(19)
(11) EP 1 582 429 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
05.10.2005  Patentblatt  2005/40

(21) Anmeldenummer: 05000969.5

(22) Anmeldetag:  19.01.2005
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B61K 9/08, B61K 9/12
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR LV MK YU

(30) Priorität: 01.04.2004 DE 102004016828

(71) Anmelder: Deutsche Bahn AG
10785 Berlin (DE)

(72) Erfinder:
  • Nicklisch, Dirk
    80639 München (DE)
  • Sauer, Volkmar
    83026 Rosenheim (DE)

(74) Vertreter: Zinken-Sommer, Rainer 
Deutsche Bahn AG Patentabteilung Völckerstrasse 5
80393 München
80393 München (DE)

   


(54) Verfahren zur Prüfung und Beurteilung einer Überlaufgeometrie von Gleisbauteilen


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Prüfung und Beurteilung einer Geometrie von Gleisbauteilen von Schienenverkehrswegen in einem Bereich, in dem diese Gleisbauteile von Rädern von Schienenfahrzeugen berührt werden, einer sog. Überlaufgeometrie.
Hierbei wird der räumliche Verlauf der Bahnkurve eines mit einem Referenzradprofil versehenen Rades beim Überrollen des jeweiligen Gleisbauteils in einem raumfesten Koordinatensystem direkt oder indirekt bestimmt und anschließend hinsichtlich seiner dynamischen Auswirkungen bewertet.
Vorteil ist hierbei, dass die Aussagekraft der Prüfung des geometrischen Zustandes durch die erfindungsgemäße Bestimmung der Vertikalbewegung eines das Bauteil überrollenden Rades in einem raumfesten Koordinatensystem und deren anschließende computergestützte Bewertung wesentlich verbessert und objektiviert wird. Insbesondere wird eine gegenüber dem Stand der Technik höhere Messgenauigkeit bei gleichzeitig höherer Messgeschwindigkeit erzielt. Dabei wird erstmals der gesamte Bereich der konstruktiv bedingten Absenkung und anschließenden Anhebung des Rades (Flügelschienenknick bis K-Punkt) kontinuierlich erfasst und beurteilt. Zudem ist es nun möglich, auch die Auswirkungen des Querprofilverschleißes von Flügelschiene und/oder Herzstück auf den Radüberlauf zu bestimmen.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Prüfung und Beurteilung einer Geometrie von Gleisbauteilen von Schienenverkehrswegen in einem Bereich, in dem diese Gleisbauteile von Rädern von Schienenfahrzeugen berührt werden, einer sog. Überlaufgeometrie.
Zur Gewährleistung eines sicheren und wirtschaftlichen Bahnbetriebes müssen Gleisbauteile - wie beispielsweise Herzstücke in Weichen, Schienenauszüge o.ä. - bezüglich ihres geometrischen Zustandes einer regelmäßigen Inspektion und im Bedarfsfall einer Instandsetzung unterzogen werden, so dass eine weitere Schädigung bzw. ein Versagen des Bauteils bis zur nachfolgenden Inspektion auszuschließen ist. Für eine im Vorfeld der Instandsetzung durchzuführende schweißtechnische Arbeitsaufnahme müssen Abweichungen von einer vorgegebenen Sollgeometrie (beispielsweise Ausfahrungen an Herzstück und Flügelschiene) gemessen werden, um daraus notwendige Korrekturmaßnahmen ableiten zu können.
Im Stand der Technik gemäß Fig. 1 umfasst eine Prüfung der Überlaufgeometrie lediglich eine Prüfung und Beurteilung einer Herzstückrampe und einer Herzstück-Spitze 7 unter Verwendung einfacher Messmittel (Lineal, M esskeil oder Messpunkttaster). Hierbei zeigt Fig. 1a die Verwendung eines Messpunkttasters 9, Fig. 1 b eines Lineals 10 sowie Fig. 1 c einer Herzstückmesslehre 11. Zusätzlich wird eine Höhendifferenz zwischen der Oberkante von Herzstück und einer Flügelschiene 6 in einem Querschnitt "L1", einem theoretischen Radüberlauf, und "L" mit Hilfe einer Herzstückmesslehre gemessen.
Nachteil dieser Messverfahren ist jedoch, dass diese ungenau, zeitraubend und stark von subjektiven Einflüssen von bedienendem und auswertendem Personal geprägt sind. Desweiteren kann aus erfassten Messgrößen nur unzureichend auf dynamische Auswirkungen von festgestellten Abweichungen von der Sollgeometrie geschlossen werden, da die Herzstückrampe nur punktuell erfasst wird und sich eine tatsächliche vertikale Bewegung eines Rades aufgrund einer Profilgeometrie von Rad und Schiene deutlich von dem mittels Bezug auf eine Schienenoberkante erfassten Rampenverlauf unterscheiden kann.

