens eine zweite anorganische Formkörper (2) vor Schritt b) oder vor Schritt c) aneinandergefügt werden.
 
2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Pulverspritzgussmasse zum Spritzgießen des ersten anorganischen Formkörpers (1)

i) 40 bis 85 Vol-% mindestens eines anorganischen sinterbaren Pulvers A,

ii) 15 bis 60 Vol-% mindestens eines Bindemittels B und

iii) 0 bis 5 Vol-% mindestens eines Dispergierhilfsmittels C

enthält, wobei die Summe der Komponenten A, B und C 100 Vol-% ergibt.
 
3. Verfahren gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Pulver A ausgewählt ist aus Metallpulvern, Metalllegierungspulvern, Metallcarbonylpulvern und Gemischen davon.
 
4. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der mindestens eine zweite anorganische Formkörper (2) mindestens einen Werkstoff aus der Gruppe niedrig legierte Stähle, rostfreie Stähle, Werkzeugstahl, weichmagnetische Legierungen, Leichtmetalle, Schwermetalle, Kupferbasiswerkstoffe oder Edelmetalle enthält.
 
5. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Sinterverfahren in einem Ofen durchgeführt wird und folgende Schritte umfasst:

A) Aufheizen des Ofens mit den zusammengefügten ersten und zweiten anorganischen Formkörpern (1, 2) von Raumtemperatur auf eine erste Haltetemperatur von 300 bis 700°C mit einer Rate zwischen 2 und 10 K/min,

B) Halten der ersten Haltetemperatur,

C) Aufheizen des Ofens auf eine zweite Haltetemperatur von 1000 bis 1400°C, mit einer Rate zwischen 2 und 10 K/min,

D) Halten der zweiten Haltetemperatur und

E) Abkühlen des Ofens mit einer Rate zwischen 2 und 20 K/min.


 
6. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass auf mindestens Teilen der Berührungsflächen (5) der zusammengefügten ersten und zweiten anorganischen Formkörper (1, 2) vor dem Durchführen des Sinterverfahrens ein Gleithilfsmittel aufgetragen wird.
 
7. Verfahren gemäß Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Gleithilfsmittel Bornitrid, Molybdänsulfid oder Molybdändisulfid ist
 
8. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass vor dem Durchführen des Sinterverfahrens eine Polymerfolie zwischen bestimmte zusammenzusinternde Oberflächen (6, 7) eingefügt wird.
 
9. Verfahren gemäß Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Polymerfolie ein Polymer aus der Gruppe Polyethylen, Polypropylen oder Polyvinylchlorid enthält.
 
10. Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 zur Herstellung von Getriebeteilen, Zahnrädern, Schmuck, Hebeln, Düsen, Deckeln, Pumpenteilen, Elektromotorenteilen, Kugellagern, Ventilen, Waffenteilen, Sportgeräten, Haushaltsgeräten, medizinischen Geräten, Werkzeugen oder Teilen davon.
 




Zeichnung







Recherchenbericht