[0002] Aus DE 24 60 618 A1 ist ein fahrbares Gerät zur Messung einer Gleislage, d.h. der Höhenlage und der Spurweite eines Gleises, bekannt. Hierbei rollt ein Fahrgestellrahmen auf insgesamt drei Gleisrollen bzw. Rädern über das Gleis. Die Höhenlage des Gleises wird mit Hilfe eines auf dem Fahrgestellrahmen angebrachten Theodoliten, die Spurweite über einen verstellbaren Ausleger des Fahrgestellrahmens ermittelt. Eine Prüfung und Beurteilung einer Geometrie von einzelnen Gleisbauteilen ist mit diesem Gerät jedoch nicht möglich.
Es ist somit Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren bereitzustellen, mit dem die Nachteile des Standes der Technik bei der Beurteilung der Überlaufgeometrie von Gleisbauteilen gelöst werden.
Diese Aufgabe wird in Verbindung mit dem Oberbegriff des Hauptanspruches erfindungsgemäß durch die in Anspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst.
Hierbei wird der räumliche Verlauf der Bahnkurve eines mit einem Referenzradprofil versehenen Rades beim Überrollen des jeweiligen Gleisbauteils in einem raumfesten Koordinatensystem direkt oder indirekt bestimmt und anschließend hinsichtlich seiner dynamischen Auswirkungen bewertet.
Vorteil ist hierbei, dass die Aussagekraft der Prüfung des geometrischen Zustandes durch die erfindungsgemäße Bestimmung der Vertikalbewegung eines das Bauteil überrollenden Rades in einem raumfesten Koordinatensystem und deren anschließende computergestützte Bewertung wesentlich verbessert und objektiviert wird. Insbesondere wird eine gegenüber dem Stand der Technik höhere Messgenauigkeit bei gleichzeitig höherer Messgeschwindigkeit erzielt. Dabei wird erstmals der gesamte Bereich der konstruktiv bedingten Absenkung und anschließenden Anhebung des Rades (Flügelschienenknick bis K-Punkt) kontinuierlich erfasst und beurteilt. Zudem ist es nun möglich, auch die Auswirkungen des Querprofilverschleißes von Flügelschiene und/oder Herzstück auf den Radüberlauf zu bestimmen.
Untersuchungen haben gezeigt, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der vertikalen Radbewegung und den auftretenden Kräften zwischen Rad und Schiene und damit weiterführend der Bauteilschädigung besteht. Für die Größe der Kräfte ist dabei nicht nur die Amplitude der Vertikalbewegung des R adschwerpunktes, sondern auch der Anstieg und die Krümmung seiner Bahnkurve entscheidend. Daher müssen für diese Größen entsprechende Eingriffsschwellen für die Instandsetzung vorgegeben werden, siehe Fig. 2. Die konkrete Festlegung der Eingriffsschwellen wird von zahlreichen Randbedingungen beeinflusst und muss auf der Basis einer technischen und wirtschaftlichen Analyse durch den Infrastrukturbetreiber erfolgen.
Anspruch 2 beinhaltet ein zu Anspruch 1 reziprokes Verfahren. Hierbei wird ein Verschleißzustand von Rädern von Schienenfahrzeugen ermittelt, indem der räumliche Verlauf der Bahnkurve des jeweiligen Rades beim Überrollen eines Referenzgleisbauteils in einem raumfesten Koordinatensystem direkt oder indirekt bestimmt und anschließend hinsichtlich seiner dynamischen Auswirkungen bewertet wird. Mit diesem Verfahren kann vorteilhaft auch der Verschleißzustand von Räder von Messmitteln ermittelt werden, die über einen Gleiskörper bewegt werden, insbesondere von dem mit dem Referenzradprofil versehenen Rad aus Anspruch 1.
Die erfindungsgemäße Bestimmung der vertikalen Bahnkurve des Rades erfolgt unter Verwendung eines geeigneten Referenzradprofils, das in einer definierten Position (z.B. Radsatzmittelstellung) über das Bauteil geführt wird. Dies kann sowohl direkt (Messen der Vertikalbewegung) als auch indirekt (rechnerisch) geschehen, wobei für die Berechnung der vertikalen Radbewegung die vorherige Messung der wegveränderlichen Querprofile des Gleisbauteiles in einem raumfesten Referenzsystem notwendig ist.
Nach Anspruch 3 wird bei einer direkten mechanischen Abtastung der Geometrie des Gleises eine in einer parallel zur Gleisebene ausgerichteten Messbasis vertikal und horizontal bewegliche Messrolle mit der Form des Referenzradprofils über den Bereich der möglichen vertikalen Absenkung geführt. Der Absenkungsverlauf der Messrolle über dem Rollweg wird dabei kontinuierlich erfasst und im Anschluss mit Hilfe einer Auswertesoftware bewertet. Bei großen erforderlichen Stützweiten der Messbasis ist ggf. eine Möglichkeit zur Kompensation der Durchbiegung der Messbasis vorzusehen, insbesondere eine "optische Sehne".
Nach Anspruch 4 wird bei einem indirekten Verfahren eine Vermessung d er Querprofile des Gleisbauteils mit anschließender Berechnung der Vertikalbewegung des Referenzrades durchgeführt. Dabei müssen die gemessenen Querprofile unbedingt in einem gemeinsamen raumfesten Bezugssystem angegeben werden. Dies kann z.B. durch einen parallel zur Gleisebene ausgerichteten Messrahmen, auf den ein in Längsrichtung verschiebbares Profilmessgerät aufgesetzt wird, sichergestellt werden. Darüber hinaus ist auch eine optische Vermessung der Querprofile mittels Laser-Lichtschnitt von einem fahrenden Fahrzeug aus denkbar. Hier kann der feste Raumbezug beispielsweise durch die Kombination der Profilmesstechnik mit einem Inertialsystem (Kreiselplattform) hergestellt werden. Dabei wird die Lage des sich bewegenden Messsystems im Raum kontinuierlich bestimmt und aufgezeichnet. Mit Hilfe dieser Informationen wird anschließend eine Transformation der gemessenen Querprofile in die Gleisebene durchgeführt.
Bei der Querprofilmessung ist generell ein möglichst kleines Abtastintervall zu wählen, um eine realitätsnahe Bahnkurve des Radschwerpunktes zu erhalten.
Anschließend wird unter Verwendung des Referenzradprofils eine berührgeometrische Berechnung durchgeführt, bei der für jeden Messquerschnitt die vertikale Lage des Rades bestimmt wird. Somit erhält man auch hier die vertikale Bahnkurve des Rades, die nun für eine weitere Beurteilung zur Verfügung steht. Reicht die Anzahl bzw. Dichte der Messquerschnitte nicht aus, um die Bahnkurve des Rades hinlänglich genau zu bestimmen, kann die Auswertung auch für zusätzliche interpolierte Gleisquerschnitte erfolgen.

[0003] Die Erfindung wird nachstehend anhand zweier Ausführungsbeispiele und einer Zeichnung mit vier Figuren näher erläutert. Die Zeichnung zeigt in
Fig. 1
schematisch Verfahren zur Beurteilung der Überlaufgeometrie von Gleisbauteilen gemäß dem Stand der Technik und hierbei in
Fig. 1a  mit einem Messpunktraster,
Fig. 1 b  mit einem Lineal,
Fig. 1c  mit einer Herzstückmesslehre;
Fig. 2
einen beispielhaften gemessenen Verlauf einer Radabsenkung in einem Herzstückbereich,
Fig. 3
schematisch Verfahren zur Beurteilung der Überlaufgeometrie einer Weiche mittels einer Messrolle in Draufsicht,
Fig. 4
schematisch Verfahren zur Beurteilung der Überlaufgeometrie einer Weiche mittels einer Messrolle als vertikales Schnittbild.


[0004] Ein erstes besonders vorteilhaftes Ausführungsbeispiel betrifft eine direkte mechanische Abtastung der Geometrie des Gleises. Gemäß Fig. 3 und Fig. 4 wird eine in einer parallel zur Gleisebene ausgerichteten Messbasis 2 vertikal und horizontal bewegliche Messrolle 1 mit der Form des Referenzradprofils über den Bereich der möglichen vertikalen Absenkung 3 geführt. Der Absenkungsverlauf der Messrolle 1 über dem Rollweg 4 wird dabei kontinuierlich erfasst und im Anschluss mit Hilfe einer Auswertesoftware bewertet. Bei großen erforderlichen Stützweiten ist ggf. eine Möglichkeit zur Kompensation der Durchbiegung der Messbasis 2 vorzusehen (z.B. eine "optische Sehne").
Ein zweites Ausführungsbeispiel betrifft eine Profilmessung und anschließende Berechnung der vertikalen Radbewegung mit einem indirekten Verfahren. Hierbei wird eine Vermessung der Querprofile des Gleisbauteils mit anschließender Berechnung der Vertikalbewegung des Referenzrades durchgeführt. Dabei müssen die gemessenen Querprofile unbedingt in einem gemeinsamen raumfesten Bezugssystem angegeben werden. Dies kann z.B. durch einen parallel zur Gleisebene ausgerichteten Messrahmen, auf den ein in Längsrichtung verschiebbares Profilmessgerät aufgesetzt wird, sichergestellt werden. Darüber hinaus ist auch eine optische Vermessung der Querprofile mittels Laser-Lichtschnitt vom fahrenden Fahrzeug aus denkbar. Hier kann der feste Raumbezug beispielsweise durch die Kombination der Profilmesstechnik mit einem Inertialsystem (Kreiselplattform) hergestellt werden. Dabei wird die Lage des sich bewegenden Messsystems i m Raum kontinuierlich bestimmt und aufgezeichnet. Mit Hilfe dieser Informationen wird anschließend eine Transformation der gemessenen Querprofile in die Gleisebene durchgeführt.
Bei der Querprofilmessung ist generell ein möglichst kleines Abtastintervall zu wählen, um eine realitätsnahe Bahnkurve des Radschwerpunktes zu erhalten.
Anschließend wird unter Verwendung des Referenzradprofils eine berührgeometrische Berechnung durchgeführt, bei der für jeden Messquerschnitt die vertikale Lage des Rades bestimmt wird. Somit erhält man auch hier die vertikale Bahnkurve des Rades, die nun für eine weitere Beurteilung zur Verfügung steht. Reicht die Anzahl bzw. Dichte der Messquerschnitte nicht aus, um die Bahnkurve des Rades hinlänglich genau zu bestimmen, kann die Auswertung auch für zusätzliche interpolierte Gleisquerschnitte erfolgen.

Bezugszeichenliste



[0005] 
1
Messrolle
2
Messbasis
3
Bereich der vertikalen Absenkung
4
Rollweg
5
Bewegungsrichtung der Messrolle
6
Flügelschiene
7
Herzstück-Spitze
8
Flügelschiene
9
Messpunkttaster
10
Lineal im Querprofil
11
Herzstückmesslehre



Ansprüche

1. Verfahren zur Prüfung und Beurteilung einer Überlaufgeometrie von Gleisbauteilen, dadurch gekennzeichnet, dass ein räumlicher Verlauf einer Bahnkurve eines mit einem Referenzradprofil versehenen Rades beim Überrollen des jeweiligen Gleisbauteils in einem raumfesten Koordinatensystem direkt oder indirekt bestimmt und anschließend hinsichtlich seiner dynamischen Auswirkungen bewertet wird.
 
2. Verfahren zur Prüfung und Beurteilung eines Verschleißzustandes von Rädern von Schienenfahrzeugen, dadurch gekennzeichnet, dass der räumliche Verlauf der Bahnkurve des jeweiligen Rades beim Überrollen eines Referenzgleisbauteils in einem raumfesten Koordinatensystem direkt oder indirekt bestimmt und anschließend hinsichtlich seiner dynamischen Auswirkungen bewertet wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass eine in einer parallel zur Gleisebene ausgerichteten Messbasis (2) geführte Messrolle (1) über ein Gleisbauteil bewegt und dabei eine Vertikalbewegung über dem Rollweg (4) aufgezeichnet wird.
 
4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Vertikalbewegung des Rades rechnerisch durch Kombination der jeweiligen Querprofile von Rad und Gleisbauteil bestimmt wird, wobei die ggf. gemessenen Querprofile des Gleisbauteils zuvor in ein gemeinsames raumfestes Bezugssystem transformiert werden.
 




Zeichnung
















Recherchenbericht